Der Bundesrat hat in seiner 817. Sitzung am 25. November 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich Initiativen der Kommission, Wachstum und Beschäftigung in der Informationsgesellschaft und der Medienindustrie ("digitale Wirtschaft") zu fördern, insbesondere auch durch die Überprüfung und Anpassung von Rechtsvorschriften.
- 2. Der Bundesrat beobachtet allerdings mit Sorge, dass die Kommission mit der Mitteilung implizit eine (weitere) Anpassung des Urheberrechts auf EU-Ebene vorbereitet, mit dem Ziel, digitale Bibliotheken nicht nur mit "gemeinfreien", sondern in möglichst großem Umfang auch mit aktuellen Inhalten zu ermöglichen. Der Bundesrat weist darauf hin, dass das Urheberrecht nach europäischem und nationalem (Verfassungs-) Recht nur in engen Grenzen eingeschränkt werden kann. Nach Auffassung des Bundesrates ist die derzeitige Rechtslage dazu grundsätzlich ausgewogen.
Bei einer eventuellen Überarbeitung des Urheberrechtsrahmens darf der bestehende, fein austarierte und nach langwierigen Diskussionen vereinbarte Interessensausgleich (Richtlinie 2001/29/EG des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl. L 167/10 (PDF) vom 22. Juni 2001, BR-Drucksache 108/98 ) zwischen Rechteinhabern auf der einen und den für öffentlich zugängliche Bibliotheken, Bildungseinrichtungen, Museen und Archive geschaffenen Ausnahmetatbeständen auf der anderen Seite nicht einseitig zu Gunsten einer möglichst weit gehenden Verfügbarkeit von kulturellen Werken verschoben werden.
Die Darstellung der Kommission, aus welchen Gründen die bestehende Rechtslage (Erfordernis von Einzelübereinkommen mit den Rechteinhabern, sofern es sich nicht um "gemeinfreie" Inhalte handelt) der Einführung digitaler Bibliotheken mit aktuellen Inhalten entgegensteht, belegt die Notwendigkeit einer Überarbeitung des Urheberrechtsrahmens bisher nicht hinreichend.