Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes

A. Problem und Ziel

Das Gesetz dient der Anpassung des Telekommunikationsgesetzes im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie der Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben in nationales Recht:

Mit Beschluss vom 22. November 2016 (BVerfGE 143, 216) hat das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 des Telekommunikationsgesetzes festgestellt. Die Regelung, die Nachfrager entgeltregulierter Vorleistungen vor späteren Nachzahlungen schützt, leidet an einem Differenzierungsmangel. Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, die Regelung bis zum 31. Juli 2018 anzupassen. Das vorliegende Änderungsgesetz setzt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts um.

Zudem enthält die Verordnung (EU) Nr. 2018/302 vom 28. Februar 2018 über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2006/2004 und (EU) Nr. 2017/2394 sowie der Richtlinie 2009/22/EG (im weiteren Geoblocking-VO) die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, eine oder mehrere Stellen zu benennen, die für die Durchsetzung der Verordnung zuständig sind und Maßnahmen für Verstöße gegen die Verordnung erlassen, mit denen die Einhaltung dieser Verordnung sichergestellt wird. Zudem sollen Verbraucher die praktische Unterstützung der zuständigen Stelle zur Beilegung von sich aus der Anwendung der Verordnung ergebenden Streitigkeiten mit Anbietern in Anspruch nehmen können.

B. Lösung

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht eine Anpassung des § 35 des Telekommunikationsgesetzes vor, die den vom Bundesverfassungsgericht festgestellten Differenzierungsmangel beseitigt. Zudem werden die Vorgaben der Geoblocking-VO umgesetzt, indem die Bundesnetzagentur im Telekommunikationsgesetz als zuständige Stelle im Sinne der Verordnung benannt wird und Ordnungswidrigkeitentatbestände aufgenommen werden.

C. Alternativen

Im Hinblick auf die Anpassung des § 35 des Telekommunikationsgesetzes sind keine Alternativen ersichtlich, die das angestrebte Ziel, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen und eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen, wirkungsvoller und mit weniger Aufwand erreichen. Insbesondere ist eine vollständige Beseitigung des durch § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 des Telekommunikationsgesetzes vermittelten Rückwirkungsschutzes im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht erforderlich und im Hinblick auf das weiterhin bestehenden Schutzbedürfnis kleiner und mittlerer Wettbewerber (BT-Drs. 015/2316, S. 71 f.) auch nicht geboten.

Eine sachgerechte Alternative zur vorgesehenen Umsetzung der Geoblocking-VO ist nicht ersichtlich. Für eine öffentlichrechtliche Rechtsdurchsetzung spricht, dass bei Verstößen gegen die Geoblocking-Verordnung eine große Anzahl von Konsumenten in einem geringen Intensitätsgrad betroffen wäre (sog. Streuschäden). Ein Verweis der Verbraucher auf eine gerichtliche Durchsetzung ihrer Rechte ist daher nicht zielführend.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Bei Unternehmen kann die Notwenigkeit bestehen, Webseiten, Allgemeine Geschäftsbedingungen und Zahlungsmodalitäten an die Anforderungen aus Artikel 3, 4, 5 der Geoblocking-VO anzupassen, um Diskriminierungen zu beseitigen. Die dadurch entstehenden Kosten folgen allerdings aus der unmittelbar in den Mitgliedstaaten geltenden Geoblocking-VO und sind kein Erfüllungsaufwand dieses Gesetzes.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Durch die Anpassung des § 35 des Telekommunikationsgesetzes wird es zukünftig zu zusätzlichen Verfahren kommen, in denen durch die Gerichte aufgehobene Entgeltentscheidungen durch die Bundesnetzagentur neu beschieden werden müssen. Dadurch wird zusätzlicher Verwaltungsaufwand für die Beschlusskammern und Fachabteilungen der Bundesnetzagentur entstehen. Der zusätzliche Aufwand wird auf durchschnittlich drei Verfahren pro Jahr geschätzt. Dadurch entstehen geschätzte Mehrkosten in Höhe von ca. 60.000 € pro Jahr. Durch die Neuregelung entstehender etwaiger Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln ist finanziell und stellenmäßig im Einzelplan 09 auszugleichen.

Die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur für die Durchsetzung der Geoblocking-VO wird neu begründet. Der hieraus erwachsende finanzielle und personelle Mehrbedarf ist nach gegenwärtiger Schätzung der Bundesregierung als gering zu veranschlagen. Zum einen soll die Bundesnetzagentur nur anlassbezogen vorgehen. Zum anderen verfügt die Bundesnetzagentur bereits über Erfahrungen bei der Überprüfung von unternehmerischen Verhalten im Online-Bereich und ist bereits Anlaufstelle für Verbraucher und Unternehmen. Sie nimmt Beschwerden über eine eigens eingerichtete Beschwerdestelle entgegen, so dass mit Übernahme der Zuständigkeit für die Durchsetzung der Geoblocking-VO Synergieeffekte zu erwarten sind. Die Kosteneinschätzung bezieht auch die Folgenabschätzung der EU-Kommission mit ein, die ebenfalls eine geringe jährliche Arbeitsbelastung der Mitgliedstaaten prognostiziert. Es wird davon ausgegangen, dass ein Stellenaufwuchs von zwei Stellen (höherer Dienst A 13 und gehobener Dienst A 11) mit entsprechenden Sachkosten benötigt wird. In der Summe ist ein Aufwand von rund 215.000 Euro jährlich zu erwarten. Der Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln soll finanziell und stellenmäßig im Einzelplan des BMWi ausgeglichen werden.

Für Länder und Kommunen entsteht kein Erfüllungsaufwand.

F. Weitere Kosten

Aufgrund der Änderung des § 35 des Telekommunikationsgesetzes werden größere Telekommunikationsunternehmen, die Vorleistungen regulierter Unternehmen in Anspruch nehmen, zukünftig mit Nachzahlungen belastet, wenn die Bundesnetzagentur im gerichtlichen Verfahren verurteilt wird, ein höheres als das ursprünglich festgesetzte Entgelt zu genehmigen.

Zu diesem Zwecke werden die betroffenen Unternehmen Rückstellungen bilden müssen. Mit einem spürbaren Anstieg des Verbraucherpreisniveaus ist nicht zu rechnen.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes

Bundesrepublik Deutschland
Berlin, 10. August 2018 Die Bundeskanzlerin

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 21.09.18

Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes1)

Vom ...

1) Artikel 1 Nummer 2 und 3 dieses Gesetzes dient der Umsetzung der Verordnung (EU) Nr. 2018/302 des europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Februar 2018 über Maßnahmen gegen ungerechtfertigtes Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 2006/2004 und (EU) Nr. 2017/2394 sowie der Richtlinie 2009/22/EG.

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Telekommunikationsgesetzes

Das Telekommunikationsgesetz vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 10 Absatz 12 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 35 wird wie folgt geändert:

2. In § 116 werden nach den Wörtern "Verordnung (EU) Nr. 2015/2120 " die Wörter "und nach Artikel 7 Absatz 1 und Artikel 8 der Verordnung (EU) Nr. 2018/302 " eingefügt.

3. § 149 wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen

Die Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) dient der Anpassung des Rechts an die Vorgaben des Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes nach Maßgabe des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 22. November 2016 (BVerfGE 143, 216) sowie der Umsetzung der Geoblocking-VO hinsichtlich der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, eine oder mehrere Stellen zu benennen, die die Einhaltung der Verordnung sicherstellen.

II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs

Durch die Anpassung des § 35 TKG wird die Rückwirkung von Entgeltgenehmigungen, die nach dem 31. Juli 2018 erstmalig erlassen werden, in den Fällen neu geregelt, in denen die Bundesnetzagentur auf Antrag des regulierten Unternehmens durch Gerichtsentscheidung verpflichtet wird, ein höheres als das ursprünglich festgesetzte Entgelt zu genehmigen. Während bislang unterschiedslos gegenüber allen Unternehmen eine Rückwirkung ausscheidet, wenn nicht zuvor eine einstweilige Anordnung nach § 35 Absatz 5 Satz 2 TKG ergangen ist, werden zukünftig allein solche Unternehmen geschützt, die aufgrund eines vergleichsweise geringen Umsatzniveaus nicht in gleichem Maße wie größere Unternehmen in der Lage sind, spätere Nachzahlungen zu leisten.

Die Ergänzungen der §§ 116 und 149 TKG dienen der Umsetzung der Geoblocking-VO. Das Ziel der Verordnung ist, unter Einführung des "Shoplikealocal-Prinzips" gegen ungerechtfertigte, herkunftsbezogene Diskriminierung von Kunden beim Online- und Offline-Handel von Waren und beim Zugang zu Dienstleistungen im Binnenmarkt vorzugehen. Kunden, insbesondere Verbraucher, aber auch kleine Unternehmen, die zur Endnutzung Dienstleistungen in Anspruch nehmen oder Waren erwerben, zeigen ein wachsendes Interesse an grenzüberschreitenden Einkäufen. Sie machen jedoch zunehmend die Erfahrung, dass in anderen Mitgliedstaaten tätige Anbieter ablehnen, an sie zu verkaufen, oder aufgrund der Tatsache, dass der Kunde in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, ihre Preise erhöhen. Die Verordnung filtert die Sachverhalte heraus, in denen eine Diskriminierung aufgrund der Herkunft des Kunden nicht zu rechtfertigen ist. Die Verordnung gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Die Mitgliedstaaten haben jedoch eine zuständige Stelle auszuwählen, die die Durchsetzung der Verordnung sicherstellt (Artikel 7 Absatz 1). Im Fall von Verstößen sollen wirksame und verhältnismäßige Maßnahmen ergriffen werden (Artikel 7 Absatz 2). Die zuständige Stelle muss anlassbezogen überprüfen, ob Unternehmen durch ihre Kunden innerhalb der EU diskriminieren. Zudem ist eine Stelle zu bestimmen, die Verbrauchern praktische Unterstützung leistet, wenn sich aus der Anwendung der Verordnung Streitigkeiten mit Handelsunternehmen ergeben (Artikel 8). Mit dem beigefügten Entwurf wird die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur zur Durchsetzung der Geoblocking-VO begründet. Zudem werden als Sanktionsmaßnahmen bei Verstößen Ordnungswidrigkeitentatbestände eingefügt.

III. Alternativen

Im Hinblick auf die Anpassung des § 35 des Telekommunikationsgesetzes sind keine Alternativen ersichtlich, die das angestrebte Ziel, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen und eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen, wirkungsvoller und mit weniger Aufwand erreichen. Insbesondere ist eine vollständige Beseitigung des durch § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 des Telekommunikationsgesetzes vermittelten Rückwirkungsschutzes im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht erforderlich und im Hinblick auf das weiterhin bestehenden Schutzbedürfnis kleiner und mittlerer Wettbewerber (BT-Drs. 015/2316, S. 71 f.) auch nicht geboten.

Eine sachgerechte Alternative zur vorgesehenen Umsetzung der Geoblocking-VO ist nicht ersichtlich. Nach Erwägungsgrund 35 der Geoblocking-VO können zu den zuständigen Stellen zur Durchsetzung der Verordnung Verwaltungsbehörden sowie Gerichte gehören. Verbrauchern steht zur Durchsetzung ihrer Ansprüche in Deutschland grundsätzlich der Zivilrechtsweg offen. Allerdings dürfte gerade bei Sachverhalten, wo eine größere Anzahl von Konsumenten in einem geringen Intensitätsgrad (häufig schnelles Ausweichen auf andere Anbieter möglich) betroffen sind (sog. Streuschäden), ein Verweisen der Verbraucher auf eine gerichtliche Durchsetzung ihrer Rechte eine zu hohe Hürde bedeuten.

IV. Gesetzgebungskompetenz

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Artikel 1 Nummer 1 folgt aus Artikel 73 Absatz 1 Nummer 7 des Grundgesetzes.

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Artikel 1 Nummer 2 und 3 ergibt sich aus Artikel 72 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 74 Absatz 1 Nummer 11 des Grundgesetzes. Der Anwendungsbereich der Geoblocking-VO erfasst grenzüberschreitende Sachverhalte im Zusammenhang mit dem Verkauf von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen in der Union. Eine bundesgesetzliche Regelung ist erforderlich, da nur im Wege einer einheitlichen Aufsichtstätigkeit zur Durchsetzung der Geoblocking-VO sowie durch ein einheitliches Sanktionsverfahren im Bundesgebiet Rechtssicherheit für Verbraucher und Unternehmen im gesamtstaatlichen Interesse gewährleistet werden kann. Hierdurch wird zur Vervollständigung des Digitalen Binnenmarktes in der Union beigetragen und Friktionen bei der Durchsetzung werden vermieden.

V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen

Die Anpassung des § 35 TKG berücksichtigt die Vorgaben des Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 2002/21/EG. Die Änderung des § 116 und § 149 TKG berücksichtigen die Vorgaben der Geoblocking-VO.

VI. Gesetzesfolgen

§ 35 des Telekommunikationsgesetzes schützt in seiner gegenwärtigen Fassung sämtliche Wettbewerber, die entgeltregulierte Vorleistungen in Anspruch nehmen, vor späteren Nachzahlungen. Nur wenn das regulierte Unternehmen in einem gerichtlichen Eilverfahren die einstweilige Anordnung eines höheren Entgeltes erstritten hat, kann es im Falle des Obsiegens im anschließenden Hauptsacheverfahren Nachzahlungen für die Vergangenheit verlangen. Wettbewerber konnten aufgrund dieser Regelung bereits nach Abschluss des Eilverfahrens abschätzen, ob und in welchem Umfang spätere Nachzahlungen in Betracht kamen. Durch die Anpassung des § 35 TKG werden in Zukunft nur noch Wettbewerber von dieser Einschränkung der Rückwirkung profitieren, die unterhalb einer bestimmten Umsatzgrenze liegen. Für die übrigen Unternehmen entfaltet eine spätere Erhöhung der Entgelte aufgrund gerichtlicher Entscheidung Rückwirkung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Leistungsbereitstellung.

Die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur für die Durchsetzung der Geoblocking-VO wird neu begründet. Als Sanktionsmaßnahmen bei Verstößen werden neue Ordnungswidrigkeitstatbestände eingefügt.

1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung

Die geltende Rechtslage wird durch die vorgesehene Anpassung des § 35 TKG weiter ausdifferenziert. Für die Verwaltung verursacht die Anpassung zusätzlichen Aufwand. Bisher wurde die Notwenigkeit einer Neubescheidung durch die Bundesnetzagentur nach gerichtlicher Beanstandung durch die Regelung in § 35 TKG weitgehend eingeschränkt. Durch die Neuregelung wird die Bundesnetzagentur in Zukunft gehalten sein, gerichtlich aufgehobene Entgeltgenehmigungen für die Vergangenheit unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Gerichte neu zu erlassen

Die neu begründete Zuständigkeit der Bundesnetzagentur sowie die neu geschaffenen Sanktionsmöglichkeiten fördern die Durchsetzbarkeit der Geoblocking-VO in Deutschland. Hierdurch wird zur Vervollständigung des Digitalen Binnenmarktes beigetragen.

2. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Keine.

3. Erfüllungsaufwand

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

Die Anpassung des § 35 TKG verursacht keinen unmittelbaren Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft. Durch die Gesetzesänderung wird es zukünftig zu zusätzlichen Verwaltungsverfahren kommen, in denen durch die Gerichte aufgehobene Entgeltentscheidungen durch die Bundesnetzagentur neu beschieden werden müssen. Dadurch wird zusätzlicher Verwaltungsaufwand für die Beschlusskammern und Fachabteilungen der Bundesnetzagentur entstehen. Der zusätzliche Aufwand wird auf durchschnittlich drei Verfahren pro Jahr geschätzt. Dadurch entstehen geschätzte Mehrkosten in Höhe von ca. 60.000 " pro Jahr. Durch die Neuregelung entstehender etwaiger Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln ist finanziell und stellenmäßig im Einzelplan 09 auszugleichen.

Durch die Zuweisung der Zuständigkeiten nach der Geoblocking-VO an die Bundesnetzagentur entsteht neuer Erfüllungsaufwand bei der Verwaltung. Es wird davon ausgegangen, dass ein Stellenaufwuchs von zwei Stellen (höherer Dienst A 13 und gehobener Dienst A 11) mit entsprechenden Sachkosten benötigt wird. In der Summe ist ein Aufwand von rund 215.000 Euro jährlich zu erwarten. Der Mehrbedarf an Sach- und Personalmitteln soll finanziell und stellenmäßig im Einzelplan des BMWi ausgeglichen werden. Bei Unternehmen kann die Notwenigkeit bestehen, Webseiten, Allgemeine Geschäftsbedingungen und Zahlungsmodalitäten an die Anforderungen aus Artikel 3, 4, 5 der Geoblokking-VO anzupassen, um Diskriminierungen zu beseitigen. Die dadurch entstehenden Kosten folgen allerdings aus der unmittelbar in den Mitgliedstaaten geltenden Geoblokking-VO und sind kein Erfüllungsaufwand dieses Gesetzes.

Für Länder und Kommunen entsteht kein Erfüllungsaufwand.

4. Weitere Kosten

Größere Telekommunikationsunternehmen, die Vorleistungen regulierter Unternehmen in Anspruch nehmen, werden zukünftig mit Nachzahlungen belastet, wenn die Bundesnetzagentur im gerichtlichen Verfahren der Überprüfung einer erteilten Entgeltgenehmigung verurteilt wird, ein höheres als das ursprünglich festgesetzte Entgelt zu genehmigen.

Zu diesem Zwecke werden die betroffenen Unternehmen Rückstellungen bilden müssen. Mit einem spürbaren Anstieg des Verbraucherpreisniveaus ist nicht zu rechnen.

5. Weitere Gesetzesfolgen

Keine.

VII. Befristung; Evaluierung

Die Anpassung des § 35 TKG erfolgt unbefristet. Eine Evaluierung der Regelung wird im Zuge der regelmäßigen Anpassungen des Telekommunikationsgesetzes erfolgen. Die Anpassung des § 116 und§ 149 des Telekommunikationsgesetzes erfolgt ebenso unbefristet.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 Nummer 1

Mit Beschluss vom 22. November 2016 (BVerfGE 143, 216) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Regelung des § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG nicht mehr mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Soweit dort die Möglichkeit der Rückwirkung einer Entgeltgenehmigung, die nach gerichtlicher Aufhebung von der Bundesnetzagentur neu erlassen wird, pauschal eingeschränkt wird, verstößt das Gesetz gegen Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes.

Die Regelung des § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG wurde im Jahre 2004 in das Telekommunikationsgesetz aufgenommen. Sie sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass Wettbewerber, die Leistungen zu genehmigten Entgelten bei einem regulierten Unternehmen beziehen, Gefahr laufen, Jahre nach Erlass einer Entgeltgenehmigung mit erheblichen Nachzahlungen belastet zu werden, wenn im gerichtlichen Verfahren festgestellt wird, dass die Entgelte zu niedrig genehmigt wurden (Bundestags-Drucksache 015/2316, Seite 69 f.). Im Interesse der Planungssicherheit für die betroffenen Nachfrager wurde in § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG vorgesehen, dass eine solche Nachzahlung nur dann gefordert werden kann, wenn bereits in einem gerichtlichen Eilverfahren höhere Entgelte angeordnet wurden.

Diese Regelung war nach Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts bisher zum Schutz des Wettbewerbs gerechtfertigt. Zwischenzeitlich haben sich die Telekommunikationsmärkte allerdings so weit entwickelt, dass die pauschale Regelung keine hinreichende Rechtfertigung mehr findet. Es ist nicht erkennbar, dass die Regelung zur Förderung des Wettbewerbs noch immer in allen Teilen des Telekommunikationsmarkts unterschiedslos zugunsten sämtlicher Wettbewerber erforderlich ist. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 31. Juli 2018 eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt die Regelung des § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG wirksam und anwendbar. Einer rückwirkenden Anpassung bedarf es nicht (BVerfG a. a. O.).

Bei der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist davon auszugehen, dass marktmächtigen Unternehmen ein Anspruch auf Genehmigung rechtmäßiger Entgelte und auf eine effektive Kontrolle der behördlichen Genehmigung zusteht. Jede Einschränkung dieser Rechte bedarf der Rechtfertigung. Bislang fand die einschränkende Regelung des § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG ihre Rechtfertigung in dem Ziel, den sich entwickelnden Wettbewerb auf den Telekommunikationsmärkten zu schützen.

Nach Einschätzung der Monopolkommission, auf die sich das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung stützt (BVerfG a.a. O.), kann die Erforderlichkeit des durch § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG vermittelten Schutzes zwischenzeitlich nur noch in Teilen der Märkte angenommen werden.

Hinsichtlich des Festnetzmarktes führt die Monopolkommission aus:

"Zu vermuten ist, dass etablierte Unternehmen einer bestimmten Größenordnung, etwa auf dem inländischen Markt tätige ausländische Incumbents, entsprechende Rückstellungen für rückwirkende Entgelterhöhungen eher bilden können als kleine und mittlere Wettbewerber."

Und weiter:

"Zu bedenken ist allerdings, dass gerade auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt das Zusammenspiel von vielen kleinen und einigen großen Anbietern für einen in weiten Teilen intensiven Wettbewerb sorgt. Würden die wirtschaftlichen Risiken der im Markt bereits aktiven und potenziell zutretenden kleinen und mittleren Wettbewerber durch eine Änderung der Rückwirkungsregelungen erhöht, gerieten dieser Unternehmensmix auf den Telekommunikationsmärkten und die sich daraus ergebende Wettbewerbsintensität in Gefahr."

Im Hinblick auf den Wettbewerb auf den Mobilfunkmärkten stellt die Kommission fest:

"Stärker betroffen von der Möglichkeit einer rückwirkenden Erhöhung der Terminierungsentgelte im Mobilfunk wären die kleinen Festnetzbetreiber, deren Kunden aus dem Festnetz in Mobilfunknetze telefonieren. Die negativen Auswirkungen würden damit den Wettbewerb auf den Festnetzmärkten betreffen."

Der Einschätzung der Monopolkommission ist zu entnehmen, dass kleine und mittlere Wettbewerber weiterhin eines Schutzes gegen rückwirkende Entgelterhöhungen bedürfen. Demgegenüber sind größere Wettbewerber dem regulierten Unternehmen insbesondere im Hinblick auf ihre Finanzkraft nicht mehr in einem Maße unterlegen, das die Bildung von Rückstellungen für etwaige Nachzahlungen als grundsätzlich wettbewerbshindernd erscheinen lässt.

Entscheidendes Kriterium zur Bestimmung der noch immer schutzbedürftigen Unternehmen ist deren Finanzkraft. Denn nach der Finanzschwäche bzw. -stärke lässt sich die Fähigkeit eines Unternehmens bestimmen, etwaige Rückstellungen zu bilden und spätere Nachzahlungen zu leisten.

Vor dem geschilderten Hintergrund wird die Rückwirkungseinschränkung des § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG in Zukunft nur noch in eingeschränktem Umfang wirken. Allein solche Unternehmen, die aufgrund ihrer geringeren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines besonderen Schutzes bedürfen, werden zukünftig durch die Regelung in § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG geschützt. Da solche Unternehmen sowohl auf den Mobilfunk- als auch auf den Festnetzmärkten tätig sind bzw. in diese Märkte eintreten können, wird keine teilmarkt-, sondern eine unternehmensbezogene Differenzierung erfolgen.

Entsprechend der von der Monopolkommission vorgegebenen Unterscheidung zwischen kleineren und mittleren Wettbewerbern auf der einen Seite und größeren Wettbewerbern auf der anderen Seite wird die Anwendbarkeit der Rückwirkungsregelung des § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG zukünftig davon abhängen, ob das entgeltregulierte Vorleistungen nachfragende Unternehmen eine vorgegebene Umsatzschwelle überschreitet. Im Sinne einer typisierenden Differenzierung wird die Einschränkung der Rückwirkung nach § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG nicht mehr zugunsten von Unternehmen wirken, die einen jährlichen Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro erzielen.

Eine solche umsatzbezogene Differenzierung zwischen größeren und kleineren Unternehmen lässt sich im Hinblick auf die von der Monopolkommission beschriebene Marktlage rechtfertigen, in der nur noch in geringerem Maße Unternehmen neu in den Markt eintreten und die Wettbewerbsintensität von einem Nebeneinander einiger großer und vieler kleiner Wettbewerber abhängt.

Mit der Einführung einer Umsatzschwelle lehnt sich die zukünftige Regelung an bereits existierende Verfahren zur Abgrenzung kleinerer und mittlerer Unternehmen an. In ihrer Empfehlung 2003/361/EG vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen stützt sich auch die Europäische Kommission auf eine solche Schwelle. Hinsichtlich der vorgesehenen Höhe geht die Umsatzschwelle über die genannte Empfehlung der Europäischen Kommission hinaus. Damit wird Unschärfen Rechnung getragen, die dadurch entstehen, dass die Empfehlung zum einen bereits im Jahr 2003 erlassen worden ist und zum anderen weitere Kriterien zur Bestimmung kleiner und mittlerer Unternehmen enthält, die aus Gründen der Praktikabilität nicht übernommen werden.

Insgesamt stellt die Schwelle von 100 Millionen Euro sicher, dass die Rückwirkungseinschränkung des § 35 Absatz 5 Satz 3 TKG nur solchen Unternehmen zugutekommt, die auf den umsatzstarken Telekommunikationsmärkten (Gesamtumsatz ca. 57 Milliarden Euro p. a.) als kleinere Unternehmen anzusehen sind. Zwar fällt die Mehrzahl der auf den Telekommunikationsmärkten tätigen Unternehmen unter die im Gesetz festgelegte Umsatzgrenze. Die Marktanteile dieser Unternehmen summieren sich allerdings auf deutlich unter 15% des Gesamtmarktes. Hinsichtlich des einzelnen begünstigten Unternehmens ist von einem Marktanteil von deutlich unter einem Prozent auszugehen.

Hinsichtlich der Unternehmen, die mehr als 100 Millionen Euro Jahresumsatz erzielen, ist davon auszugehen, dass sie über ausreichend Finanzkraft verfügen, um die erforderlichen Rückstellungen zu bilden. Diese Unternehmen können zwischenzeitlich zudem besser einschätzen, in welchem Maße Nachzahlungen zu erwarten sind. Dazu trägt zum einen die langjährige Spruchpraxis der Bundesnetzagentur bei, die eine verlässliche Abschätzung der Risiken erlaubt. Zum anderen ist durch die Anpassung des § 35 Absatz 5 TKG davon auszugehen, dass sich aufgrund der größeren Bedeutung des Hauptsacheverfahrens zukünftig die Beiladungspraxis der Gerichte ändern wird und betroffene Unternehmen durch die Beiladung in diesen Verfahren genauer beziffern können, welche finanziellen Risiken die gerichtliche Geltendmachung höherer Entgelte birgt. In diesem Zusammenhang wird die Regelung des § 35 Absatz 6 TKG, die das Verfahren der Beiladung im gerichtlichen Eilverfahren zum Gegenstand hat, auf das Hauptsacheverfahren erweitert.

Zu Nummer 1a

Zur Anpassung der Rückwirkungseinschränkung des § 35 Absatz 5 TKG im zuvor beschriebenen Sinne wird nach Absatz 5 ein neuer Absatz 5a eingefügt.

Nach dessen Satz 1 wird die Regelung des Absatzes 5 Satz 3 durch die Vorgaben des Absatzes 5a in den Fällen eingeschränkt, in denen Entgelte nach dem 31. Juli 2018 erstmalig genehmigt werden. Maßgeblich ist danach allein der Zeitpunkt der erstmaligen Genehmigung für einen Genehmigungszeitraum. Die Bezugnahme auf die erstmalige Genehmigung in Satz 1 stellt dabei sicher, dass hinsichtlich solcher Entgeltgenehmigungen, die erstmalig vor dem 1. August 2018 und damit zu einem Zeitpunkt erlassen wurden, in dem § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG uneingeschränkt anwendbar war, höhere Entgelte nur unter den in der Norm genannten Voraussetzungen gefordert werden können; und zwar auch in den Fällen, in denen die Bundesnetzagentur aufgrund gerichtlicher Verpflichtung nach dem 31. Juli 2018 Entgeltgenehmigungen erlässt, die erstmalig vor dem 1. August 2018 erlassene Entgeltgenehmigungen ersetzen. Überschreitet der Geltungszeitraum einer Entgeltgenehmigung den vorgesehenen Stichtag, so gilt die Regelung des § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG für den gesamten Entgeltgenehmigungszeitraum unbeschränkt. Hierdurch wird gewährleistet, dass in bestehende Rechtspositionen nicht rückwirkend eingegriffen wird. Der in Satz 1 in Bezug genommene Stichtag berücksichtigt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, nach der eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen zum 31. Juli 2018 zu erfolgen hat.

Absatz 5a schränkt die Rückwirkungssperre des § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 TKG nur ein, soweit Entgelte für Zugangsleistungen genehmigt werden. Im Hinblick auf Genehmigungen für Endkundenleistungen gilt Absatz 5a nicht. Dies führt zu einem stärkeren Schutz der Endkunden im Vergleich zu Wettbewerbern, die entgeltregulierte Vorleistungen in Anspruch nehmen. Die unterschiedliche Ausgestaltung ist gerechtfertigt, da Endnutzer nach § 3 Nummer 8 TKG weder öffentliche Telekommunikationsnetze betreiben noch öffentlich zugängliche Telekommunikationsdienste erbringen. Sie stehen also regelmäßig nicht in einem Wettbewerbsverhältnis zum regulierten Unternehmen, sondern in einem Kundenverhältnis, in dem der Nachfrager Leistungen für den eigenen Bedarf in Anspruch nimmt. Eine rückwirkende Anpassung der zu entrichtenden Entgelte ist diesen Nachfragern nur unter den engen Voraussetzungen des Absatzes 5 zumutbar. In der Praxis unterliegen derzeit keine Endkundenentgelte der Genehmigungspflicht.

Für die Bemessung der nach Absatz 5a Satz 1 relevanten Jahresumsätze ist auf die jeweils zum Zeitpunkt der Klageerhebung vorliegenden Jahresabschlüsse abzustellen. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass die Daten die notwendige Verlässlichkeit aufweisen. Einzubeziehen sind die Gesamtumsätze des betroffenen Unternehmens, da diese die Finanzkraft des Unternehmens widerspiegeln. Die Umsätze verbundener Unternehmen im Sinne des § 3 Nummer 29 TKG sind in die Berechnung der Umsätze grundsätzlich mit einzubeziehen. Auf diese Weise wird der Gefahr begegnet, dass Unternehmen durch gesellschaftsrechtliche Gestaltungen Einfluss auf die Umsatzerlöse des Unternehmens nehmen und damit die Intention der Regelung in § 35 Absatz 5 und 5a TKG konterkarieren. Eine Einschränkung erfährt dieser Grundsatz allerdings insoweit, als dass nach Satz 2 nur die Umsätze solcher verbundenen Unternehmen im Rahmen der Umsatzschwellenberechnung mit einzubeziehen sind, die selbst auch auf Telekommunikationsmärkten tätig sind. Damit wird gewährleistet, dass ein hinreichender Bezug zu den Telekommunikationsmärkten erhalten bleibt. So wird etwa ein kommunales Telekommunikationsunternehmen nicht allein deshalb zu Rückzahlungen verpflichtet, weil das verbundene Gasversorgungsunternehmen hohe Umsätze erwirtschaftet. Gleichzeitig wird aber etwa ein marktbeherrschender Telekommunikationsanbieter bei der Betrachtung des verbundenen Tochterunternehmens mitberücksichtigt.

Zu Nummer 1b

§ 35 Absatz 6 wurde im Jahr 2012 in das TKG eingefügt. Es handelt sich um eine Spezialregelung zu § 65 Absatz 3 VwGO, die die Beiladung von Nachfragern in den gerichtlichen Eilverfahren nach § 35 Absatz 5 Satz 2 TKG regelt. In Abweichung von § 65 Absatz 3 VwGO, der eine mindestens dreimonatige Frist zur Beiladung nach Veröffentlichung einer entsprechenden gerichtlichen Anordnung vorsieht, enthält § 35 Absatz 6 TKG eine - dem Eilverfahrenscharakter geschuldete - verkürzte Frist von einem Monat sowie abweichende Medien der Veröffentlichung (BT-Drs. 17/5707, S. 63).

Aufgrund der unter Nummer 1 vorgenommenen Anpassung des § 35 TKG wird die Bedeutung des gerichtlichen Eilverfahrens in Zukunft abnehmen, während sich der Rechtschutz auf das gerichtliche Hauptsacheverfahren verlagern wird.

§ 35 Absatz 6 TKG bedarf daher der Anpassung. In Satz 10 wird der Anwendungsbereich des Beiladungsverfahrens nun auf alle Rechtsbehelfsverfahren erweitert, die auf die Genehmigung eines höheren Entgelts für einen Zeitraum nach dem 31. Juli 2018 gerichtet sind. Die bisher geltende einmonatige Antragsfrist bleibt erhalten, da die Regelung in Zukunft weiterhin auch auf Eilverfahren Anwendung findet.

Zu Nummer 2

§ 116 TKG weist die behördlichen Aufgaben und Befugnisse aus dem TKG der Bundesnetzagentur zu. Der Bundesnetzagentur obliegt zukünftig auch die Aufsicht über die Einhaltung der in Artikel 3, 4 und 5 der Geoblocking-VO (EU) Nr. 2018/302 geregelten Anforderungen.

Nach Artikel 7 der Verordnung muss die zuständige Stelle anlassbezogen die Tätigkeiten von Handelsunternehmen im on- und offline- Bereich daraufhin überprüfen, ob durch ihre unternehmerische Tätigkeit Kunden innerhalb der EU diskriminiert werden. Die Bundesnetzagentur ist für die Durchsetzung der Geoblocking-VO geeignet, da sie im Rahmen von Zuständigkeiten für andere europäische Verordnungen bereits über Vorerfahrungen hinsichtlich der Sanktionierung von gesetzwidrigem unternehmerischen Verhalten im Onlinebereich sowie bei der Sicherstellung von Verbraucherschutzrechten (u.a. Netzneutralitätsverordnung) verfügt. Zur Durchsetzung dieser Gesetze hat sie über das Telekommunikationsgesetz die Möglichkeit, Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen und Bußgelder zu verhängen. Diese Form der Durchsetzung ist auch für die Geoblocking-VO zielführend. Zudem wird die Bundesnetzagentur zukünftig für die Durchsetzung der Paket-Verordnung zuständig sein. Die Paket-Verordnung und die Geoblocking-VO wurden von der Kommission im Rahmen der Digitalen Binnenmarktstrategie als kombiniertes Maßnahmenpaket für den E-COMmerce vorgeschlagen. Die einheitliche Zuständigkeit der Bundesnetzagentur ist daher auch aus inhaltlichen Gründen sinnvoll. Damit wird ebenfalls sichergestellt, dass für beide Verordnungen ein einheitlicher Kundenschutz besteht.

Die Zuständigkeit des Bundeskartellamt hinsichtlich der wettbewerbsrechtlichen Aspekte des Artikel 6 Geoblocking-VO im Businessto-Business-Verhältnis bleibt von der Zuständigkeitszuweisung an die Bundesnetzagentur unberührt.

Die Bundesnetzagentur wird in Umsetzung des Artikel 8 Geoblocking-VO auch Verbrauchern praktische Unterstützung leisten, wenn sich aus der Anwendung der Verordnung Streitigkeiten mit Unternehmen ergeben. Sie ist bereits Anlaufstelle für Verbraucher und Unternehmen im Rahmen des Telekommunikationsgesetz (z.B. bei Streitfällen zwischen Endkunden und Telekommunikationsanbietern)und nimmt deren Beschwerden über eine eigens eingerichtete Beschwerdestelle entgegen, so dass mit Übernahme auch der Zuständigkeit für die Durchsetzung der Geoblocking-VO Synergieeffekte zu erwarten sind. Hinsichtlich des Inhalts der praktischen Unterstützung kann eine Orientierung an den Leistungen des Netzes europäischer Verbraucherzentren (ECC Netzwerk) erfolgen. Die Unterstützung kann zum Beispiel in der Erläuterung der Verbraucherrechte, Hilfe bei der Beilegung eines Streites mit einem Händler aus einem anderen Mitgliedsstaat oder durch Informationen über weitere Hilfsangebote, wenn die Bundesnetzagentur zur Konfliktlösung nichts mehr beitragen kann, bestehen. Um die wirksame Durchsetzung der Vorschriften zu erleichtern, wurde die Geoblocking-VO in den Anwendungsbereich der Verordnung über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (EG (Nr. ) 2006/2004 , CPC-VO) aufgenommen. Sie gilt jedoch nur für die Verwaltungskooperation zur Durchsetzung von Verbraucherrechten, nicht in Business to Business-Konstellationen. Die Benennung der für die Zusammenarbeit nach der CPC-VO zuständigen Behörde im EG-Verbraucherschutzdurchsetzungsgesetz bleibt von Artikel 1 Nummer 2 des Änderungsgesetzes unberührt. Die Federführung für das EG-Verbraucherschutzdurchsetzungsgesetz liegt beim Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.

Zu Nummer 3

Die Bundesnetzagentur soll die Tätigkeiten von Unternehmen anlassbezogen auf Verstöße gegen die Geoblocking-VO überprüfen und bei Erfüllung der Ordnungswidrigkeiten Tatbestände des § 149 Absatz 1c ein Ordnungswidrigkeitenverfahren durchführen. Der Anwendungsbereich der Verordnung erfasst nur grenzüberschreitende Sachverhalte im Zusammenhang mit dem Verkauf von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen in der Union sowie Verbraucher und Unternehmen, die den Verkauf von Waren und die Bereitstellung von Dienstleistungen zur Endnutzung anstreben. Der Anwendungsbereich erfasst alle Anbieter in der Union einschließlich Online-Marktplätze unabhängig davon, ob sich der Sitz in einem Mitgliedsstaat oder in einem Drittland befindet.

Die Verbote der Artikel 3, 4 und 5 der Geoblocking-VO erfassen Diskriminierungen aus Gründen der Herkunft, insbesondere der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Die Tatbestände erfassen sowohl unmittelbare wie auch mittelbare Diskriminierungen, somit auch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung auf der Grundlage anderer Unterscheidungskriterien, die zum selben Ergebnis führen wie die Anwendung von Kriterien, die direkt auf der Staatsangehörigkeit, dem Wohnsitz (unabhängig davon, ob sich der betreffende Kunde dauerhaft oder vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat aufhält) oder dem Ort der Niederlassung der Kunden beruhen. Solche anderen Kriterien können insbesondere auf der Grundlage von Informationen angewendet werden, aus denen der physische Standort der Kunden hervorgeht, wie zum Beispiel die beim Zugriff auf eine Online-Benutzeroberfläche verwendete IP-Adresse, die für die Lieferung von Waren angegebene Anschrift, die Wahl der Sprache oder auch der Mitgliedstaat, in dem das Zahlungsinstrument des Kunden ausgegeben wurde. Audiovisuelle Dienstleistungen, der Zugang zu Finanzdienstleistungen für Privatkunden sowie Verkehrsdienstleistungen sind vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen. Nichtaudiovisuelle, urheberrechtlich geschützte Dienstleistungen (z.B. E-Books, Musikstreaming und Software) sind von der Pflicht des diskriminierungsfreien Bezugs nach Artikel 4 der Geoblocking-VO ausgenommen; es muss aber diskriminierungsfreier Zugang zur Online-Benutzeroberfläche des jeweiligen Anbieters nach Artikel 3 der Geoblocking-VO gewährt werden.

Zu Nummer 3a

bei Layout, Sprache oder anderen Merkmalen unterscheidet und somit speziell auf Kunden mit einer bestimmten Herkunft zugeschnitten ist. Wird eine ausdrückliche Zustimmung zur Weiterleitung erteilt, gilt diese auch für künftige Besuche der Online-Benutzeroberfläche solange ein Widerruf nicht erfolgt ist.

Artikel 3 Absatz 3 Geoblocking-VO normiert Ausnahmen von dem Verbot, bei denen eine Weiterleitung auch ohne Zustimmung des Kunden zulässig ist. Dies ist der Fall, wenn die Weiterleitung erforderlich ist, um die Erfüllung rechtlicher Anforderungen im Unionsrecht oder im mit dem Unionsrecht übereinstimmenden Recht eines Mitgliedstaats, dem die Tätigkeit des Anbieters unterliegt, zu gewährleisten. In diesen Fällen muss der Anbieter den Kunden jedoch klar und deutlich erläutern, aus welchen Gründen die Weiterleitung erforderlich ist. Die Erläuterung muss in der Sprache der Online-Benutzeroberfläche erfolgen, auf die der Kunde anfänglich zugreifen wollte.

Zu Nummer 3b

Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, bei Verstößen gegen die Geoblocking-VO wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Maßnahmen gegen Anbieter zu ergreifen.

§ 149 Absatz 2 Nummer 2 regelt, dass bei Verstößen gegen Artikel 3, 4, und 5 Geoblocking-VO eine Geldbuße bis zu 300.000 Euro verhängt werden kann. Der vorgesehene Bußgeldrahmen ermöglicht sowohl leichte Verstöße gegen die Diskriminierungsverbote mit einer entsprechend niedrigeren Bußgeldhöhe sowie auch schwere Verstöße interessengerecht abzubilden. Auch kann bei der Festsetzung der Höhe des Bußgeldes die Größe des Unternehmens berücksichtigt werden. Die Festlegung der Höhe der Buße innerhalb des möglichen Bußgeldrahmen sollte bei einem Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot gem. Artikel 3 Geoblocking-VO zudem dem Umstand Rechnung tragen, dass viele Unternehmen, insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen ihre Online-Benutzeroberflächen sowie den Zugang durch externe IT-Firmen gestalten lassen, weil sie selbst nicht über das entsprechende Fachwissen verfügen. Die fahrlässige Begehung des Tatbestandes ist erfüllt, wenn der Anbieter den Tatbestand pflichtwidrig verwirklicht, obwohl er seine Verwirklichung hätte verhindern können. Hier kommt es also auf die Möglichkeit des Anbieters an, erkennen zu können, dass sein Tun oder Unterlassen seine Sorgfaltspflicht verletzt. Damit sind die die persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Anbieters entscheidend. Auch wenn der Anbieter durch die Freischaltung der Onlinebenutzeroberfläche, die Verantwortung für die Ausgestaltung der Internetseite bzw. der App übernimmt, bedeutet dies mangels eigenem Fachwissen nicht zwingend, dass er das Ausmaß der Sorgfaltspflichtverletzung erkennt. Mit der Bußgeldhöhe sollte abgebildet werden, dass es sich bei der Gestaltung von Online-Benutzeroberflächen um einen komplexeren Sachverhalt handelt als die Ausgestaltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Festlegung von Zahlungsmodalitäten, die keine Informatikkenntnisse voraussetzen.

Zu Artikel 2

Artikel 2 regelt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.