Punkt 9 der 939. Sitzung des Bundesrates am 27. November 2015
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- 1. Der Bundesrat nimmt den Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung, der nach einer intensiven und mit hoher Achtung vor unterschiedlichen moralischethischen Überzeugungen geführten Diskussion verabschiedet worden ist, mit großem Respekt zur Kenntnis.
- 2. Der Bundesrat nimmt ferner zur Kenntnis, dass durch den vorliegenden Gesetzesbeschluss nicht beabsichtigt ist, zukünftig Ärzte zu kriminalisieren, die im Rahmen ihrer medizinischen, insbesondere palliativmedizinischen Behandlung einem Patienten auf dessen Wunsch hin Hilfe bei der Vornahme einer zum Tode führenden Handlung leisten, ohne dass die Lebensverkürzung einen eigenständigen Zweck der Behandlung darstellt, und dass dies auch in Fällen gelten soll, in denen Ärzte im Rahmen ihrer Behandlungstätigkeit mehr als einmal entsprechenden Bitten von Patienten nachkommen (vgl. BT-Drucksache 18/5373, Seite 18, dritter und vorletzter Absatz).
Der Bundesrat geht deshalb hinsichtlich des Verständnisses des Begriffs der "Geschäftsmäßigkeit" davon aus, dass damit nur ein solches Verhalten beschrieben werden soll, das darauf abzielt, einer unbestimmten Anzahl von Menschen, unter Umständen auch ohne ein bereits vorangegangenes Behandlungsverhältnis, die Gelegenheit zur Selbsttötung zu verschaffen.
Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass schon angesichts des im Gesetz statuierten Absichtserfordernisses die sogenannte indirekte Sterbehilfe nicht unter diese Vorschrift fallen kann - ebenso wenig der sogenannte Behandlungsabbruch, nachdem es insoweit um das Verbot einer Zwangsbehandlung des Patienten geht und nicht um eine Suizidbeihilfe.
- 3. Der Bundesrat begrüßt, dass dieses Begriffsverständnis sich auch in der Begründung des dem Gesetz zugrundeliegenden Gesetzentwurfs (BT-Drucksache 18/5373) wiederfindet. Zugleich hat der Bundesrat jedoch Sorge, dass die künftige Praxis im Rahmen der Auslegung der gesetzlichen Neuregelung zu einem anderen, die Strafbarkeit weiter fassenden Ergebnis gelangen könnte. Mit Blick auf die hohe Sensibilität des Bereichs der Suizidbeihilfe bittet der Bundesrat deshalb die Bundesregierung zu beobachten, wie sich die Rechtsprechung hinsichtlich des Merkmals der "Geschäftsmäßigkeit" in diesem Zusammenhang entwickelt und welche Folgen dies für Ärzte und sterbewillige Patienten hat, um gegebenenfalls die erforderlichen gesetzgeberischen Korrekturen einzuleiten.