Der Bundesrat hat in seiner 858. Sitzung am 15. Mai 2009 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
Der Bundesrat begrüßt das vorgelegte Strategiepapier der Kommission für die IKT-Forschung, IKT-Entwicklung und IKT-Innovation in Europa. Die mit der Mitteilung verbundene Absicht des Vorschlags einer Strategie, die darauf ausgerichtet ist, Europa eine industrielle und technologische Führungsposition auf dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu sichern, Europa für Investoren und Fachleute im IKT-Bereich attraktiver zu machen und dafür zu sorgen, dass die Fortschritte der IKT der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft in vollem Umfang zugutekommen, wird vom Bundesrat unterstützt.
Der Bundesrat teilt jedoch die Einschätzung der Kommission in Kapitel 2.5 Absatz 2 Satz 5 nicht, wonach diese Ziele mit der Schaffung eines Gemeinschaftspatents unterstützt werden müssten. In Europa sind Computerprogramme gegenwärtig durch das Urheberrecht geschützt und grundsätzlich von der Patentierbarkeit ausgeschlossen. Dessen ungeachtet hat das Europäische Patentamt (EPA) in den zurückliegenden Jahren zahlreiche Softwarepatente erteilt. Schätzungen gehen von bis zu 50 000 erteilten Softwarepatenten aus. Damit wurde ein scheinbarer Handlungsdruck geschaffen.
Die Entwicklungen von Software werden gegenwärtig nach dem Urheberrecht geschützt. Damit stehen die Verwertungsrechte dem Urheber der Software zu. Wer eine Softwarelösung völlig eigenständig entwickelt, dabei aber ein mögliches Patent verletzt (bzw. scheinbar verletzt), liefe Gefahr, dass ihm die gewerbliche Nutzung und der Vertrieb seines Programms untersagt wird und er die bisherigen Einkünfte an den Patentinhaber abführen muss. Hinzu kämen noch Kosten für gerichtliche Auseinandersetzungen und gegebenenfalls Schadensersatz.
Patente im Softwarebereich würden die Verwertungsrechte der Entwickler, die sich aus dem Urheberrecht ergeben, entwerten und die Entwickler unkalkulierbaren Haftungsrisiken aussetzen. In Anbetracht der Haftungs- und Kostenrisiken bei eventuellen Patentverletzungen (Streitwerte in Millionenhöhe sind möglich) könnten Softwarepatente insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) existenziell bedrohen. Da die europäische Softwarebranche durch innovative KMU geprägt ist, wären die Folgen für den Arbeitsmarkt gravierend. Vor diesem Hintergrund würde die Schaffung eines Gemeinschaftspatents für Software eine der maßgeblichen Zukunftsbranchen in Deutschland und Europa massiv gefährden. Die Bundesregierung wird daher gebeten, sich auf europäischer Ebene gegen die Schaffung eines Gemeinschaftspatents für Software einzusetzen.