COM (2018) 269 final
Der Bundesrat hat in seiner 969. Sitzung am 6. Juli 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Der Bundesrat stellt fest:
- 1. Die Mitteilung der Kommission für die nächste Phase der EU-Jugendstrategie ist eine sinnvolle Weiterentwicklung der bisherigen europäischen Zusammenarbeit im Jugendbereich und baut auf den Erfahrungen und Erfolgen der EU-Jugendstrategie 2010 bis 2018 auf.
- 2. Das friedliche Europa ohne Grenzen ist für junge Menschen eine selbstverständliche Lebensrealität. Deshalb kommt ihnen in einer Situation, in der es um die Zukunft der EU geht, eine Schlüsselfunktion zu. Mit ihrer Mitteilung folgt die Kommission den zentralen Vorstellungen des Bundesrates über eine neue EU-Jugendstrategie: Europa als Lebenswelt junger Menschen zu begreifen. Es gilt, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Mitwirkung an politischen und gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen eines gemeinsamen Europas zu ermöglichen und sie umfassend in allen Belangen zu beteiligen, die ihre Lebenswirklichkeit und Zukunftschancen betreffen.
- 3. Der Bundesrat begrüßt insbesondere den fachlichen Mehrwert, den ein grenzüberschreitender themenbezogener Austausch zwischen zentralen jugendpolitischen Akteuren für das praktische und fachpolitische Handeln in Deutschland bieten kann.
- 4. Die von der Kommission vorgeschlagenen Veränderungen für die Instrumente der Zusammenarbeit entsprechen in Teilen den Erwartungen des Bundesrates: eine stärkere Berücksichtigung der regionalen und kommunalen Ebene, eine themengeleitete Ausrichtung des "Peer-Learnings", die Berücksichtigung der Subsidiarität, mehr Information und Transparenz in der Umsetzung der EU-Jugendstrategie als Governanceanspruch, die Einbeziehung und Erreichung weiterer Zielgruppen junger Menschen sowie eine größere Verknüpfung der EU-Jugendstrategie mit den Förderprogramen der EU im Jugendbereich.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, zeitnah in folgenden Bereichen auf die Reformpläne der Kommission zu reagieren:
- 5. Nationale Aktionspläne
Die Mitgliedstaaten sollen bis Mitte 2019 nationale Aktionspläne erarbeiten, in denen sie ihre Ziele und Maßnahmen in ausgewählten Aktionsbereichen für die nächsten drei Jahre beschreiben. Die vorgeschlagenen Aktionspläne der Mitgliedstaaten ermöglichen eine den Bedürfnissen der Mitgliedstaaten angemessene inhaltliche Umsetzung. Damit können nationale Schwerpunkte definiert und mit der dezentralen Umsetzung von Erasmus+, JUGEND in AKTION und des Europäischen Solidaritätskorps strategisch verknüpft werden. Der Bundesrat erwartet - in Fortsetzung der bewährten Zusammenarbeit mit der Bundesregierung - eine Einbindung der Länder und Kommunen bei der Entwicklung und Realisierung des nationalen Aktionsplans. Sie sprechen sich dabei gegen quantitative Ziele, sprich Benchmarks, und indikatorengestützte Ziele aus, im Aktionsplan sowie auf europäischer Ebene.
- 6. Die von der Kommission vorgeschlagene Einführung politischer Indikatoren für die Fortschrittsbewertung (Monitoring) in der EU-Jugendstrategie wird vom Bundesrat kritisch gesehen. Eine mögliche Ausarbeitung solcher Indikatoren in einer europäischen Expertengruppe muss ausdrücklich das Prinzip der Subsidiarität berücksichtigen und darf nicht zu Anforderungen an Mitgliedstaaten hinsichtlich Überprüfungen und der Erhebung zusätzlicher Daten führen.
- 7. "EU Youth Dialogue"
Der Ausbau des Dialogs mit jungen Menschen, insbesondere hinsichtlich der Erreichbarkeit junger Menschen auf der kommunalen Ebene durch unterschiedliche On- und Offline-Formate sowie einer besseren Transparenz und Nutzung der Ergebnisse, wird grundsätzlich begrüßt. Dabei sind die vorhandenen Strukturen der Jugendhilfe auf regionaler und kommunaler Ebene zu berücksichtigen und einzubeziehen.
- 8. EU-Agenda für "Youth Work"
Mit der vorgeschlagenen EU-Agenda für Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit knüpft die Kommission an die Themen der bisherigen Umsetzung in Deutschland an. Qualität, Innovation und Anerkennung von Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit sind genauso wichtig wie die Stärkung der europäischen und internationalen Jugendarbeit. Die europäische Zusammenarbeit kann so Impulse für die Weiterentwicklung der Themen Qualitätsentwicklung, Förderung der Anerkennung von Jugendarbeit und des nonformalen und informellen Lernens, digitale Jugendarbeit et cetera bieten.
- 9. Verbindung zu Förderprogrammen der EU
Der Bundesrat begrüßt die vorgeschlagene stärkere Verbindung zu den Förderprogrammen der EU zugunsten junger Menschen. Die Implementierung der EU-Jugendstrategie kann europäisch und national nur gelingen, wenn sie über die entsprechenden Finanzinstrumente mit ausreichenden Fördermitteln unterstützt wird. Über die EU-Jugendprogramme hinaus sollten jugendorientierte Inhalte in anderen Förderinstrumenten der EU, wie die Europäischen Struktur-und Investitionsfonds mit dem Europäischen Sozialfonds, mehr Bedeutung erhalten. In der Praxis kommt dabei die Nutzung europäischer Fördermittel für Maßnahmen im Kontext der jugendpolitischen Zusammenarbeit, wie zum Beispiel für das "Peer-Learning" oder die Nutzung und Anwendung von Ergebnissen aus EU-geförderten Modellprojekten in der Jugendpolitik vor Ort, in Betracht. Hier gilt es insbesondere, Mechanismen für den Transfer von der lokalen auf die europäische Ebene zu entwickeln, damit aus den Ergebnissen lokaler Projekte ein europäischer Mehrwert entsteht.
- 10. EU-Arbeitsplan für die Jugend
Der EU-Arbeitsplan für die Jugend verdeutlicht, dass die EU-Jugendstrategie nicht nur die Stärkung der europäischen Jugendarbeit zum Ziel hat, sondern insbesondere auch eine gemeinsame Befassung mit aktuellen jugendpolitischen Problemen und Herausforderungen in der EU bedeutet. Er erlaubt, politische und fachliche Handlungsansätze auf der EU-Ebene auszutauschen und Empfehlungen sowohl für andere europäische Politikbereiche als auch für die Jugendpolitik in den Mitgliedstaaten abzustimmen. Der Bundesrat wird sich aktiv in die Entwicklung des nächsten EU-Arbeitsplans des Rates für die Jugend einbringen und fordert die Bundesregierung auf, die Interessen der Länder in der Abstimmung zu berücksichtigen.