830. Sitzung des Bundesrates am 16. Februar 2007
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU) und der Agrarausschuss (A) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Absicht der Kommission, mit einheitlichen und harmonisierten Vorschriften zur Agrarmarktpolitik den Bürokratieabbau im Agrarsektor voranzutreiben und die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) in diesem Bereich zu vereinfachen.
- 2. Die gemeinsame Marktorganisation für Wein unterscheidet sich wegen der Dichte ihrer fachspezifischen Regelungsbereiche, die vielfältig durch Durchführungsbestimmungen der Kommission konkretisiert sind und die weit über das Grundanliegen einer Marktorganisation hinausreichen, deutlich von einer Vielzahl anderer Marktordnungen. Der Weinsektor ist überdies von der Betriebsprämienregelung der GAP ausgenommen. Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, weiterhin für den Bestand einer eigenständigen Weinmarktordnung einzutreten.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Für den Bereich des Weines ist weiterhin die Forderung nach einer eigenständigen Weinmarktordnung aufrechtzuerhalten. Anders als bei den meisten anderen Agrarprodukten enthält die EU-Weinmarktordnung [ derzeit Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 ] spezifische Regeln für den Anbau der Reben, das Produktionspotenzial, die Herstellung der Weine, die oenologischen Verfahren, das Bezeichnungsrecht, die Qualitätsweine bestimmter Anbaugebiete und den Handel mit Drittländern. Mit vielfältigen Verordnungen der Kommission werden die Durchführungsbestimmungen für den Wein näher konkretisiert und das spezifische gemeinschaftliche Weinrecht ständig fortentwickelt. Diese spezifischen Regeln sind weitestgehend unmittelbar geltendes Recht.
Die Finanzierung von Maßnahmen nach der Weinmarktordnung erfolgt bisher außerhalb des Finanzrahmens der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Einbeziehung des Weinsektors in eine gemeinsame Marktordnung für alle Agrarerzeugnisse ist nicht geeignet, den Sektor zu stärken und eine nachhaltige Entwicklung zu fördern.
Der vertikale Regelungsansatz macht es notwendig, den Verwaltungsausschuss Wein mit einer Vielzahl weinbezogener Fragen zu befassen. Im Interesse einer effektiven Sacharbeit ist deshalb weiterhin die Betreuung des Rechtsbereichs durch Experten mit ausgewiesenem Weinsachverstand geboten. Ein allgemeiner Verwaltungsausschuss für alle Agrarmärkte mit Delegierten ohne spezifische Weinfachkenntnisse ist nicht geeignet, die Interessen der Weinwirtschaft wie bisher zu berücksichtigen.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich im Zuge der weiteren Beratungen auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die Verlagerung von Regelungsbefugnissen in wichtigen und nicht nur technischen Fragen auf die Kommission die Mitentscheidungsbefugnisse des Rates nicht in der Weise reduziert, dass zentrale Weichenstellungen in den Marktordnungen ohne Ratsbefassung erfolgen können. Weiterhin darf die Zusammenführung der Marktordnungen nicht zu einer Verkomplizierung des Verwaltungsvollzugs auf Länderebene oder zur Erschwernis des Warenaustausches und des Handels führen. Durch geeignete organisatorische und verfahrenstechnische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass im Verwaltungsausschuss weiterhin Expertenwissen in Beratungen und Entscheidungen der Kommission eingebracht werden kann.
- 4. Die vorliegende technische Zusammenführung geht in Teilen über eine bloße Konsolidierung der bestehenden Rechtsakte hinaus, deren Auswirkungen noch näher zu prüfen sind. Der Bundesrat behält sich deshalb vor, zur Vorlage erneut Stellung zu nehmen.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass spätestens im Zuge des "Gesundheitschecks" der GAP-Reform weitergehende und insbesondere auch inhaltliche Erleichterungen und Deregulierungen in den anderen Bereichen der GAP erfolgen.
- 6. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf die diesbezüglichen Beispiele zur Deregulierung des EU-Rechts in der Anlage zu seiner Stellungnahme vom 8. Juli 2005 (BR-Drucksache 286/05(B) ).