Punkt 31 der 942. Sitzung des Bundesrates am 26. Februar 2016
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- 1. Der Bundesrat bedauert, dass der Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie keine Festlegung einer Obergrenze für die Höhe des Dispositions- und Überziehungskreditzinses vorsieht.
Eine gesetzliche Deckelung des Dispozinses wäre zum effektiven Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor einer zunehmenden Überschuldung wirkungsvoll und geboten. Die vom Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 25. September 2015, vgl. BR-Drucksache 359/15(B) , vorgeschlagene Obergrenze von acht Prozent über dem Basiszins nach § 247 BGB ist maßvoll und gewährleistet eine Balance zwischen dem Interesse der Banken an ausreichenden Spielräumen und einem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor überhöhten Zinssätzen bei der Überziehung ihrer privater Konten. Es erscheint nicht hinnehmbar, dass angesichts der Höhe des Leitzinses der Europäischen Zentralbank von aktuell 0,05 Prozent Dispositionskreditzinsen von teilweise deutlich mehr als zehn Prozent erhoben werden. Ein Großteil der Kreditinstitute profitiert zunehmend von den aktuell historisch niedrigen Zinssätzen, gibt diese aber nicht an ihre Kunden weiter. Appelle zur freiwilligen Selbstverpflichtung und Mäßigung bei der Bemessung der Dispositionskreditzinsen sind weitgehend ergebnislos geblieben.
- 2. Der Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages sieht mit § 504a BGB eine Pflicht der Kreditinstitute zur Beratung der Kundinnen und Kunden erst dann vor, wenn diese die ihnen eingeräumte Möglichkeit der Kontoüberziehung ununterbrochen über einen Zeitraum von sechs Monaten in Anspruch genommen haben und die durchschnittliche Höhe des in Anspruch genommenen Betrages 75 Prozent des vereinbarten Höchstbetrages, das heißt des vereinbarten Dispositionskreditlimits übersteigt.
Der Bundesrat hält diese Voraussetzungen für eine Beratungsverpflichtung des Kreditinstituts nicht für ausreichend, um Verbraucherinnen und Verbraucher wirksam vor einer Überschuldung zu schützen. Der Dispositionskredit soll im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher nur zur kurzfristigen Überbrückung eines finanziellen Engpasses dienen. Der Bundesrat hält daher an seiner Forderung aus der Stellungnahme vom 25. September 2015 fest, wonach zu Gunsten der Kundinnen und Kunden die Beratungspflicht der Bank bereits dann ausgelöst werden sollte, wenn die Kontoüberziehung ununterbrochen über drei Monate und mit mehr als 50 Prozent des vereinbarten Überziehungslimits erfolgt ist.
- 3. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Widerrufsrechte in sogenannten Altfällen von Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen nicht bereits nach drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes erlöschen dürfen. Diese kurze Frist würde die Rechte und Möglichkeiten von Verbraucherinnen und Verbrauchern, denen bei fehlerhafter Belehrung aktuell ein unbefristetes Widerrufsrecht zusteht, unverhältnismäßig einschränken. Laut Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages soll die kurze Frist von drei Monaten für diejenigen Kundinnen und Kunden gelten, die zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 einen Kreditvertrag abgeschlossen haben und fehlerhaft belehrt wurden. Bereits die Prüfung der Fehlerhaftigkeit wie auch die anschließende Durchsetzung des Widerrufs bei der kreditführenden Bank erfordert eine längere Planung und kritische Auseinandersetzung. Gleichzeitig müssen die Verbraucherinnen und Verbraucher weiter in der Lage sein, eine verantwortungsbewusste Entscheidung ohne großen Zeitdruck über die Anschlussfinanzierung treffen zu können.
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass Verbraucherinnen und Verbrauchern in diesen Fällen ein längerer Zeitraum als drei Monate zugestanden werden muss.
Zugunsten der Beseitigung der Rechtsunsicherheit für das Vertragsverhältnis zwischen Kunde und Kreditinstitut hält der Bundesrat eine Frist von zwölf Monaten und 14 Tagen nach Inkrafttreten des Gesetzes für angemessen. Laut Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages soll diese Frist auch für nach Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossene Neuverträge gelten. Insoweit scheint eine Gleichbehandlung von Alt- und Neufällen sachgemäß.