836. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2007
A
- 1. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik und der Ausschuss für Kulturfragen empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderung beim Deutschen Bundestag einzubringen:
Zu Artikel 1 Nr. 1a - neu - (§ 84 Satz 2 - neu - SGB III), Nr. 1b - neu - (§ 85 Abs. 1 Satz 3 - neu - SGB III)
In Artikel 1 sind nach Nummer 1 folgende Nummern einzufügen:
"1a. Dem § 84 wird folgender Satz angefügt:
- "Öffentliche Schulen, Schulen für Berufe des Gesundheitswesens sowie Ersatzschulen nach dem Schulrecht der Länder sind unbeschadet von Satz 1 für die Förderung zugelassen."
1b. Dem § 85 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
- "Bundes- oder landesrechtlich geregelte Bildungsgänge von Trägern im Sinne von § 84 Satz 2 sind unbeschadet der Sätze 1 und 2 für die Förderung zugelassen." "
Folgeänderungen:
- a) Das Vorblatt ist wie folgt zu ändern:
- aa) Dem Abschnitt A ist folgender Absatz anzufügen:
- "Auf Grund von §§ 77 bis 87 SGB III werden derzeit auch Schulen gezwungen, sich bezüglich ihrer bundes- oder landesrechtlich geregelten Ausbildungen dem Zertifizierungsverfahren nach der Anerkennungs- und Zulassungsverordnung - Weiterbildung - (AZWV) zu unterwerfen. Dies ist in weiten Bereichen verfassungswidrig."
- bb) Dem Abschnitt B ist folgender Satz anzufügen:
- "Schulen und ihre bundes- oder landesrechtlich geregelten Bildungsgänge werden aus dem Anwendungsbereich des Zertifizierungsverfahrens nach der AZWV ausgenommen."
- cc) In Abschnitt D ist den Nummern 1 und 2 jeweils folgender Absatz anzufügen:
- "Die Änderung der §§ 84 und 85 Abs. 1 SGB III verursacht keine Mehrkosten."
- aa) Dem Abschnitt A ist folgender Absatz anzufügen:
- b) Die allgemeine Begründung ist wie folgt zu ändern:
- aa) Nach Absatz 3 ist folgender Absatz einzufügen:
- "Die Änderungen der §§ 84 und 85 Abs. 1 SGB III nehmen im Wesentlichen eine verfassungsrechtlich gebotene Klarstellung vor. Der Bundesrat hat bereits mit Beschluss vom 16. Februar 2007 zum Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Beschäftigungschancen älterer Menschen diese Änderungen des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gefordert (BR-Drs. 001/07(B) )."
- bb) Folgender Absatz ist anzufügen:
- "Die Änderungen der §§ 84 und 85 Abs. 1 SGB III verursachen keine Mehrkosten; sie entlasten die Träger, die den Sachaufwand für die Schulen tragen."
- aa) Nach Absatz 3 ist folgender Absatz einzufügen:
- c) In der Einzelbegründung ist nach der Begründung zu Nummer 1 folgender Text einzufügen:
"Zu Nummern 1a und 1b (§§ 84 und 85 Abs. 1)
Die Kompetenz zur Regelung des öffentlichen Schulwesens sowie der staatlichen Schulaufsicht ist vom Grundgesetz ausschließlich den Ländern zugewiesen.
Nach der bisherigen Fassung der §§ 77 bis 87 SGB III gelten die Vorschriften auch für Schulen im Sinne des Schulrechts der Länder. Damit kann der Bund insbesondere zu einer Qualitätsüberprüfung bzw. Zertifizierung der Schulen im Sinne des Schulrechts der Länder durch beauftragte private Zertifizierungsagenturen zwingen. Er greift so in die Kulturhoheit der Länder ein.
Dieser Eingriff ist in weiten Bereichen verfassungswidrig. In verfassungskonformer Auslegung dürfen die §§ 84 bis 87 SGB III und insbesondere das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV deshalb auf öffentliche Schulen nicht angewandt werden. Auch im Bereich der Privatschulen müssen Ausnahmen gemacht werden, soweit bundes- oder landesrechtlich geregelte Ausbildungsgänge inmitten stehen.
Der Bund meint jedoch, §§ 84 bis 87 SGB III und das Zertifizierungsverfahren nach der AZWV würden auch für die öffentlichen Schulen in den Ländern gelten. Die Vorschriften seien auch in vollem Umfang und unterschiedslos auf alle Privatschulen anwendbar, die der (Schul-)Aufsicht der Länder unterstehen. Deshalb ist eine gesetzliche Klarstellung erforderlich.
Die Gegenäußerung der Bundesregierung zum Beschluss des Bundesrats vom 16. Februar 2007 (BT-Drs. 016/4421) übersieht, dass die Schulen kein freies Lehrgangsangebot machen, sondern unter staatlicher Aufsicht staatlich geregelte Ausbildungsgänge durchführen. Sie treten insoweit grundsätzlich nur in Wettbewerb untereinander, aber nicht in Wettbewerb mit anderen (freien) Bildungsanbietern. Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel sind bundes- oder landesrechtlich normiert. Die Qualität der Ausbildung wird durch die staatliche (Schul-) Aufsicht sichergestellt."
Begründung des Ausschusses für Kulturfragen (nur gegenüber dem Plenum):
Zur Begründung wird auf die Ergänzung der Einzelbegründung verwiesen.
B
- 2. Der Ausschuss für Frauen und Jugend, der Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
C
- 3. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik schlägt dem Bundesrat vor Frau Ministerin Dr. Monika Stolz (Baden-Württemberg) gemäß § 33 der Geschäftsordnung des Bundesrates zur Beauftragten des Bundesrates für die Beratungen des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag und seinen Ausschüssen zu bestellen.