830. Sitzung des Bundesrates am 16. Februar 2007
Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Gegen den Gesetzentwurf bestehen sowohl verfassungsrechtliche als auch sozialpolitische Bedenken.
- 2. Zu Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe e (§ 3 Abs. 8 HKStG)
Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe e des Gesetzentwurfs sieht vor, in § 3 HKStG einen Absatz 8 anzufügen, nach dem bereits erteilte Leistungsbescheide, die dem Ausgleich von Nachteilen in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der Hinterbliebenenversorgung dienen, mit Ablauf des 31. Dezember 2009 unwirksam werden. Da in den Leistungsbescheiden der Heimkehrerstiftung weder Hinweise auf die Kann-Leistung der Heimkehrerstiftung enthalten, noch Vorbehalte oder Befristungen für die Leistungsgewährung ausgesprochen worden sind, können sich die Leistungsempfänger auf Vertrauensschutz berufen. Eine Unwirksamkeitserklärung dieser rechtmäßig begünstigenden Verwaltungsakte steht nicht im Einklang mit der Rechtsstaatsgarantie und dem Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes (Artikel 20 Abs. 1 und 3 GG), wie sie etwa auch in den Regelungen in § 49 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes bzw. in § 47 Abs. 2 SGB X zum Ausdruck kommen. Auch dürfte das Recht auf Eigentum verletzt sein, da der betreffende Leistungsempfänger die Unterstützungsleistung auf Dauer und damit ohne zeitliche Beschränkung zuerkannt erhalten hat.
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 13. Juni 2006 (Az. 1 BvL 009/00 , 011/00 , 012/00 , 005/01 u. 010/04 (PDF) ), wonach die Kürzung von Rentenanwartschaften von Spätaussiedlern nach dem Fremdrentengesetz auf Grund von im Herkunftsgebiet zurückgelegten Beschäftigungszeiten nicht die Eigentumsgarantie nach Artikel 14 GG sowie den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 Abs. 1 GG verletzt, ist im vorliegenden Falle nicht einschlägig, da die Heimkehrerstiftung die Leistungsbescheide auf Dauer erlassen hat und damit der Einkommenszuwachs bereits erfolgt ist.
Die ersatzlose Streichung der Rentenzusatzleistungen für bedürftige Kriegsheimkehrer und Kriegerwitwen mit Ablauf des Jahres 2009 ist auch nicht vertretbar. Sie müssen zum Ausgleich der erlittenen Nachteile bei der Rentenversicherung und der Hinterbliebenenversorgung bis zum Ableben der Betroffenen weiter gewährt werden, da sich die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. der Hinterbliebenenversorgung für diesen Personenkreis nicht ändern und damit die Bedürftigkeit wegen des Kriegsgefangenenschicksals auf Dauer gegeben ist. Andernfalls werden sich ab 1. Januar 2010 Mehrbelastungen für die Sozialhilfeträger ergeben.
- 3. Der vorgesehene Wegfall der Stiftungsorgane mit Wirkung vom 01. Januar 2008 führt zum Ausschluss der Vertreter der Opferverbände bei der Mitwirkung der Regelung der Mittelvergabe ab diesem Zeitpunkt. Ein anderes externes Kontrollgremium für die Mittelvergabe soll nicht eingerichtet werden. Dies wird bei der Vergabe von Kann-Leistungen jedoch für erforderlich gehalten.
- 4. Vor einer Aufhebung der Heimkehrerstiftung zum Jahresende 2007 ist in Abstimmung zwischen Bund und Ländern (z.B. durch Einsetzen einer Bund-/Länderexpertenarbeitsgruppe) zunächst zu klären,
- - ob noch vorhandene Härtefälle, die von der bisherigen Kriegsfolgen- und SED-Unrechtsbereinigungsgesetzgebung nicht erfasst werden, über eine zentrale Bundesstiftung abgewickelt werden können,
- - wie eine solche zentrale Bundesstiftung gebildet und ohne Belastung der Länder künftig finanziert werden kann,
- - ob durch eine Zusammenlegung bestehender Stiftungen Synergiegewinne erzielt werden können und
- - welcher Personenkreis zu welchen Bedingungen von einer solchen Stiftung erfasst werden soll.