Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 5466 - vom 16. Dezember 2009.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 26. November 2009 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zu Nicaragua, insbesondere auf die Entschließung vom 18. Dezember 2008 zu den Angriffen auf Menschenrechtsverteidiger, die bürgerlichen Freiheiten und die Demokratie in Nicaragua1,
- - unter Hinweis auf das Abkommen vom 15. Dezember 2003 über den politischen Dialog und die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Republiken Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama andererseits und das Rahmenübereinkommens über die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und den Republiken Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras, Nicaragua und Panama2,
- - unter Hinweis auf die Leitlinien der Europäischen Union zu Menschenrechtsverteidigern vom Juni 2004,
- - unter Hinweis auf die Berichte des EU-Sachverständigenteams über die nicaraguanischen Kommunalwahlen vom 9. November 2008,
- - unter Hinweis auf die Erklärungen von Kommissionsmitglied Benita Ferrero Waldner zu den Vorfällen in Nicaragua nach den Kommunalwahlen vom 9. November 2008,
- - unter Hinweis auf die laufenden Verhandlungen über den Abschluss eines Assoziierungsabkommens zwischen der Europäischen Union und den Ländern Zentralamerikas,
- - gestützt auf Artikel 122 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass sich die Inter American Press Association (IAPA) besorgt über eine Reihe von Maßnahmen und Erklärungen der nicaraguanischen Regierung geäußert hat, mit denen die Pressefreiheit in diesem Land unterdrückt wird,
B. in der Erwägung, dass es nach Artikel 47 der Nicaraguanischen Verfassung, der 1995 eingeführt wurde, untersagt ist, sich für das Amt des Präsidenten unmittelbar zur Wiederwahl zu stellen und dass Präsident Ortega auf illegale Weise versucht, diese Bestimmung zu umgehen, um für eine zweite Amtszeit bei den Wahlen 2011 kandidieren zu können,
C. in der Erwägung, dass ausschließlich das Gesetzgebungsorgan, in dem die derzeitige Regierungspartei Sandinistische Nationale Befreiungsfront (FSLN) nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit hat, eine Verfassungsreform verkünden darf,
D. unter Hinweis darauf, dass der Nicaraguanische Oberste Gerichtshof am 19. Oktober in der Nacht in Abwesenheit von drei der sechs ihm angehörenden Richter, die nicht eingeladen und die durch drei regierungsnahe Richter ersetzt wurden, zusammengetreten ist und den Artikel 147 der Verfassung einstimmig für nicht durchsetzbar erklärt hat,
E. in der Erwägung, dass alle in der Nationalversammlung vertretenen politischen Parteien der Opposition sowie zahlreiche Vereinigungen der Zivilgesellschaft, Rechtsanwälte und nichtstaatliche Organisationen diese gerichtliche Erklärung als rechtswidrig zurückgewiesen und daraufhin eine Zusammenarbeit vereinbart haben, um Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Nicaragua zu schützen,
F. unter Hinweis darauf, dass die gerichtliche Erklärung alsbald von den Mitgliedstaaten der Bolivarianischen Allianz für die Völker unseres Amerika (ALBA) begrüßt wurde,
G. in der Erwägung, dass während eines Besuchs in Nicaragua eine Delegation der Liberalen Internationalen bedroht und beschimpft wurde und dass ihr Vorsitzender, das Mitglied des Europäischen Parlaments Johannes Cornelis van Baalen, von den sandinistischen Behörden sogar mit der Ausweisung aus Nicaragua bedroht und zur unerwünschten Person erklärt wurde,
H. in der Erwägung, dass die Demokratie in Nicaragua gelitten hat, seit es mutmaßlich zu Fälschungen bei den Kommunalwahlen 2008 gekommen ist und Menschenrechtsorganisationen und deren Mitglieder, Journalisten und Medienvertreter Angriffen und Anfeindungen durch Personen, politische Kräfte oder Organisationen, die in Verbindung zur Staatsmacht stehen, ausgesetzt waren,
I. in der Erwägung, dass die Entwicklung und die Konsolidierung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit ebenso wie die Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten fester Bestandteil der Außenpolitik der Europäischen Union sein müssen,
J. in der Erwägung, dass die Europäische Union und ihre Partner, wenn sie Vereinbarungen mit Drittstaaten abschließen, die eine Menschenrechtsklausel enthalten, die Verantwortung dafür übernehmen, dafür Sorge zu tragen, dass internationale Menschenrechtsstandards beachtet werden, und dass diese Klauseln auf Gegenseitigkeit beruhen,
K. in der Erwägung, dass die Europäische Union die Verwendung von Finanzmitteln, die Nicaragua für Entwicklungsprojekte bereitgestellt wurden, stärker überwachen sollte, damit diese Gelder nicht in die Hände der Sandinisten fallen,
L. in der Erwägung, dass sich die Vereinten Nationen, die Europäische Union, die Vereinigten Staaten von Amerika und mehrere nichtstaatliche nicaraguanische Organisationen besorgt über den Mangel an Transparenz der letzten Wahlen geäußert haben,
- 1. bedauert die zahlreichen Angriffe und Anfeindungen, denen Menschenrechtsorganisationen, deren Mitglieder und unabhängige Journalisten durch Personen, politische Sektoren und Organisationen, die in Verbindung zur Staatsmacht stehen, ausgesetzt sind;
- 2. verurteilt die Verfassungsänderungen, durch die gegen die verfassungsmäßige Ordnung in Nicaragua verstoßen wurde, wobei die Regierung unter Beteiligung regierungsnaher Richter des Obersten Gerichtshofs eine rechtlich fragwürdige Taktik angewandt hat;
- 3. fordert Präsident Ortega auf, die nicaraguanische Verfassung zu achten, die Präsidenten zwei aufeinanderfolge Amtsperioden untersagt, und weist darauf hin, dass ausschließlich der Gesetzgeber eine Verfassungsreform erklären kann und dass Gerichte dies unter keinen Umständen tun dürfen;
- 4. ist der Ansicht, dass die Haltung Präsident Ortegas von seinem sehr dürftigen Verständnis bzw. seiner kaum vorhandenen Achtung gegenüber Demokratie und Rechtstaatlichkeit und der Ausübung von Grundrechten wie dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit zeugt;
- 5. unterstützt all jene in Nicaragua, die gegen die Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Regierungsbehörden sind, und ruft dazu auf, die verfassungsmäßige Ordnung unverzüglich wiederherzustellen und die gerichtliche Erklärung vom 19. Oktober 2009 zu annullieren;
- 6. verurteilt und bedauert sämtliche Bedrohungen, Beschimpfungen und Einschüchterungen der Mitglieder der Delegation der Liberalen Internationalen unter der Leitung des Mitglieds des Europäischen Parlaments Johannes Cornelis van Baalen, und drückt den Mitgliedern der Delegation seine Solidarität aus;
- 7. bedauert den Verlauf der Kommunalwahlen am 9. November 2008, beispielsweise die Manöver der nicaraguanischen Regierung zum Ausschluss von politischen Parteien der Opposition, zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung, mutmaßliche Wahlfälschungen und die Weigerung, unabhängige Wahlbeobachter aus dem In- und Ausland zu akkreditieren; fordert die Kommission auf, eine Wahlbeobachtungskommission der Europäischen Union zu den kommenden Präsidentschaftswahlen zu entsenden;
- 8. bedauert, dass die Organisation Amerikanischer Staaten, die üblicherweise in anderen problematischen Angelegenheiten sehr sorgfältig ist, es nicht für angebracht gehalten hat, sich zu einer derart offensichtlichen Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung eines ihrer Mitgliedstaaten zu äußern;
- 9. weist darauf hin, dass in den Verhandlungen über das Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und den zentralamerikanischen Ländern Nicaragua daran erinnert werden muss, dass es die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, die Demokratie und die Menschenrechte, Werte, die die Europäische Union vertritt und fördert, achten muss;
- 10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten, der Parlamentarischen Versammlung Europa-Lateinamerika, dem Zentralamerikanischen Parlament, der Regierung und dem Parlament der Republik Nicaragua sowie dem Obersten Gerichtshof Nicaraguas zu übermitteln.
- 1 Angenommene Texte, P6_TA(2008)0641.
- 2 ABl. L 63 vom 12.3.1999, S. 39.