Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird an den Beratungen beteiligt.
Hinweis: vgl.
Drucksache 537/08 (PDF) = AE-Nr. 080581,
Drucksache 727/09 (PDF) = AE-Nr. 090744,
Drucksache 113/10 (PDF) = AE-Nr. 100 144
Brüssel, den 24.5.2011
KOM (2011) 288 endgültig
2011/0135 (COD)
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Übertragung bestimmter den Schutz von Rechten des geistigen Eigentums betreffender Aufgaben, einschließlich der Zusammenführung von Vertretern des öffentlichen und des privaten Sektors im Rahmen einer Europäischen Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie, auf das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)
{SEK(2011) 612 endgültig}
{SEK(2011) 613 endgültig}
Begründung
1. Kontext des Vorschlags
Kreativität, Wissen und Innovation werden die Triebkräfte unseres künftigen Wachstums sein. In der Strategie "Europa 2020"1 wird daher ein intelligentes Wachstum als eine von drei Prioritäten für die künftige Politik der Kommission ausgewiesen. Außerdem wird die Notwendigkeit unterstrichen, die Forschungsleistung der EU zu steigern, Innovation und Wissenstransfer zu fördern und zu gewährleisten, dass innovative Ideen in neue Produkte und Dienste umgesetzt werden können, durch die wiederum Wachstum und hochwertige Arbeitsplätze entstehen.
Die Kommission hat sich verpflichtet, diese Ziele durch Schaffung einer hohen Standards genügenden Kultur des geistigen Eigentums zu unterstützen. 2 Eine Bedrohung für eine erfolgreiche Politik zum Schutz des geistigen Eigentums und damit auch für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit stellt die in den letzten Jahren zu beobachtende Zunahme von Verstößen gegen Rechte des geistigen Eigentums dar. Nach Schätzungen der OECD aus dem Jahr 2009 erreichte der internationale Handel mit gefälschten und nachgeahmten Produkten im Jahr 2007 ein Volumen von 250 Mrd. USD; das ist mehr als die Summe der Bruttoinlandsprodukte von 150 nationalen Volkswirtschaften. 3 Von den EU-Zollbehörden veröffentlichte Zahlen lassen zudem eine deutliche Verstärkung der Zolltätigkeit erkennen: Wurden im Jahr 2005 26 704 Fälle registriert, waren es im Jahr 2009 bereits 43 572, was einem Anstieg um etwa 60 % in fünf Jahren entspricht.4 Schwerer abzuschätzen sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt die wirtschaftlichen Folgen von Internet-Piraterie (also Online-Urheberrechtsverletzungen), da es sich hier um ein ganz neues Phänomen handelt. In der jüngsten einschlägigen Branchenstudie, die von der Internationalen Handelskammer im Rahmen der Initiative "Business Action to Stop Counterfeiting and Piracy" (BASCAP) in Auftrag gegeben und im Jahr 2010 von TERA Consultants in Paris erstellt wurde, heißt es, dass im Jahr 2008 durch Piraterie in Musik, Film, Fernsehen und Softwarebranche in der EU finanzielle Verluste in Höhe von 10 Mrd. EUR entstanden und über 185 000 Arbeitsplätze vernichtet worden sind. 5
Verschiedene von der Wirtschaft und von internationalen Organisationen veröffentlichte Studien bestätigen die stetige Zunahme des Handels mit gefälschten und nachgeahmten Produkten in der EU und gelangen zu dem Schluss, dass dies
- - einen beträchtlichen Rückgang der Investitionen in Innovationen zur Folge hat und Arbeitsplätze vernichtet 6 ;
- - eine Bedrohung für Gesundheit und Sicherheit der europäischen Verbraucher darstellt 7 ;
- - die europäischen KMU vor ernsthafte Probleme stellt 8;
- - aufgrund des Rückgangs der angemeldeten Umsätze Steuereinnahmeverluste zur Folge hat 9;
- - ein attraktives Betätigungsfeld für das organisierte Verbrechen darstellt10
Eine der wichtigsten Initiativen zur Abwendung dieser Bedrohung war die von Rat11 und Kommission 12 im Jahr 2009 auf den Weg gebrachte Einrichtung einer Europäischen Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie (im Folgenden "die Beobachtungsstelle"), deren Aufgabe es ist, für ein besseres Verständnis der Problematik der Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums zu sorgen.
Dem vom Rat im Jahr 2008 geäußerten Wunsch entsprechend ist die Beobachtungsstelle in ihrer derzeitigen Form ein von den Kommissionsdienststellen verwaltetes Kompetenzzentrum ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Die Beobachtungsstelle erfüllt eine zweifache Funktion:
- i) Sie soll ein Ressourcenzentrum sein, das Informationen und Daten über alle Verstöße gegen Rechte des geistigen Eigentums zentral erfasst, überwacht und darüber Bericht erstattet, und
- ii) sie soll als Plattform für die Zusammenarbeit zwischen Vertretern nationaler Behörden und sonstigen Akteuren und für den Austausch von Ideen und Knowhow, für die Entwicklung gemeinsamer Durchsetzungsstrategien sowie für die Formulierung von Empfehlungen an die Politik dienen.
Die Verwaltung der Beobachtungsstelle beinhaltet die Durchführung einer Reihe von Aufgaben und Tätigkeiten unter Verantwortung der Kommissionsdienststellen.
Derzeit wird die Beobachtungsstelle von drei Kommissionsbediensteten (zwei AD und ein AST) verwaltet, die darüber hinaus sämtliche politischen Arbeiten im Zusammenhang mit der Beobachtungsstelle durchführen.
Durch die jüngste Ratsentschließung zur Beobachtungsstelle wurden dieser weitere Zuständigkeiten übertragen: Sie wurde aufgefordert, den Bedarf an Schulungsprogrammen der Europäischen Union für diejenigen, die an der Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie beteiligt sind, zu prüfen. 13 Darüber hinaus forderte das Europäische Parlament in seiner Entschließung vom September 2010, die Beobachtungsstelle solle wissenschaftliche Recherchen zu Regelungen im Bereich Nachahmung von Produkten und Rechte des geistigen Eigentums erstellen. 14 Und schließlich wurde in einer von der Generaldirektion Handel der Kommission in Auftrag gegebenen und kürzlich veröffentlichten Studie empfohlen, die Beobachtungsstelle zu einer zentralen Anlaufstelle der Kommission für externe Akteure und zu einer internationalen Quelle bewährter Praktiken zu machen. 15
Waren die derzeitigen Rahmenbedingungen für die Startphase der Beobachtungsstelle - die Schaffung des institutionellen Rahmens im Wege von Konsultationen und Sitzungen - geeignet, lassen sie jedoch keinen Raum für eine Ausweitung des Mandats und den Ausbau der operativen Tätigkeiten der Beobachtungsstelle, was beides eine tragfähige Infrastruktur in Bezug auf personelle, finanzielle und IT-Ressourcen ebenso wie den Zugang zur nötigen Sachkunde erfordert.
Vereinbarkeit mit anderen Politikbereichen und Zielen der EU
Die mit der vorgeschlagenen Verordnung angestrebten Ziele entsprechen den bestehenden EU-Politiken und -Strategien, wie etwa "Europa 2020"16 . Auch fügen sie sich in die Hauptprioritäten und Vorschläge ein, die die Kommission im Rahmen ihrer IPR-Strategie für Europa formuliert hat. 17
2. Ergebnisse der Anhörung interessierter Kreise der Folgenabschätzung
Anhörung interessierter Kreise
Seit ihren Anfängen waren Struktur und Finanzierung der Beobachtungsstelle regelmäßig Gegenstand von Diskussionen, sowohl auf den vier bisherigen Sitzungen der Beobachtungsstelle1 8 als auch auf Fachsitzungen von Untergruppen, zu denen seit September 2009 Vertreter verschiedener Organisationen des privaten Sektors im Rahmen der Beobachtungsstelle zusammenkommen.
Die Mitglieder des Europäischen Parlaments werden über Tätigkeit und Entwicklung der Beobachtungsstelle auf dem Laufenden gehalten. Das Parlamentarische Forum zu Fälschungen, Schmuggel und organisiertem Verbrechen bot im Jahr 2010 zweimal Gelegenheit, offen über die Zukunft der Beobachtungsstelle und insbesondere über ihren möglichen Transfer zum Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) zu diskutieren.
Auf politischer Ebene hat außerdem der Rat - in Reaktion auf die beiden Kommissionsmitteilungen zur Beobachtungsstelle19 - zwei Entschließungen20 angenommen, in denen er die Einrichtung der Beobachtungsstelle begrüßte und die Kommission aufforderte, Rolle und Aufgaben der Beobachtungsstelle zu präzisieren. Darüber hinaus hat das Europäische Parlament am 22. September 2010 einen Bericht zur Kommissionsmitteilung von 2009 angenommen, in dem es sich für eine stärkere Einbindung des HABM in Fragen der21 Rechtsdurchsetzung aussprach.
Der Gedanke, bestimmte mit der Rechtsdurchsetzung zusammenhängende Tätigkeiten dem HABM zu übertragen, stieß bei den Nutzern des europäischen Markensystems, die im Kontext einer umfassenden Bewertung dieses Systems konsultiert wurden, auf Zustimmung. 22 Bei einer eingehenderen Diskussion in einem speziellen Workshop anlässlich des paneuropäischen Gipfeltreffens für geistiges Eigentum 2010, das am 2. und 3. Dezember 2010 in Brüssel abgehalten wurde, fand die Idee breite Unterstützung. 23 Auch die Leitungsgremien des HABM - Verwaltungsrat und Haushaltsausschuss 24 - äußerten sich auf ihren Sitzungen im November 2010 positiv.
Angesichts dieses spezifischen, gezielten und kontinuierlichen Konsultationsprozesses wurde die zusätzliche Durchführung einer standardmäßigen Anhörung interessierter Kreise für nicht erforderlich erachtet.
Folgenabschätzung
Bei der Folgenabschätzung wurden drei unterschiedliche Grundoptionen mit jeweils mehreren Unteroptionen geprüft.
Bei Option 1 würde die Verwaltung der Beobachtungsstelle weiterhin den Kommissionsdienststellen obliegen; deren Ressourcen würden jedoch beträchtlich aufgestockt. Bei Unteroption 1a würden die Arbeiten in Gänze oder zu einem erheblichen Teil inhouse durchgeführt, während sie bei Option 1b zum Großteil ausgelagert würden. Die zweite Option würde darin bestehen, die Aufgaben der Beobachtungsstelle als Initiative des privaten Sektors auszulagern, wobei die Finanzierung entweder in vollem Umfang vom privaten Sektor übernommen (Unteroption 2a), über eine Finanzhilfe der Kommission (Unteroption 2b) oder im Rahmen einer öffentlichprivaten Partnerschaft (ÖPP, Unteroption 2c) erfolgen könnte. Die dritte in der Folgenabschätzung geprüfte Option wäre der Transfer der Beobachtungsstelle zu einer neu zu errichtenden EU-Agentur (Unteroption 3a) oder zu einer bereits bestehenden Agentur, konkret zum Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) in Alicante.
Option 1a (Personalaufstockung in der GD MARKT) wurde angesichts der derzeitigen "Null-Wachstum"-Strategie der Kommission als nicht realisierbar verworfen. 25 Auch Option 2a wurde für unrealistisch erachtet, da keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der private Sektor zu einem entsprechenden Engagement bereit wäre. Die Optionen 1b (Auslagerung auf kommerzieller Basis) und 2b (Wahrnehmung der Aufgaben im Rahmen einer von der Wirtschaft getragenen Initiative) wurden als gangbare, aber nicht geeignete Lösungen angesehen, da sie wahrscheinlich nicht den Zugang zu Daten ermöglichen würden, die von mitgliedstaatlichen Behörden und privaten Akteuren als sensibel eingestuft werden, und da im Falle von Option 2b das Risiko einer Ungleichbehandlung (oder gar eines Ausschlusses) bestimmter Akteure die Verwirklichung der allgemeinen Ziele der Beobachtungsstelle erheblich erschweren würde. Diese Nachteile könnten bei Option 2c (ÖPP) zum Teil vermieden werden; allerdings würden bei dieser Option - je nach Umfang der zu entwickelnden IT-Systeme - auf den EU-Haushalt jährliche Kosten in einer Größenordnung von 2,41 bis 2,98 Mio. EUR in den ersten beiden Jahren und von 2,61 bis 3,07 Mio. EUR ab dem dritten Jahr zukommen.
Option 3a (neue EU-Agentur) wäre laut Folgenabschätzung eine geeignete Lösung, um die Funktionsfähigkeit der Beobachtungsstelle sicherzustellen. Diese Option wäre jedoch mit beträchtlichen Kosten für den EU-Haushalt verbunden, die sich auf jährlich 4,33 bis 5,3 3 Mio. EUR in den ersten beiden Jahren und jährlich 5,5 bis 6,2 8 Mio. EUR ab dem dritten Jahr belaufen würden. Im Übrigen würde es einige Zeit dauern, bis die Agentur eingerichtet und funktionsfähig ist.
Option 3b (Übertragung der Aufgaben auf eine bestehende EU-Agentur, vorzugsweise das HABM) würde es ermöglichen, der Beobachtungsstelle Zugang zu Sachkunde, Ressourcen und Finanzmitteln zu verschaffen und damit rasch ihre Funktionsfähigkeit herzustellen. Mit Blick auf den Haushalt wäre dies eine kosteneffiziente Lösung (Gesamtkosten von jährlich 3,3 bis 4,3 Mio. EUR in den ersten beiden Jahren und jährlich 4,74 bis 5,52 Mio. EUR ab dem dritten Jahr), wobei die Kosten durch Finanzmittel aus Quellen außerhalb des EU-Haushalts gedeckt werden könnten.
Die Folgenabschätzung gelangte somit zu dem Schluss, dass eine Verlagerung der Beobachtungsstelle zum HABM die zu bevorzugende Option wäre, da das Harmonisierungsamt über ausreichende Finanzmittel und angemessene Strukturen verfügt und in der Lage sein wird, die Ziele der Beobachtungsstelle zu verwirklichen, sobald die Grundverordnung entsprechend geändert wurde.
3. Rechtliche Aspekte des Vorschlags
Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahme
Es wird vorgeschlagen, dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt die Aufgaben und Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verwaltung der Europäischen Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie, u.a. in den Bereichen Urheberrechte, verwandte Schutzrechte und Patente, zu übertragen.
Künftig sollten dazu folgende Aufgaben gehören:
- - Bereitstellung unabhängiger Daten und Bewertungen zu Umfang und Ausmaß von Marken- und Produktpiraterie im Binnenmarkt;
- - Austausch und Förderung bewährter behördlicher Praktiken;
- - Verbreitung bewährter Strategien des privaten Sektors; - Sensibilisierung der Öffentlichkeit;
- - in Zusammenarbeit mit anderen internationalen und europäischen Institutionen und Agenturen Bewertung der Notwendigkeit europäischer Schulungsprogramme für Behörden, die für den Schutz von Rechten des geistigen Eigentums zuständig sind, und gegebenenfalls Ausarbeitung entsprechender Programme;
- - Durchführung von Forschungsarbeiten zu technischen Instrumenten für die Prävention von Marken- und Produktpiraterie;
- - Förderung der internationalen Zusammenarbeit und technische Unterstützung für Behörden in Drittländern.
Zur Erfüllung dieser Aufgaben sind folgende Tätigkeiten ins Auge zu fassen:
- - Organisation von Sitzungen der im Rahmen der Beobachtungsstelle zusammenkommenden Vertreter sowie der Arbeitsgruppen der Beobachtungsstelle;
- - Organisation von Sitzungen mit sonstigen Experten;
- - Katalogisierung von Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums und von Methoden zur Bekämpfung solcher Verstöße sowie Organisation einschlägiger Seminare und Schulungen;
- - Durchführung von Studien zu Umfang und Folgen von Marken- und Produktpiraterie und Ausarbeitung jährlicher Berichte über Entwicklungen und Trends sowie sektoraler Berichte zur Analyse der Situation in verschiedenen Branchen und Produktbereichen;
- - Forschung zu technischen Instrumenten für die Prävention von Marken- und Produktpiraterie;
- - Aufbau von Datenbanken zur Speicherung und Analyse von Daten zu Umfang und Folgen von Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums, zur nationalen Rechtsprechung über derartige Rechtsverletzungen und zu bestehenden Schulungsmaßnahmen sowie Entwicklung von Systemen zur Verbesserung des Zugangs von Behörden und privaten Akteuren zu Informationen und zur Ermöglichung eines raschen Informationsaustauschs zwischen ihnen.
Rechtsgrundlage
Die spezifische Rechtsgrundlage für Maßnahmen, die die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben, ist Artikel 114 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die Aufgaben, die dem HABM durch diese Verordnung übertragen werden sollen, betreffen auch die Durchsetzung der durch innerstaatliche Vorschriften der Mitgliedstaaten garantierten Rechte des geistigen Eigentums und können somit das einschlägige Unionsrecht in diesem Bereich stützen. Artikel 118 Absatz 1 AEUV sieht die Befugnis vor, Maßnahmen zur Schaffung europäischer Rechtstitel über einen einheitlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums in der Union sowie zur Einführung von zentralisierten Zulassungs-, Koordinierungs- und Kontrollregelungen auf Unionsebene zu erlassen. Somit bilden Artikel 114 und Artikel 118 Absatz 1 zusammen die geeignete Rechtsgrundlage für den vorliegenden Vorschlag.
Subsidiaritätsprinzip
Viele der Tätigkeiten, die der Europäischen Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie zugewiesen wurden, sind grenzübergreifender Natur und betreffen alle 27 Mitgliedstaaten, weshalb auf der Ebene der einzelnen Mitgliedstaaten eine wirksame Umsetzung nicht möglich ist. Soweit eine bilaterale Zusammenarbeit zwischen zwei Mitgliedstaaten erforderlich ist, wäre im Einzelfall theoretisch eine Optimierung der Verfahren auf dieser Ebene denkbar. Da die in einem solchen Kontext erforderlichen Instrumente und Methoden für alle Mitgliedstaaten dieselben wären, erscheint es jedoch effizienter, diese Instrumente und Methoden auf EU-Ebene zu entwickeln. Damit wäre sichergestellt, dass die Lösungen nicht auf die Erfordernisse einzelner Mitgliedstaaten zugeschnitten werden, sondern allen Mitgliedstaaten zugutekommen. Soweit es um Beziehungen zu Drittländern geht, ist darüber hinaus eine Koordinierung auf EU-Ebene innerhalb der Kommissionsdienststellen wie auch mit anderen EU-Agenturen und internationalen Einrichtungen erforderlich.
Schließlich ermöglicht die Übertragung der genannten Aufgaben auf eine bestehende EU-Agentur, konkret auf das HABM, Synergien mit bereits laufenden Tätigkeiten, wie dies in der Folgenabschätzung dargelegt wurde. Auch lassen sich auf diese Weise das bereits beim HABM verfügbare Knowhow in Sachen Marken und Geschmacksmuster sowie die Arbeitsbeziehungen, die das HABM zu den nationalen Behörden für gewerblichen Rechtsschutz aufgebaut hat, nutzen. Dank diesen Arbeitsbeziehungen kann das HABM auf die Experten zurückzugreifen, die es für eine erfolgreiche Wahrnehmung seiner neuen Aufgaben benötigt.
4. Auswirkungen auf den Haushalt
Die vorgeschlagene Verordnung verursacht keinerlei Kosten für den EU-Haushalt. Im Gegenteil: Es könnten Einsparungen in Höhe von etwa 40 000 EUR erzielt werden, da bestimmte Kosten, die derzeit aus dem EU-Haushalt finanziert werden, künftig aus dem Haushalt des HABM bestritten würden.
5. Erläuterung der einzelnen Artikel
Artikel 1
In diesem Artikel wird der Gegenstand der vorgeschlagenen Verordnung festgelegt: Zweck des Gesetzgebungsakts ist die Ausweitung der Zuständigkeiten des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (HABM), dem als Kompetenzzentrum für spezifische Aufgaben und Tätigkeiten die Verwaltung der Europäischen Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie übertragen wird.
Artikel 2
In diesem Artikel sind die Aufgaben und Tätigkeiten aufgeführt, die das Amt in Bezug auf die Beobachtungsstelle übernehmen sollte. Diese Aufgaben und Tätigkeiten lassen sich in sechs Hauptkategorien unterteilen:
- - für ein besseres Verständnis des Ausmaßes und der Folgen von Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums und des Werts geistigen Eigentums sorgen und das Wissen über bewährte Praktiken des öffentlichen und des privaten Sektors zur Bekämpfung von Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums erweitern;
- - die Öffentlichkeit stärker für die Folgen von Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums sensibilisieren;
- - die Sachkunde der an der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums mitwirkenden Akteure verbessern;
- - für eine bessere Kenntnis der technischen Instrumente zur Verhinderung und Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie, einschließlich Verfolgungs- und Rückverfolgungssystemen, sorgen;
- - den Online-Austausch von Informationen über den Schutz von Rechten des geistigen Eigentums zwischen den für den Schutz dieser Rechte zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten verbessern und die Zusammenarbeit mit und zwischen den Zentralbehörden für den gewerblichen Rechtsschutz in den Mitgliedstaaten, einschließlich des Benelux-Büros für geistiges Eigentum, ausbauen;
- - die internationale Zusammenarbeit fördern.
Artikel 3
Dieser Artikel stellt klar, dass das Amt unter Einsatz seiner eigenen Haushaltsmittel die Tätigkeiten durchführt, die erforderlich sind, um die in Artikel 2 genannten Aufgaben zu erfüllen.
Artikel 4
Gegenstand dieses Artikels sind die Teilnahme an und die Organisation von Sitzungen der Beobachtungsstelle. Vorgesehen ist, dass das Amt Experten einlädt, die von öffentlichen Verwaltungen, von Einrichtungen und Organisationen, die mit dem Schutz von Rechten des geistigen Eigentums befasst sind, vom privaten Sektor sowie vom Europäischen Parlament und der Kommission entsandt werden. Was den privaten Sektor anbelangt, sollten die von Produktfälschungen am stärksten betroffenen Branchen repräsentiert sein. Es sollten also Vertreter aus verschiedenen Sektoren einbezogen werden. Vertreten sein sollten Rechteinhaber, Internet-Diensteanbieter und Telekommunikationsunternehmen. Auch Verbrauchervertreter sollten mitwirken. Außerdem sieht dieser Artikel die Möglichkeit vor, Arbeitsgruppensitzungen der Beobachtungsstelle zu organisieren.
Artikel 5
Durch diesen Artikel werden die Vertreter der Mitgliedstaaten und des privaten Sektors verpflichtet, im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates vom 1. März 2010 und im Rahmen der geltenden Datenschutzvorschriften dem Amt die für die Tätigkeiten der Beobachtungsstelle relevanten statistischen Daten und Rechtsprechungsinformationen zur Verfügung zu stellen und das Amt über ihre eigenen diesbezüglichen Strategien zu unterrichten.
Artikel 6
Durch diesen Artikel wird dem Amt die Verpflichtung auferlegt, interne Verwaltungsvorschriften für die Beobachtungsstelle zu erlassen und Mitteilungen zu veröffentlichen, die erforderlich sind, um die Erfüllung sämtlicher dem Amt durch diese Verordnung übertragener Aufgaben sicherzustellen.
Artikel 7
Dieser Artikel sieht vor, dass der jährliche Tätigkeitsbericht des Amtes einen Bericht über die auf der Grundlage dieser Verordnung von ihm durchgeführten Tätigkeiten einschließt. Die Hauptinformationen, die in dem Bericht enthalten sein müssen, werden im Einzelnen aufgeführt. Insbesondere sind dies: Überblick über die im betreffenden Jahr durchgeführten wichtigsten Tätigkeiten, erzielte Ergebnisse, Gesamtbewertung der auf der Grundlage der Verordnung durchgeführten Tätigkeiten des Amtes, Angaben zu den geplanten künftigen Arbeiten der Beobachtungsstelle, Empfehlungen für künftige Maßnahmen auf dem Gebiet des Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums.
Artikel 8
In diesem Artikel sind die Vorschriften für die von der Kommission vorzunehmende Evaluierung der Verordnung festgelegt.
Zu bewerten sind die praktische Umsetzung der Verordnung durch das Amt, insbesondere die Erfüllung der in Artikel 2 genannten Aufgaben, sowie die Auswirkungen der einschlägigen Arbeiten auf den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums in der EU. Im Rahmen des Bewertungsprozesses hat die Kommission die Beobachtungsstelle zu konsultieren. Der abschließende Evaluierungsbericht ist dem Europäischen Parlament und dem Rat zu übermitteln. Anschließend sollte die Kommission auf der Grundlage des Evaluierungsberichts eine umfassende Konsultation der Akteure durchführen, bevor sie gegebenenfalls Vorschläge zur Änderung der Verordnung vorlegt.
Artikel 9
In diesem Artikel sind Inkrafttreten und Rechtswirkung der vorgeschlagenen Verordnung geregelt.
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Übertragung bestimmter den Schutz von Rechten des geistigen Eigentums betreffender Aufgaben, einschließlich der Zusammenführung von Vertretern des öffentlichen und des privaten Sektors im Rahmen einer Europäischen Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie, auf das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)
DAS Europäische Parlament der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf die Artikel 114 und 118 Absatz 1, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses26, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1) Die wirtschaftliche Prosperität der Europäischen Union (im Folgenden "die Union") basiert auf nachhaltiger Kreativität und Innovation. Soll der Wohlstand der Union auch künftig gesichert werden, sind Maßnahmen zum wirksamen Schutz von Kreativität und Innovation unverzichtbar.
- (2) Rechte des geistigen Eigentums sind wesentlicher Teil des Betriebsvermögens von Unternehmen und tragen dazu bei, Innovatoren und Erfindern eine faire Rendite für ihre Arbeit zu sichern und ihre Investitionen in Forschung und neue Ideen zu schützen.
- (3) Ein solider, harmonisierter und schrittweiser Ansatz im Bereich der Rechte des geistigen Eigentums ist von fundamentaler Bedeutung, wenn die ambitionierten Ziele der Strategie "Europa 2020"27 verwirklicht werden sollen.
- (4) Die stetige Zunahme der Zahl der Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums stellt eine ernsthafte Bedrohung nicht nur für die Wirtschaft der Union, sondern auch für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher in der Union dar. Eine erfolgreiche Bekämpfung dieses Phänomens erfordert daher wirksame, sofortige und koordinierte Maßnahmen auf europäischer und globaler Ebene.
- (5) Im Rahmen der umfassenden Strategie zum Schutz der Rechte des geistigen Eigentums, die in der Entschließung des Rates vom 25. September 2008 über einen europäischen Gesamtplan zur Bekämpfung von Nachahmungen und Piraterie28 umrissen wurde, forderte der Rat die Kommission auf, eine Europäische Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie (im Folgenden "die Beobachtungsstelle") einzurichten. Deshalb hat die Kommission ein Netz von Experten aus dem öffentlichen und dem privaten Sektor geschaffen, dessen Aufgaben sie in ihrer Mitteilung "Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Binnenmarkt"29 beschrieben hat.
- (6) In der Mitteilung wurde dargelegt, dass die Beobachtungsstelle zu einem Ressourcenzentrum werden sollte, das Informationen und Daten über alle Verstöße gegen Rechte des geistigen Eigentums zentral erfasst, überwacht und darüber Bericht erstattet. Sie sollte als Plattform für die Zusammenarbeit zwischen Vertretern der nationalen Behörden und anderen Akteuren dienen und diesen Gelegenheit bieten, Gedanken und bewährte Praktiken auszutauschen, gemeinsame Vollzugsstrategien zu entwickeln und Empfehlungen für politische Entscheidungsträger zu formulieren. Der Mitteilung zufolge sollte die Beobachtungsstelle bei der Kommission eingerichtet und von den Kommissionsdienststellen verwaltet werden.
- (7) In seiner Entschließung vom 1. März 2010 über die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Binnenmarkt30 forderte der Rat die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Wirtschaft auf, ihnen zugängliche zuverlässige und vergleichbare Informationen über Marken-und Produktpiraterie der Beobachtungsstelle zur Verfügung zu stellen und unter dem Dach der Beobachtungsstelle gemeinsam Pläne für die Erhebung weiterer Informationen zu entwickeln und zu vereinbaren. Ferner forderte der Rat die Beobachtungsstelle auf, jährlich einen umfassenden Bericht zu Ausmaß, Größenordnung und Hauptmerkmalen der Marken- und Produktpiraterie sowie zu deren Folgen für den Binnenmarkt vorzulegen. In diesen Jahresbericht sollten im Einklang mit dem Datenschutzrecht die von den Behörden der Mitgliedstaaten, der Kommission und der Privatwirtschaft zur Verfügung gestellten Informationen zu Ausmaß, Größenordnung und Hauptmerkmalen der Marken- und Produktpiraterie sowie zu deren Folgen für den Binnenmarkt aufgenommen werden.
- (8) In seinen Schlussfolgerungen vom 25. Mai 201 031 forderte der Rat die Kommission auf, eine Rechtsgrundlage für die Beteiligung des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (im Folgenden "das Amt") an durchführungsbezogenen Tätigkeiten, auch bei der Bekämpfung von Markenpiraterie, zu schaffen, insbesondere durch die Förderung der Zusammenarbeit mit den nationalen Markenämtern und mit der Beobachtungsstelle.
- (9) Die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums 32 sieht unter anderem Maßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit, einschließlich des Informationsaustauschs, der Mitgliedstaaten untereinander sowie zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission vor.
- (10) In seiner Entschließung vom 22. September 2010 zur Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Binnenmarkt33 forderte das Europäische Parlament die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Zusammenarbeit zwischen dem Amt und den nationalen Ämtern für geistiges Eigentum auszubauen und auch die Bekämpfung von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums einzubeziehen.
- (11) Angesichts der zahlreichen der Beobachtungsstelle zugewiesenen Aufgaben bedarf es einer Lösung für die Sicherstellung einer angemessenen und tragfähigen Infrastruktur mit Blick auf die Erfüllung dieser Aufgaben.
- (12) Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke34 leisten sich das Amt und die Gerichte oder Behörden der Mitgliedstaaten gegenseitig Amtshilfe und tauschen das Amt und die Zentralbehörden der Mitgliedstaaten für den gewerblichen Rechtsschutz gegenseitig Veröffentlichungen aus. Entsprechend hat das Amt eine Zusammenarbeit mit den für den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums zuständigen nationalen Ämtern aufgebaut. Somit verfügt das Amt bereits weitgehend über die notwendige Erfahrung und Sachkunde, um eine angemessene und tragfähige Infrastruktur in dem Bereich sicherzustellen, in dem die von der Beobachtungsstelle wahrzunehmenden Aufgaben angesiedelt sind.
- (13) Das Amt ist somit gut aufgestellt, um die Durchführung der betreffenden Aufgaben zu übernehmen.
- (14) Dabei sollten sämtliche durch das Unionsrecht oder durch das innerstaatliche Recht der jeweiligen Mitgliedstaaten geregelten Rechte des geistigen Eigentums abgedeckt werden, da es bei rechtsverletzenden Handlungen vielfach um ein ganzes Bündel von Rechten geht. Darüber hinaus sind Daten und ein Austausch von bewährten Praktiken über die gesamte Bandbreite von Rechten des geistigen Eigentums erforderlich, damit es möglich wird, ein vollständiges Bild der Situation zu gewinnen und umfassende Strategien zur Eindämmung der Verstöße gegen Rechte des geistigen Eigentums zu konzipieren. Angesichts dieser Aufgabenstruktur sollte das Mandat des Amtes auf den Schutz von Patenten, Urheberrechten und verwandten Schutzrechten sowie auf geografische Angaben ausgeweitet werden.
- (15) Die vom Amt zu übernehmenden Aufgaben können mit den in der Richtlinie 2004/48/EG vorgesehenen Durchsetzungs- und Berichterstattungsmaßnahmen verknüpft werden. So sollte das Amt für nationale Behörden oder Betreiber Dienstleistungen erbringen, die insbesondere auf eine einheitliche Umsetzung der Richtlinie abzielen und deren Anwendung erleichtern können. Die Aufgaben des Amtes sind somit in engem Zusammenhang mit dem Regelungsbereich von Rechtsakten zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zu sehen.
- (16) Nach ihrer Einrichtung durch das Amt sollte die Beobachtungsstelle zu einem Exzellenzzentrum für Informationen und Daten über Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums werden, indem sie auf Sachkunde, Erfahrung und Ressourcen des Amtes zurückgreift.
- (17) Das Amt sollte ein Forum bieten, das Behörden und Akteure des privaten Sektors zusammenführt und einschlägige objektive, vergleichbare und zuverlässige Daten zum Wert von Rechten des geistigen Eigentums und zu Verletzungen dieser Rechte sammelt, analysiert und verbreitet, das bewährte Praktiken und Strategien zum Schutz von Rechten des geistigen Eigentums entwickelt und das die Öffentlichkeit für die Folgen von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums sensibilisiert. Darüber hinaus sollte das Amt zusätzliche Aufgaben wahrnehmen und etwa für ein besseres Verständnis des Werts von Rechten des geistigen Eigentums, für die Entwicklung der Fachkompetenz der mit der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums befassten Personen durch geeignete Schulungsmaßnahmen, für eine bessere Kenntnis der Methoden zur Verhinderung von Fälschungen sowie für eine bessere Zusammenarbeit mit Drittländern und internationalen Organisationen sorgen.
- (18) Was die Vertreter des privaten Sektors anbelangt, sollte das Amt bei der Zusammensetzung der Beobachtungsstelle mit Blick auf die geplanten Tätigkeiten dafür Sorge tragen, dass die am stärksten betroffenen Branchen wie auch die Branchen mit der größten Erfahrung in der Bekämpfung von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums, insbesondere Rechteinhaber und Internetdienste-Anbieter, angemessen repräsentiert sind. Ferner sollte eine angemessene Vertretung der Verbraucher und der kleinen und mittleren Unternehmen gewährleistet sein.
- (19) Das Amt sollte die Durchführung der Aufgaben und Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Schutz der Rechte des geistigen Eigentums aus eigenen Haushaltsmitteln finanzieren -
Hat folgende Verordnung Erlassen:
Artikel 1
Gegenstand
Durch diese Verordnung werden dem Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (im Folgenden "das Amt") bestimmte Aufgaben im Zusammenhang mit dem Schutz von Rechten des geistigen Eigentums übertragen. In Wahrnehmung dieser Aufgaben lädt das Amt regelmäßig Experten, Behörden und sonstige Akteure ein, die dann als "Europäische Beobachtungsstelle für Marken- und Produktpiraterie" (im Folgenden "die Beobachtungsstelle") zusammentreten.
Artikel 2
Aufgaben und Tätigkeiten
- 1. Dem Amt werden folgende Aufgaben übertragen:
- a) Verbesserung des Verständnisses von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums - in ihrem Umfang und ihren Folgen -, wie sie durch Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder durch nationale Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten geschützt werden, einschließlich gewerblicher Schutzrechte, Urheberrechte und verwandter Schutzrechte;
- b) Verbesserung des Verständnisses des Werts geistigen Eigentums;
- c) Verbesserung der Kenntnis bewährter Verfahren des öffentlichen und des privaten Sektors zum Schutz von Rechten des geistigen Eigentums;
- d) Sensibilisierung der Bürger für die Folgen von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums;
- e) Verbesserung der Sachkunde der an der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums mitwirkenden Akteure;
- f) Verbesserung der Kenntnis technischer Instrumente zur Verhinderung und Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie, einschließlich Verfolgungs- und Rückverfolgungssystemen;
- g) Verbesserung des Online-Austauschs von Informationen über den Schutz von Rechten des geistigen Eigentums zwischen den für den Schutz dieser Rechte zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten und Förderung der Zusammenarbeit mit und zwischen den Zentralbehörden für den gewerblichen Rechtsschutz in den Mitgliedstaaten, einschließlich des Benelux-Büros für geistiges Eigentum;
- h) Förderung der internationalen Zusammenarbeit mit den für Fragen des geistigen Eigentums zuständigen Ämtern in Drittländern mit dem Ziel der Ausarbeitung von Strategien und der Entwicklung von Methoden zum Schutz der Rechte des geistigen Eigentums sowie von einschlägigen Kompetenzen und Instrumenten.
- 2. Zur Erfüllung der in Absatz 1 genannten Aufgaben führt das Amt folgende Tätigkeiten durch:
- a) in regelmäßigen Abständen Einberufung von Sitzungen gemäß Artikel 4;
- b) Festlegung einer Methodik für die Sammlung und Analyse unabhängiger, objektiver, vergleichbarer und zuverlässiger Daten über Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums und für die Berichtserstattung darüber;
- c) Sammlung, Analyse und Verbreitung einschlägiger objektiver, vergleichbarer und zuverlässiger Daten über Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums;
- d) Sammlung, Analyse und Verbreitung einschlägiger objektiver, vergleichbarer und zuverlässiger Daten zum wirtschaftlichen Wert geistigen Eigentums und seinem Beitrag zu Wirtschaftswachstum, Wohlstand, Innovation, Kreativität, kultureller Vielfalt, zur Schaffung qualitativ hochwertiger Arbeitsplätze und zur Entwicklung hochwertiger Produkte und Dienstleistungen in der Union;
- e) Vorlage regelmäßiger Bewertungen und spezifischer Berichte nach Branchen, geografischen Gebieten und Art der verletzten Rechte des geistigen Eigentums, wobei unter anderem die Folgen von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums für Gesellschaft, Wirtschaft, Gesundheit, Umwelt und Sicherheit sowie Verbindungen entsprechender Rechtsverletzungen zum organisierten Verbrechen und zum Terrorismus zu bewerten sind;
- f) Sammlung, Analyse und Verbreitung von Informationen über bewährte Praktiken zwischen den im Rahmen der Beobachtungsstelle zusammenkommenden Vertretern und Entwicklung von Strategien auf der Grundlage solcher Praktiken;
- g) Ausarbeitung von Berichten und Veröffentlichungen zur Sensibilisierung der Unionsbürger für die Folgen von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums und Organisation von Konferenzen, Online- und Offline-Kampagnen, Veranstaltungen und Sitzungen auf europäischer und internationaler Ebene;
- h) Planung und Organisation von Online-Schulungen und anderen Formen von Schulungsmaßnahmen für nationale Beamte, die im Bereich des Schutzes von Rechten des geistigen Eigentums tätig sind;
- i) Organisation von Adhoc-Expertensitzungen zur Unterstützung der gemäß dieser Verordnung durchgeführten Arbeiten der Beobachtungsstelle;
- j) Erforschung, Bewertung und Schaffung von Anreizen für den Einsatz technischer Instrumente für den professionellen Gebrauch sowie von Benchmark-Techniken, einschließlich Verfolgungs- und Rückverfolgungssystemen, die es erleichtern, echte Produkte von gefälschten Produkten zu unterscheiden;
- k) in Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden Aufbau eines Online-Netzes für den Austausch von Informationen, die den Schutz von Rechten des geistigen Eigentums betreffen, einschließlich Echtzeit-Warnungen, sowie von Informationen über Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums zwischen Behörden und Einrichtungen und Organisationen in den Mitgliedstaaten, die im Bereich des Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums tätig sind;
- l) in Zusammenarbeit mit den Zentralbehörden für gewerblichen Rechtsschutz in den Mitgliedstaaten, einschließlich des Benelux-Büros für geistiges Eigentum, Festlegung von Strategien und Entwicklung von Techniken, Qualifikationen und Instrumenten, die mit Blick auf den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums relevant sind, einschließlich Schulungsprogrammen und Sensibilisierungskampagnen;
- m) Ausarbeitung von Programmen für die technische Unterstützung von Drittländern sowie Ausarbeitung und Durchführung spezieller Schulungsprogramme und -veranstaltungen für Beamte aus Drittländern, die im Bereich des Schutzes von Rechten des geistigen Eigentums tätig sind;
- n) Formulierung von Empfehlungen an die Kommission zu unter diese Verordnung fallenden Aspekten, auch auf Anforderung der Kommission;
- o) Aufstellung eines Jahresarbeitsprogramms für die Sitzungen gemäß Buchstabe a in Übereinstimmung mit der Politik und den Prioritäten der Union im Bereich des Schutzes von Rechten des geistigen Eigentums;
- p) Durchführung verwandter Tätigkeiten, die mit Blick auf die Erfüllung der in Absatz 1 genannten Aufgaben durch das Amt erforderlich sind.
Artikel 3
Finanzierung
Das Amt stellt zu jedem Zeitpunkt sicher, dass die Durchführung der ihm durch diese Verordnung übertragenen Tätigkeiten aus eigenen Haushaltsmitteln finanziert wird.
Artikel 4
Sitzungen der Beobachtungsstelle
- 1. Das Amt lädt zu den Sitzungen gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a Vertreter von Behörden, Vertreter von mit dem Schutz der Rechte des geistigen Eigentums befassten Einrichtungen und Organisationen sowie Vertreter des privaten Sektors ein.
- 2. Die zu den Sitzungen der Beobachtungsstelle eingeladenen Vertreter des privaten Sektors decken ein breites und repräsentatives Spektrum von EU-Einrichtungen und nationalen Einrichtungen ab, die die am stärksten betroffenen Branchen und die Branchen mit der größten Erfahrung in der Bekämpfung von Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums repräsentieren. Verbraucherorganisationen und kleine und mittlere Unternehmen sollten angemessen vertreten sein.
- 3. Das Amt lädt einen nationalen Vertreter pro Mitgliedstaat und jeweils fünf Vertreter des Europäischen Parlaments und der Kommission ein.
- 4. Die Namen der Vertreter, die Tagesordnung und die Protokolle der Sitzungen werden auf der Website des Amtes veröffentlicht.
- 5. Die Sitzungen gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe a können auch in Form von Arbeitsgruppensitzungen innerhalb der Beobachtungsstelle stattfinden. Bis zu zwei Vertreter des Europäischen Parlaments und bis zu zwei Vertreter der Kommission werden als Beobachter zu den Arbeitsgruppensitzungen eingeladen.
Artikel 5
Informationspflichten
Unbeschadet der für die Verarbeitung personenbezogener Daten geltenden Rechtsvorschriften haben die der Beobachtungsstelle angehörenden Vertreter der Mitgliedstaaten und des privaten Sektors
- a) das Amt über ihre Politik und ihre Strategien zum Schutz der Rechte des geistigen Eigentums und über etwaige Änderungen ihrer Politik und ihrer Strategien zu unterrichten;
- b) statistische Daten über Verletzungen der Rechte des geistigen Eigentums bereitzustellen;
- c) das Amt über die einschlägige Rechtsprechung zu informieren.
Artikel 6
Interne Verwaltungsvorschriften und Mitteilungen
Im Rahmen der dem Amt durch Artikel 124 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 übertragenen Befugnisse erlässt der Präsident des Amtes die internen Verwaltungsvorschriften und veröffentlicht die Mitteilungen, die zur Erfüllung sämtlicher dem Amt durch diese Verordnung übertragener Aufgaben erforderlich sind.
Artikel 7
Inhalt des Tätigkeitsberichts
Der gemäß Artikel 124 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 vorzulegende Tätigkeitsbericht enthält mindestens folgende Informationen zu den Aufgaben und Tätigkeiten des Amts im Rahmen dieser Verordnung:
- a) Überblick über die Haupttätigkeiten im vorangegangenen Kalenderjahr;
- b) im vorangegangenen Kalenderjahr erzielte Ergebnisse und gegebenenfalls sektorale Berichte zur Analyse der Situation in den verschiedenen Branchen und Produktbereichen;
- c) Gesamtbewertung der Erfüllung der in dieser Verordnung vorgesehenen Aufgaben des Amtes;
- d) Überblick über die vom Amt geplanten künftigen Tätigkeiten;
- e) Empfehlungen zur künftigen Politik im Bereich des Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums, unter anderem zur Erhöhung der Effektivität der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten.
Artikel 8
Evaluierung
- 1. Fünf Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung nimmt die Kommission einen Bericht an, in dem die Anwendung der Verordnung bewertet wird.
- 2. Im Evaluierungsbericht werden die bei der Durchführung dieser Verordnung vom Amt erzielten Fortschritte bewertet, insbesondere die Auswirkungen auf den Schutz der Rechte des geistigen Eigentums im Binnenmarkt.
- 3. Bei der Ausarbeitung des Evaluierungsberichts konsultiert die Kommission die im Rahmen der Beobachtungsstelle zusammenkommenden Vertreter zu den in Absatz 2 genannten Aspekten.
- 4. Die Kommission übermittelt den Evaluierungsbericht dem Europäischen Parlament und dem Rat und führt auf der Grundlage des Berichts eine umfassende Konsultation der Akteure durch.
Artikel 9
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am [zwanzigsten] Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Geschehen zu Brüssel am
Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates Der Präsident Der Präsident
- 1. Mitteilung der Kommission "Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum" vom 3. März 2010, KOM (2010) 2020.
- 2. Siehe insbesondere Mitteilung der Kommission "Eine europäische Strategie für gewerbliche Schutzrechte" vom 16. Juli 2008, KOM (2008) 465.
- 3. OECD, "Magnitude of counterfeiting and piracy of tangible products", Aktualisierung vom November 2009, http://www.oecd.org/document/23/0,3343 .
- 4. Europäische Kommission, Generaldirektion Steuern und Zollunion, "Report on EU Customs enforcement of intellectual property rights", 2009, http://ec.europa.eu/taxation_customs/customs/customs_controls/counterfeit_piracy/statistics/index_en.h tm.
- 5. http://www.iccwbo.org/bascap/id35360/index.html .
- 6. TERA Consultants, "Building a Digital Economy", März 2010, http://www.iccwbo.org/bascap/id35360/index.html .
- 7. "Report on EU Customs enforcement of intellectual property rights", 2009, vgl. Fußnote 4.
- 8. Technopolis, "Effects of counterfeiting on EU SMEs", 2007, http://ec.europa.eu/enterprise/enterprise_policy/industry/doc/Counterfeiting_Main%20Report_Final.pdf
- 9. Frontier Economics, "The impact of counterfeiting on Governments and Consumers", Mai2009, http://www.iccwbo.org/uploadedFiles/BASCAP/Pages/Impact%20of%20Counterfeiting%20on%20Gov ernments%20and%20Consumers%20-%0Final%20doc.pdf .
- 10. UNICRI, "Counterfeiting: a global spread", 2008, http://counterfeiting.unicri.it/report2008.php .
- 11. Entschließung des Rates vom 25.9.2008 (ABl. C 253 vom 4.10.2008, S. 1).
- 12. Mitteilung der Kommission "Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Binnenmarkt" vom 11. September 2009, KOM (2009) 467.
- 13. Entschließung des Rates vom 1. März 2010 zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Binnenmarkt (ABl. C 56 vom 6.3.2010, S. 1).
- 14. Europäisches Parlament, Entschließung vom 22. September 2010,2009/2178 (INI).
- 15. ADE , "Evaluation of the Intellectual Property Rights Enforcement Strategy in Third Countries", November 2010, http://trade.ec.europa.eu/doclib/cfm/doclib_section.cfm?sec=180&langId=en .
- 16. KOM (2010) 2020.
- 17. KOM (2008) 465; siehe auch Mitteilung der Kommission "Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte - Für eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft" vom 27. Oktober 2010, KOM (2010) 608.
- 18. Die Sitzungen fanden am 4. September 2009, am 14. Dezember 2009, am 16. Februar 2010 und am 10. Juni 2010 statt.
- 19. Mitteilung der Kommission "Eine europäische Strategie für gewerbliche Schutzrechte" vom 16: Juli 2008, KOM (2008) 465, sowie KOM (2009) 467.
- 20. Entschließungen des Rates vom 25. September 2008 und vom 1. März 2010.
- 21. Entschließung vom 22. September 2010 zur Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Binnenmarkt (2009/2178(INI)), A7-0175/2010.
- 22. Näheres hierzu in der Studie des Max-Planck-Instituts für Geistiges Eigentum, Wettbewerbs- und Steuerrecht unter http://ec.europa.eu/internal_market/indprop/tm/index_en.htm .
- 23. http://www.premiercercle.com/sites/ip2010/overview.php .
- 24. Beide Gremien setzen sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten und der Kommission zusammen.
- 25. Siehe SEK(2007) 530.
- 26. ABl. C vom, S..
- 27. Mitteilung der Kommission "Europa 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum"vom 3. März 2010, KOM (2010) 2020.
- 28. ABl. C 253 vom 4.10.2008, S. 1.
- 29. KOM (2009) 467 vom 14.9.2009.
- 30. Entschließung des Rates vom 1. März 2010 zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im Binnenmarkt (ABl. C 56 vom 6.3.2010, S. 1).
- 31. Schlussfolgerungen des Rates vom 25. Mai 2010 zur künftigen Überarbeitung des Markensystems in der Europäischen Union (ABl. C 140 vom 29.5.2010, S. 22).
- 32. ABl. L 195 vom 2.6.2004, S. 16.
- 33. Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. September 2010, 2009/2178 (INI).
- 34. ABl. L 78 vom 24.3.2009, S. 1.