Anlage
Entschließung des Bundesrates zum Thema Ausländische Investitionen - Absenkung der Eingriffsschwelle in § 56 Außenwirtschaftsverordnung
- 1. Der Bundesrat betont, dass offene Märkte, freier Güter- und Kapitalverkehr, wechselseitige Investitionen, internationale Firmenzusammenschlüsse und Beteiligungen an Unternehmen zentrale Bestandteile des globalen Wirtschaftsgefüges sind und bleiben und gerade Deutschland als hochtechnologische Industrie- und Ex- portnation davon profitiert. Gleichzeitig gilt es aber, einen ausgewogenen Weg zu finden zwischen der Offenheit für ausländische Investoren und dem Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung vor gezielter wettbewerbsverzerrender und sicherheitspolitisch bedenklicher Industriepolitik.
- 2. Der Bundesrat stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Übernahmen deutscher Unternehmen durch ausländische Investoren derzeit eine neue Dimension erreichen. Umfang und Anzahl sind deutlich gestiegen und Unternehmen aus Ländern mit staatlich gelenkter Wirtschaft versuchen in letzter Zeit ganz bewusst, nicht nur industrielle Kernkompetenzen und Schlüsseltechnologien der Zukunft aufzukaufen und auf diesen Feldern eine Vormachtstellung aufzubauen, sondern sich auch gezielt in Unternehmen im Bereich der kritischen Infrastrukturen einzukaufen.
- 3. Der Bundesrat begrüßt daher mit Blick auf die aktuelle Entwicklung ausländischer Direktinvestitionen in deutsche Unternehmen, die stetig wachsende Bedeutung versorgungsrelevanter Schlüsselinfrastrukturen und die rüstungstechnologische Entwicklung der vergangenen Jahre, dass die Bundesregierung mit der Neunten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung das nationale Investitionsprüfungsrecht vor dem Hintergrund deutscher Sicherheitsinteressen konkretisiert hat.
- 4. Der Bundesrat begrüßt in diesem Sinne ebenfalls grundsätzlich den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zur Schaffung eines Rahmens für Überprüfungsmaßnahmen nach nationalem Recht für ausländische Direktinvestitionen in einem Mitgliedstaat der EU.
- 5. Der Bundesrat sieht aber mit Blick auf die Regelungen in anderen Mitgliedstaaten der EU wie auch in anderen G7-Staaten einen weiteren Handlungsbedarf auf nationaler Ebene. Dieser betrifft die Höhe der Eingriffsschwelle des § 56 der Außenwirtschaftsverordnung (AWV). Danach darf die Prüfung einer ausländischen Direktinvestition nur dann erfolgen, wenn der unmittelbare oder mittelbare Stimmrechtsanteil des Erwerbers an dem inländischen Unternehmen nach dem Erwerb 25 Prozent der Stimmrechte erreicht oder überschreitet. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass diese Schwelle an die aktuellen Herausforderungen zum Schutz der nationalen Sicherheit oder Ordnung angepasst und dementsprechend abgesenkt werden sollte, da auch unterhalb der Schwelle von 25 Prozent in der Regel ein maßgeblicher Einfluss vorliegt.
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Eingriffsschwellen bei der Überprüfung und Untersagung von Übernahmen durch Unionsfremde in den 12 EU-Mitgliedstaaten mit Investitionsprüfungs-Regelungen und in den G7-Staaten EU
EU-Mitgliedstaaten | Eingriffsschwelle | G7-Staaten | Eingriffsschwelle |
Dänemark | sektorspezifisch | Kanada | keine |
Deutschland | 25 % | Frankreich | 33,33 % |
Finnland | 10 % | Deutschland | 25 % |
Frankreich | 33,33 % | Großbritannien | 25 % |
Großbritannien | 25 % | Italien | sektorspezifisch |
Italien | sektorspezifisch | Japan | 10 % |
Lettland | 50 % | USA | 10 % |
Litauen | 5 % oder bei einer Überschreitung von 33 % (wenn schon mehr als 5 %) | ||
Österreich | 25 % | ||
Polen | 49 % | ||
Portugal | 49 % | ||
Spanien | sektorspezifisch |
Hinweis: Auf EU-Ebene hat die Kommission - insbesondere auf Betreiben Deutschlands und Frankreichs - einen Vorschlag für eine neue Verordnung zur Investitionsprüfung vorgelegt. Die Kommission schafft einen neuen EU-weiten Rahmen für die Investitionsprüfung. Nicht geregelt wird aber in dem neuen EU-Verordnungsvorschlag eine Eingriffsschwelle (diese müssen von den Mitgliedstaaten selbst festgelegt werden). Des Weiteren verbleibt auch weiterhin die Entscheidungshoheit im Einzelfall bei dem jeweiligen EU-Mitgliedstaat, auch bei größeren grenzüberschreitenden Projekten.