A. Problem und Ziel
Das Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Verhütung des Terrorismus (im Folgenden: Übereinkommen) zielt auf den Aspekt der Prävention von Terrorismus. Es ist am 1. Juni 2007 in Kraft getreten. Das Übereinkommen verlangt von den Vertragsparteien wirksame Maßnahmen, um die Begehung terroristischer Straftaten zu verhindern.
Zu diesem Zweck sollen die Vertragsparteien unter Wahrung der menschenrechtlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätze die öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat sowie die Anwerbung und Ausbildung für terroristische Zwecke unter Strafe stellen, wenn diese Handlungen rechtswidrig und vorsätzlich begangen werden. Das Übereinkommen knüpft zur Bestimmung terroristischer Straftaten an die bestehenden sektoralen Terrorismuskonventionen der Vereinten Nationen an und stellt somit eine Ergänzung zu diesen Konventionen dar. Zum Zweck der Terrorismusprävention fordert das Übereinkommen zudem eine verstärkte
Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien.
B. Lösung
Durch den Gesetzentwurf sollen die Voraussetzungen nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Ratifizierung des Übereinkommens geschaffen werden.
C. Alternativen
Keine
D. Finanzielle Auswirkungen
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine
2. Vollzugsaufwand
Keiner
E. Sonstige Kosten
Keine
F. Bürokratiekosten
Es werden keine Informationspflichten für Unternehmen, die Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltung eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Verhütung des Terrorismus
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 3. September 2010
Die Bundeskanzlerin
An den Präsidenten des Bundesrates
Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Verhütung des Terrorismus mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 15.10.10
Entwurf
Gesetz zu dem Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Verhütung des Terrorismus
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Dem in Straßburg am 24. Oktober 2006 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Verhütung des Terrorismus, im Anhang geändert durch Entscheidung des Ministerkomitees vom 11. September 2008 auf der 1034. Sitzung des Komitees der Ministerbeauftragten (CM/Del/Dec (2008) 1034/10.1), wird zugestimmt. Das Übereinkommen wird nachstehend mit einer amtlichen deutschen Übersetzung veröffentlicht.
Artikel 2
Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, vom Ministerkomitee des Europarats nach Artikel 28 Absatz 2 des Übereinkommens beschlossene Änderungen des Anhangs und deren Inkrafttreten für die Bundesrepublik Deutschland im Bundesgesetzblatt bekannt zu machen.
Artikel 3
- (1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- (2) Der Tag, an dem das Übereinkommen nach seinem Artikel 23 Absatz 4 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Begründung zum Vertragsgesetz
Durch das Vertragsgesetz sollen die Voraussetzungen nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Verhütung des Terrorismus (im Folgenden: Übereinkommen) geschaffen werden.
Zu Artikel 1
Auf das Übereinkommen findet Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes Anwendung, da es sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht. Der Anhang des Übereinkommens enthält eine Liste von Verträgen, auf die gemäß Artikel 1 Absatz 1 des Übereinkommens Bezug genommen wird. In diese Liste wurde mit Entscheidung des Ministerkomitees des Europarats vom 11. September 2008 das Internationale Übereinkommen vom 13. April 2005 zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen (BGBl. 2007 II S. 1586, 1587) aufgenommen.
Zu Artikel 2
Nach Artikel 28 Absatz 2 des Übereinkommens kann das Ministerkomitee zur Aktualisierung der Vertragsliste im Anhang Änderungen beschließen. Artikel 2 ermächtigt das Bundesministerium der Justiz, derartige Änderungen sowie deren Inkrafttreten für die Bundesrepublik Deutschland bekannt zu machen.
Zu Artikel 3
Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht den Erfordernissen des Artikels 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, zu dem das Übereinkommen nach seinem Artikel 23 Absatz 4 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Schlussbemerkung
Für Bund, Länder und Gemeinden entstehen durch dieses Gesetz keine Kosten. Es hat auf Grund der bloßen Zustimmung zu dem Übereinkommen auch keine Auswirkungen auf die Einzelpreise oder das allgemeine Preisniveau, insbesondere nicht auf das Verbraucherpreisniveau.
Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.
Es werden keine Informationspflichten für Unternehmen, die Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltung eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus (Übersetzung)
Die Mitgliedstaaten des Europarats und die anderen Unterzeichner dieses Übereinkommens - von der Erwägung geleitet, dass es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herbeizuführen; in Anerkennung der Bedeutung einer verstärkten Zusammenarbeit mit den anderen Vertragsparteien dieses Übereinkommens; von dem Wunsch geleitet, wirksame Maßnahmen zu treffen, um Terrorismus zu verhüten und insbesondere der öffentlichen Aufforderung zur Begehung terroristischer Straftaten sowie der Anwerbung und Ausbildung für terroristische Zwecke entgegenzutreten; angesichts der ernsthaften Besorgnis, die durch die Zunahme terroristischer Straftaten und die wachsende terroristische Bedrohung verursacht wird; angesichts der prekären Lage derer, die von Terrorismus betroffen sind, und in diesem Zusammenhang in Bekräftigung ihrer tiefen Solidarität mit den Opfern des Terrorismus und ihren Angehörigen; in Anerkennung dessen, dass terroristische Straftaten und die in diesem Übereinkommen genannten Straftaten, unabhängig davon, von wem sie begangen werden, unter keinen Umständen gerechtfertigt werden können, indem politische, philosophische, weltanschauliche, rassische, ethnische, religiöse oder sonstige Erwägungen ähnlicher Art angeführt werden, und unter Hinweis auf die Verpflichtung aller Vertragsparteien, solche Straftaten zu verhüten und diese, wenn sie nicht verhütet wurden, strafrechtlich zu verfolgen und sicherzustellen, dass sie mit Strafen bedroht werden, welche die Schwere der Tat berücksichtigen; unter Hinweis auf die Notwendigkeit, den Kampf gegen den Terrorismus zu verstärken, und bekräftigend, dass alle Maßnahmen zur Verhütung oder Bekämpfung terroristischer Straftaten unter Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Werte, der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie anderer Bestimmungen des Völkerrechts, einschließlich, soweit anwendbar, des humanitären Völkerrechts, zu treffen sind; in Anerkennung dessen, dass eine Beeinträchtigung der anerkannten Grundsätze betreffend die Freiheit der Meinungsäußerung und die Vereinigungsfreiheit durch dieses Übereinkommen nicht beabsichtigt ist; unter Hinweis darauf, dass terroristische Handlungen aufgrund ihres Wesens oder der Umstände darauf abzielen, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, eine Regierung oder internationale Organisation rechtswidrig zu einem Tun oder Unterlassen zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören - sind wie folgt übereingekommen:
Artikel 1
Begriffsbestimmung
- (1) Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet "terroristische Straftat" eine Straftat im Geltungsbereich und nach der Begriffsbestimmung einer der im Anhang aufgeführten Verträge.
- (2) Bei Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde kann ein Staat oder die Europäische Gemeinschaft, sofern der Staat oder die Europäische Gemeinschaft nicht Vertragspartei einer der im Anhang aufgeführten Verträge ist, erklären, dass der betreffende Vertrag bei der Anwendung dieses Übereinkommens auf die betreffende Vertragspartei als nicht im Anhang aufgeführt gilt. Diese Erklärung wird ungültig, sobald der Vertrag für die Vertragspartei, die eine solche Erklärung abgegeben hat, in Kraft getreten ist; diese notifiziert dem Generalsekretär des Europarats dieses Inkrafttreten.
Artikel 2
Zweck
Zweck dieses Übereinkommens ist es, die Bestrebungen der Vertragsparteien zur Verhütung des Terrorismus und seiner nachteiligen Auswirkungen auf den uneingeschränkten Genuss der Menschenrechte, insbesondere des Rechts auf Leben, sowohl durch innerstaatlich zu treffende Maßnahmen als auch durch internationale Zusammenarbeit unter gebührender Berücksichtigung der bestehenden anwendbaren mehrseitigen oder zweiseitigen Verträge oder sonstigen Übereinkünfte zwischen den Vertragsparteien zu fördern.
Artikel 3
Innerstaatliche Maßnahmen zur Verhütung des Terrorismus
- (1) Jede Vertragspartei trifft die geeigneten Maßnahmen, insbesondere im Bereich der Aus- und Weiterbildung der Strafverfolgungsbehörden und anderer Einrichtungen sowie in den Bereichen Bildung, Kultur, Information, Medien und Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit, um terroristische Straftaten und ihre nachteiligen Auswirkungen unter Achtung der Verpflichtungen zur Wahrung der Menschenrechte, wie sie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und in anderen völkerrechtlichen Verpflichtungen enthalten sind, soweit diese auf die Vertragspartei anwendbar sind, zu verhüten.
- (2) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um die Zusammenarbeit zwischen den innerstaatlichen Behörden zu verbessern und weiterzuentwickeln, damit terroristische Straftaten und ihre nachteiligen Auswirkungen verhütet werden, unter anderem durch
- a) den Austausch von Informationen;
- b) die Verbesserung des physischen Schutzes von Personen und Einrichtungen;
- c) die Verbesserung von Ausbildungs- und Koordinationsplänen für zivile Notfälle.
- (3) Jede Vertragspartei fördert die Toleranz, indem sie den interreligiösen und interkulturellen Dialog, gegebenenfalls unter Beteiligung von nichtstaatlichen Organisationen und anderen Teilen der Zivilgesellschaft, stärkt, um Spannungen zu verhindern, die zur Begehung terroristischer Straftaten beitragen könnten.
- (4) Jede Vertragspartei ist bestrebt, das öffentliche Bewusstsein für das Vorhandensein terroristischer Straftaten und der in diesem Übereinkommen genannten Straftaten, für ihre Ursachen und Schwere sowie für die von ihnen ausgehende Bedrohung zu schärfen, und zieht in Erwägung, die Öffentlichkeit zu ermutigen, ihren zuständigen Behörden sachbezogene, spezifische Hilfe zu leisten, die zur Verhütung terroristischer Straftaten und der in diesem Übereinkommen genannten Straftaten beitragen könnte.
Artikel 4
Internationale Zusammenarbeit bei der Verhütung des Terrorismus
Die Vertragsparteien gewähren einander soweit angebracht und unter gebührender Berücksichtigung ihrer Möglichkeiten Hilfe und Unterstützung, um sich besser in die Lage zu versetzen, die Begehung terroristischer Straftaten zu verhüten, unter anderem durch den Austausch von Informationen und bewährten Vorgehensweisen sowie durch Aus- und Weiterbildung und andere gemeinsame Bemühungen vorbeugender Art.
Artikel 5
Öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat
- (1) Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet "öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat" das öffentliche Verbreiten oder sonstige öffentliche Zugänglichmachen einer Botschaft mit dem Vorsatz, zur Begehung einer terroristischen Straftat anzustiften, wenn dieses Verhalten, unabhängig davon, ob dabei terroristische Straftaten unmittelbar befürwortet werden, die Gefahr begründet, dass eine oder mehrere solcher Straftaten begangen werden könnten.
- (2) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um die öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat im Sinne des Absatzes 1, wenn sie rechtswidrig und vorsätzlich begangen wird, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftat zu umschreiben.
Artikel 6
Anwerbung für terroristische Zwecke
- (1) Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet "Anwerbung für terroristische Zwecke", eine andere Person dazu zu bestimmen, eine terroristische Straftat zu begehen, sich an deren Begehung zu beteiligen oder sich einer Vereinigung oder einer Gruppe zu dem Zweck anzuschließen, zur Begehung einer oder mehrerer terroristischer Straftaten durch die Vereinigung oder Gruppe beizutragen.
- (2) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um die Anwerbung für terroristische Zwecke im Sinne des Absatzes 1, wenn sie rechtswidrig und vorsätzlich begangen wird, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftat zu umschreiben.
Artikel 7
Ausbildung für terroristische Zwecke
- (1) Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet "Ausbildung für terroristische Zwecke" die Unterweisung in der Herstellung oder im Gebrauch von Sprengstoffen, Feuer- oder sonstigen Waffen oder schädlichen oder gefährlichen Stoffen oder die Unterweisung in anderen spezifischen Methoden oder Verfahren mit dem Ziel, eine terroristische Straftat zu begehen oder zu deren Begehung beizutragen, in Kenntnis der Tatsache, dass die vermittelten Fähigkeiten für diesen Zweck eingesetzt werden sollen.
- (2) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um die Ausbildung für terroristische Zwecke im Sinne des Absatzes 1, wenn sie rechtswidrig und vorsätzlich begangen wird, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftat zu umschreiben.
Artikel 8
Unerheblichkeit der tatsächlichen Begehung einer terroristischen Straftat
Für die Umschreibung einer Handlung als Straftat im Sinne der Artikel 5 bis 7 ist es nicht erforderlich, dass eine terroristische Handlung tatsächlich begangen wird.
Artikel 9
Ergänzende Straftatbestände
- (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um folgende Handlungen nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben:
- a) die Beteiligung als Mittäter oder Gehilfe an einer Straftat im Sinne der Artikel 5 bis 7;
- b) das Organisieren einer Straftat im Sinne der Artikel 5 bis 7 oder das Anweisen anderer, eine solche Straftat zu begehen;
- c) der Beitrag zur Begehung einer oder mehrerer Straftaten im Sinne der Artikel 5 bis 7 durch eine Gruppe von zu einem gemeinsamen Zweck handelnden Personen. Dieser Beitrag muss vorsätzlich sein und entweder
- i) mit dem Ziel geleistet werden, die kriminelle Tätigkeit oder den kriminellen Zweck der Gruppe zu fördern, wenn die Tätigkeit oder der Zweck die Begehung einer Straftat im Sinne der Artikel 5 bis 7 einschließt, oder
- ii) in Kenntnis des Vorsatzes der Gruppe geleistet werden, eine Straftat im Sinne der Artikel 5 bis 7 zu begehen.
- (2) Jede Vertragspartei trifft ferner die erforderlichen Maßnahmen, um den Versuch der Begehung einer Straftat im Sinne der Artikel 6 und 7 nach ihrem innerstaatlichen Recht und in Übereinstimmung mit diesem als Straftat zu umschreiben.
Artikel 10
Verantwortlichkeit juristischer Personen
- (1) Jede Vertragspartei trifft in Übereinstimmung mit ihren Rechtsgrundsätzen die erforderlichen Maßnahmen, um die Verantwortlichkeit juristischer Personen für die Beteiligung an den in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten zu begründen.
- (2) Vorbehaltlich der Rechtsgrundsätze der Vertragspartei kann die Verantwortlichkeit juristischer Personen strafrechtlicher, zivilrechtlicher oder verwaltungsrechtlicher Art sein.
- (3) Diese Verantwortlichkeit berührt nicht die strafrechtliche Verantwortlichkeit der natürlichen Personen, welche die Straftaten begangen haben.
Artikel 11
Sanktionen und Maßnahmen
- (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um die in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Strafen zu bedrohen.
- (2) Frühere rechtskräftige Verurteilungen, die in ausländischen Staaten wegen in diesem Übereinkommen genannten Straftaten ergangen sind, können, soweit das innerstaatliche Recht dies gestattet, bei der Bestimmung des Strafmaßes nach innerstaatlichem Recht berücksichtigt werden.
- (3) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass juristische Personen, die nach Artikel 10 verantwortlich gemacht werden, wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden strafrechtlichen oder nichtstrafrechtlichen Sanktionen oder Maßnahmen, einschließlich Geldsanktionen, unterliegen.
Artikel 12
Bedingungen und Garantien
- (1) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass bei der Schaffung, Umsetzung und Anwendung der Strafbarkeit nach den Artikeln 5 bis 7 und 9 die Verpflichtungen zur Wahrung der Menschenrechte, insbesondere das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf Vereinigungsfreiheit und auf Religionsfreiheit, wie sie in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und in anderen völkerrechtlichen Verpflichtungen enthalten sind, soweit diese auf die Vertragspartei anwendbar sind, geachtet werden.
- (2) Die Schaffung, Umsetzung und Anwendung der Strafbarkeit nach den Artikeln 5 bis 7 und 9 soll ferner im Hinblick auf die rechtmäßig verfolgten Ziele und deren Notwendigkeit in einer demokratischen Gesellschaft dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterliegen und jegliche Form der Willkür oder der diskriminierenden oder rassistischen Behandlung ausschließen.
Artikel 13
Schutz, Entschädigung und Unterstützung für Opfer des Terrorismus
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um die Opfer terroristischer Handlungen, die in ihrem eigenen Hoheitsgebiet verübt worden sind, zu schützen und zu unterstützen. Diese Maßnahmen können im Rahmen geeigneter innerstaatlicher Mechanismen und vorbehaltlich der innerstaatlichen Rechtsvorschriften unter anderem die finanzielle Unterstützung und Entschädigung von Opfern des Terrorismus und ihren nahen Angehörigen einschließen.
Artikel 14
Gerichtsbarkeit
- (1) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um ihre Gerichtsbarkeit über die in diesem Übereinkommen genannten Straftaten zu begründen,
- a) wenn die Straftat im Hoheitsgebiet dieser Vertragspartei begangen wird;
- b) wenn die Straftat an Bord eines Schiffes, das die Flagge dieser Vertragspartei führt, oder eines Luftfahrzeugs, das nach dem Recht dieser Vertragspartei eingetragen ist, begangen wird;
- c) wenn die Straftat von einem Staatsangehörigen dieser Vertragspartei begangen wird.
- (2) Jede Vertragspartei kann ihre Gerichtsbarkeit über die in diesem Übereinkommen genannten Straftaten auch begründen,
- a) wenn es Ziel oder Ergebnis der Straftat war, im Hoheitsgebiet oder gegen einen Staatsangehörigen dieser Vertragspartei eine Straftat im Sinne des Artikels 1 zu begehen;
- b) wenn es Ziel oder Ergebnis der Straftat war, gegen eine staatliche oder öffentliche Einrichtung dieser Vertragspartei im Ausland, einschließlich diplomatischer oder konsularischer Räumlichkeiten dieser Vertragspartei, eine Straftat im Sinne des Artikels 1 zu begehen;
- c) wenn Ziel oder Ergebnis der Straftat eine Straftat im Sinne des Artikels 1 war, die in der Absicht begangen wurde, diese Vertragspartei zu einem Tun oder Unterlassen zu nötigen;
- d) wenn die Straftat von einer staatenlosen Person begangen wird, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet dieser Vertragspartei hat;
- e) wenn die Straftat an Bord eines Luftfahrzeugs begangen wird, das von der Regierung dieser Vertragspartei betrieben wird.
- (3) Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen Maßnahmen, um ihre Gerichtsbarkeit über die in diesem Übereinkommen genannten Straftaten für den Fall zu begründen, dass der Verdächtige sich in ihrem Hoheitsgebiet befindet und sie ihn nicht an eine Vertragspartei ausliefert, deren Gerichtsbarkeit auf einer Zuständigkeitsregelung beruht, die in gleicher Weise im Recht der ersuchten Vertragspartei besteht.
- (4) Dieses Übereinkommen schließt die Ausübung einer Strafgerichtsbarkeit nach innerstaatlichem Recht nicht aus.
- (5) Wird die Gerichtsbarkeit für eine mutmaßliche Straftat im Sinne dieses Übereinkommens von mehr als einer Vertragspartei geltend gemacht, so konsultieren die beteiligten Vertragsparteien einander, soweit angebracht, um die für die Strafverfolgung geeignetste Gerichtsbarkeit zu bestimmen.
Artikel 15
Ermittlungspflicht
- (1) Ist eine Vertragspartei unterrichtet worden, dass eine Person, die eine in diesem Übereinkommen genannte Straftat begangen hat oder verdächtigt wird, eine solche begangen zu haben, sich möglicherweise in ihrem Hoheitsgebiet befindet, so trifft sie die nach ihrem innerstaatlichen Recht erforderlichen Maßnahmen, um den Sachverhalt, über den sie unterrichtet wurde, zu untersuchen.
- (2) Hat sich die Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet sich der Täter oder Verdächtige befindet, vergewissert, dass die Umstände es rechtfertigen, so trifft sie die geeigneten Maßnahmen nach ihrem innerstaatlichen Recht, um die Anwesenheit dieser Person für die Zwecke der Strafverfolgung oder der Auslieferung sicherzustellen.
- (3) Jede Person, gegen welche die in Absatz 2 genannten Maßnahmen getroffen werden, ist berechtigt,
- a) unverzüglich mit dem nächsten zuständigen Vertreter des Staates, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder der anderweitig zum Schutz ihrer Rechte berechtigt ist, oder, wenn sie staatenlos ist, des Staates, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, in Verbindung zu treten;
- b) den Besuch eines Vertreters dieses Staates zu empfangen;
- c) über ihre Rechte nach den Buchstaben a und b unterrichtet zu werden.
- (4) Die in Absatz 3 genannten Rechte werden in Übereinstimmung mit den Gesetzen und sonstigen Vorschriften der Vertragspartei ausgeübt, in deren Hoheitsgebiet sich der Täter oder Verdächtige befindet, wobei jedoch diese Gesetze und sonstigen Vorschriften die volle Verwirklichung der Zwecke gestatten müssen, für welche die Rechte nach Absatz 3 gewährt werden.
- (5) Die Absätze 3 und 4 lassen das Recht jeder Vertragspartei, die nach Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe c und Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe d Gerichtsbarkeit beanspruchen kann, unberührt, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz einzuladen, mit dem Verdächtigen in Verbindung zu treten und ihn zu besuchen.
Artikel 16
Nichtanwendbarkeit des Übereinkommens
Dieses Übereinkommen findet keine Anwendung, wenn eine der nach den Artikeln 5 bis 7 und 9 umschriebenen Straftaten innerhalb eines einzigen Staates begangen wird, der Verdächtige Angehöriger dieses Staates ist und sich im Hoheitsgebiet dieses Staates befindet und kein anderer Staat nach Artikel 14 Absatz 1 oder 2 seine Gerichtsbarkeit begründen kann, wobei in solchen Fällen die jeweils zutreffenden Bestimmungen der Artikel 17 und 20 bis 22 Anwendung finden.
Artikel 17
Internationale Zusammenarbeit in Strafsachen
- (1) Die Vertragsparteien gewähren einander die weitestgehende Hilfe im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen sowie Straf- und Auslieferungsverfahren in Bezug auf die in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten, einschließlich der Hilfe bei der Beschaffung der sich in ihrem Besitz befindlichen und für das Verfahren erforderlichen Beweismittel.
- (2) Die Vertragsparteien erfüllen ihre Verpflichtungen nach Absatz 1 im Einklang mit den gegebenenfalls zwischen ihnen bestehenden Verträgen oder sonstigen Übereinkünften über die Rechtshilfe. In Ermangelung solcher Verträge oder sonstigen Übereinkünfte gewähren die Vertragsparteien einander Rechtshilfe nach ihrem innerstaatlichen Recht.
- (3) Die Vertragsparteien arbeiten untereinander nach Maßgabe des einschlägigen Rechts und der einschlägigen Verträge und sonstigen Übereinkünfte der ersuchten Vertragspartei bei strafrechtlichen Ermittlungen oder Strafverfahren in Bezug auf die Straftaten, für die im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei eine juristische Person nach Artikel 10 verantwortlich gemacht werden kann, im größtmöglichen Umfang zusammen.
- (4) Jede Vertragspartei kann die Schaffung zusätzlicher Mechanismen erwägen, um andere Vertragsparteien an Informationen oder Beweismitteln, die zur Begründung strafrechtlicher, zivilrechtlicher oder verwaltungsrechtlicher Verantwortlichkeit nach Artikel 10 erforderlich sind, teilhaben zu lassen.
Artikel 18
Auslieferung oder Strafverfolgung
- (1) Ist die Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet sich der Verdächtige befindet, nach Artikel 14 zuständig, so ist sie, wenn sie ihn nicht ausliefert, verpflichtet, den Fall ohne irgendeine Ausnahme und unabhängig davon, ob die Straftat in ihrem Hoheitsgebiet begangen wurde, ohne unangemessene Verzögerung ihren zuständigen Behörden zum Zweck der Strafverfolgung in einem Verfahren nach ihrem Recht zu unterbreiten. Diese Behörden treffen ihre Entscheidung in der gleichen Weise wie im Fall einer anderen schweren Straftat nach dem Recht dieser Vertragspartei.
- (2) Darf eine Vertragspartei nach innerstaatlichem Recht einen Staatsangehörigen nur unter der Bedingung ausliefern oder überstellen, dass die betreffende Person ihr rücküberstellt wird, um die Strafe zu verbüßen, die als Ergebnis des Gerichts- oder anderen Verfahrens verhängt wird, dessentwegen um ihre Auslieferung oder Überstellung ersucht wurde, und sind diese Vertragspartei und die um Auslieferung ersuchende Vertragspartei mit dieser Vorgehensweise und etwaigen anderen Bedingungen, die sie für zweckmäßig erachten, einverstanden, so entbindet diese bedingte Auslieferung oder Überstellung von der in Absatz 1 genannten Verpflichtung.
Artikel 19
Auslieferung
- (1) Die in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten gelten als in jeden zwischen Vertragsparteien vor dem Inkrafttreten dieses Übereinkommens bestehenden Auslieferungsvertrag einbezogene der Auslieferung unterliegende Straftaten. Die Vertragsparteien verpflichten sich, diese Straftaten als der Auslieferung unterliegende Straftaten in jeden künftig zwischen ihnen zu schließenden Auslieferungsvertrag aufzunehmen.
- (2) Erhält eine Vertragspartei, welche die Auslieferung vom Bestehen eines Vertrags abhängig macht, ein Auslieferungsersuchen von einer anderen Vertragspartei, mit der sie keinen Auslieferungsvertrag hat, so steht es der ersuchten Vertragspartei frei, dieses Übereinkommen als Rechtsgrundlage für die Auslieferung in Bezug auf die in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten anzusehen. Die Auslieferung unterliegt im Übrigen den im Recht der ersuchten Vertragspartei vorgesehenen Bedingungen.
- (3) Vertragsparteien, welche die Auslieferung nicht vom Bestehen eines Vertrags abhängig machen, erkennen unter sich die in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten als der Auslieferung unterliegende Straftaten vorbehaltlich der im Recht der ersuchten Vertragspartei vorgesehenen Bedingungen an.
- (4) Die in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten werden für die Zwecke der Auslieferung zwischen Vertragsparteien nötigenfalls so behandelt, als seien sie nicht nur an dem Ort, an dem sie sich ereignet haben, sondern auch in den Hoheitsgebieten der Vertragsparteien begangen worden, die nach Artikel 14 ihre Gerichtsbarkeit begründet haben.
- (5) Die Bestimmungen aller Auslieferungsverträge und sonstigen Übereinkünfte über Auslieferung zwischen den Vertragsparteien gelten hinsichtlich der in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten als im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien geändert, soweit sie mit diesem Übereinkommen unvereinbar sind.
Artikel 20
Ausschluss der Ausnahmeregelung für politische Straftaten
- (1) Für die Zwecke der Auslieferung oder der Rechtshilfe wird keine der in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten als politische Straftat, als eine mit einer politischen Straftat zusammenhängende oder als eine auf politischen Beweggründen beruhende Straftat angesehen. Folglich darf ein Ersuchen um Auslieferung oder Rechtshilfe, das auf einer solchen Straftat beruht, nicht allein mit der Begründung abgelehnt werden, dass es sich um eine politische Straftat, um eine mit einer politischen Straftat zusammenhängende oder um eine auf politischen Beweggründen beruhende Straftat handle.
- (2) Unbeschadet der Anwendbarkeit der Artikel 19 bis 23 des Wiener Übereinkommens vom 23. Mai 1969 über das Recht der Verträge auf die anderen Artikel dieses Übereinkommens kann jeder Staat oder die Europäische Gemeinschaft bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungsoder Beitrittsurkunde zu diesem Übereinkommen erklären, dass er oder sie sich das Recht vorbehält, Absatz 1 nicht anzuwenden, sofern es sich um eine Auslieferung wegen einer in diesem Übereinkommen genannten Straftat handelt. Die Vertragspartei verpflichtet sich, diesen Vorbehalt im Einzelfall auf der Grundlage einer gebührend begründeten Entscheidung anzuwenden.
- (3) Eine Vertragspartei kann einen Vorbehalt, den sie nach Absatz 2 angebracht hat, durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung ganz oder teilweise zurücknehmen; die Erklärung wird mit ihrem Eingang wirksam.
- (4) Eine Vertragspartei, die einen Vorbehalt nach Absatz 2 angebracht hat, kann nicht verlangen, dass eine andere Vertragspartei Absatz 1 anwendet; sie kann jedoch, wenn es sich um einen Teilvorbehalt oder einen bedingten Vorbehalt handelt, die Anwendung dieses Artikels insoweit verlangen, als sie selbst ihn angenommen hat.
- (5) Der Vorbehalt ist vom Tag des Inkrafttretens dieses Übereinkommens für die betreffende Vertragspartei an für einen Zeitabschnitt von drei Jahren gültig. Der Vorbehalt kann jedoch für Zeitabschnitte derselben Dauer erneuert werden.
- (6) Zwölf Monate vor Erlöschen des Vorbehalts unterrichtet der Generalsekretär des Europarats die betreffende Vertragspartei über dieses Erlöschen. Spätestens drei Monate vor dem Erlöschen notifiziert die Vertragspartei dem Generalsekretär des Europarats ihre Absicht, den Vorbehalt aufrechtzuerhalten, zu ändern oder zurückzunehmen. Notifiziert eine Vertragspartei dem Generalsekretär des Europarats, dass sie ihren Vorbehalt aufrechterhält, so erläutert sie die Gründe für die Aufrechterhaltung. In Ermangelung einer Notifikation der betreffenden Vertragspartei teilt der Generalsekretär des Europarats dieser Vertragspartei mit, dass ihr Vorbehalt automatisch um sechs Monate verlängert wird. Notifiziert die betreffende Vertragspartei ihre Entscheidung, ihren Vorbehalt aufrechtzuerhalten oder zu ändern, nicht vor Ablauf dieses Zeitabschnitts, so erlischt der Vorbehalt.
- (7) Liefert eine Vertragspartei, nachdem sie ein Auslieferungsersuchen einer anderen Vertragspartei erhalten hat, eine Person in Anwendung dieses Vorbehalts nicht aus, so unterbreitet sie den Fall ohne jede Ausnahme und ohne unangemessene Verzögerung ihren zuständigen Behörden zum Zweck der Strafverfolgung, sofern zwischen der ersuchenden Vertragspartei und der ersuchten Vertragspartei nichts anderes vereinbart wird. Die zuständigen Behörden treffen zum Zweck der Strafverfolgung im Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei ihre Entscheidung in der gleichen Weise wie im Fall einer schweren Straftat nach dem Recht dieses Staates. Die ersuchte Vertragspartei unterrichtet die ersuchende Vertragspartei und den Generalsekretär des Europarats ohne unangemessene Verzögerung über den Ausgang des Verfahrens; der Generalsekretär teilt den Ausgang des Verfahrens der in Artikel 30 vorgesehenen Konsultationsrunde der Vertragsparteien mit.
- (8) Die Entscheidung, das Auslieferungsersuchen auf der Grundlage dieses Vorbehalts abzulehnen, wird der ersuchenden Vertragspartei umgehend mitgeteilt. Ergeht im Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist keine gerichtliche Entscheidung in der Sache nach Absatz 7, so kann die ersuchende Vertragspartei dies dem Generalsekretär des Europarats mitteilen; dieser unterbreitet die Angelegenheit der in Artikel 30 vorgesehenen Konsultationsrunde der Vertragsparteien. Die Konsultationsrunde prüft die Angelegenheit und nimmt zu der Frage Stellung, ob die Ablehnung mit dem Übereinkommen in Einklang steht; diese Stellungnahme legt sie dem Ministerkomitee im Hinblick auf die Abgabe einer entsprechenden Erklärung vor. Bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben nach diesem Absatz tagt das Ministerkomitee in seiner auf die Vertragsstaaten begrenzten Zusammensetzung.
Artikel 21
Diskriminierungsklausel
- (1) Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen, als enthalte es eine Verpflichtung zur Auslieferung oder Rechtshilfe, wenn die ersuchte Vertragspartei ernstliche Gründe für die Annahme hat, dass das Auslieferungsersuchen wegen in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannter Straftaten oder das Ersuchen um Rechtshilfe in Bezug auf solche Straftaten gestellt worden ist, um eine Person wegen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer ethnischen Herkunft oder ihrer politischen Anschauungen zu verfolgen oder zu bestrafen, oder dass die Lage dieser Person aus einem dieser Gründe erschwert werden könnte, wenn dem Ersuchen stattgegeben würde.
- (2) Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen, als enthalte es eine Verpflichtung zur Auslieferung, wenn der Person, um deren Auslieferung ersucht wird, Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung droht.
- (3) Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen, als enthalte es eine Verpflichtung zur Auslieferung, wenn der Person, um deren Auslieferung ersucht wird, die Todesstrafe oder, falls die Rechtsvorschriften der ersuchten Vertragspartei keine lebenslange Freiheitsstrafe vorsehen, eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung auf Bewährung droht, es sei denn, dass die ersuchte Vertragspartei nach den anwendbaren Auslieferungsverträgen zur Auslieferung verpflichtet ist, wenn die ersuchende Vertragspartei eine von der ersuchten Vertragspartei als hinreichend erachtete Zusicherung abgibt, dass die Todesstrafe nicht verhängt oder, sollte sie verhängt werden, nicht vollstreckt wird oder dass gegen den Verfolgten keine lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung auf Bewährung verhängt wird.
Artikel 22
Unaufgeforderte Übermittlung von Informationen
- (1) Unbeschadet ihrer eigenen Ermittlungen oder Verfahren können die zuständigen Behörden einer Vertragspartei ohne vorheriges Ersuchen den zuständigen Behörden einer anderen Vertragspartei Informationen übermitteln, die sie im Rahmen ihrer eigenen Ermittlungen gewonnen haben, wenn sie der Auffassung sind, dass die Übermittlung dieser Informationen der Vertragspartei, welche die Informationen empfängt, bei der Einleitung oder Durchführung von Ermittlungen oder Verfahren helfen oder dazu führen könnte, dass diese Vertragspartei ein Ersuchen nach diesem Übereinkommen stellt.
- (2) Die Vertragspartei, welche die Informationen zur Verfügung stellt, kann nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts Bedingungen für die Verwendung dieser Informationen durch die Vertragspartei, welche die Informationen empfängt, festlegen.
- (3) Die Vertragspartei, welche die Informationen empfängt, ist an diese Bedingungen gebunden.
- (4) Jede Vertragspartei kann jedoch jederzeit durch eine Erklärung, die an den Generalsekretär des Europarats gerichtet wird, erklären, dass sie sich das Recht vorbehält, nicht an die Bedingungen gebunden zu sein, die nach Absatz 2 von der Vertragspartei, welche die Informationen zur Verfügung stellt, festgelegt worden sind, sofern sie nicht zuvor über die Art dieser Informationen unterrichtet worden ist und deren Übermittlung zustimmt.
Artikel 23
Unterzeichnung und Inkrafttreten
- (1) Dieses Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats, für die Europäische Gemeinschaft und für Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt haben, zur Unterzeichnung auf.
- (2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung. Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
- (3) Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem sechs Unterzeichner, darunter mindestens vier Mitgliedstaaten des Europarats, nach Absatz 2 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Übereinkommen gebunden zu sein.
- (4) Für jeden Unterzeichner, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch dieses Übereinkommen gebunden zu sein, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem er nach Absatz 2 seine Zustimmung ausgedrückt hat, durch das Übereinkommen gebunden zu sein.
Artikel 24
Beitritt zum Übereinkommen
- (1) Nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens kann das Ministerkomitee des Europarats nach Konsultation der Vertragsparteien des Übereinkommens und mit deren einhelliger Zustimmung jeden Staat, der nicht Mitglied des Europarats ist und der sich nicht an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt hat, einladen, dem Übereinkommen beizutreten. Der Beschluss wird mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit und mit einhelliger Zustimmung der Vertreter der Vertragsparteien, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben, gefasst.
- (2) Für jeden Staat, der dem Übereinkommen nach Absatz 1 beitritt, tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Generalsekretär des Europarats folgt.
Artikel 25
Räumlicher Geltungsbereich
- (1) Jeder Staat oder die Europäische Gemeinschaft kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Übereinkommen Anwendung findet.
- (2) Jede Vertragspartei kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken. Das Übereinkommen tritt für dieses Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt.
- (3) Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in Bezug auf jedes darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Artikel 26
Wirkungen des Übereinkommens
- (1) Dieses Übereinkommen ergänzt die zwischen den Vertragsparteien anwendbaren zwei- oder mehrseitigen Verträge oder sonstigen Übereinkünfte, einschließlich der folgenden Verträge des Europarats:
- - Europäisches Auslieferungsübereinkommen, am 13. Dezember 1957 in Paris zur Unterzeichnung aufgelegt (SEV Nr. 24);
- - Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen, am 20. April 1959 in Straßburg zur Unterzeichnung aufgelegt (SEV Nr. 30);
- - Europäisches Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus, am 27. Januar 1977 in Straßburg zur Unterzeichnung aufgelegt (SEV Nr. 90);
- - Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen, am 17. März 1978 in Straßburg zur Unterzeichnung aufgelegt (SEV Nr. 99);
- - Zweites Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen, am 8. November 2001 in Straßburg zur Unterzeichnung aufgelegt (SEV Nr. 182);
- - Protokoll zur Änderung des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus, am 15. Mai 2003 in Straßburg zur Unterzeichnung aufgelegt (SEV Nr. 190).
- (2) Haben zwei oder mehr Vertragsparteien bereits eine Übereinkunft oder einen Vertrag über Fragen geschlossen, die in diesem Übereinkommen geregelt sind, oder haben sie ihre Beziehungen in diesen Fragen anderweitig geregelt oder sollten sie dies in Zukunft tun, so sind sie auch berechtigt, die Übereinkunft oder den Vertrag oder die entsprechenden Regelungen anzuwenden. Regeln Vertragsparteien ihre Beziehungen in den in diesem Übereinkommen geregelten Fragen jedoch anders als hierin vorgesehen, so tun sie dies in einer Weise, die zu den Zielen und Grundsätzen des Übereinkommens nicht in Widerspruch steht.
- (3) Unbeschadet des Ziels und Zwecks dieses Übereinkommens und seiner uneingeschränkten Anwendung gegenüber anderen Vertragsparteien wenden Vertragsparteien, die Mitglieder der Europäischen Union sind, in ihren Beziehungen untereinander die Vorschriften der Gemeinschaft und der Europäischen Union an, soweit es für die betreffende Frage Vorschriften der Gemeinschaft und der Europäischen Union gibt und diese auf den konkreten Fall anwendbar sind.
- (4) Dieses Übereinkommen lässt andere Rechte, Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten, die sich für eine Vertragspartei und für Einzelpersonen aus dem Völkerrecht, einschließlich des humanitären Völkerrechts, ergeben, unberührt.
- (5) Die Tätigkeiten von Streitkräften während eines bewaffneten Konflikts im Sinne des humanitären Völkerrechts, die von jenem Recht erfasst werden, sind von diesem Übereinkommen nicht erfasst; die Tätigkeiten, die Streitkräfte einer Vertragspartei in Erfüllung ihrer dienstlichen Pflichten ausüben, sind von diesem Übereinkommen ebenfalls nicht erfasst, soweit sie von anderen Regeln des Völkerrechts erfasst sind.
Artikel 27
Änderungen des Übereinkommens
- (1) Jede Vertragspartei, das Ministerkomitee des Europarats oder die Konsultationsrunde der Vertragsparteien kann Änderungen dieses Übereinkommens vorschlagen.
- (2) Alle Änderungsvorschläge werden den Vertragsparteien vom Generalsekretär des Europarats übermittelt.
- (3) Jede von einer Vertragspartei oder vom Ministerkomitee vorgeschlagene Änderung wird außerdem der Konsultationsrunde der Vertragsparteien übermittelt; diese legt dem Ministerkomitee ihre Stellungnahme zu dem Änderungsvorschlag vor.
- (4) Das Ministerkomitee prüft den Änderungsvorschlag und jede von der Konsultationsrunde der Vertragsparteien vorgelegte Stellungnahme und kann die Änderung genehmigen.
- (5) Der Wortlaut jeder vom Ministerkomitee nach Absatz 4 genehmigten Änderung wird den Vertragsparteien zur Annahme übermittelt.
- (6) Jede nach Absatz 4 genehmigte Änderung tritt am dreißigsten Tag nach dem Tag in Kraft, an dem alle Vertragsparteien dem Generalsekretär mitgeteilt haben, dass sie sie angenommen haben.
Artikel 28
Überarbeitung des Anhangs
- (1) Zur Aktualisierung der Vertragsliste im Anhang kann jede Vertragspartei oder das Ministerkomitee Änderungen vorschlagen. Diese Änderungsvorschläge können nur Verträge mit universeller Geltung betreffen, die im Rahmen des Systems der Vereinten Nationen geschlossen wurden, sich eigens mit dem internationalen Terrorismus befassen und in Kraft getreten sind. Die Änderungsvorschläge werden den Vertragsparteien vom Generalsekretär des Europarats übermittelt.
- (2) Das Ministerkomitee kann, nachdem es die Vertragsparteien, die nicht Mitglieder sind, konsultiert hat, einen Änderungsvorschlag mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit beschließen. Diese Änderung tritt nach Ablauf eines Zeitabschnitts von einem Jahr nach ihrer Übermittlung an die Vertragsparteien in Kraft. Während dieses Zeitabschnitts kann jede Vertragspartei dem Generalsekretär des Europarats einen Einspruch gegen das Inkrafttreten der Änderung für diese Vertragspartei notifizieren.
- (3) Notifiziert ein Drittel der Vertragsparteien dem Generalsekretär des Europarats einen Einspruch gegen das Inkrafttreten der Änderung, so tritt diese nicht in Kraft.
- (4) Notifiziert weniger als ein Drittel der Vertragsparteien einen Einspruch, so tritt die Änderung für die Vertragsparteien in Kraft, die keinen Einspruch notifiziert haben.
- (5) Ist eine Änderung nach Absatz 2 in Kraft getreten und hat eine Vertragspartei einen Einspruch gegen diese Änderung notifiziert, so tritt sie für diese Vertragspartei am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Tag folgt, an dem sie dem Generalsekretär des Europarats ihre Annahme notifiziert.
Artikel 29
Beilegung von Streitigkeiten
Im Fall einer Streitigkeit zwischen den Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens bemühen sich die Vertragsparteien, die Streitigkeit durch Verhandlungen oder andere friedliche Mittel ihrer Wahl beizulegen, einschließlich der Befassung eines Schiedsgerichts, das für die an der Streitigkeit beteiligten Vertragsparteien bindende Entscheidungen fällt, oder des Internationalen Gerichtshofs, je nach Vereinbarung der betroffenen Vertragsparteien.
Artikel 30
Konsultationsrunde der Vertragsparteien
- (1) Die Vertragsparteien konsultieren einander in regelmäßigen Abständen im Hinblick auf
- a) die Unterbreitung von Vorschlägen zur Erleichterung oder Verbesserung der wirksamen Anwendung und Durchführung dieses Übereinkommens, einschließlich des Erkennens dabei etwa auftretender Probleme und der Folgen von Erklärungen, die nach diesem Übereinkommen abgegeben wurden;
- b) die Ausarbeitung ihrer Stellungnahme zu der Frage, ob die Ablehnung eines Auslieferungsersuchens, das ihnen nach Artikel 20 Absatz 8 unterbreitet wird, im Einklang mit diesem Übereinkommen steht;
- c) die Unterbreitung von Vorschlägen zur Änderung dieses Übereinkommens nach Artikel 27;
- d) die Ausarbeitung ihrer Stellungnahme zu jedem Vorschlag zur Änderung dieses Übereinkommens, der ihnen nach Artikel 27 Absatz 3 vorgelegt wird;
- e) die Abgabe von Stellungnahmen zu Fragen, welche die Anwendung dieses Übereinkommens sowie die Erleichterung des Informationsaustauschs über wichtige rechtliche, politische oder technologische Entwicklungen betreffen.
- (2) Die Konsultationsrunde der Vertragsparteien wird vom Generalsekretär des Europarats einberufen, wann immer er dies für erforderlich erachtet und immer dann, wenn eine Mehrheit der Vertragsparteien oder das Ministerkomitee um ihre Einberufung ersucht.
- (3) Die Vertragsparteien werden bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Artikel vom Sekretariat des Europarats unterstützt.
Artikel 31
Kündigung
- (1) Jede Vertragspartei kann dieses Übereinkommen jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.
- (2) Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
Artikel 32
Notifikation
Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats, der Europäischen Gemeinschaft, den Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung dieses Übereinkommens beteiligt haben, sowie jedem Staat, der diesem Übereinkommen beigetreten ist oder zum Beitritt zu ihm eingeladen worden ist,
- a) jede Unterzeichnung;
- b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;
- c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Übereinkommens nach Artikel 23;
- d) jede nach Artikel 1 Absatz 2, Artikel 22 Absatz 4 und Artikel 25 abgegebene Erklärung;
- e) jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen.
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen zu Warschau am 16. Mai 2005 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Mitgliedstaaten des Europarats, der Europäischen Gemeinschaft, den Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt haben, und allen zum Beitritt zu ihm eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften.
Anhang
- 1. Übereinkommen zur Bekämpfung der widerrechtlichen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen, unterzeichnet am 16. Dezember 1970 in Den Haag;
- 2. Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt, geschlossen am 23. September 1971 in Montreal;
- 3. Übereinkommen über die Verhütung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen einschließlich Diplomaten, angenommen am 14. Dezember 1973 in New York;
- 4. Internationales Übereinkommen gegen Geiselnahme, angenommen am 17. Dezember 1979 in New York;
- 5. Übereinkommen über den physischen Schutz von Kernmaterial, angenommen am 3. März 1980 in Wien;
- 6. Protokoll zur Bekämpfung widerrechtlicher gewalttätiger Handlungen auf Flughäfen, die der internationalen Zivilluftfahrt dienen, beschlossen am 24. Februar 1988 in Montreal;
- 7. Übereinkommen zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt, beschlossen am 10. März 1988 in Rom;
- 8. Protokoll zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit fester Plattformen, die sich auf dem Festlandsockel befinden, beschlossen am 10. März 1988 in Rom;
- 9. Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge, angenommen am 15. Dezember 1997 in New York;
- 10. Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus, angenommen am 9. Dezember 1999 in New York;
- 11. Internationales Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen, angenommen am 13. April 2005 in New York1).
1) Änderung des Anhangs, angenommen von den Ministerbeauftragten in ihrer 1034. Sitzung (11. September 2008, Punkt 10.1) und in Kraft getreten am 13. September 2009 in Übereinstimmung mit Artikel 28 des Übereinkommens.
Denkschrift
I. Allgemeines
Das Übereinkommen des Europarats vom 16. Mai 2005 zur Verhütung des Terrorismus (im Folgenden: Übereinkommen) widmet sich dem Aspekt der Prävention von Terrorismus und ergänzt die bestehenden Antiterrorismus-Übereinkommen der Vereinten Nationen (VN). Es stellt damit ein wichtiges Instrument zur strafrechtlichen Bekämpfung des internationalen Terrorismus dar. Das Übereinkommen ist am 1. Juni 2007 in Kraft getreten.
Im Jahr 2003 war auf Beschluss des Ministerkomitees des Europarats das Expertenkomitee zur Terrorismusbekämpfung, CODEXTER ("Committee of Experts on Terrorism"), eingerichtet worden, das Ende Februar 2005 dem Ministerkomitee den Entwurf für das Übereinkommen vorlegte. Für die Arbeit von CODEXTER waren insbesondere von Bedeutung die Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats 1550(2002) über die Bekämpfung des Terrorismus und die Achtung der Menschenrechte sowie die Leitlinien über die Menschenrechte und die Bekämpfung des Terrorismus, die vom Ministerkomitee des Europarats am 11. Juli 2002 angenommen worden waren.
Das Übereinkommen reiht sich ein in die internationalen Übereinkünfte, deren gemeinsames Ziel die Verhütung und die Bekämpfung des Terrorismus ist. Es versucht dieses Ziel insbesondere dadurch zu erreichen, dass bestimmte Verhaltensweisen unter Strafe gestellt werden, die das Potential haben, zu terroristischen Straftaten zu führen. So werden die Vertragsparteien des Übereinkommens verpflichtet, die öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat sowie die Anwerbung und Ausbildung für terroristische Zwecke unter Strafe zu stellen, wenn diese Handlungen rechtswidrig und vorsätzlich begangen werden. Gleichzeitig setzt das Übereinkommen auf die strikte Wahrung der menschenrechtlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätze.
Der Begriff der "terroristischen Straftat" spielt für die Anwendung des Übereinkommens eine zentrale Rolle. Jedoch definiert das Übereinkommen den Begriff nicht selbst, sondern verweist insoweit auf bestehende VN-Übereinkommen. Es handelt sich dabei um mittlerweile elf sektorale VN-Antiterrorismus-Übereinkommen, die Straftatbestände zu bestimmten Sachgebieten enthalten. Dazu gehören z.B. das Übereinkommen zur Bekämpfung der widerrechtlichen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen und das Internationale Übereinkommen gegen Geiselnahme. Am 13. September 2009 neu aufgenommen wurde das VN-Übereinkommen vom 13. April 2005 zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen (Notifikation des Generalsekretärs des Europarats vom 18. September 2009).
Das Übereinkommen liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats, für die Europäische Gemeinschaft und für Nichtmitgliedstaaten, die sich an dessen Ausarbeitung beteiligt haben, zur Zeichnung auf. Ferner kann das Ministerkomitee des Europarats nach Konsultation der Vertragsparteien des Übereinkommens und mit deren einhelliger Zustimmung Staaten, die nicht Mitglied des Europarats sind und die sich nicht an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt haben, einladen, dem Übereinkommen beizutreten.
II. Zu den einzelnen Bestimmungen
Zur Präambel
Die Präambel betont, dass terroristische Straftaten und die in dem Übereinkommen genannten Straftaten unter keinen Umständen gerechtfertigt werden können, indem politische, philosophische, weltanschauliche, rassische, ethnische, religiöse oder sonstige Erwägungen ähnlicher Art angeführt werden. Gleichzeitig bekräftigt die Präambel die Notwendigkeit, dass alle Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung des Terrorismus unter Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Werte, der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu treffen sind.
Zu Artikel 1 (Begriffsbestimmung)
Absatz 1 definiert den Begriff "terroristische Straftat" als eine Straftat im Geltungsbereich und nach der Begriffsbestimmung einer der im Anhang des Übereinkommens aufgeführten Verträge. Dabei handelt es sich um ursprünglich zehn sektorale Antiterrorismus-Übereinkommen der Vereinten Nationen. Durch Entscheidung des Ministerkomitees vom 11. September 2008 gemäß Artikel 28 Absatz 2 wurde am 13. September 2009 mit dem Internationalen Übereinkommen vom 13. April 2005 zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen (BGBl. 2007 II S. 1586, 1587) zwischenzeitlich ein elftes sektorales VN-Antiterrorismus-Übereinkommen in den Anhang aufgenommen (Notifikation des Generalsekretärs des Europarats vom 18. September 2009). Das Übereinkommen des Europarats verweist somit zur Definition "terroristischer Straftaten" auf die bereits in den bestehenden Antiterrorismus-Übereinkommen enthaltenen Begriffsbestimmungen.
Absatz 2 ist Vorschriften in anderen internationalen Übereinkommen gegen den Terrorismus nachempfunden. Die Regelung ermöglicht es den Vertragsparteien, diejenigen Übereinkommen aus dem Anhang auszuschließen, die sie nicht ratifiziert haben. Die Bundesrepublik Deutschland hat alle Übereinkommen, die dem Anhang unterfallen, ratifiziert.
Zu Artikel 2 (Zweck)
Gemäß Artikel 2 hat das Übereinkommen den Zweck, die Bestrebungen der Vertragsparteien zur Verhütung des Terrorismus und seiner nachteiligen Auswirkungen auf den uneingeschränkten Genuss der Menschenrechte, insbesondere des Rechts auf Leben, sowohl durch innerstaatlich zu treffende Maßnahmen als auch durch internationale Zusammenarbeit zu fördern.
Zu Artikel 3 (Innerstaatliche Maßnahmen zur Verhütung des Terrorismus)
Artikel 3 bezweckt eine Verbesserung der innerstaatlichen Zusammenarbeit, um Terrorismus zu verhüten. Die Vorschrift stellt dabei insbesondere auf vier Bereiche ab: Aus- und Weiterbildung der Strafverfolgungsbehörden und anderer Einrichtungen sowie in den Bereichen Kultur, Information, Medien und Bewusstseinsbildung in der Öffentlichkeit (Absatz 1), Zusammenarbeit zwischen den innerstaatlichen Behörden (Absatz 2), Förderung von Toleranz (Absatz 3) sowie Zusammenarbeit der Bürgerinnen und Bürger mit den innerstaatlichen Behörden (Absatz 4). Die im Übereinkommen genannten innerstaatlichen Maßnahmen bilden dabei keinen abschließenden Katalog und auch die Art und Weise der Umsetzung obliegt der Einschätzung jeder einzelnen Vertragspartei.
Zu Artikel 4 (Internationale Zusammenarbeit bei der Verhütung des Terrorismus)
Artikel 4 betrifft die internationale Zusammenarbeit und bezweckt, die Fähigkeit der Vertragsparteien zur Terrorismusverhütung zu verbessern. Die in Frage kommenden Maßnahmen, wie die beispielhaft aufgezählten Maßnahmen des Informationsaustauschs und der Unterstützung bei Aus- und Weiterbildung, stehen unter dem Vorbehalt, dass die betreffenden Vertragsparteien sie für angebracht und durchführbar erachten.
Zu den Artikeln 5 bis 7 im Allgemeinen
Die Artikel 5 bis 7 bilden die Kernvorschriften des Übereinkommens. Sie verpflichten die Vertragsparteien, die öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat (Artikel 5), die Anwerbung für terroristische Zwecke (Artikel 6) sowie die Ausbildung für terroristische Zwecke (Artikel 7) unter Strafe zu stellen, ergänzt durch weitere Strafvorschriften (Artikel 9). Bei diesen Straftaten handelt es sich nicht um terroristische Straftaten im Sinne des Anhangs zum Übereinkommen (Artikel 1), sondern um Straftaten, die mit solchen terroristischen Straftaten in Zusammenhang stehen und das Potential haben, zu solchen Straftaten zu führen (Erläuternder Bericht, Anm. 77, 78). Das Übereinkommen zielt nicht darauf ab, solche Handlungen unter Strafe zu stellen, die eine nur theoretische Verknüpfung zu terroristischen Straftaten haben (Erläuternder Bericht, Anm. 49). Für die Strafbarkeit der Handlungen ist nicht notwendig, dass eine terroristische Straftat tatsächlich begangen wird (Artikel 8). Für die Anwendung des Übereinkommens ist auch unerheblich, wo eine solche terroristische Straftat begangen werden soll (Erläuternder Bericht, Anm. 126). Entscheidend ist, dass die genannten Handlungen rechtswidrig und vorsätzlich begangen werden.
Zu Artikel 5 (Öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat)
Artikel 5 Absatz 2 verpflichtet die Vertragsparteien, die rechtswidrige und vorsätzliche öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat nach innerstaatlichem Recht unter Strafe zu stellen. Absatz 1 definiert die öffentliche Aufforderung als das öffentliche Verbreiten oder sonstige öffentliche Zugänglichmachen einer Botschaft mit dem Vorsatz, zur Begehung einer terroristischen Straftat anzustiften, wenn dieses Verhalten, unabhängig davon, ob dabei terroristische Straftaten unmittelbar befürwortet werden, die Gefahr begründet, dass eine oder mehrere solcher Straftaten begangen werden könnten.
Der von CODEXTER erarbeitete Erläuternde Bericht zum Übereinkommen führt aus, dass mit dieser Vorschrift nicht nur die direkte, sondern auch die indirekte Aufforderung zur Begehung terroristischer Straftaten erfasst werden soll, die etwa im Verbreiten von Nachrichten, welche den Täter eines terroristischen Anschlags verherrlichen, die Opfer herabwürdigen, die finanzielle Unterstützung terroristischer Organisationen fordern, oder in ähnlichem Verhalten liegen kann (Erläuternder Bericht, Anm. 95, 96). Die Strafbestimmung steht im Spannungsfeld zwischen den berechtigten Interessen der Vertragsparteien an der Verhütung des Terrorismus einerseits und dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK) andererseits.
Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist ein Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft und schützt auch beleidigende, verstörende oder schockierende Meinungen (Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 8. Juli 1986, Lingens gegen Österreich). Allerdings wird dieses Grundrecht nicht absolut und uneingeschränkt gewährt (Artikel 10 Absatz 2 EMRK). Es findet daher seine Grenzen, wo nicht nur Kritik geübt, sondern zu gewalttätigen terroristischen Handlungen angestiftet wird. Die Vorschrift setzt dabei aber voraus, dass die Umstände der Aufforderung, wie etwa der Adressatenkreis oder die Stellung des Urhebers, die Gefahr begründen, dass eine oder mehrere terroristische Straftaten begangen werden könnten. Vom Anwendungsbereich erfasst sind nur öffentliche Aufforderungen, insbesondere mittels gedruckter Publikationen, anderer Massenmedien, öffentlicher Ansprachen oder Internet (Chatrooms, Diskussionsforen, E-Mail).
Bei der Umsetzung der Strafbarkeitsverpflichtung nach Artikel 5 ist Artikel 12, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, zu beachten. In der Bundesrepublik Deutschland wird die Verpflichtung nach Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 12 insbesondere durch die Bestimmungen der §§ 91, 111 Absatz 1 und 2, §§ 26, 27, 30 des Strafgesetzbuches (StGB) erfüllt. Darüber hinaus sind - für terroristische Vereinigungen - die §§ 129a, 129b StGB einschlägig.
Zu Artikel 6 (Anwerbung für terroristische Zwecke)
Artikel 6 verpflichtet die Vertragsparteien, die rechtswidrige und vorsätzliche Anwerbung für terroristische Zwecke unter Strafe zu stellen. Absatz 1 definiert dies als "eine andere Person dazu zu bestimmen, eine terroristische Straftat zu begehen, sich an deren Begehung zu beteiligen oder sich einer Vereinigung oder einer Gruppe zu dem Zweck anzuschließen, zur Begehung einer oder mehrerer terroristischer Straftaten durch die Vereinigung oder Gruppe beizutragen".
Das "Bestimmen" kann auf vielfältige Weise geschehen, wie etwa über das Internet oder durch unmittelbar persönliches Ansprechen. Für die Vollendung des Delikts ist eine Beteiligung der angeworbenen Person an der Begehung einer terroristischen Straftat bzw. deren Anschluss an eine entsprechende Gruppe oder Vereinigung nicht erforderlich. Der Erläuternde Bericht (Anm. 112) stellt dies klar, indem darauf hingewiesen wird, dass die Umsetzung der Artikel 6 und 9 Absatz 2 durch die Vertragsparteien zu einer Strafbarkeit sowohl der vollendeten als auch der begonnenen, aber noch nicht abgeschlossenen Anwerbung führt und es dabei unerheblich ist, ob sich die angeworbene Person letztlich an der Begehung einer terroristischen Straftat beteiligt oder sich einer entsprechenden Gruppe oder Vereinigung anschließt.
Artikel 12 verlangt, bei der Umsetzung dieses Straftatbestandes insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu berücksichtigen. In der Bundesrepublik Deutschland werden diese Vorgaben durch § 91 Absatz 1 Nummer 1, § 111 Absatz 1 und 2, §§ 26, 27, 30, 130, 130a StGB erfüllt. Darüber hinaus sind - für terroristische Vereinigungen - die §§ 129a, 129b StGB einschlägig.
Zu Artikel 7 (Ausbildung für terroristische Zwecke)
Artikel 7 verpflichtet die Vertragsparteien, die rechtswidrige und vorsätzliche Ausbildung für terroristische Zwecke unter Strafe zu stellen. Absatz 1 definiert diese als die "Unterweisung in der Herstellung oder im Gebrauch von Sprengstoffen, Feuer- oder sonstigen Waffen oder schädlichen oder gefährlichen Stoffen oder die Unterweisung in anderen spezifischen Methoden oder Verfahren mit dem Ziel, eine terroristische Straftat zu begehen oder zu deren Begehung beizutragen, in Kenntnis der Tatsache, dass die vermittelten Fähigkeiten für diesen Zweck eingesetzt werden sollen".
Das Übereinkommen beschränkt sich damit auf die Strafbarkeit des Ausbilders/der Ausbilderin; nicht vorgesehen ist eine etwaige Strafbarkeit der auszubildenden Person. Nach dem Übereinkommen muss der Täter/die Täterin in dem Wissen handeln, dass die von ihm/ihr zur Verfügung gestellten Informationen für die Begehung einer terroristischen Straftat oder für den Beitrag zur Begehung einer solchen Tat verwendet werden. Eine tatsächliche Begehung der terroristischen Straftat wird für die Strafbarkeit des Ausbilders/der Ausbilderin aber nicht vorausgesetzt. Das Übereinkommen selbst enthält keine Begriffsbestimmungen für "Sprengstoffe, Feuer- oder sonstige Waffen" etc. Diese richten sich nach den bestehenden internationalen Übereinkommen und dem innerstaatlichen Recht der Vertragsparteien.
Artikel 12 verlangt, bei der Umsetzung dieses Straftatbestandes insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu berücksichtigen. In der Bundesrepublik Deutschland werden diese Vor gaben durch § 89a Absatz 2 Nummer 1, §§ 91, 130a, 26, 27, 30 StGB erfüllt. Darüber hinaus sind - für terroristische Vereinigungen - die §§ 129a, 129b StGB einschlägig.
Zu Artikel 8 (Unerheblichkeit der tatsächlichen Begehung einer terroristischen Straftat)
Artikel 8 stellt klar, dass es für die Strafbarkeit einer Handlung nach den Artikeln 5 bis 7 nicht darauf ankommt, dass eine terroristische Straftat tatsächlich begangen wird. Der Erläuternde Bericht führt aus, dass jede Vertragspartei verpflichtet ist, die in den Artikeln 5 bis 7 genannten Taten zu bestrafen, unabhängig davon, ob etwa die Anwerbung oder Ausbildung auf die Begehung einer terroristischen Straftat im Hoheitsgebiet dieser Vertragspartei oder anderswo abzielt (Anm. 127).
Zu Artikel 9 (Ergänzende Straftatbestände)
Nach Artikel 9 treffen die Vertragsparteien weitere Kriminalisierungsverpflichtungen im Hinblick auf die in den Artikeln 5 bis 7 genannten Straftaten. Die Bestimmung entspricht bereits bestehenden Bestimmungen in internationalen Übereinkommen gegen den Terrorismus, wie dem Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge (BGBl. 2002 II S. 2506, 2507) und dem Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus (BGBl. 2003 II S. 1923, 1924).
Absatz 1 verpflichtet die Vertragsparteien, die Mittäterschaft und Teilnahme im Hinblick auf die Straftaten im Sinne der Artikel 5 bis 7 unter Strafe zu stellen. Umsetzungsbedarf besteht in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Vorschriften der §§ 25, 26, 27, 30 sowie 129, 129a, 129b StGB nicht.
Darüber hinaus werden die Vertragsparteien gemäß Absatz 2 zur Bestrafung des Versuchs der Straftaten im Sinne der Artikel 6 und 7 "nach ihrem innerstaatlichen Recht und in Übereinstimmung mit diesem" verpflichtet. Im Unterschied zu Absatz 1 ist die Versuchsstrafbarkeit nicht nur nach, sondern in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht vorzusehen, so dass national unterschiedliche Konzepte der Versuchsstrafbarkeit Berücksichtigung finden können. Von der Versuchsstrafbarkeit ausgenommen sind Straftaten im Sinne von Artikel 5 ("Öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat").
Zu Artikel 10 (Verantwortlichkeit juristischer Personen)
Diese Vorschrift betrifft die Verantwortlichkeit juristischer Personen für die Beteiligung an den in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten.
Die Verantwortlichkeit der juristischen Personen kann strafrechtlicher oder nicht strafrechtlicher Art sein (Absatz 2). Artikel 11 Absatz 3 schreibt aber vor, dass die Sanktionen oder Maßnahmen gegen juristische Personen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein und Geldsanktionen umfassen müssen. Mit den §§ 30, 130 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) besteht im deutschen Recht ein Instrumentarium, das den Anforderungen des Übereinkommens genügt. Diese Vorschriften sehen eine bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen (und anderer Personenvereinigungen) vor. Sie gilt für alle Straftaten, die von einer Leitungsperson oder - über § 130 OWiG - einem sonstigen Mitarbeiter/einer sonstigen Mitarbeiterin des Verbandes begangen werden.
Zu Artikel 11 (Sanktionen und Maßnahmen)
Für natürliche Personen müssen die vorgesehenen strafrechtlichen Sanktionen und Maßnahmen "wirksam, verhältnismäßig und abschreckend" sein (Absatz 1). Für juristische Personen genügen auch nichtstrafrechtliche Sanktionen oder Maßnahmen, die allerdings Geldsanktionen umfassen müssen (Absatz 3). Umsetzungsbedarf besteht im deutschen Recht nicht:
- - Gegen natürliche Personen ist nach den einschlägigen Straftatbeständen die Verhängung von Geldstrafe oder von Freiheitsstrafe möglich. Sofern bereits eine rechtskräftige Verurteilung in einem ausländischen Staat wegen im Übereinkommen genannter Straftaten vorliegt, verweist Absatz 2 darauf, dass sich deren etwaige Berücksichtigung bei der Bestimmung des Strafmaßes nach innerstaatlichem Recht zu richten hat. Im deutschen Strafrecht werden Vorstrafen im Rahmen der Strafzumessung nach § 46 StGB zur Bewertung des Vorlebens nach § 46 Absatz 2 Satz 2 StGB herangezogen. Ausländische Verurteilungen sind bei der Strafzumessung nach § 46 StGB nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Kommentarliteratur ebenfalls verwertbar (vgl. BGH, Beschluss vom 1. August 2007 - 5 StR 282/07, StV 2007, 632; BayObLGSt 1978, 39 - 41; Schönke/SchröderStree, StGB, 27. Aufl., § 46 Rn. 32). Für Vortaten, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union abgeurteilt wurden, folgt dies nun im Hinblick auf den Rahmenbeschluss 2008/675/JI des Rates vom 24. Juli 2008 zur Berücksichtigung der in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ergangenen Verurteilungen in einem neuen Strafverfahren (ABl. L 220 vom 15.8.2008, S. 32) auch aus dem Gebot rahmenbeschlusskonformer Auslegung.
- - Den Anforderungen des Absatzes 3 hinsichtlich der Sanktionierung juristischer Personen wird das geltende Recht durch die Vorschrift des § 30 OWiG gerecht. § 30 Absatz 2 OWiG ermöglicht bei Straftaten als Anknüpfungstaten die Verhängung einer Geldbuße von bis zu einer Million Euro. Ist dies zur Abschöpfung des aus der Tat erlangten wirtschaftlichen Vorteils erforderlich, kann und soll dieser Betrag auch überschritten werden (§ 30 Absatz 3 in Verbindung mit § 17 Absatz 4 OWiG). Ergänzt werden diese bußgeldrechtlichen Regelungen durch die gewerbe- und gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten, die Tätigkeit des Unternehmens zu beschränken oder zu untersagen oder dessen Rechtsträger aufzulösen. Damit steht ein umfassendes Sanktionsinstrumentarium zur Verfügung.
Zu Artikel 12 (Bedingungen und Garantien)
Bei Artikel 12 handelt es sich neben den Artikeln 5 bis 7 und 9 um eine weitere Schlüsselvorschrift des Übereinkommens. Mit der Vorschrift soll der Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei der Bekämpfung des Terrorismus sichergestellt werden. Dies dient damit auch der Glaubwürdigkeit des Rechtsstaates in diesem Kampf.
Absatz 1 verpflichtet die Vertragsparteien, die Menschenrechte, insbesondere das Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Religionsfreiheit, bei der Schaffung, Umsetzung und Anwendung der Strafbarkeit nach den Artikeln 5 bis 7 und 9 zu wahren. Die Aufzählung der Menschenrechte und entsprechender Konventionen in Absatz 1 ist dabei nicht abschließend. Der Einschub "soweit diese auf die Vertragspartei anwendbar sind" ist dem Umstand geschuldet, dass das Instrument auch für Nichtmitgliedstaaten des Europarats offen steht (Artikel 23 Absatz 1, Artikel 24 Absatz 1). Diese Vertragsparteien haben diese Vorschrift entsprechend der für sie diesbezüglich geltenden Verpflichtungen umzusetzen.
Absatz 2 verlangt, dass die Strafbestimmungen im Bereich der Artikel 5 bis 7 und 9 ferner nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geschaffen, umgesetzt und angewandt werden und zudem jegliche Form der Willkür oder der diskriminierenden oder rassistischen Behandlung ausschließen.
Zu Artikel 13 (Schutz, Entschädigung und Unterstützung für Opfer des Terrorismus)
Artikel 13 verpflichtet die Vertragsparteien zum Schutz und zur Unterstützung von Personen, die Opfer terroristischer Handlungen in ihrem Hoheitsgebiet geworden sind. Diese Hilfe erfolgt dabei nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts. In diesem Zusammenhang ist insbesondere das Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten - Opferentschädigungsgesetz (OEG) - anzuführen, das bei einer gesundheitlichen Schädigung infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs im Inland bzw. auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug Anwendung findet und den Geschädigten bzw. den Hinterbliebenen einen Anspruch auf Versorgung gewährt. Einem tätlichen Angriff gleichgestellt ist die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib oder Leben durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen. Ausländische Geschädigte erhalten unter den dort genannten Voraussetzungen ebenfalls eine Versorgung nach dem OEG. Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des OEG (BGBl. 2009 I S. 1580), das am 1. Juli 2009 in Kraft trat, wurde dieser Kreis der Anspruchsberechtigten noch erweitert. Einbezogen wurden auch ausländische Geschädigte, die mit dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland lebenden ausländischen Personen bis zum dritten Grad verwandt oder in eingetragener Lebenspartnerschaft verbunden sind, sich vorübergehend in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten und hier Opfer einer Gewalttat werden.
Zu Artikel 14 (Gerichtsbarkeit)
Artikel 14 schreibt vor, in welchen Fällen die Vertragsparteien ihre Gerichtsbarkeit für die in dem Übereinkommen genannten Straftaten begründen müssen (Absätze 1 und 3) bzw. können (Absatz 2). Dadurch soll sichergestellt werden, dass in jedem Fall eine Vertragspartei für die Aburteilung der Tat zuständig ist. Wie sich aus Absatz 4 ergibt, können die Vertragsparteien ihre Strafgerichtsbarkeit auch anhand anderer Kriterien, die über die im Übereinkommen genannten hinausgehen, begründen.
- - Absatz 1 Buchstabe a umschreibt dabei das Territorialitätsprinzip,
- - Absatz 1 Buchstabe b das Flaggenprinzip und - Absatz 1 Buchstabe c das aktive Personalitätsprinzip.
Das Territorialitätsprinzip (Absatz 1 Buchstabe a) ist in § 3 StGB und das Flaggenprinzip (Absatz 1 Buchstabe b) in § 4 StGB verankert, die beide auch für die Strafvorschriften gelten, mit denen die Vorgaben dieses Übereinkommens in das deutsche Strafrecht umgesetzt werden. Ebenso verhält es sich mit § 7 Absatz 2 Nummer 1 StGB für das aktive Personalitätsprinzip (Absatz 1 Buchstabe c). Der Erläuternde Bericht stellt klar, dass sich die Verpflichtung der Vertragsparteien, die Gerichtsbarkeit nach Absatz 1 Buchstabe c zu begründen, darauf stützt, dass die Tatverdächtigen Staatsangehörige der Vertragspartei sind und die Tat auch nach dem am Tatort geltenden Recht strafbar ist bzw. außerhalb des Hoheitsbereichs irgendeines Staates begangen wird (Anm. 161). Die Bestimmung des Absatzes 3 entspricht im deutschen
Recht § 7 Absatz 2 Nummer 1 und 2 StGB. Die fakultativen Regelungen zur Begründung der Gerichtsbarkeit nach Absatz 2 sind im deutschen Strafrecht ebenfalls weitestgehend umgesetzt durch die Vorschriften der §§ 3, 5, 6, 7 Absatz 1 und 9 StGB.
Absatz 5 regelt den Fall, dass mehrere Vertragsparteien die Gerichtsbarkeit für eine bestimmte Straftat gleichzeitig für sich geltend machen, und sieht dafür Konsultationen vor. Wie der Einschub "soweit angebracht" verdeutlicht, ist die Verpflichtung zur gegenseitigen Konsultation aber nicht zwingend.
Zu Artikel 15 (Ermittlungspflicht)
Die Absätze 1 und 2 begründen Verpflichtungen einer Vertragspartei für den Fall, dass eine Person, die eine im Übereinkommen genannte Straftat begangen hat oder ihrer verdächtigt wird, sich möglicherweise auf ihrem Hoheitsgebiet aufhält. Demnach hat die Vertragspartei die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um den Sachverhalt zu untersuchen und die Anwesenheit dieser Person für die Zwecke der Strafverfolgung oder der Auslieferung sicherzustellen.
Die Ermittlungspflicht der Staatsanwaltschaften in der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich aus § 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung (StPO). Nach dieser Bestimmung sind die Staatsanwaltschaften von Gesetzes wegen verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte bestehen. Sobald eine Staatsanwaltschaft durch eine Anzeige oder auf anderem Wege von dem Verdacht einer Straftat Kenntnis erlangt, hat sie den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 160 Absatz 1 StPO). Die Anwesenheit von Beschuldigten im Strafverfahren wird (ggf.) durch die Vorschriften über die Untersuchungshaft in den §§ 112 ff. StPO sichergestellt.
Was die Sicherstellung der Auslieferung angeht, ist in der Bundesrepublik Deutschland dieser Verpflichtung durch die einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG), insbesondere § 16 IRG, Genüge getan.
Die Absätze 3 bis 5 verpflichten die Vertragsparteien, bestimmte Mindeststandards zum Schutz der Verfolgten zu schaffen. Die Beschuldigten oder Angeklagten sollen unverzüglich mit Vertretern ihrer Heimatstaaten oder, wenn sie staatenlos sind, mit Vertretern der Staaten, in denen sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, in Verbindung treten und diese empfangen können. Weiter ist die Verpflichtung enthalten, die Betroffenen über diese Rechte zu unterrichten. Nach Absatz 5 kann jede Vertragspartei, die eine Gerichtsbarkeit nach diesem Übereinkommen beanspruchen kann, das Internationale Komitee des Roten Kreuzes zur Kontaktaufnahme mit den Betroffenen einladen. Umsetzungsbedarf wird durch diese Bestimmungen, die den Vorschriften in den meisten Internationalen Übereinkommen gegen Terrorismus wie dem Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge entsprechen, nicht ausgelöst. Zum Recht von festgenommenen Beschuldigten, Kontakt zu ihrem Konsulat aufnehmen zu dürfen, und zu der diesbezüglichen Belehrungspflicht der Ermittlungsbehörden ist auf § 114b Absatz 2 Satz 3 StPO zu verweisen.
Zu Artikel 16 (Nichtanwendbarkeit des Übereinkommens)
Artikel 16 beschränkt den Anwendungsbereich des Übereinkommens auf Straftaten mit internationalem Bezug. Soweit bei den nach den Artikeln 5 bis 7 und 9 umschriebenen Straftaten reine Inlandstaten vorliegen und die Tatverdächtigen inländische Staatsangehörige sind und sich im Inland aufhalten, so dass keine andere Vertragspartei nach Artikel 14 Absatz 1 und 2 ihre Gerichtsbarkeit begründen kann, findet das Übereinkommen keine Anwendung. Lediglich die jeweils zutreffenden Bestimmungen in den Artikeln 17 und 20 bis 22 kommen zur Anwendung. Der Erläuternde Bericht weist darauf hin, dass Artikel 16 aber keinesfalls die Vertragsparteien einschränken soll, solche Inlandstaten entsprechend den Artikeln 5 bis 7, 9 und 12 unter Strafe zu stellen (Anm. 182).
Zu Artikel 17 (Internationale Zusammenarbeit in Strafsachen)
Diese Vorschrift enthält allgemeine Grundsätze zur internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen. So sollen die Vertragsparteien einander die "weitestgehende Hilfe im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen sowie Straf- und Auslieferungsverfahren in Bezug auf die in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten" gewähren. Davon erfasst soll auch die Hilfe bei der Beschaffung der sich im Besitz der Vertragsparteien befindlichen und für das Verfahren erforderlichen Beweismittel sein. Schließlich ergibt sich aus Artikel 17, dass die Verpflichtung der Vertragsparteien zur internationalen Zusammenarbeit im größtmöglichen Umfang nur in den Grenzen einschlägiger völkerrechtlicher Vereinbarungen bzw. ihres jeweiligen innerstaatlichen Rechts besteht. Umsetzungsbedarf kann aus dieser Vorschrift somit nicht entstehen. Soweit keine völkerrechtlichen Vereinbarungen vorgehen, ist in der Bundesrepublik Deutschland die internationale Zusammenarbeit in strafrechtlichen Verfahren durch das Gesetz über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) umfassend geregelt. Absatz 4 enthält eine unverbindliche Einladung, die Schaffung zusätzlicher Mechanismen zur Informationsweitergabe zu erwägen.
Zu Artikel 18 (Auslieferung oder Strafverfolgung)
Artikel 18 ist vergleichbaren Vorschriften im Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge und im Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus nachempfunden. Absatz 1 enthält den Grundsatz "aut dedere aut iudicare". Eine nach Artikel 14 zuständige Vertragspartei, die eine Auslieferung ablehnt, muss die Strafverfolgung selbst vornehmen, unabhängig davon, ob die Straftat in ihrem Hoheitsgebiet begangen wurde. Die Vertragspartei ist verpflichtet, unverzüglich durch ihre zuständigen Behörden zum Zwecke der Strafverfolgung ein Verfahren nach ihrem Recht einzuleiten. Artikel 16 Absatz 2 des Grundgesetzes verbietet grundsätzlich die Auslieferung deutscher Staatsangehöriger. In diesen Fällen lässt aber § 7 Absatz 2 Nummer 1 StGB die Strafverfolgung in der Bundesrepublik Deutschland zu. Absatz 1 verpflichtet die gemäß §§ 142, 142a und 143 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige Staatsanwaltschaft jedoch nicht, in jedem Fall Anklage zu erheben. Vielmehr lässt die Bestimmung, wie der Wortlaut "in einem Verfahren nach ihrem Recht" verdeutlicht, die Vorschriften der Strafprozessordnung unberührt. Umsetzungsbedarf besteht somit nicht.
Zu Artikel 19 (Auslieferung)
Artikel 19 ist ebenfalls vergleichbaren Vorschriften im Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge, im Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus und im Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen nachempfunden.
Nach Absatz 1 gelten die in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten als in jeden zwischen den Vertragsparteien bereits bestehenden Auslieferungsvertrag einbezogene, der Auslieferung unterliegende Straftaten. Ebenso werden die Vertragsparteien verpflichtet, künftige Auslieferungsverträge entsprechend zu gestalten. Des Weiteren bestimmt Absatz 2, dass die Vertragsparteien das Übereinkommen künftig als Rechtsgrund lage für eine Auslieferung ansehen können. Dies betrifft Vertragsparteien, die nach ihrem innerstaatlichen Recht im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland eine Auslieferung nicht auf vertragsloser Basis durchführen dürfen. Sofern im konkreten Einzelfall ein solches Übereinkommen nicht vorliegt, besteht für diese ersuchten Vertragsparteien nunmehr die Möglichkeit, eine Auslieferung auf der Grundlage des Übereinkommens als entsprechende vertragliche Grundlage durchzuführen. Die Absätze 1 und 2 sollen somit sicherstellen, dass eine Auslieferung wegen der in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten durch alle Vertragsparteien grundsätzlich, d.h. nach Maßgabe des nationalen und internationalen Rechts, möglich ist. Dazu wird, soweit in dieser Hinsicht das Recht einer Vertragspartei lückenhaft sein sollte, das innerstaatliche und völkervertragliche Auslieferungsrecht entsprechend ergänzt.
Für die Bundesrepublik Deutschland sind diese Regelungen nicht von Bedeutung, weil nach deutschem Recht eine Auslieferung nach den für die Bundesrepublik Deutschland geltenden multi- und bilateralen Vereinbarungen bzw. bei fehlender Vereinbarung nach den §§ 2 und 3 IRG möglich ist. Soweit bestehende Bestimmungen in Auslieferungsverträgen oder sonstigen Übereinkünften über Auslieferung mit diesem Übereinkommen unvereinbar sind, gelten diese gemäß Absatz 5 hinsichtlich der in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten als im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien geändert.
Für diejenigen Vertragsparteien, denen im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland eine extraterritoriale Gerichtsbarkeit nicht bekannt ist, sieht Absatz 4 vor, dass für die Zwecke der Auslieferung die in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten nötigenfalls so zu behandeln sind, als seien sie nicht nur an dem Ort, an dem sie sich ereignet haben, sondern auch in dem Hoheitsgebiet der Vertragsparteien begangen worden, die nach Artikel 14 die Gerichtsbarkeit begründet haben.
Zu Artikel 20 (Ausschluss der Ausnahmeregelung für politische Straftaten)
Artikel 20 ist vergleichbaren Vorschriften im Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge, im Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus sowie im Änderungsprotokoll zum Europäischen Übereinkommen zur Terrorismusbekämpfung nachempfunden. Die in vielen mehr- oder zweiseitigen Übereinkommen auf dem Gebiet der Rechtshilfe oder Auslieferung vorgesehene Ausnahmeregelung für politische Straftaten führt häufig zu einer rechtlichen und tatsächlichen Besserstellung von Tätern, die politische Motive für sich in Anspruch nehmen. Denn eine Strafverfolgung im Aufenthaltsstaat ist regelmäßig bereits dadurch erschwert, dass erforderliche Beweismittel dort nicht verfügbar sind. Das Übereinkommen verhindert eine Privilegierung derartiger Täter durch diese Vorschrift.
Nach Absatz 1 wird für die Zwecke der Auslieferung oder der Rechtshilfe keine der in den Arti keln 5 bis 7 und 9 genannten Straftaten als politische Straftat, eine mit einer politischen Straftat zusammen hängende oder eine auf politischen Beweggründen beruhende Straftat (im Folgenden: politische Straftat) angesehen. Daraus folgt, dass die ersuchte Vertragspartei ein entsprechendes Ersuchen nicht allein mit der Begründung ablehnen darf, es handele sich um eine politische Straftat.
Absatz 2 sieht vor, dass jeder Staat bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde etc. einen Vorbehalt anbringen kann, Absatz 1 im Einzelfall nicht anzuwenden. In diesem Fall kann eine Auslieferung im Einzelfall abgelehnt werden auf der Grundlage einer "gebührend begründeten Entscheidung", d.h. - entsprechend dem Erläuternden Bericht (Anm. 213) - mit einer schriftlichen Erklärung, in der die tatsachenbezogenen und rechtlichen Beweggründe, die zur Ablehnung des Auslieferungsersuchens geführt haben, von der ersuchten Vertragspartei klar und detailliert erläutert werden.
Vorbehalte sind gemäß Absatz 4 drei Jahre gültig, können aber beliebig oft mit gleicher Geltungsdauer ausdrücklich erneuert werden, wobei die Erneuerung eines Vorbehalts gegenüber dem Generalsekretär des Europarats zu erklären und zu begründen ist. In Absatz 6 ist ein Verfahren für das automatische Erlöschen von nicht erneuerten Vorbehalten festgelegt. Danach muss ein Vertragsstaat, der seinen Vorbehalt aufrechterhält, die Gründe für die Aufrechterhaltung erläutern. Damit soll gewährleistet werden, dass die Vertragsparteien ihre angebrachten Vorbehalte regelmäßig überprüfen. Die Bundesrepublik Deutschland hat keinen Vorbehalt im Sinne von Absatz 2 erklärt.
Liefert eine Vertragspartei eine Person in Anwendung eines Vorbehalts nach Absatz 2 nicht an die ersuchende Vertragspartei aus, so ist diese gemäß Absatz 7 verpflichtet, den Fall ohne unangemessene Verzögerung ihren zuständigen Behörden zum Zweck der Strafverfolgung zu unterbreiten ("aut dedere aut iudicare"), sofern zwischen den beiden Vertragsparteien nichts anderes vereinbart ist. Zudem ist die ersuchende Vertragspartei entsprechend zu unterrichten (Absatz 8).
Über den Ausgang des Verfahrens unterrichtet die ersuchte Vertragspartei ebenfalls die ersuchende Vertragspartei sowie den Generalsekretär des Europarats, der seinerseits die nach Artikel 30 vorgesehene Konsultationsrunde der Vertragsparteien unterrichtet. Ergeht innerhalb einer angemessenen Frist keine gerichtliche Entscheidung, so kann die ersuchende Vertragspartei dies dem Generalsekretär des Europarats mitteilen. Der Generalsekretär des Europarats unterrichtet hierüber die gemäß Artikel 30 vorgesehene Konsultationsrunde der Vertragsparteien (Absatz 8).
Der Erläuternde Bericht stellt klar, dass die Begriffe "ohne unangemessene Verzögerung" (Absatz 7) und "innerhalb einer angemessenen Frist" (Absatz 8) als Synonyme zu verstehen und einzelfallabhängig auszulegen sind (Anm. 221).
Zu Artikel 21 (Diskriminierungsklausel)
Artikel 21 ist vergleichbaren Vorschriften im Internationalen Übereinkommen zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus und im Änderungsprotokoll zum Europäischen Übereinkommen zur Terrorismusbekämpfung nachempfunden. Während die Artikel 17 bis 20 die Wirksamkeit der internationalen Zusammenarbeit bei der Rechtsdurchsetzung stärken, stellt Artikel 21 sicher, dass das Übereinkommen den Anforderungen entspricht, die in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten festgehalten sind. Insbesondere im Hinblick auf die Öffnung des Übereinkommens auch für Staaten, die nicht Mitglieder des Europarats sind, soll durch diese Vorschrift unterstrichen werden, dass eine effiziente Bekämpfung des Terrorismus stets unter Berücksichtigung der Menschenrechte zu erfolgen hat. Die Bestimmung bezweckt dabei keinesfalls eine abschließende Aufzählung etwaiger Ablehnungsgründe für Auslieferungs- und Rechtshilfeersuchen, sondern ist entsprechend dem Erläuternden Bericht vielmehr so zu verstehen, dass entsprechende Ersuchen auch bei vergleichbar drohenden schweren Verstößen gegen die Menschenrechte verweigert werden können (Anm. 224, 225):
- - Absatz 1 stellt klar, dass nach dem Übereinkommen weder eine Verpflichtung zur Auslieferung noch zur Rechtshilfe besteht, wenn die ersuchte Vertragspartei ernstliche Gründe - insbesondere - für folgende Annahmen hat: Das Auslieferungsersuchen wegen Straftaten, die in den Artikeln 5 bis 7 und 9 genannt sind, oder das Ersuchen um Rechtshilfe in Bezug auf solche Straftaten wurde gestellt, um eine Person wegen ihrer Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, ethnischer Herkunft oder politischen Anschauung zu verfolgen oder zu bestrafen, oder wenn die Lage dieser Person aus einem dieser Gründe erschwert werden könnte, wenn dem Ersuchen stattgegeben würde. Die Regelung stellt damit klar, dass das traditionelle Recht auf Gewährung politischen Asyls durch das vorliegende Übereinkommen nicht tangiert wird. Der Gefahr einer Umgehung der Auslieferungspflicht unter Berufung auf die dem Verfolgten zugesprochene Gefährdungslage im ersuchenden Staat wird durch die auch in diesem Fall bestehende Verpflichtung der ersuchten Vertragspartei begegnet, den Fall ihren Strafverfolgungsbehörden zum Zweck der Strafverfolgung zuzuleiten (vgl. Artikel 14 Absatz 3 und Artikel 18 Absatz 1).
- - Nach Absatz 2 kann eine Auslieferung - insbesondere - auch dann verweigert werden, wenn der betroffenen Person Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Strafe oder Behandlung droht.
- - Absatz 3 sieht die Möglichkeit vor, die Auslieferung abzulehnen, wenn der Person, um deren Auslieferung ersucht wird, die Todesstrafe oder eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung auf Bewährung droht. Dieser Einwand soll nur dann nicht greifen, wenn die ersuchte Vertragspartei selbst nach ihren Rechtsvorschriften eine lebenslange Freiheitsstrafe vorsieht, d.h. ohne jegliche Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung, oder sie nach den anwendbaren Auslieferungsverträgen zur Auslieferung verpflichtet ist und die ersuchende Vertragspartei eine von der ersuchten Vertragspartei als hinreichend erachtete Zusicherung abgibt, die Todesstrafe oder eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung auf Bewährung nicht zu verhängen bzw. die Todesstrafe nicht zu vollstrecken. In der Bundesrepublik Deutschland ist gemäß § 38 Absatz 1 und § 57a StGB die Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung auf Bewährung gegeben.
Der Erläuternde Bericht weist darauf hin, dass eine Vertragspartei, die diese Bestimmung anwendet und folglich die ersuchte Auslieferung ablehnt, der ersuchenden Vertragspartei die Gründe mitteilen soll, aus denen sie dem Auslieferungsersuchen nicht entsprochen hat (Anm. 233).
In diesen Fällen gilt Artikel 18, wonach die ersuchte Vertragspartei die Angelegenheit ihren für die Strafverfolgung zuständigen Behörden zu unterbreiten hat.
Zu Artikel 22 (Unaufgeforderte Übermittlung von Informationen)
Artikel 22 erfasst die einseitige spontane Informationsübermittlung an eine andere Vertragspartei und ist für diejenigen Staaten von Bedeutung, nach deren Recht ohne vorheriges Ersuchen keine Rechtshilfe geleistet werden darf. Eine Pflicht zur unaufgeforderten Übermittlung von Informationen besteht allerdings nicht (Erläuternder Bericht, Anm. 237). Die Offenbarung schließt auch nicht aus, dass die übermittelnde Vertragspartei selbst ein Verfahren bezüglich der betreffenden Informationen durchführt. Anzuwenden sind die jeweiligen innerstaatlichen Bestimmungen über die Weitergabe der erforderlichen Auskünfte. Bei der Unterrichtung von ausländischen Behörden durch deutsche Stellen und der Übermittlung der erforderlichen Informationen handelt es sich um die Unterstützung eines ausländischen Verfahrens ohne vorausgegangenes Ersuchen. Gesetzliche Grundlage hierfür ist in der Bundesrepublik Deutschland § 61a IRG (ergänzt durch § 92 IRG im Verkehr mit Mitgliedstaaten der Europäischen Union). Umsetzungsbedarf besteht nicht.
Zu Artikel 23 (Unterzeichnung und Inkrafttreten)
Nach Artikel 23 sind zur Unterzeichnung des Übereinkommens die Mitgliedstaaten des Europarats und die an der Ausarbeitung beteiligten Nichtmitgliedstaaten berechtigt. Andere Nichtmitgliedstaaten können dem Übereinkommen nach dessen Inkrafttreten allerdings auf Einladung des Ministerkomitees des Europarats beitreten (Artikel 24). Artikel 23 soll auf fünf Nichtmitgliedstaaten Anwendung finden - Heiliger Stuhl, Kanada, Japan, die Vereinigten Staaten von Amerika und Mexiko -, die sich aktiv an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt haben (Erläuternder Bericht, Anm. 249).
Zu Artikel 24 (Beitritt zum Übereinkommen)
Artikel 24 regelt den Beitritt von Nichtmitgliedstaaten, die sich nicht an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt haben und für die daher Artikel 23 nicht anwendbar ist. Die Vorschrift entspricht der Formulierung in bestehenden Übereinkommen des Europarats wie dem Übereinkommen des Europarats vom 23. November 2001 über Computerkriminalität (BGBl. 2008 II S. 1242, 1243). Es enthält ein ausdrückliches Element, wonach eine Einladung zum Beitritt vom Ministerkomitee nur dann ausgesprochen wird, nachdem alle Vertragsparteien konsultiert wurden und deren einhellige Zustimmung eingeholt wurde, gleichviel, ob sie Mitgliedstaaten des Europarats sind oder nicht. Damit ist es allen Vertragsparteien des Übereinkommens möglich zu bestimmen, mit welchen Nichtmitgliedstaaten sie ein Vertragsverhältnis eingehen. Der formelle Beschluss, einen Nichtmitgliedstaat zum Beitritt einzuladen, wird jedoch in Übereinstimmung mit der üblichen Praxis von den Vertretern der Vertragsparteien gefasst, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee des Europarats haben (Erläuternder Bericht, Anm. 258).
Zu Artikel 25 (Räumlicher Geltungsbereich)
Es handelt sich bei der Vorschrift um die in Übereinkommen des Europarats verwendete Standardklausel.
Zu Artikel 26 (Wirkungen des Übereinkommens)
Artikel 26 regelt die Wirkungen des Übereinkommens auf andere Übereinkünfte und auf Rechte, Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten, die nach internationalem Recht bestehen. Die Absätze 1 und 2 betreffen das Verhältnis des Übereinkommens zu ein- oder mehrseitigen Verträgen oder sonstigen Übereinkünften. Absatz 3 betrifft das gegenseitige Verhältnis der Mitgliedstaaten des Europarats zueinander, die gleichzeitig der Europäischen Union angehören.
Zu Artikel 27 (Änderungen des Übereinkommens)
Artikel 27 regelt das Verfahren zur Änderung des Übereinkommens (ohne den Anhang); Änderungen des Anhangs werden von Artikel 28 geregelt.
Änderungen nach Artikel 27 kann jede Vertragspartei, das Ministerkomitee des Europarats oder die Konsultationsrunde der Vertragsparteien vorschlagen. Alle Änderungsvorschläge werden den Vertragsparteien vom Generalsekretär des Europarats übermittelt (Absatz 2). Der Konsultationsrunde der Vertragsparteien werden alle von einer Vertragspartei oder vom Ministerkomitee vorgeschlagene Änderungen übermittelt; die Konsultationsrunde gibt eine Stellungnahme dazu gegenüber dem Ministerkomitee ab (Absatz 3; Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe d). Das Ministerkomitee prüft den Änderungsvorschlag sowie jede von der Konsultationsrunde vorgelegte Stellungnahme. Der Wortlaut jeder vom Ministerkomitee genehmigten Änderung wird den Vertragsparteien zur Annahme übermittelt (Absatz 5). Der Erläuternde Bericht verweist darauf, dass - auch wenn dies in Absatz 4 nicht ausdrücklich erwähnt ist - das Ministerkomitee einen Änderungsvorschlag mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehene Mehrheit zu genehmigen hat (Anm. 287). Eine so vom Ministerkomitee genehmigte Änderung tritt gemäß Artikel 28 Absatz 6 am dreißigsten Tag nach dem Tag in Kraft, an dem alle Vertragsparteien dem Generalsekretär des Europarats die Annahme der Änderung mitgeteilt haben.
Zu Artikel 28 (Überarbeitung des Anhangs)
Artikel 28 regelt das Verfahren zur Überarbeitung des Anhangs zum Übereinkommen. Der Anhang enthält die Liste von Verträgen, auf die gemäß Artikel 1 Absatz 1 Bezug genommen wird zur Begriffsbestimmung von "terroristischen Straftaten" im Sinne des Übereinkommens. Änderungsvorschläge zum Anhang kann jede Vertragspartei und das Ministerkomitee des Europarats vorlegen, nicht jedoch die Konsultationsrunde der Vertragsparteien. In den Anhang aufgenommen werden können nur Verträge mit universeller Geltung, die im Rahmen des Systems der Vereinten Nationen geschlossen wurden, sich mit dem internationalen Terrorismus befassen und in Kraft getreten sind (Absatz 1). Änderungen müssen vom Ministerkomitee, nach Konsultation der Vertragsparteien, die Nichtmitgliedstaaten des Europarats sind, mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen werden. Sie treten nach Ablauf eines Jahres nach ihrer Übermittlung an die Vertragsparteien in Kraft (Absatz 2), sofern nicht ein Drittel der Vertragsparteien dem Generalsekretär des Europarats einen Einspruch gegen das Inkrafttreten der Änderung notifiziert hat (Absatz 3). Notifiziert weniger als ein Drittel der Vertragsparteien einen Einspruch, so tritt die Änderung für diejenigen Vertragsparteien in Kraft, die keinen Einspruch notifiziert haben (Absatz 4). Die Absätze 1 und 2 wurden bereits angewandt. Am 13. September 2009 ist eine Änderung des Anhangs in Kraft getreten; ohne Einspruch wurde das von der Bundesrepublik Deutschland bereits ratifizierte VN-Übereinkommen vom 13. April 2005 zur Bekämpfung nuklearterroristischer Handlungen in den Anhang aufgenommen.
Zu Artikel 29 (Beilegung von Streitigkeiten)
Zur Beilegung von Streitigkeiten über Auslegung oder Anwendung des Übereinkommens sieht Artikel 29 verschiedene, nicht abschließende Möglichkeiten vor wie die Befassung eines Schiedsgerichts oder des Internationalen Gerichtshofs. Welches Verfahren auch immer zur friedlichen Streitbeilegung gewählt wird, es muss der Vereinbarung aller betroffenen Vertragsparteien entsprechen (Erläuternder Bericht, Anm. 301).
Zu Artikel 30 (Konsultationsrunde der Vertragsparteien)
Artikel 30 sieht vor, dass die Vertragsparteien einander konsultieren u.a. im Hinblick auf die Unterbreitung von Vorschlägen zur Erleichterung oder Verbesserung der wirksamen Anwendung und Durchführung des Übereinkommens, einschließlich des Erkennens dabei auftretender Probleme (Absatz 1). Die Konsultationsrunde der Vertragsparteien wird vom Generalsekretär des Europarats einberufen (Absatz 2), wenn er dies für erforderlich erachtet und wenn eine Mehrheit der Vertragsparteien oder das Ministerkomitee um deren Einberufung ersucht. Durch Artikel 30 soll sichergestellt werden, dass alle Vertragsparteien gleichermaßen, insbesondere auch die Nichtmitgliedstaaten des Europarats, in etwaige Nachfolgemechanismen eingebunden werden können.
Zu Artikel 31 (Kündigung)
Das Übereinkommen kann nach Artikel 31 jederzeit von einer Vertragspartei durch Notifikation an den Generalsekretär des Europarats gekündigt werden. Den Zeitpunkt, zu dem die Kündigung wirksam wird, regelt Absatz 2.
Zu Artikel 32 (Notifikation)
Artikel 32 enthält Einzelheiten zu den Notifizierungspflichten des Generalsekretärs des Europarats.