Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Öffnung des Messwesens bei Strom und Gas für Wettbewerb

Der Bundesrat hat in seiner 841. Sitzung am 15. Februar 2008 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zum Gesetzentwurf allgemein

Der Bundesrat begrüßt die Intention des Gesetzes, das Zähl- und Messwesen vollständig für den Wettbewerb zu öffnen und zugleich den Letztverbrauchern den Zugang zu neuen Zählertechnologien zu ermöglichen.

Um diese Marktöffnung auch in der Praxis möglichst effizient und kostengünstig umzusetzen, ist es jedoch im Interesse aller Marktteilnehmer erforderlich, dass die Bundesregierung von der im Gesetzentwurf vorgesehenen Verordnungsermächtigung schnellstmöglich Gebrauch macht, um die im Gesetz enthaltenen allgemeinen Regelungen für die bei den Energieversorgungsunternehmen, bei den Messstellenbetreibern und bei den die Messung durchführenden Unternehmen neu einzurichtenden Geschäftsprozesse ausreichend zu konkretisieren.

Aus Sicht des Bundesrates gilt es dabei zu verhindern, dass der Wettbewerb im Messstellenbetrieb nachteilige Auswirkungen auf die Netzentgelte der Haushaltsnetzkunden hat und mit nicht beabsichtigten Verschlechterungen im Hinblick auf Daten- und Verbraucherschutz einhergeht.

Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, mit dem Erlass einer diesbezüglichen Rechtsverordnung sicherzustellen, dass der Wettbewerb im Zähl- und Messwesen auf der Grundlage gesicherter und geordneter Geschäftsprozesse erfolgt und negative Folgen für den Netzbetreiber mit Auswirkungen auf die Netzentgelte der Letztverbraucher möglichst vermieden werden.

Der Bundesrat bittet die Bundesregierung umfassend zu prüfen, in welchem Maß Vorkehrungen zu treffen sind, dass wünschenswerte technische Innovationen beim Zähl- und Messwesen im Hinblick auf Daten- und Verbraucherschutz nicht zu unangemessenen Nachteilen bei den Kunden führen.

Begründung

Der Gesetzentwurf legt die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für eine Marktöffnung im Bereich des Messwesens fest, wonach auf Wunsch des Anschlussnutzers der Messstellenbetrieb und die Messung künftig an Stelle des Netzbetreibers auch von einem Dritten durchgeführt werden können. Der Gesetzentwurf lässt aber noch einige Detailfragen zur praktischen Durchführung der Wechselprozesse und zur Gestaltung der notwendigen Verträge offen. Um im Interesse aller Marktteilnehmer, insbesondere der Letztverbraucher, effiziente und kostengünstige (möglichst einheitliche) Abläufe zu ermöglichen, müssen diese Detailfragen in einer kurzfristig zu erlassenden Verordnung mit Zustimmung des Bundesrates, für die bereits ein Referentenentwurf vorliegt, geregelt werden.

Die mit dem Gesetz ausdrücklich verbundene Erwartung, dass "vor allem technische Innovationen beim Zähl- und Messwesen sowie Konzepte für intelligente Netze" gefördert werden, wie auch die Vermeidung von unübersichtlichen Rechtslagen bei der Abwicklung wechselnder Verantwortlichkeiten für den Messstellenbetrieb, könnte als Kehrseite steigende Netzkosten und schmerzhafte Einschnitte in den Daten- und Verbraucherschutz mit sich bringen. Es ist erforderlich, dass der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber einer solchen Entwicklung durch geeignete klare Rahmenbedingungen entgegenwirkt.

Innovative Zähler bedeuten, dass das Energieversorgungsunternehmen jederzeit und unmittelbaren Einblick in die Verbrauchsdaten und das Verbrauchsverhalten des Kunden erhält. Dies wird gemeinhin als Eingriff in die Privatsphäre gewertet. Die digitale Fernablesung birgt zudem das Potenzial in sich, die gesetzlichen Spielregeln zur Aufrechterhaltung der Grundversorgung durch technische Innovation zu unterlaufen. Fernablesung ermöglicht immer auch Fernabsperrung. Bei der Abwägung der Verbraucherinteressen ist sorgfältig darauf zu achten, dass mit dem flächendeckenden Einsatz neuer Zählertechnologien nicht ein Instrument geschaffen wird, das vorrangig den nachvollziehbaren Interessen der Versorgungswirtschaft an einem reibungslosen und effizienten Inkasso-Geschäft dient. Im Interesse der Verbraucher darf die Einführung der elektronischen Verbrauchsmessung nicht zu hohen Umrüstungskosten für Letztverbraucher führen und es darf keine Pflichtausstattung mit Geräten zur elektronischen Verbrauchsmessung geben.

Der Verbraucher sollte sich auch weiterhin für eine Teilnahme am manuellen Ableseverfahren entscheiden können.

2. Zu Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe b Doppelbuchstabe dd1 - neu - (§ 21b Abs. 2 Satz 8 EnWG)

In Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe b ist nach Doppelbuchstabe dd folgender Doppelbuchstabe einzufügen:

Begründung

§ 21b Abs. 2 Satz 8 EnWG bezieht sich bisher nur auf den Messstellenbetreiber. Im vorliegenden Gesetzentwurf ist hierzu keine Änderung vorgesehen. Das lässt außer Acht, dass nach dem Gesetzentwurf die Marktrollen von Messstellenbetreiber und Messdienstleister auseinander fallen können. Es muss daher klargestellt werden, dass sowohl bei einem Wechsel des Messstellenbetreibers als auch beim Wechsel des Messdienstleisters alle Beteiligten verpflichtet sind, die für einen effizienten Wechselprozess erforderlichen Verträge abzuschließen bzw. Daten auszutauschen.