832. Sitzung des Bundesrates am 30. März 2007
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Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS), der Gesundheitsausschuss (G) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass das Grünbuch für ein rauchfreies Europa der Diskussion zum Thema Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen Impulse gegeben hat. Der Bundesrat hält es für eine gesundheitspolitisch wichtige Aufgabe, den Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens weiter zu verbessern.
- 2. Der Bundesrat betont für den Themenbereich "rauchfreies Europa" ausdrücklich die Regelungskompetenz der einzelnen Mitgliedstaaten und verweist auf das Prinzip der Subsidiarität des Gemeinschaftsrechts.
- 3. Der Bundesrat betont in diesem Zusammenhang ferner die Regelungskompetenz der Länder.
- 4. Am 23. Februar 2007 hat eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einstimmig gefasste Beschlussvorschläge zu einem umfassenden gesetzlichen Nichtraucherschutz vorgelegt. Die Länder werden in den nächsten Monaten Nichtraucherschutzgesetze auf den Weg bringen, die umfassende Rauchverbote in den meisten öffentlichen Einrichtungen vorsehen. (bei Annahme entfällt Ziffer 5)
- 5. Bereits am 23. Februar 2007 haben die Gesundheitsminister der Länder mehrheitlich entsprechende Beschlussvorschläge zum gesetzlichen Nichtraucherschutz gefasst. Darauf aufbauend werden die Länder jeweils eigene Nichtraucherschutzgesetze auf den Weg bringen.
- 6. Der Bundesrat verweist darauf, dass dem Anliegen des besonderen Schutzes Jugendlicher vor den Gefahren des Rauchens auch auf bundesgesetzlicher Ebene durch eine Anhebung der Altersgrenze für das Rauchen in der Öffentlichkeit und die Abgabe von Tabakwaren von 16 auf 18 Jahre Rechnung getragen werden soll.
- 7. Der Bundesrat vertritt mit Blick auf den EU-Arbeitnehmerschutz die Auffassung, dass die bestehenden Arbeitsschutzbestimmungen der EU, u. a. in der Richtlinie des Rates vom 30. November 1989 über die Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstätten (89/654/EWG), für einen wirksamen Nichtraucherschutz in Arbeitsstätten und damit am Arbeitsplatz ausreichen.
- 8. Für Rechtsvorschriften des Nichtraucherschutzes außerhalb von Arbeitsstätten besitzt die EU keine Kompetenz. Artikel 152 EGV sieht insofern eine eindeutige Aufgabenverteilung zwischen der EG und den Mitgliedstaaten vor. Diese Kompetenzverteilung darf auch nicht über eine Abänderung der Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe (Schadstoffrichtlinie) unterlaufen werden.
- 9. Der Bundesrat sieht aufgrund der eingeleiteten Maßnahmen zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens auch unter dem Blickwinkel des Subsidiaritätsprinzips für eine Normsetzung auf europäischer Ebene keinen Raum;
- 10. letzteres auch deswegen nicht, weil das Ziel des Schutzes vor Passivrauchen auf der Ebene der Mitgliedstaaten hinreichend erzielt werden kann und insoweit eine Kompetenzausübungsschranke für Regelungen des Gemeinschaftsrechts besteht.
- 11. Der Bundesrat hält zudem regulierende staatliche Eingriffe in Bereichen, die der Privatsphäre zuzuordnen sind, für nicht gerechtfertigt und befürwortet Ausnahmegenehmigungen für die Gastronomie. Trotz der Gefahren des Passivrauchens sind regulierende Eingriffe des Staates in Bereichen, die der Privatsphäre zuzurechnen sind und in denen sich Menschen freiwillig ohne wirtschaftliche und öffentliche Zwänge aufhalten, nicht gerechtfertigt.
- 12. Er hält die im Grünbuch genannten Einschätzungen über wirtschaftliche Auswirkungen der Strategien zur Schaffung rauchfreier Zonen für überdenkenswert. Mögliche negative Auswirkungen eines Rauchverbots auf die betroffenen Wirtschaftszweige sollten differenzierter als im Grünbuch betrachtet werden. Zwar entfallen auf die Tabakindustrie in den EU-15-Staaten nur 0,13 % der Arbeitsplätze. Die Durchschnittsbetrachtung wird der kleinräumigen Situation mitunter nicht gerecht, denn im Umkreis der Standorte der Unternehmen der Tabakindustrie ist die Bedeutung für den Arbeitsmarkt erheblich größer.
- 13. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme der Kommission.
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- 14. Der Ausschuss für Frauen und Jugend empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.