847. Sitzung des Bundesrates am 19. September 2008
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Rechtsausschuss (R) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
Zur Vorlage allgemein
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Bemühungen der Kommission um eine Verbesserung der Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen innerhalb der EU. Die zunehmende Rechtsvereinheitlichung im Bereich der Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen bleibt ohne praktischen Nutzen, wenn die so erlangten Titel auf Grund der unterschiedlichen Rechtssysteme in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht mit einem vertretbaren Aufwand durchgesetzt werden können.(bei Annahme entfällt Ziffer 2)
- 2. Der Bundesrat begrüßt die Zielsetzung des Grünbuchs, über eine Verbesserung der Transparenz des Schuldnervermögens eine effizientere Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten zu ermöglichen. Nicht nur auf Grund der unterschiedlichen nationalen Rechtssysteme und der teilweise unzulänglichen Regelungen zur Ermittlung des pfändbaren Vermögens des Schuldners, sondern auch infolge des beträchtlichen Kostenrisikos und der oft sehr langen Verfahrensdauer sind die grenzüberschreitende Einleitung und Durchsetzung von Vollstreckungsmaßnahmen zur Beitreibung ausstehender Geldforderungen in vielen Fällen schwierig und wenig Erfolg versprechend.(entfällt bei Annahme von Ziffer 1)
- 3. Für den Erfolg der Vollstreckung von Geldforderungen ist es - wie das Grünbuch zutreffend feststellt - vorrangig entscheidend, dass der Aufenthaltsort des Schuldners und seine pfändbaren Vermögensgegenstände bekannt sind. Die nationalen Rechtsvorschriften zur Ermittlung dieser Daten, die in Deutschland mit dem Begriff der "Sachaufklärung" bezeichnet werden, haben sich innerhalb der unterschiedlichen Vollstreckungsrechte und -strukturen der Mitgliedstaaten entwickelt und fügen sich organisch in diese ein. Es ist daher nachvollziehbar, dass Unterschiede in den einzelnen mitgliedstaatlichen Regelungen die grenzüberschreitende Vollstreckung erschweren können.
- 4. Infolge der - mitunter erheblich voneinander abweichenden - Strukturen der nationalen Vollstreckungsrechte lässt sich eine effektive Verbesserung der Gläubigersituation im Rahmen der Sachaufklärung allerdings nur dann erreichen, wenn sich auch etwaige Maßnahmen der Gemeinschaft in das jeweilige nationale Vollstreckungsrecht einfügen und sie dessen Eigenheiten hinreichend Rechnung tragen:
- - Regelungen zur Verbesserung der Sachaufklärung helfen dem Gläubiger nur, wenn sie auf das von ihm betriebene Vollstreckungsverfahren abgestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass die Vollstreckungsverfahren der Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede aufweisen. Während die Vollstreckung beispielsweise in Österreich auf der Grundlage der vom Gläubiger beantragten Exekutionsbewilligung von Amts wegen erfolgt (vgl. § 16 Abs. 1 der österreichischen Exekutionsordnung - EO), hat der Gläubiger in Deutschland die Vollstreckung grundsätzlich selbst zu betreiben. Dies hat zur Folge, dass er den jeweils zuständigen Vollstreckungsorganen konkrete Aufträge erteilen und die gewünschte Maßnahme sowie den Vermögensgegenstand des Schuldners, auf den sie sich beziehen, genau bezeichnen muss. Dementsprechend benötigt der Gläubiger im deutschen Vollstreckungsverfahren selbst alle relevanten Informationen über das Schuldnervermögen, während es im österreichischen Exekutionsverfahren grundsätzlich genügt, dem Exekutionsgericht die entsprechenden Informationen zur Verfügung zu stellen (vgl. vor diesem Hintergrund § 294a EO). Da die Rechte des Schuldners in unterschiedlichem Maße berührt sind, je nachdem, ob die Daten über das Schuldnervermögen nur dem Gericht oder auch dem Gläubiger zur Verfügung gestellt werden, werden unterschiedliche Regelungen zu treffen sein.
Zu bedenken ist außerdem, dass im Vollstreckungsverfahren stets aktuelle Informationen über die Zusammensetzung des Schuldnervermögens benötigt werden. Auch differieren die nach den einzelnen nationalen materiellen Rechtsordnungen vorgesehenen Sicherungsmittel erheblich. Von deren materieller Ausgestaltung hängen indessen Art und Möglichkeit der Verwertung und damit die Bedeutung eines Vermögensgegenstands maßgeblich ab.
Zuletzt kann zum Zweck der Sachaufklärung auch nicht auf ein "Vermögensregister" zurückgegriffen werden, das sämtliche aktuell pfändbaren Vermögensgegenstände des Schuldners aufführt. Der Aufwand für Errichtung und Pflege eines solchen Registers sowie der damit verbundene Eingriff in die Rechte des (potenziellen) Schuldners wären völlig unverhältnismäßig. Der Gläubiger bzw. das Vollstreckungsorgan muss daher seine Informationen über die aktuelle Zusammensetzung des Schuldnervermögens vom Schuldner selbst und aus geeigneten Datensammlungen (Registern) erhalten, die in den einzelnen Mitgliedstaaten betrieben werden. Da sich die Zwecke und der Inhalt dieser Register in den Mitgliedstaaten jedoch erheblich voneinander unterscheiden, wäre auch eine unmittelbar geltende gemeinschaftsweite Regelung für Registerauskünfte zu Vollstreckungszwecken wenig sinnvoll.
- - Aus diesen Gründen kann eine unmittelbar geltende gemeinschaftsrechtliche Regelung, namentlich eine Verordnung, das Ziel einer Verbesserung der Gläubigersituation in der Zwangsvollstreckung nur verfehlen. Damit sich etwaige gemeinschaftsrechtliche Regelungen sinnvoll in das jeweilige nationale Vollstreckungsrecht einfügen, muss den Mitgliedstaaten ein ausreichender Umsetzungsspielraum verbleiben. Insoweit könnte an die gemeinschaftsrechtliche Vorgabe von Mindeststandards - etwa im Wege einer Richtlinie - gedacht werden. Zu diesen Mindeststandards könnten beispielsweise folgende Punkte zählen:
- -- Die Instrumente der Sachaufklärung sind Gläubigern aus anderen Mitgliedstaaten in gleicher Weise zur Verfügung zu stellen wie Inländern.
- -- Sachaufklärungsinstrumente, die in einem Mitgliedstaat für die Vollstreckung öffentlichrechtlicher Forderungen allgemein zur Verfügung stehen, sind auch für die Vollstreckung privatrechtlicher Forderungen zu öffnen.
- -- Leistet der Schuldner trotz Aufforderung auf einen vollstreckbaren Titel hin nicht, ist er zur umfassenden Auskunft über sein Vermögen zu verpflichten (Selbstauskunft, näher dazu unten, Ziffer 20).
- -- Neben der Selbstauskunft des Schuldners ist die Nutzung von Datensammlungen zu ermöglichen, die Daten zum Aufenthaltsort des Schuldners sowie zu den praktisch bedeutsamsten Vermögensgegenständen enthalten (Fremdauskunft). Dies gilt zum einen für den Bestand von Arbeitsverhältnissen, aus denen pfändbare Lohnforderungen entstehen können, und zum anderen für den Bestand von Konten und Depots, aus denen pfändbare Forderungen gegen Kreditinstitute entstehen können.
Zwar können solche Mindeststandards die grenzüberschreitende Sachaufklärung nicht in dem Sinne vereinfachen, dass europaweit einheitliche Regelungen gelten. Die Schwierigkeit, dass in anderen Mitgliedstaaten andere Rechtsvorschriften gelten, stellt sich aber nicht erst im Zeitpunkt der Vollstreckung, sondern ist den Beteiligten bereits aus dem Titulierungsverfahren bekannt. Ohnehin bleiben die Unterschiede bei den einzelnen Vollstreckungsmaßnahmen erhalten, die auf der Grundlage der durchgeführten Sachaufklärung ergriffen werden.
Allein auf Grund dieser Unterschiede muss es vorrangiges Ziel sein, dass den Beteiligten praktisch verwertbare Informationen über das jeweilige nationale Vollstreckungsrecht zu Verfügung stehen. Diese Informationen sollten einfach zu erlangen sein und auf einem aktuellen Stand gehalten werden (vgl. dazu unten, Ziffer 8).
- - Regelungen zur Verbesserung der Sachaufklärung helfen dem Gläubiger nur, wenn sie auf das von ihm betriebene Vollstreckungsverfahren abgestimmt sind. Dabei ist zu beachten, dass die Vollstreckungsverfahren der Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede aufweisen. Während die Vollstreckung beispielsweise in Österreich auf der Grundlage der vom Gläubiger beantragten Exekutionsbewilligung von Amts wegen erfolgt (vgl. § 16 Abs. 1 der österreichischen Exekutionsordnung - EO), hat der Gläubiger in Deutschland die Vollstreckung grundsätzlich selbst zu betreiben. Dies hat zur Folge, dass er den jeweils zuständigen Vollstreckungsorganen konkrete Aufträge erteilen und die gewünschte Maßnahme sowie den Vermögensgegenstand des Schuldners, auf den sie sich beziehen, genau bezeichnen muss. Dementsprechend benötigt der Gläubiger im deutschen Vollstreckungsverfahren selbst alle relevanten Informationen über das Schuldnervermögen, während es im österreichischen Exekutionsverfahren grundsätzlich genügt, dem Exekutionsgericht die entsprechenden Informationen zur Verfügung zu stellen (vgl. vor diesem Hintergrund § 294a EO). Da die Rechte des Schuldners in unterschiedlichem Maße berührt sind, je nachdem, ob die Daten über das Schuldnervermögen nur dem Gericht oder auch dem Gläubiger zur Verfügung gestellt werden, werden unterschiedliche Regelungen zu treffen sein.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die Kommission bei etwaigen Vorschlägen für konkrete Rechtsakte eingehend darlegt, woraus sich die Kompetenz der EU für die vorgesehenen Regelungen ergibt und aus welchen Gründen diese unter den Gesichtspunkten der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit geboten erscheinen.
- 6. Hinzuweisen ist zuletzt darauf, dass sich das Recht der Sachaufklärung in Deutschland derzeit im Umbruch befindet. Unzuträglich wäre es, wenn in Folge der Bestrebungen der Kommission dieser notwendige Reformprozess ins Stocken geriete:
Nach den derzeit noch geltenden Vorschriften, die der dem Grünbuch vorangehenden Studie über die effizientere Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen innerhalb der EU im Jahr 2004 zu Grunde liegen, ist die Sachaufklärung in Deutschland wesentlich durch die Selbstauskunft des Schuldners in Form der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO geprägt. Auf anderweitige Informationen aus bestehenden Dateien über Konten und Depots oder Arbeitsverhältnisse des Schuldners können privatrechtliche Gläubiger in Deutschland - anders als öffentlichrechtliche Gläubiger - dagegen nicht zugreifen. Insofern sind privatrechtliche Gläubiger in Deutschland gegenüber öffentlichrechtlichen Gläubigern derzeit im Nachteil. Die Gleichbehandlung von Gläubigern aus anderen Mitgliedstaaten mit inländischen Gläubigern ist dagegen schon jetzt uneingeschränkt gewährleistet.
Der Bundesrat hat am 13. Juni 2008 mit breiter Mehrheit einen Gesetzentwurf zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung (BR-Drucksache 304/08 (PDF) entspricht BT-Drucksache 016/10069, nachfolgend ZPO-E) eingebracht, der eine wesentliche Verbesserung der Sachaufklärung mit sich bringt und den oben unter Ziffer 4, 2. Tiret dargestellten Mindeststandards bereits vollumfänglich gerecht würde.
Als entscheidende Neuerung sieht der Gesetzentwurf die Öffnung bislang auf öffentlichrechtliche Gläubiger beschränkter Informationsquellen über Konten und Depots sowie über Arbeitsverhältnisse des Schuldners für privatrechtliche Gläubiger vor (Fremdauskunft, vgl. § 802l ZPO-E). Um sicherzustellen, dass nur derjenige Gläubiger die entsprechenden Daten erhält, der sie vollstreckungsrechtlich beanspruchen kann, wird den Gläubigern kein unmittelbarer Zugriff auf die entsprechenden Register eingeräumt, sondern der Gerichtsvollzieher zwischengeschaltet. Über den Gerichtsvollzieher soll der Gläubiger künftig auch die im Rahmen der Kontenstamm- bzw. Sozialdaten oder in den Melderegistern gespeicherten Anschriften des Schuldners abfragen können, um dessen aktuellen Aufenthaltsort zu ermitteln (vgl. § 755 ZPO-E).
Wegen des in Deutschland verfassungsrechtlich verankerten Grundrechts des Schuldners auf informationelle Selbstbestimmung ist die neue Fremdauskunft zwar gegenüber der Einholung einer Selbstauskunft des Schuldners über sein Vermögen subsidiär. Durch den Verzicht auf den nach dem geltenden Recht bisher notwendigen Versuch der Fahrnispfändung soll die Selbstauskunft des Schuldners künftig aber schon zu Beginn der Vollstreckung eingeholt werden können (vgl. §§ 802c, 802f ZPO-E). Dabei wird das Verfahren grundsätzlich elektronisch ausgestaltet (vgl. §§ 802d, 802f ZPO-E). Dies gilt sowohl für die Erstellung der Vermögensverzeichnisse des Schuldners im Rahmen der Abgabe der Selbstauskunft als auch für dessen anschließende Speicherung, die den Folgegläubigern, die aus Gründen des Schuldnerschutzes und der Verfahrensökonomie nicht binnen kurzer Frist eine neue Selbstauskunft verlangen können, eine Einsicht in bereits abgegebene Vermögensverzeichnisse ermöglichen soll (vgl. §§ 802d, 802k ZPO-E).
Dieser Gesetzentwurf wird erhebliche Auswirkungen auf das Verfahren und die Strukturen der Vollstreckung haben. Die durch die Rechtsänderungen bedingten Änderungen der Geschäftsprozesse bedürfen umfassender Vorbereitung sowohl in organisatorischtechnischer als auch in personalwirtschaftlicher Hinsicht. Die Reform des Vollstreckungsrechts in Deutschland könnte daher von der Kommission wesentlich befördert werden, wenn frühzeitig klargestellt würde, welche konkreten Maßnahmen seitens der Gemeinschaft geplant sind. Auch insoweit wäre es von Vorteil, wenn seitens der Kommission keine Maßnahmen in Erwägung gezogen würden, die über die Vorgabe der oben genannten Mindeststandards - denen die aktuelle Reform bereits gerecht wird - hinausgingen.
Zu den einzelnen Fragen
7. Zu Frage 1:
Auch wenn dem Bundesrat rechtstatsächliche Erkenntnisse zu Umfang und Ausmaß der Schwierigkeiten bei der Sachaufklärung im Zuge grenzüberschreitender Vollstreckungsverfahren nicht vorliegen, dürfte es nicht von der Hand zu weisen sein, dass die unterschiedliche Ausgestaltung der Sachaufklärung in den einzelnen Mitgliedstaaten eine besondere Herausforderung für die grenzüberschreitende Vollstreckung darstellen kann.
Diese Herausforderung kann allein auf Gemeinschaftsebene nicht hinreichend gemeistert werden. Das Vollstreckungsrecht sowie die Strukturen der Vollstreckungsorgane sind innerhalb der jeweiligen Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten organisch gewachsen. Sie sind in organisatorischer, technischer und personalwirtschaftlicher Hinsicht eng in den Kontext des jeweiligen Rechtspflegesystems eingebettet und unterliegen wie der Gerichtsaufbau der Hoheit der einzelnen Mitgliedstaaten. Ein Eingriff seitens der Gemeinschaft in diese Strukturen, etwa im Wege der Vollharmonisierung der Sachaufklärungsinstrumente oder gar des Vollstreckungsrechts insgesamt, wäre nicht nur kompetenzrechtlich fragwürdig, er würde auch Verwerfungen in der nationalen Rechtspflege nach sich ziehen, die in ihrem Folgen nicht überschaubar wären. Dies gilt namentlich auch für Pfändungsschutzbestimmungen, die Ergebnis einer komplexen, in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht zuletzt wegen der unterschiedlichen Lebensverhältnisse im Ergebnis häufig unterschiedlich ausgefallenen Abwägung zur Sicherung des Existenzminimums sind.
Geboten und zu begrüßen wären demgegenüber unterstützende Maßnahmen der Gemeinschaft, namentlich durch eine Verbesserung der Informationen zum nationalen Vollstreckungsrecht. Insoweit ist zu beklagen, dass die Darstellungen zum Vollstreckungsrecht im Rahmen des Europäischen Justiziellen Netzes (vgl. http://ec.europa.eu/civiljustice/enforce_judgement/enforcejudgement_gen_de.htm ) sich derzeit im Wesentlichen auf eine Beschreibung der Vollstreckungsvoraussetzungen und einzelner Vollstreckungsmaßnahmen beschränken, aber in der Regel weder auf die zur Ermittlung geeigneter Vollstreckungsobjekte verfügbaren Sachaufklärungsinstrumente eingehen noch praktisch verwertbare Hinweise zur Vollstreckung von erlangten Titeln beinhalten. Der Nutzen dieser Informationen hält sich daher derzeit in Grenzen.
8. Zu Frage 2:
Ein Handbuch, das umfassend und stets aktualisiert über die Vollstreckungssysteme der Mitgliedstaaten einschließlich der Sachaufklärung informiert, könnte Parteien und Rechtsanwälten die Ermittlung der für die grenzüberschreitende Vollstreckung einschlägigen Rechtsvorschriften wesentlich erleichtern und damit - gegebenenfalls gemeinsam mit der Festlegung gemeinschaftsweiter Mindeststandards - den bestehenden Schwierigkeiten abhelfen. Bei der Erstellung eines derartigen Handbuchs sollte ein besonderes Augenmerk auf seine praktische Verwendbarkeit gelegt werden. Ein derartiges Handbuch könnte neben der umfassenden Beschreibung der Vollstreckungssysteme der Mitgliedstaaten beispielsweise auch Angaben über die übliche Dauer einer Vollstreckung und deren Kosten sowie Adresslisten, praktische Hinweise (wie etwaig benötigte Formulare) und Verweise auf weiter gehende Informationsquellen enthalten.
Um sicherzustellen, dass die Betroffenen den Zugang zu den für sie aufbereiteten Informationen auch ohne Weiteres finden, sollte das Handbuch ebenso wie die Informationen des Europäischen Justiziellen Netzes im Internet zugänglich sein. Dabei scheint es ratsam, anstelle einer gesonderten Darstellung die nötigen Informationen in die vorhandenen Darstellungen zur Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen einzuarbeiten (vgl. http://ec.europa.eu/civiljustice/enforce_judgement/enforcejudgement_gen_de.htm ).
Zu Frage 3:
- 9. Das Grünbuch zielt im Wesentlichen auf eine Verbesserung der Transparenz des Schuldnervermögens ab, die vornehmlich durch Registerauskünfte oder die Offenbarungspflichten des Schuldners zu gewährleisten ist.
- 10. Es erscheint grundsätzlich sinnvoll, die Effizienz der Zwangsvollstreckung durch Nutzung der in öffentlichen Registern hinterlegten Daten zu verbessern.
- 11. Allerdings bieten sich Handels- und Unternehmensregister als primäre Informationsquelle in Vollstreckungsverfahren nicht an:(bei Annahme entfällt Ziffer 12)
- - Die deutschen Handels- und Unternehmensregister dienen in erster Linie der Sicherheit des Rechtsverkehrs durch Publikation bestimmter Rechtsverhältnisse der Kaufleute und Handelsgesellschaften und sind für Vollstreckungszwecke nur sehr beschränkt nutzbar. Zwar sind Angaben zu inländischen Geschäftsanschriften sowie bestimmte Unterlagen zur Rechnungslegung öffentlich zugänglich. Da in der Regel aber keine konkreten Vermögensgegenstände angegeben werden, ermöglichen diese Daten keinen Vollstreckungszugriff, sondern nur eine allgemeine Beurteilung der Kreditwürdigkeit des Eingetragenen.
Eine Anreicherung des Handelsregisters oder des Unternehmensregisters um Informationen zu einzelnen Vermögensgegenständen des Eingetragenen erscheint nicht sinnvoll. Da die im Handelsregister eingetragenen Kaufleute und Handelsgesellschaften Vermögenswerte typischerweise kurzfristig umschlagen, wäre der Aufwand für die Errichtung und die Pflege eines solchen "Vermögensregisters" völlig unbeherrschbar. Eine Erweiterung der Informationspflichten der Unternehmen würde vor allem KMU - und hier vor allem auch die Mehrzahl der liquiden und zahlungsbereiten - erheblich belasten und liefe damit der von der Kommission im Rahmen des "Small-Business-Act" beabsichtigten Entlastung zuwider.
- 12. Soweit sich die von der Kommission in Erwägung gezogenen Verbesserungsmaßnahmen auf das Handelsregister beziehen (Frage 3 des Grünbuchs), weist der Bundesrat darauf hin, dass die Handels- und Unternehmensregister nach ihrer Zielsetzung nicht für Vollstreckungszwecke angelegt sind. Ungeachtet dessen halten sie bereits heute ausführliche Angaben zum Geschäftszweck sowie zu der Beschaffenheit der Ertrags- und Vermögenssituation der registrierten Unternehmen in elektronischer Form bereit. Einer Aufrüstung des Handelsregisters durch Erweiterung des gespeicherten Unternehmensdatenbestands bedarf es daher nach Auffassung des Bundesrates nicht. Etwaige Bestrebungen der Kommission, die ohnehin weit reichenden Offenbarungspflichten der betroffenen Unternehmen zu erweitern oder gar auf Einzelkaufleute oder Personenhandelsgesellschaften auszudehnen, sind deshalb abzulehnen. Eine derartige Ausdehnung der Informations- und Offenlegungspflichten würde insbesondere für KMU unzumutbare bürokratische Erschwernisse nach sich ziehen. Sie liefe überdies der von der Kommission beabsichtigten Entlastung der KMU im Rahmen des "Small-Business-Act" zuwider.
- 13. Eine Überfrachtung des Handelsregisters oder des Unternehmensregisters mit weiteren Daten birgt schließlich die Gefahr in sich, dass der eigentliche Informationszweck durch eine Informationsflut vereitelt wird. Aus deutscher Sicht erscheint die Sachaufklärung bei Kaufleuten und Handelsgesellschaften zudem weniger bedeutsam als bei Kleingewerbetreibenden und Privatpersonen. Während bei Kaufleuten und Handelsgesellschaften vorbehaltlich der Rechte Dritter nicht selten Maschinen und Warenbestände auf dem Unternehmensgelände gepfändet werden können, verläuft bei Kleingewerbetreibenden und Privatpersonen ein Fahrnispfändungsversuch häufig erfolglos.
- - Ein einfacher Zugang zu den Daten der Handels- und Unternehmensregister ist bereits im Interesse des Rechtsverkehrs allgemein sinnvoll. Soweit die Daten daneben auch für die Vollstreckung nutzbar sind, gilt nichts anderes.
- 14. Der Bundesrat begrüßt nachdrücklich, dass nach einer Übergangszeit die elektronische Bekanntmachung der im Handelsregister gespeicherten Angaben von allen Mitgliedstaaten verwirklicht werden wird.
- 15. In Deutschland sind die Daten des Unternehmensregisters unter http://www.unternehmensregister.de bereits für jedermann zugänglich, Daten der Handelsregister sind unter http://www.handelsregister.de abrufbar. Da die genannten Internetadressen eine zentrale Abfrage des gesamten Datenbestands aller deutschen Handelsregister ermöglichen, spielt die - im Zuge der Einführung des elektronischen Handelsregisters deutlich reduzierte - Zahl der Registergerichte für den Abfragenden keine Rolle mehr.(bei Annahme entfällt Ziffer 16)
- 16. In Deutschland stehen mit dem gemeinsamen Registerportal für die im Handelsregister erfolgten Eintragungen oder mit der Internetplattform des Unternehmensregisters für die im Bundesanzeiger zu veröffentlichenden Jahresabschlüsse bereits geeignete Portale zur Verfügung, so dass es auf die Zahl der Register und Registergerichte nicht entscheidend ankommt.(entfällt bei Annahme von Ziffer 15)
17. Zu Frage 4:
Ein Bedarf für eine weitere Erleichterung des Zugangs zu Melderegisterdaten, die über die Änderungen im Gesetzentwurf des Bundesrates zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung (vgl. oben, Ziffer 6) hinausgeht, ist in Deutschland derzeit nicht ersichtlich. Eine umfassende und unkontrollierte Einsichtsmöglichkeit wäre ohnehin mit datenschutz- und persönlichkeitsrechtlichen Grundrechten der Betroffenen nicht vereinbar.
Die deutschen Meldebehörden sind gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 des Melderechtsrahmengesetzes (MRRG) in der Regel befugt, dem Gläubiger Auskunft über die im Melderegister gespeicherte gegenwärtige Anschrift des Schuldners zu erteilen. Soweit der Gläubiger ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, darf ihm auch Auskunft über frühere Anschriften des Schuldners erteilt werden (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 MRRG).
Ist der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthaltsort des Schuldners nicht bekannt, reicht der Gerichtsvollzieher den Vollstreckungsauftrag derzeit in der Regel an den Gläubiger zurück, damit dieser eine Melderegisterauskunft einholt. Die Einholung von Melderegisterauskünften soll im Zuge des oben genannten Gesetzesentwurfs des Bundesrates erleichtert werden, indem dem Gerichtsvollzieher eine unmittelbare Befugnis zur Einholung von Melderegisterauskünften eingeräumt wird (§ 755 Satz 1 ZPO-E). Darüber hinaus sollen die Möglichkeiten zur Anschriftenermittlung erweitert werden, indem die Abfrage von Kontostammdaten und Sozialdaten zum Zweck der Anschriftenermittlung zugelassen wird (§ 755 Satz 2 i.V.m. § 802l Abs. 1 ZPO-E).
Zutreffend weist das Grünbuch darauf hin, dass das Melderegister in Deutschland gegenwärtig dezentral organisiert ist;
Meldebehörden sind in der Regel die Gemeinden. Solange der Schuldner seinen melderechtlichen Pflichten zur Mitteilung eines Anschriftenwechsels nachkommt, wird der Gläubiger durch die dezentrale Organisation aber nicht beeinträchtigt, da das Melderegister des Zuzugsorts das Melderegister des bisherigen Wohnorts über den Anschriftenwechsel informiert (§ 17 MRRG). Verfügt der Gläubiger zumindest über eine frühere Anschrift des Schuldners - was nach Titulierung der Forderung regelmäßig der Fall sein dürfte -, kann er deshalb über das Melderegister des bisherigen Wohnorts die aktuelle Anschrift ermitteln, wenn sich der Schuldner ordnungsgemäß umgemeldet hat. Hat der Schuldner gegen seine Meldepflichten verstoßen, ist dem Gläubiger auch durch ein zentrales Melderegister nicht gedient.
Unabhängig davon wird die Einholung von Melderegisterauskünften in Deutschland derzeit erleichtert. Einige Länder ermöglichen schon jetzt den landesweiten Abruf der Daten aller Meldebehörden in automatisierten Verfahren. Nachdem die bisherige Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes im Zuge der ersten Stufe der Föderalismusreform zu einer ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz erstarkt ist, plant die Bundesregierung derzeit ein neues Bundesmeldegesetz, das die Einrichtung eines zentralen Bundesmelderegisters vorsieht.
- - Die zu Zwecken der Sozialversicherung gespeicherten Daten (Sozialdaten) sind aus vollstreckungsrechtlicher Sicht von Interesse, weil sie einen Großteil der Bevölkerung abdecken und neben der aktuellen Anschrift des Versicherten auch Angaben zur Identifizierung typischerweise pfändbarer Vermögensgegenstände enthalten, nämlich Informationen über das Bestehen von Arbeitsverhältnissen, aus denen pfändbare Lohnansprüche resultieren können. Soll der Gläubiger in die Lage versetzt werden, auf diese Vermögensgegenstände zuzugreifen, müssen ihm Name und Anschrift des Arbeitgebers zugänglich gemacht werden.
Ein Zugriff allein der Vollstreckungsbehörde auf diese Daten genügt dagegen nur in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen die Vollstreckung von Amts wegen erfolgt.
In Deutschland ist die Nutzung von Sozialdaten zu Vollstreckungszwecken derzeit noch öffentlichrechtlichen Gläubigern vorbehalten (vgl. § 68 Abs. 1 SGB X). Der Gesetzentwurf des Bundesrates zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung (vgl. oben, Ziffer 6) öffnet diese Informationsquelle künftig auch privatrechtlichen Gläubigern (§ 802l Abs. 1 ZPO-E). Um sicherzustellen, dass nur denjenigen Gläubigern Sozialdaten übermittelt werden, die diese vollstreckungsrechtlich beanspruchen können, muss die Abfrage der Sozialdaten allerdings über den Gerichtsvollzieher erfolgen, der prüft, ob ein Auskunftsanspruch besteht.
- - Eine Einsichtnahmemöglichkeit des Gläubigers in die von den Finanzbehörden im Zuge von Steuerverfahren erhobenen personenbezogenen Daten des Schuldners zu Vollstreckungszwecken ist abzulehnen.
Im deutschen Recht verpflichtet § 30 der Abgabenordnung die Finanzbehörden, das Steuergeheimnis zu wahren. Den umfassenden Offenbarungspflichten des Steuerpflichtigen gegenüber den Finanzbehörden korrespondiert eine umfassende Verschwiegenheitspflicht der Amtsträger. Im Gegensatz zu den Sozialdaten stehen die Steuerdaten auch anderen öffentlichrechtlichen Gläubigern nicht zu Vollstreckungszwecken zur Verfügung. Das umfassende Steuergeheimnis dient dabei nicht nur dem Schutz des Steuerpflichtigen, sondern auch dem öffentlichen Interesse an einer erschöpfenden und gleichmäßigen Besteuerung. Die Neigung der Steuerschuldner, ihre geschäftlichen und privaten Verhältnisse im Zuge des Steuerverfahrens offen zu legen, ist umso stärker ausgeprägt, je mehr sie sich darauf verlassen können, dass ihre Angaben nicht in anderen Bereichen gegen sie verwendet werden. Eine Einschränkung des Steuergeheimnisses kommt deshalb nicht in Betracht.
Hinzu kommt, dass - ähnlich wie im Bereich des Handelsregisters - die Steuerdaten zu Vollstreckungszwecken ohnehin nur sehr eingeschränkt nutzbar sind. In der Regel werden sich den Steuerdaten lediglich die im Veranlagungszeitraum zu verzeichnenden Einkünfte, nicht aber konkrete, aktuell vorhandene Vermögenswerte entnehmen lassen. Aus vollstreckungsrechtlicher Sicht interessant könnten allenfalls Angaben zu Konten und Depots des Steuerpflichtigen sein. Zur Ermittlung von Konten und Depots des Schuldners sollte es den Mitgliedstaaten jedoch freigestellt bleiben, dem Gläubiger auch andere - ebenso leicht begehbare Wege - zu eröffnen.
Dies stellt der unter Ziffer 6 genannte Gesetzentwurf des Bundesrates bereits vollumfänglich sicher - unabhängig davon, ob dem Vorschlag des Bundesrates oder den im Wesentlichen auf Zuständigkeit und Verfahren bezogenen alternativen Vorstellungen der Bundesregierung in deren Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates (vgl. BT-Drucksache 016/10069, S. 124 ff.) letztlich gefolgt wird:
§ 802l Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO-E ermöglicht es dem Gläubiger, über den Gerichtsvollzieher bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Auskünfte über das Bestehen eines Kontos oder Depots des Schuldners nebst Name und Anschrift des konto- bzw. depotführenden Kreditinstituts einzuholen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bzw. das Bundeszentralamt für Steuern können zur Erteilung der Auskünfte ihrerseits auf die von den Kreditinstituten nach § 24c Abs. 1 des Kreditwesengesetzes gespeicherten Kontostammdaten zurückgreifen, die jedem Konto oder Depot den Namen und die Anschrift eines Verfügungsberechtigten bzw. eines davon abweichenden wirtschaftlich Berechtigten zuweisen. Die durch Artikel 6 Nr. 23 des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes in das Kreditwesengesetz eingefügte Regelung sollte das Instrumentarium der für die Bankenaufsicht zuständigen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur Bekämpfung der Geldwäsche verbessern (vgl. BT-Drucksache 014/8017, S. 122). Wenngleich die Regelung nicht auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruht, wäre dennoch zu prüfen, ob andere Mitgliedstaaten im Rahmen der Bankenaufsicht oder zur Bekämpfung der Geldwäsche vergleichbare Systeme kennen, die zu Vollstreckungszwecken nutzbar gemacht werden könnten.
19. Zu Frage 6:
Ein grenzüberschreitender Informationsaustausch zwischen Vollstreckungsbehörden ist aus Sicht des Bundesrates wenig zielführend:
Nach deutschem Recht muss der Gläubiger die Vollstreckung eigenverantwortlich betreiben. Dazu muss er den jeweils zuständigen Vollstreckungsorganen konkrete Aufträge erteilen. Dem Grundsatz der Eigenverantwortung des Gläubigers kommt vor allen Dingen kostenrechtliche Bedeutung zu. Als Auftraggeber ist er zunächst zur Übernahme der Kosten der von ihm im Einzelnen erteilten Aufträge verpflichtet.
Kennt der Gläubiger die pfändbaren Vermögensgegenstände des Schuldners nicht, muss er die zuständigen Vollstreckungsorgane mit entsprechenden Ermittlungsmaßnahmen beauftragen, etwa den Gerichtsvollzieher mit der Abfrage von Kontenstamm- oder Sozialdaten (vgl. § 802l ZPO-E). Erfährt der Gläubiger auf diese Weise von einem Kontoguthaben oder einem Lohnanspruch des Schuldners, muss er beim zuständigen Vollstreckungsgericht die Pfändung der Forderung beantragen.
Dies gilt in gleicher Weise für inländische Gläubiger wie für Gläubiger aus anderen Mitgliedstaaten. Wollen Gläubiger aus anderen Mitgliedstaaten inländisches Kontoguthaben eines Schuldners ermitteln und anschließend pfänden, können und müssen sie sich unmittelbar an den Gerichtsvollzieher bzw. das Vollstreckungsgericht wenden. Da stets das Vollstreckungsrecht desjenigen Staates anzuwenden ist, in dem sich das Vollstreckungsobjekt befindet, muss der ausländische Gläubiger Vollstreckungshandlungen in Deutschland auch dann selbst beantragen, wenn die Vollstreckung in seinem Heimatstaat von Amts wegen erfolgt.
Vor diesem Hintergrund existiert derzeit keine Rechtshilfe in Vollstreckungsverfahren. Die Einrichtung entsprechender Strukturen wäre auch nicht sinnvoll. Auf diese Weise würden die Verfahren gegenüber der gegenwärtigen Rechtslage verkompliziert und der Aufwand der grenzüberschreitenden Vollstreckung zumindest teilweise vom jeweiligen Gläubiger auf die Allgemeinheit verlagert. Vom Gläubiger kann - zumal im Fall der Veröffentlichung eines Handbuchs über die Vollstreckungssysteme der Mitgliedstaaten (vgl. oben) - erwartet werden, dass er sich über das im jeweiligen Vollstreckungsstaat geltende Verfahren informiert und die erforderlichen Anträge unmittelbar stellt.
20. Zu den Fragen 7 bis 9:
Auch die Einführung einer Europäischen Vermögenserklärung erscheint weder geboten noch zweckmäßig.
Da die Anforderungen an den Inhalt der Selbstauskunft des Schuldners über sein Vermögen und das Verfahren zur Abgabe dieser Auskunft durch das jeweils geltende Vollstreckungsrecht definiert werden, ist eine Harmonisierung dieses Teilbereichs nicht sinnvoll. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass das nationale Recht regelmäßig besondere Rechtsfolgen an die Selbstauskunft des Schuldners knüpft, im deutschen Recht beispielsweise die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis (näher dazu unten, Ziffer 21). Auch wird je nachdem, ob die Vollstreckung eigenverantwortlich vom Gläubiger zu betreiben oder von Amts wegen durchzuführen ist, ein anderes Verfahren zu beachten sein. Schließlich ist zu bedenken, dass die unterschiedlichen Regelungen der Mitgliedstaaten zur Pfändbarkeit von Vermögensgegenständen dazu führen, dass ein einheitliches Formular für eine Europäische Vermögenserklärung entweder sehr abstrakt und damit wenig praxistauglich oder aber sehr ausführlich und damit sowohl aufwändig als auch komplex ausfallen müsste.
Eine umfassende Angleichung des Vollstreckungsrechts der Mitgliedstaaten aus Anlass einer vergleichsweise geringen Zahl von grenzüberschreitenden Vollstreckungen wäre unverhältnismäßig und angesichts der unterschiedlichen sachenrechtlichen Verhältnisse und der Unterschiede im Erkenntnisverfahren auch nicht möglich.
Zweckmäßiger erscheint es daher auch hier, die Mitgliedstaaten im Zuge der Festlegung von Mindeststandards der Sachaufklärung zu verpflichten, in ihrem jeweiligen Vollstreckungsrecht dem Schuldner grundsätzlich eine Verpflichtung zur Abgabe einer Selbstauskunft über sein Vermögen aufzuerlegen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Angaben des Schuldners so bestimmt sein müssen, dass sie Grundlage eines Vollstreckungsauftrags des Gläubigers sein können, insbesondere ist der Schuldner bei Forderungen zur Angabe des Forderungsgrundes und zur Bezeichnung der Beweismittel zu verpflichten. Dem Gläubiger ist nicht damit gedient, wenn der Schuldner lediglich durch Ankreuzen von Kästchen erklärt, dass er über Vermögen einer bestimmten Kategorie verfügt.
Von Bedeutung ist weiterhin, dass sich die Offenbarungspflicht des Schuldners nicht auf sein im Inland belegenes Vermögen beschränken darf, sondern sein gesamtes, für die zu vollstreckende Forderung haftendes Vermögen umfassen muss. Sinnvollerweise sollte die Verpflichtung zur Abgabe der Selbstauskunft zudem nicht erst nach einem erfolglosen Vollstreckungsversuch des Gläubigers entstehen, sondern bereits dann, wenn der Schuldner trotz Aufforderung die titulierte Forderung nicht befriedigt.
Entscheidend ist schließlich, dass die Verlässlichkeit der Selbstauskunft in den einzelnen Mitgliedstaaten vergleichbar ist. So müssen sich auch die Sanktionen zur Durchsetzung der Verpflichtung zur Abgabe der Selbstauskunft in erster Linie in das System der jeweiligen Rechtsordnung einfügen; eine Harmonisierung erscheint insoweit nachrangig.
Das deutsche Recht sanktioniert beispielsweise die Weigerung der Abgabe der Selbstauskunft in zweifacher Hinsicht: Zum einen wird gegen den Schuldner auf Antrag des Gläubigers die Zwangshaft angeordnet, zum anderen wird er in das Schuldnerverzeichnis eingetragen (vgl. unten, Ziffer 21). Die Festsetzung eines Zwangsgeldes erscheint demgegenüber wenig sinnvoll, da seine Beitreibung mit denselben Schwierigkeiten konfrontiert wäre wie die Vollstreckung der Forderung des Gläubigers.
Ebenfalls nicht geeignet für eine gemeinschaftsweite Harmonisierung erscheint schließlich die Zulassung von Ratenzahlungen. Auch hier sind die Unterschiede zwischen der Vollstreckung von Amts wegen einerseits und der eigenverantwortlichen Vollstreckung des Gläubigers andererseits zu beachten. Zwar kennt das deutsche Recht die Möglichkeit der gütlichen Erledigung durch die Vereinbarung von Ratenzahlungen. Die praktische Erfahrung zeigt, dass Schuldner häufig bereit sind, zur Abwendung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen besondere Anstrengungen zu unternehmen, um den Gläubiger durch Ratenzahlung befriedigen zu können. Zu beachten ist aber, dass der Gläubiger, dessen Forderung tituliert ist, einen Anspruch auf sofortige und vollständige Leistung hat. Ein Vollstreckungsaufschub zu Gunsten von Ratenzahlungen ist daher grundsätzlich nur möglich, wenn der Gläubiger dem ausdrücklich oder stillschweigend zustimmt. Allein ein Angebot des Schuldners, Raten zu zahlen, kann demgegenüber selbst dann nicht genügen, wenn die Restforderung besichert wird. Andernfalls könnte sich der Schuldner in der Vollstreckung einen "Justizkredit" zu Lasten des Gläubigers verschaffen.
21. Zu Frage 10:
Soweit die gemeinschaftsweite Vorgabe einer Selbstauskunft des Schuldners über sein Vermögen überdacht wird, sollte das im deutschen Recht damit eng verknüpfte Institut des Schuldnerverzeichnisses in die Überlegungen einbezogen werden.
Das Schuldnerverzeichnis dient der Warnung des Geschäftsverkehrs vor kreditunwürdigen Schuldnern. In das Schuldnerverzeichnis werden nicht Vermögensgegenstände, sondern die Namen der Schuldner eingetragen, welche die Abgabe einer Selbstauskunft über ihr Vermögen pflichtwidrig verweigern, oder die zur Befriedigung der titulierten Forderung des Gläubigers nicht in der Lage sind.
Die Einsicht in das Schuldnerverzeichnis steht grundsätzlich jedermann offen; der Gesetzentwurf des Bundesrates sieht eine bundesweite Einsicht über das Internet vor (vgl. § 882h ZPO-E).
Die Erfahrungen der deutschen Gerichtsvollzieher zeigen, dass die drohende Eintragung in das Schuldnerverzeichnis wegen des damit verbundenen Verlusts der Kreditwürdigkeit viele Schuldner dazu bewegt, entweder pfändbare Vermögenswerte frühzeitig zu offenbaren oder dem Gläubiger durch besondere Anstrengungen bzw. mit Hilfe Dritter zumindest eine Befriedigung durch Ratenzahlung anzubieten, die diesen dazu bewegt, einem Vollstreckungsaufschub zuzustimmen.
B
- 22. Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.