Der Bundesrat hat durch seine Europakammer am 17. April 2013 die aus der Anlage ersichtliche Stellungnahme gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG beschlossen.
Der Beschluss ist gemäß § 45i der Geschäftsordnung des Bundesrates zustande gekommen.
Anlage
Finanzhilfen zugunsten Zyperns
- 1. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass nach der Erklärung der Eurogruppe vom 25. März 2013 die Eurogruppe mit der zyprischen Regierung eine Vereinbarung über die Kernelemente für ein künftiges makroökonomisches Anpassungsprogramm getroffen hat, um Zypern Finanzhilfen in Höhe von insgesamt bis zu 10 Mrd. Euro aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) unter Einschluss des Internationalen Währungsfonds zu gewähren. Er nimmt weiter das Memorandum of Understanding vom 9. April 2013 zur Kenntnis sowie, dass nach Einschätzung der Bundesregierung und der Troika die Voraussetzungen für die Gewährung einer Finanzhilfe an Zypern vorliegen und insbesondere von einer tragfähigen Schuldenstandentwicklung ausgegangen wird.
- 2. Er betont, dass die gemeinsame Währung eine europäische Erfolgsgeschichte darstellt. Nicht die Gemeinschaftswährung, sondern die Haushalts- und Strukturkrisen einiger Mitgliedstaaten vor dem Hintergrund der Finanzkrise machen die derzeitigen Hilfsmaßnahmen notwendig. Deutschland und die EU haben insgesamt von der Einführung des Euro profitiert. Deshalb steht Deutschland im Rahmen der bestehenden Rettungsmechanismen für den Erhalt des Euro ein.
- 3. Der Bundesrat bedauert, dass nach dem Verhandlungsergebnis der Eurogruppe vom 15./16. März 2013 auf Vorschlag der zyprischen Regierung zunächst auch Spareinlagen unter dem durch die Richtlinie 2009/14/EG gesicherten Schwellenwert von 100.000 Euro zur Rekapitalisierung des zyprischen Bankensektors herangezogen werden sollten. Dies hat das Vertrauen in die EU-weite Sicherheit von Spareinlagen in dieser Höhe erschüttert. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass sichere Einlagen der Schlüssel zu einem stabilen Finanzsystem sind. Aus Sicht des Bundesrates hätte ein solcher Vertrauensverlust von vornherein durch eine umfangreichere Beteiligung größerer Spareinlagen vermieden werden können und müssen.
- 4. Der Bundesrat begrüßt, dass nunmehr weder Programmmittel noch Spareinlagen von Kleinsparern zur Rekapitalisierung oder Abwicklung der Bank of Cyprus oder der Laiki Bank herangezogen werden. Er hält es für ein wichtiges Signal, dass nach dem Anpassungsprogramm vorrangig Aktionäre, Anleihegläubiger und Einleger großer Spareinlagen über 100.000 Euro einen Beitrag zur Finanzierung der Krisenfolgen in Zypern leisten.
- 5. Er begrüßt die vereinbarte Neuordnung des Bankensektors sowie die Verpflichtung Zyperns zu Strukturreformen und zu Konsolidierungsmaßnahmen des zyprischen Staatshaushaltes. Neben der dringenden Notwendigkeit einer Verkleinerung des zyprischen Bankensektors unterstützt der Bundesrat vor allem auch die vereinbarten Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung und zur Einbeziehung eigener Ressourcen Zyperns durch höhere Steuersätze. Der Bundesrat erwartet, dass die zügige Umsetzung dieser Reformen sichergestellt wird.
- 6. Die vereinbarten Reformmaßnahmen werden sich voraussichtlich spürbar auf die zyprische Realwirtschaft und damit auch auf das soziale Gefüge auswirken. Der Bundesrat betont daher, dass Zypern nicht allein gelassen werden darf. Der Bundesrat erwartet deshalb, dass Zypern wie bereits Griechenland bei der Umsetzung wirtschaftlicher Reformen unterstützt wird. Hierbei werden insbesondere auch die Kleinen und Mittleren Unternehmen und Maßnahmen zur Eindämmung der Arbeitslosigkeit in Zypern zu unterstützen sein.
- 7. Die Ausgestaltung des Anpassungsprogramms ist der individuellen Architektur des zyprischen Finanzsektors insbesondere im Hinblick auf den überdimensionierten Bankensektor geschuldet. Richtig ist allerdings der Gedanke, die Lasten nicht einseitig dem Steuerzahler aufzuerlegen, sondern auch die Eigentümer und (Anleihe-) Gläubiger von Banken in die Pflicht zu nehmen.
- 8. Der Bundesrat sieht die Heranziehung des ESM zur direkten Rekapitalisierung von Banken als problematisch und keinesfalls als eine dauerhafte Lösung an. Der Bundesrat begrüßt daher, dass bis Sommer 2013 die Richtlinie betreffend die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten verabschiedet werden soll, um künftig einen umfassenderen Schutz der Steuerzahler im Falle von Bankenkrisen zu gewährleisten. Nach Auffassung des Bundesrates besteht hierbei die Notwendigkeit, nicht systemrelevante Banken aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie auszunehmen. Er erinnert in diesem Zusammenhang an seine Forderung, diese Institute nicht mit systemrelevanten Instituten gleichzustellen (siehe BR-Drucksachen 733/11(B) , 356/12(B) und 546/12(B) ), und spricht sich erneut für die von der Europäischen Bankenaufsicht EBA festgelegte Grenze für Systemrelevanz in Höhe von 70 Mrd. Euro aus (vgl. BR-Drucksache 733/11(B) , Ziffer 4). Auch das Merkmal einer Beaufsichtigung durch die Europäische Zentralbank darf keinesfalls dazu führen, diese Banken automatisch als systemrelevant zu klassifizieren. Der spezifischen Situation von lokal und regional tätigen Instituten wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken sollte man dadurch Rechnung tragen, dass man den nationalen Aufsehern die Entscheidung überlässt, ob und ggf. wie detailliert Sanierungs- und Abwicklungspläne zu erstellen sind (siehe BR-Drucksache 356/12(B) ).
- 9. Er nimmt mit der vorliegenden Stellungnahme seine nach dem Grundgesetz festgelegte haushalterische Mitverantwortung im Hinblick auf die Gewährung erheblicher Finanzmittel im Rahmen des ESM wahr. Hierzu ist zwingende Voraussetzung, dass die Bundesregierung die Informationsrechte des Bundesrates nach dem Gesetz zur finanziellen Beteiligung am Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESMFinG) und dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBLG) wahrt und den Bundesrat stets umfassend, zum frühestmöglichen Zeitpunkt sowie fortlaufend, vorzugsweise schriftlich, unterrichtet, damit der Bundesrat auch sein Recht auf Stellungnahme effektiv wahrnehmen kann.
- 10. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Bundesregierung dieser Verpflichtung im vorliegenden Fall nicht in ausreichendem Maß nachgekommen ist. So hätte die Bundesregierung die nach § 7 Absatz 4 ESMFinG genannten Unterlagen und Bewertungen zu Inhalt und Umfang der beantragten Hilfen im Nachgang zur vorläufigen Einigung der Eurogruppe vom 16. März 2013 bereits als Vorabentwurf nicht nur dem Deutschen Bundestag, sondern auch dem Bundesrat zur Verfügung stellen müssen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, ihrer Verpflichtung zur Unterrichtung des Bundesrates zukünftig entsprechend nachzukommen.