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Der Bundesrat hat in seiner 912. Sitzung am 5. Juli 2013 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 27. Juni 2013 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 105 Absatz 3 des Grundgesetzes zuzustimmen.
B
Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschließung gefasst:
- 1. Der Bundesrat begrüßt es grundsätzlich, dass die Regierungsfraktionen einen Gesetzentwurf zur Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013 vorlegen und damit Schritte zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe im Steuerrecht unternehmen wollen. Er bedauert es vor dem Hintergrund der eindeutigen Rechtsprechungslinie zur Gleichstellung von homosexuellen mit heterosexuellen Partnerschaften, dass es dazu erst einer erneuten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bedurfte.
- 2. Das vorliegende Gesetz beschränkt sich auf die Umsetzung der Verfassungsgerichtsentscheidung im Einkommensteuergesetz, weil nach Aussage des Bundesministeriums der Finanzen die darüber hinausgehende Anpassung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften noch der umfassenden steuerfachlichen und der rechtsförmlichen Prüfung bedarf.
Der Bundesrat verweist auf seinen bereits am 1. März 2013 beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe im Einkommensteuerrecht (Drucksache 137/13(B) ), das - im Gegensatz zum vorgelegten Gesetz - auch eine Anpassung derjenigen steuerlichen Vorschriften enthält, die in direktem Zusammenhang mit der Einkommensteuer stehen und auf die sich die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes übertragen lässt. Hierzu gehören die auch aus Sicht des Bundesrates - zumindest klarstellend - notwendigen Anpassungen insbesondere der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, des Wohnungsbau-Prämiengesetzes, des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes und des Eigenheimzulagengesetzes.
Der Bundesrat bedauert, dass die Bundesregierung mit dem vorliegenden Gesetz erneut nur dort eine Änderung der steuerlichen Vorschriften vornehmen will, wo sie dazu ausdrücklich vom Bundesverfassungsgericht gezwungen wird. Er erwartet, dass die gesetzliche Umsetzung der vollständigen Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften im Steuerrecht in der kommenden Legislaturperiode des Deutschen Bundestages umgehend und unter enger Einbindung der Länder erfolgt.
- 3. Der Bundesrat sieht den vom Deutschen Bundestag vorgeschlagenen Schritt insgesamt als zu kurz gegriffen an, um die bestehenden Ungleichbehandlungen von eingetragenen Lebenspartnerschaften nachhaltig und vollständig zu beenden.
- 4. Der Bundesgesetzgeber hat im Jahr 2001 mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz eine Rechtsform geschaffen, mit der gleichgeschlechtliche Paare erstmals rechtlich anerkannt und (schrittweise) mit Eheleuten in vielen Rechtsbereichen gleichgestellt wurden. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt eine Ungleichbehandlung zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft in einzelnen Rechtsgebieten als verfassungswidrigen Verstoß gegen den Gleichheitssatz angesehen, zum Beispiel im Beamtenrecht, in der Erbschaft-, Schenkungs- und Grunderwerbsteuer sowie jüngst im Einkommensteuerrecht. Auch die Ungleichbehandlung hetero- und homosexueller Paare bei der Sukzessivadoption wurde als verfassungswidrig verworfen.
- 5. Nach wie vor hat der Bundesgesetzgeber wider besseren Wissens die Gleichstellung in einer ganzen Reihe von gesetzlichen Regelungen nicht vollzogen, sodass es weiterhin zu unbegründeten Ungleichbehandlungen kommt. Hierunter fallen auch Regelungen etwa
- a) in der Zivilprozessordnung,
- b) im Zwangsversteigerungsgesetz,
- c) in der Insolvenzordnung,
- d) im Schuldrechtsanpassungsgesetz,
- e) bei der Übernahme eines Hofes,
- f) im Heimarbeitsgesetz,
- g) im Bundesvertriebenengesetz,
- h) im Beruflichen Rehabilitierungsgesetz,
- i) im Bundeskindergeldgesetz und
- j) im Sprengstoffgesetz.
- 6. Auch die abschließende rechtliche Gleichstellung im Adoptionsrecht ist bisher nicht erfolgt. Aus Sicht des Bundesrates sind homosexuelle Paare keine schlechteren Eltern als heterosexuelle Paare. Es liegen auch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die die gegenteilige Annahme zu stützen vermögen. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu ausgeführt (BVerfG, Urteil vom 19. Februar 2013, 1 BvL 1/11 und 1 BvR 3247/09, Rn. 104):
"Unterschiede zwischen Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft, welche die ungleiche Ausgestaltung der Adoptionsmöglichkeiten rechtfertigen könnten, bestehen nicht; insbesondere sind beide Partnerschaften gleichermaßen auf Dauer angelegt und rechtlich verfestigt". In zwei Entscheidungen geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass Kinder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ebenso behütet aufwachsen können wie in einer Ehe (BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2012, 2 BvR 1397/09, Rn. 76 und Urteil vom 19. Februar 2013, a.a. O., Rn. 80). Daher ist nicht nur die ausstehende gesetzgeberische Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung bei der Sukzessivadoption angezeigt. Vielmehr muss das gesamte Adoptionsrecht diskriminierungsfrei ausgestaltet werden. Dabei muss stets das Kindeswohl im Mittelpunkt stehen.
- 7. Das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft bleibt letztlich immer eine Sonderform. Der Ausschluss von der Eheschließung ist eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität. Dies würde selbst dann gelten, wenn die völlige rechtliche Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft erfolgen würde. Um diese und alle übrigen rechtlichen Ungleichbehandlungen abzubauen, hat der Bundesrat mit Beschluss vom 22. März 2013 ein Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (Drucksache 196/13(B) ) vorgeschlagen. Der Gesetzentwurf liegt dem Deutschen Bundestag zur Beratung vor. Der Bundesrat bittet den Deutschen Bundestag, die Beratung der Vorlagen zeitnah aufzunehmen.