Der Bundesrat hat in seiner 965. Sitzung am 2. März 2018 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die Initiative der Kommission, die Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Sonderregelung für Kleinunternehmen zu reformieren.
- 2. Die Regelungen für Kleinunternehmen sind veraltet. Sie beruhen auf Abweichungen von den Bestimmungen der Mehrwertsteuersystemrichtlinie und Ausnahmeermächtigungen. Insbesondere weichen die Betragsgrenzen für die Inanspruchnahme einer aus der Umsatzhöhe resultierenden Steuerbefreiung in den einzelnen Mitgliedstaaten teilweise erheblich voneinander ab. Der Bundesrat hält es für erstrebenswert, diese Betragsgrenzen in der EU anzugleichen, um Wettbewerbsverzerrungen abzubauen.
- 3. Er teilt die Ansicht der Kommission, dass die Kosten für die Befolgung des Mehrwertsteuersystems für die Unternehmen möglichst gering gehalten werden sollten. Vereinfachungen für bestimmte Unternehmen dürfen aber nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der übrigen Unternehmen führen. Mit einer EU-weiten Umsatzschwelle von 100.000 Euro und einer nationalen Umsatzschwelle bis zu 85.000 Euro würde die Kleinunternehmerregelung deutlich wettbewerbseingreifender ausgestaltet. Dies könnte dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität zuwiderlaufen.
- 4. Der Bundesrat betont, dass der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs eine herausragende Bedeutung beizumessen ist. Auch dem Bürokratieabbau dienende Maßnahmen dürfen zu keinen spürbaren Beeinträchtigungen bei der Betrugsbekämpfung führen. Anlass zur Besorgnis geben in diesem Zusammenhang insbesondere die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 2 Millionen Euro die Möglichkeit einzuräumen, nur noch Umsatzsteuer-Jahreserklärungen abzugeben, sowie die möglichen Erleichterungen bei der Vergabe von Mehrwertsteuer-Identifikationsnummern und bei den Rechnungs-, Aufbewahrungs- und Meldepflichten.
- 5. Diese Vorschläge sowie die angestrebte EU-weite Geltung der Steuerbefreiung für Kleinunternehmen würden nicht nur die Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs und die Administrierbarkeit durch die Steuerverwaltungen der Länder signifikant erschweren, sondern auch in den Haushalten von Bund und Ländern zu Steuermindereinnahmen führen. Sie werden deshalb vom Bundesrat sehr kritisch gesehen.
- 6. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die vorstehenden Gesichtspunkte in den anstehenden Verhandlungen auf europäischer Ebene zu berücksichtigen.
- 7. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.