Finanzplan des Bundes 2019 bis 2023
Der Bundesrat hat in seiner 980. Sitzung am 20. September 2019 beschlossen, zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2020 gemäß Artikel 110 Absatz 3 des Grundgesetzes und zu dem Finanzplan des Bundes 2019 bis 2023 gemäß § 9 Absatz 2 Satz 2 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft und gemäß § 50 Absatz 3 Satz 1 des Haushaltsgrundsätzegesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland hat sich zur Mitte des laufenden Jahres merklich abgekühlt. Der Welthandel verliert weiter an Dynamik. Neben den fortwährenden Handelsauseinandersetzungen setzt sich auf globaler Ebene die gebremste Entwicklung der Industrie- und Investitionskonjunktur fort. Deutschland kann sich dem nicht entziehen; das betrifft insbesondere die Entwicklung in der Industrie. Im Vergleich zu den vergangenen beiden Jahren ist Deutschland auf einen flacheren Wachstumspfad eingeschwenkt.
Das anhaltend schwierige außenwirtschaftliche Umfeld trübt den Konjunkturausblick. In fast allen wichtigen deutschen Absatzmärkten hat sich das Wachstum abgeschwächt. Unverändert bestehen zahlreiche Risiken wie die schwelenden Handelskonflikte, der mögliche ungeregelte Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union, aber auch geopolitische Spannungen fort.
Die Binnennachfrage stabilisiert das Wachstum in Deutschland - wenn auch in geringerem Umfang als zuvor. Der private Konsum bleibt weiterhin robust gegenüber der konjunkturellen Abkühlung. Die Lage am Arbeitsmarkt ist im historischen Vergleich noch immer günstig und das Wachstum der Einkommen der privaten Haushalte setzt sich angesichts der weiter zu verzeichnenden Zunahme der Tariflöhne fort. Der Beschäftigungszuwachs hat sich jedoch verlangsamt.
- 2. Die Lage der deutschen Staatsfinanzen hat sich trotz des zu verzeichnenden flacheren Wachstumspfads bislang nur wenig eingetrübt. Die Schuldenquote wird in diesem und in den kommenden Jahren den Maastricht-Referenzwert von 60 Prozent im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt voraussichtlich unterschreiten. Für dieses und das kommende Jahr ist aber gesamtstaatlich mit einem geringeren Überschuss als im Vorjahr zu rechnen.
- 3. Der Bundesrat anerkennt, dass mit dem Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2020 die Obergrenze für die strukturelle Nettokreditaufnahme deutlich unterschritten wird. Angesichts des verstärkt einsetzenden demografischen Wandels in den kommenden Jahren ist eine solide, verantwortungsvolle und zukunftsorientierte Finanzpolitik unerlässlich. Hier gilt es, die bestehenden Investitionsbedarfe (z.B. Klimaschutz, verkehrliche sowie digitale Infrastruktur, Bildung) mit dem Ziel des strukturell ausgeglichenen Haushalts in Einklang zu bringen. So sollte der Schutz des Klimas durch zielgenaue Investitionen und Anreize zur Senkung des CO₂-Ausstoßes verstärkt werden. Gleichzeitig ist durch gezielte Stärkung bzw. Ausbau der verkehrlichen und digitalen Infrastruktur Sorge zu tragen, dass Deutschland den digitalen Wandel bewältigen kann und weiterhin ein starker und attraktiver (Wirtschafts-)Standort bleibt. Nur mit fortgesetzten Investitionen für ein leistungsstarkes und durchlässiges Bildungssystem wird Deutschland den zukünftig erwachsenden Herausforderungen gerecht werden.
- 4. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Bundesregierung im Juli 2019 Empfehlungen zu den Ergebnissen der Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" beschlossen hat. Der Bundesrat ist ebenso wie die Bundesregierung der Auffassung, dass gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen des Landes als Richtschnur des politischen Handelns gelten müssen und bestehende Disparitäten zu verringern und deren Verfestigung zu verhindern sind. Maßnahmen und Ansätze sind nach den jeweiligen Bedarfslagen auszurichten. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund voraussichtlich rückläufiger EU-Fördermittel.
Der Bundesrat betont, dass die Sicherstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland eine gesamtstaatliche Aufgabe ist, die ein zusätzliches Engagement von Seiten des Bundes auch in finanzieller Hinsicht erforderlich macht. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung vor diesem Hintergrund dazu auf, die angekündigten Gespräche mit den Ländern nunmehr zügig aufzunehmen. Der Bundesrat geht hierbei davon aus, dass eine Verstetigung der Finanzhilfen zur sozialen Wohnungsbauförderung in Höhe von jährlich 1 Mrd. Euro erfolgt.
- 5. Der Bundesrat erinnert an die Zusage des Bundes, schrittweise einen höheren Anteil der Erstattungen an die Deutsche Rentenversicherung nach dem AAÜG zu übernehmen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf - wie ursprünglich angekündigt - eine erste signifikante Erhöhung des Bundesanteils mit dem Bundeshaushalt 2020 umzusetzen und die entsprechende Änderung des AAÜG einzuleiten.