Der Bundesrat hat in seiner 925. Sitzung am 19. September 2014 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt es, dass die Kommission Überlegungen anstellt, wie geografische Angaben im Zusammenhang mit nichtlandwirtschaftlichen Erzeugnissen geschützt und Verbraucherinnen und Verbraucher vor Fehlvorstellungen in Bezug auf die Herkunft der Erzeugnisse bewahrt werden können.
- 2. Allerdings sollte nach Auffassung des Bundesrates geprüft werden, ob neben den bestehenden allgemeinen Vorschriften des Wettbewerbs- und Markenrechts tatsächlich ein Bedürfnis für ein Schutzsystem durch Eintragung geografischer Angaben für nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse besteht. Zumindest das deutsche Markenrecht enthält bereits einen weit gehenden Schutz des Wettbewerbs und der Verbraucherinteressen vor irreführenden geografischen Herkunftsangaben.
- 3. Der Bundesrat weist darauf hin, dass im Bereich der landwirtschaftlichen Erzeugnisse der Unterschied zwischen geschützter geografischer Angabe (g.g. A.) und geschützter Ursprungsbezeichnung (g. U.) von den Verbraucherinnen und Verbrauchern häufig nicht erkannt wird. Verbraucherinnen und Verbraucher gehen in einigen Fällen irrtümlich davon aus, dass auch bei einer g.g.A. zwingend der Rohstoff aus dem bezeichneten Gebiet stammt oder dass alle Produktionsschritte in dem bezeichneten Gebiet erfolgt sind. Dies ist bei einer g.g.A. jedoch nicht zwangsläufig der Fall, da ein g.g.A-Produkt seine spezifische Qualität unter Umständen nicht rohstoffgebunden, sondern beispielsweise durch besondere regionale Herstellungstechniken erwirbt. Nach Auffassung des Bundesrates wären Verbraucherinnen und Verbraucher bei einer vollständigen und unveränderten Übertragung des bisherigen Systems geografischer Angaben für landwirtschaftliche Produkte auf den Bereich der nichtlandwirtschaftlichen Produkte nicht vollumfänglich vor falschen Erwartungen bezüglich der Herkunft der Produkte geschützt.
- 4. Das Ziel, die Unterscheidungskraft und Attraktivität von Erzeugnissen durch Garantien von Qualität und Ursprung zu steigern, kann nach Auffassung des Bundesrates nur durch eine restriktive Handhabung geografischer Angaben unter strengen Voraussetzungen erreicht werden. Daher hält der Bundesrat eine Einführung einer geschützten Ursprungsbezeichnung für nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse entsprechend den Vorgaben nach Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel für sinnvoll. Die geschützte Ursprungsbezeichnung weist einen leicht verständlichen, eindeutigen Aussagegehalt auf und verlangt eine sehr enge Beziehung des Erzeugnisses zum Herkunftsort. Ihre Verwendung ist daher geeignet, die mit einer bestimmten Herkunft verbundenen Qualitätseigenschaften zu gewährleisten und den Zielen des Grünbuches insgesamt gerecht zu werden.
- 5. Eine neben die geschützte Ursprungsbezeichnung tretende eintragungsfähige geografische Angabe sollte in jedem Fall ebenfalls einen eindeutigen Herkunftsbezug und klaren Informationsgehalt vermitteln. Insbesondere ist die Eintragung davon abhängig zu machen, dass nach der Verkehrsanschauung und für die Verbraucherentscheidung wesentliche Schritte der Herstellung an dem in Bezug genommenen Ort erfolgen. Im Gegensatz zu Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 soll es nicht ausreichend sein, dass nur ein Produktionsschritt den erforderlichen örtlichen Bezug aufweist.
- 6. Für den Fall der Einführung eines Schutzsystems durch Eintragung sollte aus Sicht des Bundesrates gewährleistet sein, dass weiterhin die Marktbeteiligten und Verbraucherverbände in der Lage sein müssen, gegen Wettbewerbsverstöße und irreführende geografische Angaben vorzugehen. Eine parallele Kontrolle durch behördliche Stellen kann aus Sicht des Bundesrates sinnvoll sein. Eine Anknüpfung an die Marktüberwachung nach der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates wird jedoch abgelehnt.