Der Bundesrat hat in seiner 977. Sitzung am 17. Mai 2019 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt den Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über die deutschfranzösische Zusammenarbeit und Integration (Vertrag von Aachen) als Meilenstein der deutschfranzösischen Partnerschaft und als ein beherztes Bekenntnis zu einem starken, zukunftsfähigen und souveränen Europa. Der Vertrag von Aachen verweist auf die zentralen gemeinsamen politischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts und auf wichtige Instrumente für eine abgestimmte Bewältigung.
- 2. Der Bundesrat würdigt die historische Bedeutung des mit dem vorliegenden Vertrag fortgeschriebenen Elysée-Vertrags. Dieser war Grundlage des deutschfranzösischen Aussöhnungsprozesses nach dem Ende des 2. Weltkriegs und trug dazu bei, das Fundament für die europäische Einigung zu legen.
- 3. Der Bundesrat und der französische Senat haben sich mit ihrer gemeinsamen Erklärung vom 19. März 2019 darauf verständigt, einen eigenen Beitrag zur Umsetzung des Aachener Vertrags zu leisten, und ihre Verantwortung für das Gelingen des deutschfranzösischen Projektes zum Ausdruck gebracht.
- 4. Die deutschfranzösische Verständigung wird in den Ländern und deren Kommunen gelebt. Der Bundesrat begrüßt daher die im Vertrag vorgesehenen Maßnahmen, um die Kooperationen in Kultur, Bildung, Forschung und Mobilität weiter auszubauen, etwa hinsichtlich der Austauschprogramme für jüngere Menschen oder der Förderung des Erwerbs der Partnersprache. Der Bundesrat begrüßt nachdrücklich, dass mit der Einrichtung eines gemeinsamen Bürgerfonds ein Rahmen geschaffen wird, der es den Bürgerinnen und Bürgern der beiden Staaten ermöglicht, die deutschfranzösische Freundschaft noch stärker selbst aktiv gestalten zu können.
- 5. Den Ländern kommt eine besondere Verantwortung bei der Umsetzung des Aachener Vertrags zu, da viele Neuerungen des Aachener Vertrags nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung in die Länderzuständigkeit fallen. Zahlreiche Projekte zur Vertiefung der deutschfranzösischen Freundschaft können daher nur unter maßgeblicher Mitwirkung der Länder erfolgreich umgesetzt werden.
- 6. Zu den Projekten des Aachener Vertrags, die nur unter maßgeblicher Mitwirkung der Länder erfolgreich umgesetzt werden können, gehören zum Beispiel die Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, die Einrichtung eines deutschfranzösischen Forschungs- und Innovationsnetzwerkes für Künstliche Intelligenz, der Ausbau von Mobilitätsprogrammen, der Bürgerfonds zur Förderung von Bürgerinitiativen und Städtepartnerschaften, die deutschfranzösische digitale Plattform für audiovisuelle Inhalte und Informationsangebote, die Schaffung eines gemeinsamen Kultur- und Medienraums, die Förderung des gegenseitigen Spracherwerbs, die gegenseitige Anerkennung von Schulabschlüssen sowie die stärkere Vernetzung von Bildungs- und Forschungssystemen.
- 7. Die besondere Bedeutung der Länder für die Vertiefung der deutschfranzösischen Zusammenarbeit betont der Aachener Vertrag auch durch die erstmals ausdrückliche Würdigung der wichtigen Rolle der dezentralisierten Zusammenarbeit der Gemeinden, der französischen Départements, der französischen Regionen, der Länder, des Bundesrates und des französischen Senats sowie der Zusammenarbeit zwischen dem Bevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrags über die deutschfranzösische Zusammenarbeit und den zuständigen Ministerinnen und Ministern der Französischen Republik.
- 8. Der besonderen Bedeutung der Länder bei der Vertiefung der deutschfranzösischen Freundschaft trägt auch die im Aachener Vertrag enthaltene Möglichkeit zur Einladung von Vertreterinnen und Vertretern der Länder und der französischen Regionen sowie des Ausschusses für grenzüberschreitende Zusammenarbeit zum Deutsch-Französischen Ministerrat Rechnung.
- 9. Der Bundesrat sieht in der Festschreibung der engen Abstimmung vor EU-Gipfeln in Form regelmäßiger Konsultationen und der Herbeiführung gemeinsamer Standpunkte ein positives Zeichen, dass beide Länder eine wichtige Rolle als Impulsgeber in der EU beanspruchen, um die Einheit, die Leistungsfähigkeit und den Zusammenhalt Europas zu fördern.
- 10. Er erkennt das Bestreben an, auf eine soziale und wirtschaftliche Aufwärtskonvergenz in der EU hinzuarbeiten. Der Einsatz für eine vertiefte Wirtschafts- und Währungsunion wird hierfür ebenso als Voraussetzung gesehen wie das Bemühen um die Vollendung des Binnenmarktes oder das Hinwirken auf eine wettbewerbsfähige, sich auf eine starke industrielle Basis stützende Union.
- 11. Vor diesem Hintergrund begrüßt der Bundesrat auch die beabsichtigte Vertiefung der Integration beider Volkswirtschaften zu einem deutschfranzösischen Wirtschaftsraum. Rechtsharmonisierung und die Abstimmung wirtschaftspolitischer Maßnahmen, wie sie durch den Deutsch-Französischen Wirtschaftsrat gefördert werden sollen, sind probate Mittel, um die Konvergenz der Wirtschafts- und Sozialmodelle zwischen beiden Staaten zu befördern. Der Bundesrat verweist aber auch auf die Bedeutung von Arbeitsmarkt- und Sozialstaatsreformen, um die Wettbewerbsfähigkeit der beiden Volkswirtschaften nachhaltig zu befördern.
- 12. Angesichts der tiefgreifenden Veränderungen in den etablierten Strukturen der Friedenssicherung in der Welt begrüßt er die Betonung der Zusammenarbeit auf den Gebieten der Außenpolitik, der Verteidigung sowie der äußeren und inneren Sicherheit.
- 13. Die Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen ihren Streitkräften und die Orientierung auf gemeinsame militärische Einsätze sind ebenso wichtige Bausteine für die verteidigungspolitische Kooperation wie die Ausweitung gemeinsamer Verteidigungsprogramme, die engstmögliche Zusammenarbeit zwischen ihren Verteidigungsindustrien oder ein besserer Rahmen für gemeinsame Rüstungsexporte. Der Bundesrat begrüßt daher die Einrichtung des Deutsch-Französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrates.
- 14. Der Bundesrat sieht in diesen Anstrengungen auch einen wesentlichen Beitrag beider Staaten zur Vertiefung der verteidigungspolitischen Zusammenarbeit in Europa und damit zur Stärkung der Leistungsfähigkeit, Kohärenz und Glaubwürdigkeit Europas im militärischen Bereich.
- 15. Der Bundesrat begrüßt zudem die Fokussierung auf die Beziehungen Europas zu Afrika und sieht in den aufgeführten Politikfeldern die richtigen Ansatzpunkte für eine tragfähige EU-Afrikapolitik.