952. Sitzung des Bundesrates am 16. Dezember 2016
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Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV), der Ausschuss für Kulturfragen (K) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die in der Mitteilung skizzierten Bestrebungen der Kommission zur Anpassung des EU-Urheberrechts an die veränderten Rahmenbedingungen des digitalen Zeitalters als einen wichtigen [und überfälligen] Vorstoß auf dem Weg zu einem digitalen Binnenmarkt mit neuen Chancen [für die europäische Wirtschaft und die europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher] sowie {für alle sonstigen Marktbeteiligten}.
- 2. Der Bundesrat unterstreicht die überragende Bedeutung eines zeitgemäßen Urheberrechtsschutzes für die Attraktivität und Qualität kreativer und kultureller Betätigung. Der Schutz der Urheber ist die wirtschaftliche Basis aller Kultur-und Kreativschaffenden.
- 3. Der Bundesrat erkennt an, dass die Kommission sowohl den mit dem Urheberrecht verknüpften Branchen in Europa zur Prosperität im Binnenmarkt verhelfen als auch europäische Urheber und ausübende Künstlerinnen und Künstler bei der Erschließung neuer Publikumsschichten unterstützen und gleichzeitig den europäischen Bürgerinnen und Bürgern europäische Werke umfassend - auch grenzüberschreitend - zugänglich machen möchte. [Der Bundesrat betont in diesem Zusammenhang, dass die kulturelle Vielfalt in den Mitgliedstaaten weiterhin zu sichern und auf einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber, Verwerter, Produzenten, Rundfunkveranstalter und Verbraucher zu achten ist.]
- 4. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission digitale Inhalte als Hauptwachstumskräfte der digitalen Wirtschaft und als Beitrag zur Erhaltung des kulturellen Erbes anerkennt. Er weist darauf hin, dass sich eine beständige Vielfalt an Meinungen, Kultur und kommerziellem Angebot im digitalen Bereich nur dann entfalten kann, wenn die wirtschaftlichen Grundlagen der Schöpfer von digitalen Inhalten gesichert sind.
- 5. Der Bundesrat hält es für erforderlich, bei den Einzelmaßnahmen stets zu prüfen und darzulegen, inwieweit die wirtschaftlichen Grundlagen der Kultur- und Kreativschaffenden erhalten oder besser gesichert werden.
- 6. Der Bundesrat stellt jedoch mit Bedauern fest, dass die dazu in der Mitteilung angekündigten Reformbestrebungen der Kommission weit hinter seinen Erwartungen an eine konsistente, verbraucherfreundliche Reform des Urheberrechts zurückbleiben. In diesem Zusammenhang erinnert der Bundesrat an seine Stellungnahme vom 18. März 2016 (BR-Drucksache 015/16(B) ), insbesondere an die aus Verbraucherschutzsicht relevanten Ziffern 4 und 5, mit der er zentrale Aspekte des Reformbedarfs konkret aufgezeigt hat, die von der Kommission vorliegend aber unberücksichtigt geblieben sind.
- 7. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die mit dem zweiten Urheberrechtspaket der EU verfolgte Zielsetzung, einen umfassenderen Online-Zugang zu Inhalten in der EU zu gewährleisten. Im digitalen Zeitalter und einem vernetzten Europa besteht die grundsätzlich nachvollziehbare Erwartung von Verbraucherinnen und Verbrauchern, dass sie Online-Dienste auch grenzüberschreitend nutzen können.
- 8. Der Bundesrat begrüßt die mit dem Zweiten Urheberrechtspaket verfolgte Zielsetzung, einen umfassenderen Online-Zugang zu Inhalten in der EU zu gewährleisten. Im digitalen Zeitalter und einem vernetzten Europa erwarten Verbraucherinnen und Verbraucher, dass sie beispielsweise abonnierte Streaming-Dienste, die Zugriff auf Musik, Spiele, Filme oder Sportberichte bieten, auch grenzüberschreitend nutzen können.
- 9. Vor diesem Hintergrund setzt sich der Bundesrat dafür ein, dass den Verbraucherinnen und Verbrauchern unter bestimmten Voraussetzungen auch Zugangsrechte zu diesen Diensten eingeräumt werden, und erinnert daran, dass es dazu insbesondere auch einer verbraucherfreundlichen Ausgestaltung der vorgeschlagenen sogenannten Portabilitäts-Verordnung (BR-Drucksache 612/15 (PDF) ) bedarf.
- 10. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass auch in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit eines Interessensausgleichs besteht.
- 11. Eine wirksame Bekämpfung vor allem von gewerbsmäßigen Urheberrechtsverletzungen ist dem Bundesrat ein besonderes Anliegen. Er begrüßt daher die Ankündigung der Kommission, nach Abschluss der entsprechenden Evaluierung Änderungsvorschläge zur Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vorzulegen.
- 12. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission sich unverzüglich mit allen Betroffenen gemeinsam um einen Mechanismus zur Nachverfolgung der Geldflüsse auf Selbstregulierungsbasis bemühen möchte. Ebenso bewertet der Bundesrat Initiativen, die es der Werbewirtschaft ermöglichen, gemeinsam auf Werbeschaltungen auf Online-Seiten zu verzichten, die strukturell darauf ausgerichtet sind, mit Urheberrechtsverletzungen Einnahmen zu erzielen, grundsätzlich positiv. Dabei ist sicherzustellen, dass entsprechende Vereinbarungen Transparenz und Überprüfbarkeit gewährleisten und der Anwendungsbereich klar definiert ist, um negativen Folgen für die Meinungsfreiheit und für innovative neue Dienstleistungen entgegenzuwirken. Der Bundesrat ermutigt die Kommission, im weiteren Verfahren gegebenenfalls flankierende Maßnahmen auf legislativer Ebene vorzuschlagen, um entsprechende Vereinbarungen auf eine rechtssichere und überprüfbare Grundlage zu stellen. Der Bundesrat unterstützt die Kommission ferner bei dem Ansatz, im weiteren Verfahren auch die verstärkte Mitwirkung der Anbieter von Vermittlungsdiensten am Schutz von Rechten des geistigen Eigentums zu prüfen.
- 13. Der Bundesrat erinnert an seine der Kommission bereits übermittelten Stellungnahmen vom 10. Juli 2015 (BR-Drucksache 212/15(B) ), 18. März 2016 (BR-Drucksache 015/16(B) ) und 22. April 2016 (BR-Drucksache 167/16(B) ).
- 14. Der Bundesrat begrüßt die nachdrückliche Empfehlung der Kommission an alle Mitgliedstaaten, die Ausnahmeregelung für das Abbilden von im öffentlichen Raum befindlichen Werken wie Gebäuden oder Skulpturen ("Panoramafreiheit") umzusetzen.
- 15. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
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- 16. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten und der Rechtsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.