Der Bundesrat hat in seiner 952. Sitzung am 16. Dezember 2016 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die grundsätzliche Zielrichtung des Vorschlags der Kommission, Online-Übertragungen von Rundfunkveranstaltern und die Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen grenzüberschreitend zu ermöglichen.
- 2. Er erkennt grundsätzlich das Ziel an, dass mit dem Verordnungsvorschlag Probleme im Zusammenhang mit der Klärung und dem Erwerb von Rechten ausgeräumt werden sollen, um damit die Voraussetzung zu schaffen, dass Rundfunkveranstalter und Betreiber von Weiterverbreitungsdiensten einen breiteren Zugang zu Fernseh- und Hörfunkprogrammen gewährleisten können. Er betont in diesem Zusammenhang, dass die kulturelle Vielfalt in den Mitgliedstaaten dadurch aber nicht beeinträchtigt werden darf und ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen der Urheber, Verwerter, Produzenten, Rundfunkveranstalter sowie Verbraucherinnen und Verbraucher sicherzustellen ist. Der Bundesrat verweist insoweit zudem insbesondere auf Ziffer 5 seiner der Kommission bereits übermittelten Stellungnahme vom 22. April 2016 (BR-Drucksache 167/16(B) ).
- 3. Der Bundesrat kann grundsätzlich nachvollziehen, dass die Kommission den Anwendungsbereich der obligatorischen kollektiven Rechtewahrnehmung auf IPTV-Weiterverbreitungsdienste und andere Weiterverbreitungsdienste, die über "geschlossene" elektronische Kommunikationsnetze bereitgestellt werden, begrenzen möchte. Dies hält die Auswirkungen auf die Rechteinhaber geringer als bei einer Erstreckung auch auf andere Dienste des "offenen Internets" und auf Overthetop-Weiterverbreitungsdienste, sofern sie für eine bestimmte Anzahl an Nutzern bereitgestellt werden. Die Kommission selbst geht in ihrem Vorschlag davon aus, dass bei einer solchen Erstreckung des Anwendungsbereichs das Risiko bestünde, dass die exklusiven Online-Rechte und Vertriebsstrategien der Rechteinhaber ausgehöhlt und damit die Lizenzeinnahmen schrumpfen würden. Diese Nachteile für die Rechteinhaber sind aus Sicht des Bundesrates tatsächlich zu vermeiden.
- 4. Der Bundesrat begrüßt, dass gemäß Erwägungsgrund 19 ausdrücklich auf Regelungen verzichtet worden ist, die Rundfunkveranstalter und Betreiber von Weiterverbreitungsdiensten dazu verpflichten, die einschlägigen Dienste unter bestimmten Voraussetzungen grenzüberschreitend bereitzustellen. Er erinnert insoweit an die Ziffern 8 und 9 seiner der Kommission bereits übermittelten Stellungnahme vom 22. April 2016 (BR-Drucksache 167/16(B) ).
- 5. Der Bundesrat bittet die Kommission, bestehende Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Sprachfassungen, insbesondere zwischen der deutschen und der englischen Fassung, innerhalb des gesamten Verordnungsvorschlags aufzulösen.
- 6. Er bittet die Kommission um Überprüfung, ob das mit der vorgeschlagenen Verordnung verfolgte Ziel nicht besser durch eine Überarbeitung der bereits bestehenden Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1983 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung erreicht werden könnte. So könnten Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den beiden Rechtsakten minimiert und der Grundsatz der Vertragsfreiheit besser gewahrt werden. Dies gilt gleichermaßen in Bezug auf den Vorschlag der Kommission für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Gewährleistung der grenzüberschreitenden Portabilität von OnlineInhaltediensten im Binnenmarkt, BR-Drucksache 612/15. Der Bundesrat verweist zudem insbesondere auf Ziffer 6 seiner der Kommission bereits übermittelten Stellungnahme vom 22. April 2016 (BR-Drucksache 167/16(B) ).
- 7. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich den Ansatz der Kommission, die unterschiedlichen Interessen von Urhebern, Verwertern, Rundfunkveranstaltern, Produzenten, Verwertungsgesellschaften sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern durch relativ eng gefasste Begriffsbestimmungen ("ergänzender Online-Dienst" und "Weiterverbreitung") in Artikel 1 des Verordnungsvorschlags miteinander in Einklang zu bringen. Diesbezüglich bittet er die Kommission um Überprüfung, ob die dem Verordnungsvorschlag zugrundeliegenden Erwägungen in Bezug auf die Verringerung der Transaktionskosten im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Übertragungen und die somit angenommenen Vorteile für Rundfunkveranstalter, ihre Online-Dienste über Grenzen hinweg anzubieten, in der Sache zutreffend sind und die Interessen von Rechteinhabern tatsächlich ausreichend berücksichtigen.
- 8. Der Bundesrat bittet die Kommission ferner um genauere Darlegung, ob die von der Kommission zum Beispiel in Erwägungsgrund 11 angenommene Möglichkeit für Rechteinhaber und Rundfunkveranstalter, gemäß dem Grundsatz der Vertragsfreiheit weiter Lizenzen gebietsweise vergeben zu können, tatsächlich unberührt bleibt. Denn die Kommission selbst weist im Rahmen ihrer Ausführungen zur Folgenabschätzung pauschal auf möglicherweise entgegenstehende Vorschriften des Unions- und des nationalen Rechts hin, ohne jedoch auf konkret laufende wettbewerbsrechtliche Verfahren bei der Kommission einzugehen, die zukünftig eine erhebliche Einschränkung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bedeuten könnten.
- 9. Er bittet die Kommission außerdem um Überprüfung, ob die hinter Artikel 2 des Verordnungsvorschlags stehenden Erwägungen bezüglich der Anwendung des Ursprungslandprinzips auf ergänzende Online-Dienste tatsächlich zutreffend sind und die Interessen der Rechteinhaber tatsächlich ausreichend berücksichtigt werden. Insbesondere im Zusammenspiel mit kartellrechtlichen Vorschriften und Entscheidungen könnten exklusive Online-Rechte und Vertriebsstrategien der Rechteinhaber sowie der Grundsatz der Vertragsfreiheit ausgehöhlt und damit die Lizenzeinnahmen verringert werden.
- 10. Der Bundesrat bittet die Kommission zudem um Überprüfung, ob die in Artikel 2 Absatz 2 enthaltenen Bestimmungen zur Festsetzung der Vergütung mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit in Einklang zu bringen sind und ob vor diesem Hintergrund nicht auf weitere zu berücksichtigende Kriterien für die Berechnung der Vergütung in der Vorschrift verzichtet werden sollte.
- 11. Er bittet darüber hinaus um Überprüfung, ob die Dauer der in Artikel 5 des Verordnungsvorschlags gewählten Übergangsbestimmung ausreichend ist.
- 12. Zu Fragen des Urheberrechts erinnert er an seine der Kommission bereits übermittelten Stellungnahmen vom 10. Juli 2015 (BR-Drucksache 212/15(B) ), 18. März 2016 (BR-Drucksache 015/16(B) ) und 22. April 2016 (BR-Drucksache 167/16(B) ).
- 13. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.