Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen gegen Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts sowie zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG - COM (2016) 289 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 589/03 (PDF) = AE-Nr. 032731,
Drucksache 128/04 (PDF) = AE-Nr. 040536 und AE-Nr. 031672

Brüssel, den 25.5.2016 COM (2016) 289 final 2016/0152 (COD)

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen gegen Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts sowie zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Text von Bedeutung für den EWR)

{SWD(2016) 173 final}
{SWD(2016) 174 final}

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

- Gründe und Ziele des Vorschlags

In der Strategie für den digitalen Binnenmarkt1, die im Mai 2015 angenommen wurde, und der im Oktober 2015 angenommenen Binnenmarktstrategie2 wurden Rechtsetzungsvorschläge angekündigt, mit denen ungerechtfertigtes Geoblocking abgestellt und umfassend gegen Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes bzw. des Ortes der Niederlassung (in dieser Begründung der Einfachheit halber unter dem Begriff "Wohnsitz" zusammengefasst) vorgegangen werden soll.

Das allgemeine Ziel dieses Vorschlags ist es, den Verbrauchern besseren Zugang zu Waren und Dienstleistungen im Binnenmarkt zu verschaffen, indem direkte und indirekte Diskriminierungen seitens der Anbieter, die auf dem Wohnsitz der Kunden basieren und eine künstliche Segmentierung des Marktes bewirken, verhindert werden. Kunden stoßen auf eine solche Ungleichbehandlung bei Online-Käufen, aber auch, wenn sie sich in andere Mitgliedstaaten begeben, um Waren oder Dienstleistungen zu erwerben.

Trotz der Umsetzung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung nach Artikel 20 Absatz 2 der Richtlinie 2006/123/EG3 ("Dienstleistungsrichtlinie") kommt es weiter vor, dass Kunden, die Waren oder Dienstleistungen jenseits der Grenze erwerben möchten, der Verkauf verweigert wird oder dass für sie unterschiedliche Bedingungen gelten. Dies ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass unklar ist, welche objektiven Kriterien eine Ungleichbehandlung von Kunden durch Anbieter rechtfertigen. Um diesem Problem abzuhelfen, sollte Anbietern und Verbrauchern größere Klarheit darüber verschafft werden, in welchen Fällen eine Ungleichbehandlung aufgrund des Wohnsitzes nicht gerechtfertigt ist.

Mit diesem Vorschlag werden die Sperrung des Zugangs zu Websites und anderen Online-Schnittstellen sowie die Weiterleitung von Kunden von einer Länderversion auf eine andere verboten. Ferner wird die Diskriminierung von Kunden in vier spezifischen Fällen des Verkaufs von Waren und Dienstleistungen verboten, und Umgehungen eines solchen Diskriminierungsverbots in Vereinbarungen über passive Verkäufe werden untersagt. Sowohl Verbraucher als auch Unternehmen werden als Endnutzer von Waren und Dienstleistungen durch derartige Praktiken beeinträchtigt und sollten daher von den in diesem Vorschlag enthaltenen Vorschriften profitieren. Transaktionen, bei denen Waren oder Dienstleistungen von einem Unternehmen zum Weiterverkauf erworben werden, sollten jedoch ausgenommen werden, damit die Anbieter ihre Vertriebssysteme im Einklang mit dem europäischen Wettbewerbsrecht betreiben können.

Dieser Vorschlag betrifft nicht die Preisgestaltung an sich, so dass die Anbieter ihre Preise weiterhin in nichtdiskriminierender Weise frei festsetzen können. Ebenso wenig ist die dynamische Preisgestaltung betroffen, bei der die Anbieter ihre Angebote auf der Grundlage einer Reihe von Faktoren, die nicht mit dem Wohnsitz der Kunden zusammenhängen, im Laufe der Zeit anpassen.

- Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Dank des Herkunftslandprinzips gemäß der Richtlinie 2000/31/EG4 ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr") können Anbieter, die Dienstleistungen der Informationsgesellschaft anbieten, grenzüberschreitend operieren und ihre Dienstleistungen auf der Grundlage von im Land ihrer Niederlassung geltenden Vorschriften erbringen. Die Dienstleistungsrichtlinie sieht zudem Rechte für Dienstleistungsempfänger vor und soll gemäß Artikel 20 sicherstellen, dass Kunden von in der Union niedergelassenen Dienstleistungserbringern nicht aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Wohnsitzes unmittelbar oder mittelbar ungleich behandelt werden.

Artikel 20 wirkt jedoch der Diskriminierung von Kunden nicht ausreichend entgegen und hat die Rechtsunsicherheit nicht verringert. Folglich war es schwierig, das Diskriminierungsverbot in der Praxis durchzusetzen. Um jegliche Zweifel auszuräumen, wird durch den vorliegenden Vorschlag sichergestellt, dass im Falle eines Konflikts mit Artikel 20 Absatz 2 der Dienstleistungsrichtlinie die Vorschriften der vorliegenden Verordnung maßgebend sind.

Zudem bestehen andere Vorschriften (z.B. im Verkehrsbereich), die eine Diskriminierung - auch durch Verweigerung des Zugangs zu Websites oder durch Weiterleitung - aufgrund des Wohnsitzes untersagen. 5

In Bezug auf Nichtdiskriminierung bei der Nutzung von Zahlungsmitteln ist es Anbietern durch die Verordnung (EU) Nr. 260/2012 bereits untersagt, für die Tätigung einer Zahlung ein Bankkonto aus einem bestimmten Mitgliedstaat vorauszusetzen. Dieser Grundsatz gilt nicht für andere Zahlungsmittel. Die Verordnung (EU) Nr. 2015/71 hat die Verwendung von Kreditkarten erleichtert, indem bei Interbankenentgelten für kartengebundene Zahlungsvorgänge Obergrenzen eingeführt wurden. Die Richtlinie (EU) Nr. 2015/23666 hat zudem den Weg für einen vollständig integrierten Markt für den Massenzahlungsverkehr in der EU geebnet. Diese Verordnung geht einen Schritt weiter, indem sie Anbietern die Anwendung unterschiedlicher Zahlungsbedingungen auf der Grundlage des Wohnsitzes des Kunden untersagt. Es sei jedoch daran erinnert, dass die Anbieter frei entscheiden können, welche Zahlungsmittel sie von lokalen und ausländischen Kunden akzeptieren.

Der Vorschlag steht im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften der Union über anzuwendendes Recht und gerichtliche Zuständigkeit7.

- Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Dieser Vorschlag ergänzt andere Initiativen im Rahmen der Strategie für den digitalen Binnenmarkt und der Binnenmarktstrategie und soll die Voraussetzungen für einen besseren Zugang von Verbrauchern und Unternehmen zu Dienstleistungen in der Union schaffen.

Zu diesen Initiativen zählen die Vorschläge für eine "Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte"8 und für eine "Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren"9. Diese Vorschläge zielen auf eine vollständige Harmonisierung in den betreffenden Bereichen ab. Nach ihrer Annahme werden sie zu einer weiteren Verringerung der Unterschiede in den Verbraucherschutzvorschriften der Mitgliedstaaten führen, insbesondere in Bezug auf die Rechte der Verbraucher im Falle mangelhafter Waren oder digitaler Inhalte.

Darüber hinaus soll der Vorschlag für eine "Verordnung über die grenzüberschreitende Paketzustellung" die Preistransparenz und die Regulierungsaufsicht in diesem Bereich verbessern. Verbraucher und Kleinunternehmen melden, dass es ihnen wegen Problemen mit Paketzustelldiensten (insbesondere der hohen Preise) nicht möglich ist, mehr aus anderen Mitgliedstaaten zu kaufen bzw. in andere Mitgliedstaaten zu verkaufen. Der Vorschlag für eine überarbeitete "Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz" zielt darauf ab, die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Verbraucherschutzbehörden zu verbessern und einen stärkeren grenzüberschreitenden Durchsetzungsmechanismus für Verbraucherreklamationen zu schaffen. Diese beiden Initiativen sollen ebenfalls am 25. Mai 2016 veröffentlicht werden. Die Initiative zur Ausweitung des einheitlichen elektronischen Verfahrens für die MwSt-Registrierung soll den grenzüberschreitenden Handel weiter vereinfachen, indem der Verwaltungsaufwand für die Anbieter in Bezug auf MwSt-Registrierung und -Zahlung verringert wird.

2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und Verhältnismässigkeit

- Rechtsgrundlage

Der Vorschlag stützt sich auf Artikel 114 AEUV. Nach diesem Artikel ist die EU befugt, Maßnahmen zu erlassen, die auf die Beseitigung von Hindernissen für den freien Verkehr u.a. von Waren und Dienstleistungen abzielen. Die Anstrengungen zur Beseitigung solcher Hindernisse können durch von privaten Parteien geschaffene Hindernisse, die eine Fragmentierung des Binnenmarkts entlang nationaler Grenzen bewirken, zunichte gemacht werden. Dies ist im Rahmen des Binnenmarkts umso problematischer in Fällen, in denen die einschlägigen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten nicht hinreichend klar, einheitlich und wirksam sind, um gegen solche Hindernisse vorgehen zu können. Der Vorschlag betrifft daher Praktiken, die den freien Verkehr von Waren und Dienstleistungen im Binnenmarkt behindern.

- Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Der Zugang zu Waren und Dienstleistungen auf nicht diskriminierender Grundlage innerhalb des Binnenmarktes ist im Wesentlichen ein grenzüberschreitendes Problem. Ein Tätigwerden der EU ist erforderlich, um eine auf dem Wohnsitz basierende Diskriminierung im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr zu verhindern. Gesetzgeberische Maßnahmen der Mitgliedstaaten reichen nicht aus, um Nichtdiskriminierung in grenzüberschreitenden Situationen zu gewährleisten. Hinsichtlich der Wirksamkeit kann nur durch ein Tätigwerden der EU sichergestellt werden, dass die Bedingungen für den Zugang der Kunden zu Waren und Dienstleistungen in der Union nicht voneinander abweichen. Ein Tätigwerden der EU wird für größere Rechtssicherheit sorgen, indem klargestellt wird, in welchen Fällen eine Ungleichbehandlung aufgrund des Wohnsitzes als diskriminierend angesehen und daher untersagt wird.

- Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag zielt darauf ab, den Zugang zu Waren und Dienstleistungen in der Union zu erleichtern, und sieht gezielte Verpflichtungen für die Anbieter vor, nach denen diese unter ganz bestimmten Umständen Kunden aufgrund ihres Wohnsitzes nicht ungleich behandeln dürfen. Diese Verpflichtungen gehen nicht über das hinaus, was zur Lösung der ermittelten Probleme erforderlich ist, und gelten nur für die im Vorschlag aufgeführten Fälle. Zudem erhöht der Vorschlag die Rechtssicherheit für Anbieter, indem die bestehenden Verpflichtungen präzisiert werden und festgelegt wird, wann Kunden bei grenzüberschreitenden Käufen gleich behandelt werden müssen. Darüber hinaus verursacht der Vorschlag den Anbietern keine unverhältnismäßig hohen Kosten. Die aus dem Vorschlag resultierenden Kosten sind überwiegend einmalige Anpassungskosten.

- Wahl des Instruments

Ein nicht verbindliches Instrument wie eine Empfehlung oder Leitlinien könnte zwar die Marktentwicklungen in diesem Bereich fördern, hätte aber voraussichtlich nur eine sehr begrenzte Wirkung. Die Leitlinien der Kommission10 vom 8. Juni 2012 für die Anwendung von Artikel 20 Absatz 2 der Dienstleistungsrichtlinie enthalten Erläuterungen auch zu besonderen Fällen wie den in diesem Vorschlag behandelten. Allerdings haben weder die Mitgliedstaaten ihre nationalen Rechtsvorschriften angepasst, um den Kunden konkretere Rechte zu verleihen, oder die Durchsetzung verschärft, noch haben die Anbieter ihre Praktiken geändert.

Infolgedessen kann den ermittelten Problemen nur mit einem Rechtsinstrument wirksam begegnet werden. Eine Verordnung wird vorgezogen, da sie in den Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar ist, gleiche Verpflichtungen für private Parteien einführt und gewährleistet, dass die Vorschriften für Nichtdiskriminierung im Zusammenhang mit dem Wohnsitz in allen Mitgliedstaaten einheitlich angewendet werden.

3. Ergebnisse der EX-POST-BEWERTUNG, der Konsultation der Interessenträger und der Folgenabschätzung

- Konsultation der Interessenträger

Vom 24. September bis zum 28. Dezember 2015 fand eine breit angelegte öffentliche Konsultation statt. Dabei wurden die Standpunkte von Verbrauchern, Unternehmen, Verbänden und Mitgliedstaaten eingeholt. Es gingen 433 Antworten ein. Die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation wurden veröffentlicht und auch in die Folgenabschätzung aufgenommen. Außerdem führte die Kommission Anfang 2015 ausführliche Gespräche mit Interessenträgern (Verbraucher, Unternehmen, Verbraucher- und Unternehmensverbände und nationale Behörden), auch im Rahmen von Interessenträger-Workshops, um verschiedene Möglichkeiten für ein Tätigwerden der EU und deren Auswirkungen zu bewerten. Am 18. Februar 2016 veranstaltete die Kommission in Amsterdam einen Workshop, um die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation und Möglichkeiten für das weitere Vorgehen zu erörtern.

Die große Mehrheit der Verbraucher wurde bei Käufen in einem anderen EU-Land mit Geoblocking oder anderen geografischen Beschränkungen konfrontiert. Die am stärksten von Geoblocking betroffenen Waren und Dienstleistungen sind Kleidung, Schuhe und Accessoires, physische Datenträger (Bücher), Computerhardware und Elektronik, Flugtickets, Autovermietung, digitale Inhalte wie Streaming-Dienste, Computerspiele und -software, E-Books und MP3. Verbraucher und Unternehmen sind mehrheitlich der Auffassung, dass die Anbieter die Kunden über Verkaufsbeschränkungen informieren sollten. Die Verbraucher sprachen sich für eine Politikoption aus, gemäß der die Anbieter grenzüberschreitende Transaktionen akzeptieren müssen, ohne dass ihnen jedoch eine Lieferverpflichtung auferlegt wird. Die Unternehmen sind mehrheitlich gegen eine Verpflichtung, in der gesamten EU zu verkaufen und zu liefern, unterstreichen die Bedeutung einer Anpassung der Preise an die verschiedenen nationalen Märkte und betonen, ihre Wirtschafts- und Vertragsfreiheit müsse respektiert werden. Eine große Mehrheit aus allen Gruppen von Befragten ist sich darin einig, dass die Durchsetzung der Vorschriften und Informationspflichten verbessert werden sollte. 11

- Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Die Kommission hat eine umfangreiche Erhebung mit verdeckten Einkauftests durchgeführt, bei der rund 10 500 Websites in der EU analysiert und typische grenzüberschreitende Kaufsituationen modelliert wurden. Eine Eurobarometer-Umfrage aus dem Jahr 2016, bei der der Schwerpunkt auf den Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen lag, ergab, dass die Unternehmen als Endnutzer von Produkten und Dienstleistungen mit ähnlichen Beschränkungen konfrontiert sind wie die Verbraucher. Die Kommission hat eine große Zahl von Beschwerden im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Einkäufen analysiert und eine Bewertung von Artikel 20 der Dienstleistungsrichtlinie durchgeführt. Sie leitete im Mai 2015 eine Untersuchung zum Wettbewerb im elektronischen Geschäftsverkehr ein und veröffentlichte ihre ersten Ergebnisse in Bezug auf Geoblocking im März 1612. Außerdem hat die Kommission diese Initiative in Expertengruppen für die Dienstleistungsrichtlinie und die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr mit den Mitgliedstaaten erörtert.

- Folgenabschätzung

Für den Vorschlag wurde eine Folgenabschätzung13 durchgeführt. Am 21. April 2016 gab der Ausschuss für Regulierungskontrolle eine positive Stellungnahme zu der erneut vorgelegten Folgenabschätzung ab. Die Bemerkungen des Ausschusses sind in der Endfassung der Folgenabschätzung berücksichtigt.

In der Endfassung der Folgenschätzung wurden fünf Szenarien untersucht und folgende Schlussfolgerungen gezogen: Die Option "Mehr Transparenz" (Option 1) wurde geprüft, doch wird mit ihr alleine das Ziel nicht erreicht. Mehr Transparenz und ein Verbot der Sperrung des Zugangs zu Websites (Option 2), kombiniert mit dem Verbot einer automatischen Weiterleitung (Weiterleitung nur mit Zustimmung), wurde für nützlich erachtet, würde aber nur einen kleinen Teil des Problems lösen. Die bevorzugte Option (Option 3) ist die Kombination dieser beiden Elemente mit der Festlegung bestimmter besonderer Fälle, in denen eine geografisch begründete Diskriminierung nicht gerechtfertigt ist (für Waren, wenn keine grenzüberschreitende Lieferung durch den Anbieter erfolgt; für elektronisch erbrachte Dienstleistungen; für Dienstleistungen, die außerhalb des Mitgliedstaats des Kunden empfangen werden). Eine weitere Option bestand darin, eine zusätzliche Liste von Rechtfertigungsgründen zu erstellen, um die Grundsätze von Artikel 20 Absatz 2 der Dienstleistungsrichtlinie deutlicher auszuführen (Option 4). Diese Option wurde aber wegen ihrer Komplexität verworfen. Die letzte Option (Option 5), nach der die Anbieter zur grenzüberschreitenden Versendung materieller Waren verpflichtet würden, wurde verworfen, da sie mit unverhältnismäßig hohen Kosten für die Unternehmen verbunden wäre.

- Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung

Der Vorschlag gilt für Anbieter und Kunden, d.h. Verbraucher und Unternehmen als Endnutzer. Diese Kategorien schließen kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Kleinstunternehmen mit ein. Die Befreiung dieser Unternehmen von den Vorschriften könnte die Wirksamkeit der Maßnahme beeinträchtigen, da der elektronische Geschäftsverkehr in der Union größtenteils von KMU, einschließlich Kleinstunternehmen, durchgeführt wird.

Der Vorschlag wird sich positiv auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken, indem der Zugang von Verbrauchern und Unternehmen zu Waren und Dienstleistungen im Binnenmarkt verbessert wird. Was den internationalen Handel anbelangt, so fallen in Drittländern niedergelassene Anbieter nur dann in den Anwendungsbereich dieser Verordnung, wenn sie Waren oder Dienstleistungen an Kunden in der Union verkaufen oder zu verkaufen beabsichtigen.

Der Vorschlag betrifft das Offline- und das Online-Umfeld, trägt gegebenenfalls neuen technologischen Entwicklungen Rechnung und kann unmittelbar in den Bereichen Digitalisierung und Internet angewandt werden.

- Grundrechte

Der Vorschlag steht insbesondere mit Artikel 16 ("Unternehmerische Freiheit") und Artikel 17 ("Eigentumsrecht") der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang. Anbieter unterliegen bereits den geltenden EU-Rechtsvorschriften zur Nichtdiskriminierung. Die Anbieter können weiterhin entscheiden, wo und wann sie den Kunden ihre Waren oder Dienstleistungen anbieten. Ihre Freiheit, eine Kaufanfrage abzulehnen oder unterschiedliche Bedingungen anzuwenden, wird nur durch die Nichtdiskriminierungsvorschriften dieser Verordnung eingeschränkt. Alle anderen Gründe für einen Nichtverkauf oder die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen stehen den Anbietern weiterhin offen (z.B. wenn das Produkt nicht mehr auf Lager ist).

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den Haushalt der Europäischen Union.

5. Weitere Angaben

- Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und

Berichterstattungsmodalitäten

Gemäß der Verordnung überprüft die Kommission in regelmäßigen Abständen die Auswirkungen des Vorschlags.

Die Kommission wird überwachen, wie die Verordnung von den Marktteilnehmern in der Union angewendet wird, um ein kohärentes Vorgehen zu gewährleisten. Sie wird auch die Auswirkungen der Bestimmungen untersuchen.

- Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Artikel 1 regelt Gegenstand und Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung. Der sachliche Anwendungsbereich des Vorschlags ist demjenigen der Richtlinie 2006/123/EG weitestmöglich angeglichen, um Kohärenz und maximale Rechtssicherheit für Anbieter und Kunden zu gewährleisten. Dies bedeutet u.a., dass nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, Verkehrsdienstleistungen, audiovisuelle Dienste, Glücksspiele, Gesundheitsdienstleistungen und bestimmte soziale Dienstleistungen vom Anwendungsbereich dieser Verordnung ausgeschlossen sind. Der räumliche Anwendungsbereich ist so konzipiert, dass sowohl in der EU ansässige Anbieter als auch Anbieter erfasst sind, die in Drittländern niedergelassen sind, aber Waren und Dienstleistungen an Kunden in der Union verkaufen oder zu verkaufen beabsichtigen.

Artikel 1 verschafft den Anbietern auch Sicherheit dahingehend, dass die Einhaltung der vorliegenden Verordnung als solche nicht bedeutet, dass der Anbieter für die Zwecke der Verordnung (EG) Nr. 593/0814 und der Verordnung (EU) Nr. 1215/1215, die Fragen im Zusammenhang mit dem anwendbaren Recht und der gerichtlichen Zuständigkeit regeln, seine Tätigkeit auf einen bestimmten Mitgliedstaat ausrichtet.

Artikel 2 enthält die einschlägigen Begriffsbestimmungen.

Artikel 3 verpflichtet Anbieter, den Zugang zu ihren Online-Schnittstellen nicht aufgrund des Wohnsitzes der Kunden zu verhindern. Außerdem darf eine Weiterleitung nur mit Zustimmung des Kunden erfolgen, und die Anbieter müssen die Version der Online-Schnittstellen, auf die der Kunde vor der Weiterleitung zugreifen wollte, leicht zugänglich lassen. Der Anbieter ist von diesen Verpflichtungen befreit, wenn Zugangsbeschränkungen oder eine Weiterleitung gesetzlich vorgeschrieben sind. In solchen Ausnahmefällen ist dies vom Anbieter klar zu begründen.

Artikel 4 enthält drei besondere Fälle, in denen eine Diskriminierung von Kunden aufgrund des Wohnsitzes untersagt ist. Der erste Fall betrifft den Verkauf von materiellen Waren, wenn der Anbieter nicht in die Lieferung des Produkts an den Mitgliedstaat des Kunden involviert ist. Der zweite Fall betrifft elektronisch erbrachte Dienstleistungen, deren Hauptmerkmal nicht die Bereitstellung des Zugangs zu urheberrechtlich geschützten Werken oder sonstigen Schutzgegenständen und deren Nutzung ist. Der dritte Fall betrifft Dienstleistungen, die vom Anbieter in einem anderen Mitgliedstaat bereitgestellt werden als demjenigen, in dem der Kunde seinen Wohnsitz hat.

Artikel 5 enthält Nichtdiskriminierungsvorschriften speziell im Zusammenhang mit Zahlungen. Danach dürfen die Anbieter in bestimmten Fällen Zahlungsmittel (z.B. Kredit- oder Debitkarten) nicht ablehnen oder in anderer Weise diskriminieren.

Artikel 6 sieht vor, dass Vereinbarungen mit Anbietern, die Beschränkungen des passiven Verkaufs vorsehen, welche zu Verstößen gegen die Vorschriften dieser Verordnung führen würden, automatisch nichtig sind. Dadurch soll eine Umgehung dieser Vorschriften auf vertraglichem Wege verhindert werden.

Artikel 7 betrifft die Durchsetzung durch die Behörden der Mitgliedstaaten.

Nach Artikel 8 müssen die Mitgliedstaaten eine oder mehrere Stellen benennen, die den Verbrauchern bei Streitigkeiten, die sich aus dieser Verordnung ergeben, praktische Hilfestellung leisten.

Artikel 9 sieht eine regelmäßige Überprüfung der Anwendung der Verordnung durch die Kommission vor. Bei der ersten Bewertung ist insbesondere zu prüfen, ob das Diskriminierungsverbot nach Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b auf elektronisch erbrachte Dienstleistungen ausgeweitet werden sollte, deren Hauptmerkmal die Bereitstellung des Zugangs zu urheberrechtlich geschützten Werken oder sonstigen Schutzgegenständen und deren Nutzung ist, sofern der Anbieter über die erforderlichen Rechte für die betreffenden Hoheitsgebiete verfügt.

Artikel 10 enthält zwei Änderungen bestehender, speziell den Schutz der Verbraucher betreffender Instrumente (Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und Richtlinie 2009/22/EG). Damit würde die vorliegende Verordnung in die Anhänge dieser Rechtsakte aufgenommen, so dass sie ebenfalls im Wege der Maßnahmen gemäß der Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz sowie der Richtlinie über Unterlassungsklagen durchgesetzt werden kann.

Artikel 11 regelt das Inkrafttreten und den Geltungsbeginn.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen gegen Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts sowie zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Text von Bedeutung für den EWR)

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 114, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses16, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Verordnung Erlassen:

Artikel 1
Ziel und Anwendungsbereich

Artikel 2
Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen des Artikels 7 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011, des Artikels 2 Nummern 10, 20 und 30 der Verordnung (EU) Nr. 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates32 und des Artikels 4 Nummern 8, 9, 11, 12, 14, 23, 24 und 30 der Richtlinie (EU) Nr. 2015/2366.

Darüber hinaus bezeichnet für die Zwecke dieser Verordnung der Ausdruck:

Artikel 3
Zugang zu Online-Schnittstellen

Artikel 4
Zugang zu Waren oder Dienstleistungen

Artikel 5
Nichtdiskriminierung aus Gründen im Zusammenhang mit der Zahlung

Artikel 6
Vereinbarungen über den passiven Verkauf

Vereinbarungen, durch die Anbietern Verpflichtungen in Bezug auf passive Verkaufsgeschäfte auferlegt werden, die gegen diese Verordnung verstoßen, sind automatisch nichtig.

Artikel 7
Durchsetzung durch die Behörden der Mitgliedstaaten

Artikel 8
Unterstützung für Verbraucher

Artikel 9
Überprüfungsklausel

Artikel 10
Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG

Artikel 11
Schlussbestimmungen

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem... [Datum: sechs Monate nach dem Datum der Veröffentlichung]. Allerdings gilt Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b ab dem 1. Juli 2018.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am [...]

Im Namen des Europäischen
Der Präsident
Parlaments Im Namen des Rates
Der Präsident