853. Sitzung des Bundesrates am 19. Dezember 2008
A.
Der Ausschuss für Frauen und Jugend empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Die Bildung ist eine der wirksamsten Voraussetzungen für eine aktive Eingliederung benachteiligter Menschen. Hierzu schlägt der Bundesrat vor, dass alle Formen des Lernens - formales Lernen, nonformales Lernen und informelles Lernen - angemessen berücksichtigt werden. Der Bundesrat unterstützt die Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche beim Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung, von der frühen Förderung bis zum lebenslangen Lernen. Dabei ist ein geschlechtersensibler Ansatz als durchgängiges Leitprinzip anzuwenden. Kinder und Jugendliche sind die Zukunft Europas.
- 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die Kommission den Europäischen Pakt für die Jugend konkreter in der Empfehlung berücksichtigt. Den Jugendlichen, die aufgrund unterdurchschnittlicher Bildungsabschlüsse, wegen sozialer Benachteiligungslagen oder individueller Beeinträchtigungen Schwierigkeiten haben, den Übergang von der Schule in den Beruf zu meistern, müssen gezielte und individuelle Hilfen angeboten werden. Die EU sollte die Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten und in Deutschland auch auf der Ebene der Länder unterstützen, damit die betroffenen sozial benachteiligten Jugendlichen eine entsprechende Förderung und Beschäftigungschance erhalten.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung ferner darauf hinzuwirken, dass die Kommission die Belange der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte besonders in den Blick nimmt und aktiv zum Abbau von Zugangsbarrieren dieser Zielgruppe im Hinblick auf den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt beiträgt. Nach dem Bericht zum "Nationalen Integrationsplan" hat sich die Beschäftigungssituation von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in den vergangenen 15 Jahren deutlich verschlechtert.
Diesen Empfehlungen widerspricht der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union mit folgender Begründung:
Die Verantwortung für die Inhalte und die Organisation der allgemeinen und beruflichen Bildung steht den Mitgliedstaaten zu. Die Gemeinschaft kann in diesem Politikfeld nur unter Beachtung der Artikel 149, 150 EGV und damit unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Bildungssysteme tätig werden. Auch die Kinder- und Jugendpolitik ist entsprechend dem Subsidiaritätsgedanken in erster Linie Aufgabe der Mitgliedstaaten. Es besteht daher die Gefahr, dass die Empfehlung des Ausschusses für Frauen und Jugend als Aufforderung zu einem Tätigwerden der Gemeinschaft über reine Unterstützungsmaßnahmen hinaus und damit außerhalb ihrer Kompetenzen missverstanden werden kann. Darüber hinaus werden den Mitgliedstaaten zur Unterstützung benachteiligter Jugendlicher durch den Europäischen Sozialfonds bereits Mittel der Gemeinschaft zur Verfügung gestellt. Zudem hat sich die Kommission unlängst den Belangen der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in ihrem Grünbuch Migration und Mobilität (BR-Drucksache 505/08 (PDF) ) gewidmet. Die Empfehlung des Ausschusses für Frauen und Jugend sollte demzufolge insgesamt unterbleiben.
B.
- 4. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, der Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.
C.
- 5. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union empfiehlt dem Bundesrat, von einer Stellungnahme gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG zu der Vorlage abzusehen.
Begründung
Der zuständige Rat für Beschäftigung und Sozialpolitik nimmt am 16./17. Dezember 2008 Ratsschlussfolgerungen zur Kommissionsmitteilung an. Diese wurden bereits auf AStV-Ebene finalisiert und einstimmig angenommen. Mit der Verabschiedung von Ratsschlussfolgerungen ist die Diskussion auf Ratsebene abgeschlossen, sodass von einer Stellungnahme des Bundesrates angesehen werden kann.