967. Sitzung des Bundesrates am 27. April 2018
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Rechtsausschuss empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. In seiner 962. Sitzung am 24. November 2017 hat der Bundesrat vom Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlamentes und des Rates über einen Rahmen für den freien Verkehr nicht personenbezogener Daten in der Europäischen Union - COM (2017) 495 final - Kenntnis genommen, vergleiche BR-Drucksache 678/17(B) . Mit Blick auf das laufende europäische Gesetzgebungsverfahren nimmt der Bundesrat nun wie folgt Stellung:
- 2. Der Bundesrat betont, dass der Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung nicht in der Weise ausgedehnt werden sollte, dass auch Datensätze, in denen nicht personenbezogene Daten mit personenbezogenen Daten untrennbar miteinander verbunden sind ("gemischte Datensätze"), einbezogen werden. Dies hätte die weitreichende Folge, dass Datenlokalisierungsauflagen für die Speicherung der meisten Datensätze verboten wären, da gemischte Datensätze die Regel sein dürften und die Trennung meistens zu aufwendig sein wird.
- 3. Eine Vielzahl von sensiblen behördlichen Datenverarbeitungen wäre davon betroffen: Die Möglichkeiten insbesondere der mitgliedstaatlichen Justizverwaltungen, ihre informationstechnologische Architektur frei und sicher zu gestalten, würden durch eine solche Ausweitung des Anwendungsbereichs stark eingeschränkt. Einschränkungen gingen hier zu Lasten der rechtsuchenden Bürgerinnen und Bürger, deren personenbezogene Daten der unbeschränkten Lokalisation der Hostanbieter unterlägen.
- 4. In diesem Zusammenhang spricht der Bundesrat sich auch dagegen aus, den Vorbehalt für Belange der öffentlichen Sicherheit einzuschränken, und bittet die Bundesregierung, einer solchen Änderung des Verordnungsvorschlags in den weiteren Verhandlungen entgegenzutreten, um die im Verordnungsvorschlag der Kommission vorgesehenen Gestaltungsmöglichkeiten der mitgliedstaatlichen Justizverwaltungen zu erhalten.
- 5. Ferner sollte es den datenverarbeitenden Stellen insbesondere im Bereich der Justiz auch weiterhin möglich sein, im Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge oder in Ausübung einer Verwaltungspraxis Datenlokalisierungsauflagen vorzusehen, um personenbezogene Daten sicher verarbeiten zu können. Überlegungen, die Definition des Begriffs "Datenlokalisierungsauflage" entsprechend weiter zu fassen, laufen daher den informationstechnologischen Sicherheitsbelangen der Justizverwaltung und einer unabhängigen Justiz insoweit zuwider. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich im Interesse einer sicheren justi-ziellen Datenverarbeitung gegen derartige Änderungen einzusetzen.
- 6. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission und das Europäische Parlament.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Auf Grund der andauernden Verhandlungen im Rahmen des europäischen Gesetzgebungsverfahrens haben sich neue Tatsachen ergeben, die eine weitere Befassung des Bundesrates mit dem Verordnungsvorschlag erforderlich machen: Mit seinem Entwurf eines Berichts über den Verordnungsvorschlag vom 1. März 2018 (Drucksachennummer des Berichtsentwurfs: 2017/0228(COD) - PE619.038) schlägt der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments diesem die Festlegung eines Standpunktes in erster Lesung vor. Dieser Berichtsentwurf sieht eine weitreichende Ausweitung des Anwendungsbereichs der vorgeschlagenen Verordnung vor, die Anlass zu einer Neubewertung gäbe. Er sieht vor, auch gemischte Datensätze einzubeziehen (Änderungsantrag 12), den Vorbehalt für Belange der öffentlichen Sicherheit zu verschärfen (Änderungsantrag 18) und den Bereich der Vergabe öffentlicher Aufträge oder in Ausübung einer Verwaltungspraxis einzubeziehen (Änderungsantrag 16). Gerade in der Kombination würden diese Änderungen zu einer erheblichen Einschränkung der Spielräume der mitgliedstaatlichen Justizverwaltungen bei der Gestaltung ihrer informationstechnischen Architektur führen.
*) Erster Beschluss des Bundesrates vom 24. November 2017, BR-Drucksache 678/17(B) Wiederaufnahme der Beratungen gemäß § 45a Absatz 4 GO BR (jetzt: EU, R)