C(2013) 3245 final
Siehe Drucksache 395/12(B)
Brüssel, den 3.6.2013
C(2013) 3245 final
Herrn Winfried KRETSCHMANN
Präsident des Bundesrates
Leipziger Straße 3-4
D-10117 Berlin
Sehr geehrter Herr Bundesratspräsident,
die Kommission dankt dem Bundesrat für seine Stellungnahme zum Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für die Online-Nutzung von Rechten an Musikwerken im Binnenmarkt [COM (2012) 372 final) und bittet, die verspätete Antwort zu entschuldigen.
Die Kommission begrüßt, dass der Bundesrat ihrer Absicht, einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Verwertungsgesellschaften zu etablieren und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen fair die Online-Nutzung von Urheberrechten an Musikwerken zu regeln, positiv gegenübersteht. Des Weiteren begrüßt die Kommission, dass der Bundesrat sie darin unterstützt, der Wahrung der kulturellen Vielfalt in der vorgeschlagenen Richtlinie Gewicht zu verleihen.
Die Kommission nimmt die Anregung des Bundesrats zur Kenntnis, die Belange der Endverbraucher in dem Vorschlag stärker zu berücksichtigen und einen Hinweis in den Vorschlag aufzunehmen, dass die Verwertung von Rechten durch die Verwertungsgesellschaften nicht zu finanziellen Belastungen oder unangemessenen Benachteiligungen für die Verbraucher führen darf: Mit dem Kommissionsvorschlag wird unter anderem eine Steigerung des Leistungsangebots der Verwertungsgesellschaften und eine Senkung der Lizenzgebühren zugunsten der Nutzer angestrebt, was wiederum den Verbrauchern Zugang zu einer großen Palette kultureller Güter und Dienstleistungen verschaffen soll. Die Vorschriften in Bezug auf die Leitung, Aufsicht und Transparenz von Verwertungsgesellschaften würden nicht nur das Vertrauen der Rechteinhaber, sondern auch das der Nutzer stärken. Diese Punkte wurden in der Folgenabschätzung und in den Erwägungsgründen 19, 22 und 29 des Richtlinienvorschlags festgehalten. Auf diese Weise wird den Belangen der Verbraucher stärker Rechnung getragen, vor allem angesichts der Tatsache, dass Verwertungsgesellschaften normalerweise Lizenzen an gewerbliche Nutzer und nicht direkt an Verbraucher vergeben. Deshalb hat die Kommission bislang nicht die Notwendigkeit gesehen, eine allgemeine Bestimmung zur finanziellen Belastung der Verbraucher in die Richtlinie aufzunehmen.
Die Kommission erkennt auch die Bedenken des Bundesrats an, dass der Vorschlag aufgrund der in Deutschland geltenden strengen Vorschriften für Verwertungsgesellschaften unter Umständen nicht für alle in der EU tätigen Verwertungsgesellschaften gleiche Voraussetzungen schafft. Allerdings ist die Kommission an die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit gebunden und kann einerseits nur vorschlagen, das zu regeln, was auf EU-Ebene besser geregelt werden kann, und andererseits nicht über das zum Erreichen der gesteckten Ziele Erforderliche hinausgehen. Würden die Vorschriften des deutschen Gesetzes für Verwertungsgesellschaften in den Vorschlag übernommen, wären viele Mitgliedstaaten wahrscheinlich der Auffassung, dass dies über das gemäß den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit Zulässige hinausgeht. Ferner ist es nach Ansicht der Kommission nicht erforderlich, alle in den Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften für Verwertungsgesellschaften vollständig anzugleichen. Nach Ansicht der Kommission reicht es aus, einen gemeinsamen Rahmen für die Leitung, Überwachung und Transparenz von Verwertungsgesellschaften aufzustellen, der darauf aufbaut, dass die Rechteinhaber die Verwaltung ihrer Tantiemen kontrollieren und die sich aus ihrer Mitgliedschaft ergebenden Rechte verstärkt wahrnehmen können (siehe diesbezüglich auch die Folgenabschätzung).
Hinsichtlich des Vorschlags des Bundesrats, dem Erhalt der kulturellen Vielfalt in dem Vorschlag mehr Bedeutung beizumessen und den Verwertungsgesellschaften die Erbringung sozialer, kultureller und Bildungsleistungen vorzuschreiben, merkt die Kommission an, dass der Vorschlag - wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu Recht unterstrichen hat - diese Möglichkeit berücksichtigt, indem er Abzüge von den, Einnahmen aus den Rechten, mit denen die genannten Leistungen finanziert werden, zulässt und indem er vorsieht, dass Verwertungsgesellschaften jährlich einen Bericht über die Erbringung dieser Leistungen vorlegen sollten. Die Einführung einer Verpflichtung für die Verwertungsgesellschaften, diese Art von Leistungen zu erbringen, scheint nicht erforderlich zu sein, um das übergeordnete Ziel der Richtlinie zu erreichen, d.h. die Schaffung eines angemessenen rechtlichen Rahmens für die kollektive Wahrnehmung von Rechten durch Verwertungsgesellschaften.
Die Kommission nimmt die Bedenken des Bundesrats, dass nicht alle Verwertungsgesellschaften in der Rechtsform des Vereins errichtet sind, und die Aufforderung, in den weiteren Verhandlungen zu prüfen, ob der Vorschlag auch für Verwertungsgesellschaften mit einem anderen organisatorischen Aufbau tauglich ist, zur Kenntnis. Zur Erreichung ihres Ziels, die Leitung, Überwachung und Transparenz von Verwertungsgesellschaften zu stärken, will die Kommission Verwertungsgesellschaften in jeder beliebigen Rechtsform erfassen, ohne eine bestimmte Rechtsform vorzuschreiben, und Standards festlegen, die von Verwertungsgesellschaften in jeder beliebigen Rechtsform erreicht werden können. Sie möchte dem Bundesrat allerdings versichern, dass sie im Verlauf der Verhandlungen Verbesserungen in Bezug auf die im Vorschlag diesbezüglich verwendete Terminologie ins Auge fassen wird.
Hinsichtlich des Vorschlags des Bundesrats, in Artikel 8 der vorgeschlagenen Richtlinie eine öffentliche Kontrolle der Verwertungsgesellschaften vorzusehen, merkt die Kommission an, dass die Aufsichtsfunktion mit dem Ziel eingeführt wurde, eine beständige Kontrolle der Verwertungsgesellschaften zu fördern und den Mitgliedern die Möglichkeit einer Teilhabe daran zu geben. Eine derartige Kontrolle würde durch das Eingreifen öffentlicher Kontrollstellen wahrscheinlich erschwert werden. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Einführung der Vorgabe, dass die Aufsichtsgremien von Verwertungsgesellschaften paritätisch besetzt sein müssen durch Rechteinhaber auf der einen und Vertreter von Verbraucherverbänden auf der anderen Seite erscheint unpassend bei einem System, das darauf beruht, dass die Rechteinhaber die Verwertungsgesellschaften kontrollieren, deren Aufgabe in erster Linie die Wahrnehmung ihrer Rechte ist.
Hinsichtlich der Bedenken des Bundesrats, dass der Richtlinienvorschlag nicht das Ziel erreichen könnte, einen Lizenzerwerb durch einen One-Stop-Shop zu ermöglichen und die Zersplitterung der Repertoires auf Verwertungsgesellschaften und Lizenzagenturen zu beenden, gibt die Kommission zu bedenken, dass das Wettbewerbsrecht eingehalten werden muss. Aus diesem Grund wäre auch eine stärkere Bündelung der Repertoires der Verwertungsgesellschaften, beispielsweise über ein zentrales Portal, nicht möglich (siehe Folgenabschätzung). Eines der mit dem Kommissionsvorschlag verfolgten Ziele ist die Stärkung des Vertrauens aller Beteiligten in die Verwertungsgesellschaften. Daher geht die Kommission davon aus, dass die Verlage ihre Repertoires in die Verwertungsgesellschaften einbringen werden, nachdem sie das erforderliche Vertrauen in die kollektive Rechtewahrnehmung wiedererlangt haben.
Die Kommission hofft, mit diesen Erläuterungen den Bemerkungen des Bundesrates hinreichend Rechnung getragen zu haben, und sieht der Weiterführung des politischen Dialogs mit dem Bundesrat erwartungsvoll entgegen.
Mit vorzüglicher Hochachtung