948. Sitzung des Bundesrates am 23. September 2016
A
- 1. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt dem Bundesrat, der Verordnung gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.
B
- 2. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt dem Bundesrat ferner, die folgende Entschließung zu fassen:
- a) Der Bundesrat begrüßt die vorgesehenen Änderungen der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV). Durch die Ergänzungen, Konkretisierungen und Aktualisierungen soll ein EU-weit einheitliches Vorgehen sichergestellt werden.
- b) Der Bundesrat sieht angesichts der weiterhin in vielen Ballungsräumen zu hohen Stickstoffdioxid-Belastungen und des diesbezüglich eingeleiteten EU-Vertragsverletzungsverfahrens jedoch den dringenden Bedarf der Prüfung zusätzlicher Minderungsansätze.
- c) Die hohen Stickstoffoxid-Emissionen von Diesel-Fahrzeugen sind die Hauptursache für diese erhöhten Belastungen, wobei den Bestandsfahrzeugen die entscheidende Bedeutung zukommt. Eine Option zur Reduzierung der Abgasemissionen des Flottenbestands könnte die Nachrüstung mit geeigneten Abgasnachbehandlungsanlagen darstellen. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf darzulegen, unter welchen Randbedingungen Kosten-Nutzeneffiziente Lösungen für eine Nachrüstung von Dieselfahrzeugen zur Verfügung gestellt bzw. entwickelt werden können.
- d) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, auch zu den Fragen - Zertifizierung, Systemüberwachung und Dauerhaltbarkeit,
- - StVZO-rechtliche Fragen, u.a. wie die Pkw-Typzulassung nach Einbau eines integrierten Nachrüstsystems wiedererlangt werden kann,
- - Kostenübernahme/Fördermittel, Stellung zu nehmen und Lösungsansätze mit Angaben zu Zeitkorridoren zu unterbreiten.
- e) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, zusätzlich eine Stellungnahme der Nachrüstanbieter zur Palette der Fahrzeugmodelle anzufordern und den Ländern zur Verfügung zu stellen. Diese Stellungnahme sollte nach Auffassung des Bundesrates auch Angaben zu den Zeitpunkten enthalten, ab wann die Nachrüstsysteme jeweils zur Verfügung gestellt werden könnten.
- f) Die Klärung der Fragen zur Nachrüstung ist aus Sicht des Bundesrates unabhängig von den Diskussionen in Bezug auf die Fortschreibung der 35. BImSchV (Kennzeichnungsverordnung/Blaue Plakette) weiterzuverfolgen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Zu Buchstaben a und b:
In vielen Ballungsräumen können die in der 39. BImSchV festgelegten Immissionsgrenzwerte für Stickstoffdioxid noch immer nicht eingehalten werden. Insbesondere mit Blick auf das diesbezüglich laufende EU-Vertragsverletzungsverfahren besteht weiterhin dringender Handlungsbedarf.
Zu Buchstabe c:
Der wesentliche Grund für die Vielzahl von Überschreitungen des über das Kalenderjahr gemittelten NO₂-Grenzwertes sind die hohen Emissionen von Diesel-Fahrzeugen. Da jährlich nur etwa sechs Prozent aller Kfz neu zugelassen werden, ist das Emissionsverhalten der Bestandsfahrzeuge von entscheidender Bedeutung. Die Abgasemissionen des Flottenbestands könnten durch die Nachrüstung mit geeigneten Abgasnachbehandlungsanlagen gesenkt werden.
Zu Buchstaben d und e:
Die Nachrüstung mit Abgasnachbehandlungssystemen zur Stickstoffoxid-Minderung von Pkw, leichten und schweren Nutzfahrzeugen sowie Bussen sind grundsätzlich technisch möglich. Der verfügbare Bauraum stellt allerdings besonders bei Pkw ein großes Hindernis dar, zusätzliche Aggregate im Fahrzeug zu integrieren. Unabhängig von der Motorelektronik arbeitende Systeme (autarke Systeme) erreichen ein Stickstoffoxid-Minderungspotenzial von ca. 30 Prozent. Werden höhere Reinigungsraten angestrebt, ist eine Koppelung mit der Motorsteuerung des Fahrzeugs notwendig. Dieser Eingriff führt zum Verlust der Typgenehmigung. Nachrüstungen um eine komplette Abgasstufe von z.B. Euro 5 nach Euro 6 sind nicht realisierbar.
Zu Buchstabe f:
Nachrüstoptionen stellen eine grundsätzlich zu prüfende Möglichkeit zur Minderung der Emissionen an der Quelle dar, deren Umsetzung nachfolgend durch verschiedene Anreizsysteme unterstützt werden könnte. Eine Verknüpfung mit Nutzervorteilen für emissionsarme Fahrzeuge in Verbindung mit Plakettenregelungen ist nur ein denkbarer Ansatz und nicht zwangsläufig vorgegeben.