Punkt 28 der 938. Sitzung des Bundesrates am 6. November 2015
Der Bundesrat möge beschließen, anstelle der Ausschussempfehlung in Ziffer 7 der Drucksache 438/1/15 zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Zu Artikel 2 Nummer 3 Buchstabe b ( § 163 Absatz 1 FamFG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Änderung des Artikels 2 Nummer 3 Buchstabe b dahingehend zu prüfen, dass grundsätzlich nur Sachverständige mit einer Zertifizierung zur Fachpsychologin/zum Fachpsychologen Rechtspsychologie oder mit einer vergleichbaren Qualifikation in familiengerichtlichen Verfahren eingesetzt werden.
Darüber hinaus bittet der Bundesrat die Bundesregierung, ein umfassendes, bundesweit angelegtes und repräsentatives Forschungsvorhaben in Auftrag zu geben, um feststellen zu können, welche genauen beruflichen Qualifikationen für die Erstellung wissenschaftlich fundierter Sachverständigengutachten in familiengerichtlichen Verfahren gesetzlich festgelegt werden sollten, um einen qualitativen Mindeststandard zu gewährleisten und der besonderen Bedeutung familiengerichtlicher Gutachten gerecht zu werden.
Begründung:
Der Bundesrat bezweifelt, ob die in Artikel 2 Nummer 3 Buchstabe b des Gesetzentwurfs vorgegebenen Mindestanforderungen an die Qualifikation der Sachverständigen ausreichend sind, um qualitativ hochwertige Gutachten in familiengerichtlichen Verfahren sicherzustellen.
Die Qualifikationsanforderungen im Hinblick auf in familiengerichtlichen Verfahren eingesetzte Sachverständige werden seit längerem in Fachkreisen problematisiert. Eine umfassende, bundesweit angelegte und repräsentative Studie zur Qualität familiengerichtlicher Gutachten fehlt jedoch bisher. Eine Qualitätsverbesserung familiengerichtlicher Gutachten ist aber insbesondere im Hinblick auf die oft weitreichende Bedeutung der Empfehlungen der Sachverständigen in familiengerichtlichen Verfahren und die Grundrechtsrelevanz von Eingriffen in das elterliche Sorge- und Umgangsrecht ein sinnvolles und erstrebenswertes Ziel.
Andererseits müssen familiengerichtliche Kindschaftsverfahren vor allem im Hinblick auf die Interessen der betroffenen Kinder zeitnah bearbeitet und entschieden werden. Für Umgangsverfahren und für Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls normiert § 155 Absatz 2 FamFG einen Vorrang- und Beschleunigungsgrundsatz. Eine Erhöhung der gesetzlichen Qualifikationsvorgaben dahingehend, dass nur noch zertifizierte Rechtspsychologinnen und -psychologen als Gutachter beauftragt werden können, führte im Hinblick darauf, dass derzeit bundesweit nur lediglich rund 300 zertifizierte Rechtspsychologinnen und -psychologen tätig sind, jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu einem eklatanten Mangel an geeigneten Sachverständigen und brächte eine erhebliche Verzögerung der kindschaftsrechtlichen Verfahren mit sich, die nicht im Interesse der Beteiligten liegt.
Als langfristiges, sukzessive zu erreichendes Ziel erscheint eine gesetzliche Einschränkung derjenigen Berufsgruppen, die in familiengerichtlichen Kindschaftsverfahren als Sachverständige bestellt werden können, jedoch sinnvoll.