Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile in der Europäischen Union - COM (2012) 576 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 309/11 (PDF) = AE-Nr. 1103 80 und AE-Nr. 120103

Brüssel, den 4.10.2012
COM (2012) 576 final
2012/0278 (COD)

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments des Rates über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile in der Europäischen Union (Text von Bedeutung für den EWR)

{SWD(2012) 291 final}
{SWD(2012) 292 final}

Begründung

1. Kontext des Vorschlages

- Gründe für den Vorschlag und Zielsetzung

Der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile in der Europäischen Union zielt in erster Linie darauf ab, das Protokoll von Nagoya in der Union umzusetzen und die Ratifizierung des Vertrags durch die Union zu ermöglichen.

- Allgemeiner Kontext

Die genetischen Ressourcen - die Gesamtheit der in natürlichen und kultivierten Beständen vorkommenden Gene - spielen eine wichtige und noch wachsende Rolle in vielen Bereichen der Wirtschaft: 26% aller in den vergangenen 30 Jahren neu zugelassenen Arzneimittel sind entweder Naturerzeugnisse oder wurden aus einem Naturerzeugnis gewonnen. 1

Eine Vielzahl von Akteuren in der Union, darunter akademische Forscher und Unternehmen aus verschiedenen Industriezweigen (zum Beispiel Pflanzen- und Tierzucht, biologische Schädlingsbekämpfung, Kosmetik- und Nahrungsmittelindustrie, Gartenbau, industrielle Biotechnologie und Arzneimittelindustrie), nutzen genetische Ressourcen und zum Teil auch mit genetischen Ressourcen verknüpftes traditionelles Wissen für Forschungs- und Entwicklungszwecke.

Die Europäische Union und alle ihre 27 Mitgliedstaaten sind Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD)2. In diesem Übereinkommen wird anerkannt, dass die Staaten die souveränen Rechte über die genetischen Ressourcen in ihrem Hoheitsbereich besitzen und dass sie die Befugnis haben, den Zugang zu diesen Ressourcen zu bestimmen. Das Übereinkommen verpflichtet alle Vertragsparteien, den Zugang zu den genetischen Ressourcen, die ihren souveränen Rechten unterliegen, zu erleichtern. Zugleich verpflichtet es alle Vertragsparteien, die Ergebnisse der Forschung und Entwicklung und die Vorteile, die sich aus der kommerziellen und sonstigen Nutzung der genetischen Ressourcen ergeben, mit der Vertragspartei, die diese Ressourcen zur Verfügung gestellt hat, zu teilen.

Das Übereinkommen behandelt auch die Rechte indigener und ortsansässiger Gemeinschaften, die Träger von traditionellem Wissen über genetische Ressourcen sind und die wichtige Hinweise für die wissenschaftliche Entdeckung interessanter genetischer oder biochemischer Eigenschaften geben können.

Allerdings enthält das Übereinkommen derzeit nur wenige Einzelheiten darüber, wie Zugang und Vorteilsausgleich (access and benefitsharing, ABS) im Zusammenhang mit der Nutzung von genetischen Ressourcen und damit verknüpftem traditionellem Wissen in der Praxis geregelt werden sollen. Akteure am Anfang der Wertschöpfungskette für genetische Ressourcen in der Union (meist Sammlungen und akademische Forscher) haben direkte Berührung mit den Rechtsvorschriften und den Behörden der Länder, die genetische Ressourcen zur Verfügung stellen. Diese ersten Akteure leiten Proben genetischer Ressourcen und erste Forschungsergebnisse an andere Nutzer weiter, die in der Grundlagenforschung oder der angewandten Forschung tätig sind. Akteure am Ende der Wertschöpfungskette betreiben oftmals langwierige Entwicklungsaktivitäten, die erhebliche Investitionen erfordern und deren Ausgang ungewiss ist. Sie hängen dabei in hohem Maße von Materialien und Informationen ab, die ihnen Nutzer aus der vorgelagerten Kette auch in Bezug auf ABS zur Verfügung stellen. Aufgrund fehlender klarer Regelungen oder sehr schwerfälliger Regelungen in den meisten bereitstellenden Ländern wurden europäische Forscher und Unternehmen wiederholt von Ländern der "Biopiraterie" und der Verletzung ihrer souveränen Rechte bezichtigt. Ein klar definierter Rahmen von Verpflichtungen für alle Nutzer genetischer Ressourcen in der gesamten Wertschöpfungskette ist von zentraler Bedeutung, um ein förderliches Umfeld für den geregelten Zugang zu qualitativ hochwertigen Proben genetischer Ressourcen bei hoher Rechtssicherheit zu schaffen.

Das "Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt" (im Folgenden als Nagoya-Protokoll bezeichnet) ist ein neuer internationaler Vertrag, der am 29. Oktober 2010 einvernehmlich von den 193 Vertragsparteien des CBD-Übereinkommens angenommen wurde. Es ist ein Vertrag mit rechtsverbindlicher Wirkung, der den allgemeinen ABS-Rahmen des Übereinkommens erheblich erweitert. Das Nagoya-Protokoll wird voraussichtlich 2014 in Kraft treten. Sobald es wirksam ist, wird es den Staaten, die Zugang zu den genetischen Ressourcen in ihrem Hoheitsbereich gewähren, erheblichen Nutzen für die Erhaltung der biologischen Vielfalt bringen. Es wird insbesondere

Das Protokoll beruht auf zwei Hauptsäulen: den Maßnahmen zum Zugang und den Maßnahmen zur Einhaltung der Regeln durch die Nutzer.

Die auf den Zugang bezogene Säule überlässt es dem Ermessen der Vertragsparteien, ob sie den Zugang regeln möchten und ob sie eine auf Kenntnis der Sachlage gegründete vorherige Zustimmung und die Aufteilung der Vorteile für die Nutzung ihrer genetischen Ressourcen verlangen oder nicht. Wenn sich jedoch eine Vertragspartei dafür entscheidet, dann muss sie die im Vertrag festgelegten, recht detaillierten "internationalen Normen für den Zugang" durch verbindliche Rechtsvorschriften einführen. Das Protokoll stellt ferner klar, dass sich die Staaten mit ihren indigenen und ortsansässigen Gemeinschaften ins Benehmen setzen müssen, falls Zugang zu traditionellem Wissen oder zu genetischen Ressourcen dieser Gemeinschaften angestrebt wird. Als die wichtigsten Prinzipien des Protokolls im Hinblick auf den Zugang sind zu nennen:

Die auf die Einhaltung der Regeln durch die Nutzer bezogene Säule des Protokolls verpflichtet alle Vertragsparteien, Maßnahmen zu ergreifen, um zu gewährleisten, dass in ihrem Hoheitsbereich nur rechtmäßig erworbene genetische Ressourcen und damit verknüpftes traditionelles Wissen genutzt werden. Die Vertragsparteien müssen in ihrem Hoheitsbereich die Einhaltung der Regeln durch die Nutzer überwachen und zu diesem

Zweck eine oder mehrere Kontrollstellen benennen. Sie müssen außerdem geeignete, wirksame und angemessene Maßnahmen für den Fall ergreifen, dass Nutzer in ihrem Hoheitsbereich die für sie geltenden ABS-Verpflichtungen nicht einhalten. Die

Vertragsparteien müssen darüber hinaus sicherstellen, dass Streitigkeiten, die sich aus spezifischen Verträgen zur Aufteilung der Vorteile ergeben, vor Gericht gebracht werden können. Anders als im Fall der Maßnahmen für den Zugang lassen die Bestimmungen des Nagoya-Protokolls zur Einhaltung der Regeln durch die Nutzer den Vertragsparteien jedoch erheblichen Ermessensspielraum in Bezug auf die Art und die Kombination der gewählten Umsetzungsmaßnahmen.

Weitere Entscheidungen müssen die Vertragsparteien des Protokolls im Hinblick auf den zeitlichen Geltungsbereich der Umsetzungsmaßnahmen, die Beachtung bestehender spezieller ABS-Instrumente3 und die Anwendung besonderer Erwägungen hinsichtlich nicht kommerzieller Forschung, des Austausches von genetischen Ressourcen mit pathogenen Eigenschaften und genetischer Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft treffen. Die Beziehungen zu Nichtvertragsparteien des Protokolls müssen ebenfalls behandelt werden.

Alle Vertragsparteien des Protokolls sind ferner verpflichtet, eine nationale Anlaufstelle für den Zugang und den Vorteilsausgleich einzurichten, die für den Kontakt mit dem internationalen Sekretariat zuständig ist und Informationsanfragen von Akteuren beantwortet.

Die Vertragsparteien müssen außerdem eine (oder mehrere) zuständige nationale Behörde(n) benennen, die für die Gewährung des Zugangs und die Erteilung von Auskünften über die geltenden Verfahren für die Erlangung einer auf Kenntnis der Sachlage gegründeten vorherigen Zustimmung und für die Vereinbarung einvernehmlich festgelegter Bedingungen zuständig ist (sind). Die Vertragsparteien können eine Stelle benennen, die sowohl die Aufgaben der nationalen Anlaufstelle als auch diejenigen der zuständigen nationalen Behörde wahrnimmt.

Die Europäische Union und die meisten ihrer Mitgliedstaaten 4 haben das Nagoya-Protokoll unterzeichnet und sich damit verpflichtet, auf die Umsetzung und Ratifizierung hinzuarbeiten.

Die Umsetzung und Ratifizierung des Protokolls durch die Union wird neue Möglichkeiten für die naturbasierte Forschung schaffen und zur Entwicklung einer biobasierten Wirtschaft beitragen.5

Bestehende Rechtsvorschriften im Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Verordnung

Die Umsetzung der auf den Zugang bezogenen Säule des Protokolls ist derzeit ebenso wenig Gegenstand von Rechtsvorschriften der Union wie die Umsetzung der auf die Einhaltung der Regeln durch die Nutzer bezogenen Säule.

- Vereinbarkeit mit anderen Politikbereichen und Zielen der Union

Die EU und ihre Mitgliedstaaten sind politisch verpflichtet, Vertragsparteien des Protokolls zu werden, um sicherzustellen, dass Forscher und Unternehmen in der EU auf der Grundlage verlässlicher Zugangsentscheidungen und zu geringen Transaktionskosten Zugang zu qualitativ hochwertigen Proben genetischer Ressourcen erlangen. 6

Die vorgeschlagene Verordnung steht im Einklang mit der Unterzeichnung des Protokolls durch die EU und auch mit Ziel 16 des Strategischen Plans des CBD-Übereinkommens, das vorsieht, dass das Nagoya-Protokoll bis 2015 im Einklang mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften in Kraft und wirksam ist.

2. Ergebnisse der Anhörungen interessierter Kreise der Folgenabschätzung

Die vorliegende Initiative ist das Ergebnis umfassender Konsultationen der Öffentlichkeit und maßgeblicher Interessengruppen. Außerdem führte die Kommission eine Folgenabschätzung für die vorgeschlagenen Politikoptionen durch, nach deren Abschluss ein Bericht veröffentlicht wurde.

- Anhörung der Öffentlichkeit

Die Kommission führte vom 24. Oktober bis 30. Dezember 2011 eine öffentliche Anhörung im Internet durch, um Rückmeldung zu einer Reihe von Fragen zu erhalten, die sich mit wesentlichen Aspekten der Umsetzung des Nagoya-Protokolls befassten. Es gingen 43 Antworten ein. Diese Antworten repräsentierten gleichwohl eine breitere Öffentlichkeit, da die Mehrheit dieser Stellungnahmen von europäischen oder internationalen Verbänden abgegeben wurde, denen jeweils Hunderte oder Tausende von Mitgliedern angehören. Die Stellungnahmen deckten die meisten der von den Umsetzungsmaßnahmen im Rahmen des Nagoya-Protokolls potenziell betroffenen Sektoren ab. Die Liste der Fragen und die Ergebnisse der webbasierten öffentlichen Anhörung wurden auf der Website der Europäischen Kommission veröffentlicht und können unter folgendem Link abgerufen werden: http://ec.europa.eu/environment/consultations/abs en.htm .

- Adhoc-Konsultationen

Die Generaldirektion Umwelt hielt am 26. Januar 2012 eine Fachsitzung ab, an der alle Teilnehmer der öffentlichen Anhörung, in Brüssel ansässige Vertreter von Interessengruppen und von den Mitgliedstaaten benannte Experten teilnahmen. Auf der Sitzung präsentierte die Kommission eine Zusammenfassung der öffentlichen Anhörung, während Mitglieder des Consulting-Teams die vorläufigen Ergebnisse ihrer Arbeit vorstellten. Die Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, das Consulting-Team zu einigen ihrer Ergebnisse kritisch zu befragen.

Beamte der Generaldirektion Umwelt hielten zahlreiche Sitzungen mit Vertretern von botanischen Gärten, Sammlungen von Kulturen, Industrieverbänden und einzelnen Unternehmen ab und nahmen an verschiedenen Expertenkonferenzen zum Nagoya-Protokoll teil. Das Consulting-Team führte halbstrukturierte Interviews mit Vertretern von Interessengruppen und Unternehmen durch.

- Konsultationen mit Drittländern

Im Jahr 2011 forderte die Generaldirektion Umwelt verschiedene EU-Delegationen in Drittländern auf, wichtige Partnerländer zum Stand der Beratungen und zu ihren konkreten Vorstellungen zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls um Auskunft zu ersuchen. Die eingegangenen Rückmeldungen wurden durch ausführlichere bilaterale Diskussionen mit Australien, Brasilien, Indien, Japan, Mexiko und der Schweiz ergänzt.

- Bericht über die Folgenabschätzung

Im Einklang mit ihrer Politik für eine "bessere Rechtsetzung" führte die Kommission eine Abschätzung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen verschiedener Politikoptionen zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls durch. Dieser Bericht kann auf der Website der Europäischen Kommission (GD Umwelt) abgerufen werden. Die Kommission beauftragte darüber hinaus ein Consulting-Unternehmen mit der Erstellung einer Studie, die ebenfalls in den Bericht einging. Die Studie kann auf derselben Website abgerufen werden.

Im Rahmen der Folgenabschätzung untersuchte die Kommission eine Vielzahl von Politikoptionen für die Umsetzung des Nagoya-Protokolls. Zwei Optionen für Zugangsmaßnahmen und vier Optionen für Maßnahmen zur Einhaltung der Regeln durch die Nutzer wurden eingehend analysiert. Alle Optionen wurden im Vergleich zu einem "Businessas-usual"-Referenzszenario ohne Umsetzungsmaßnahmen auf der Ebene der EU oder des Mitgliedstaats beurteilt. Außerdem wurden zwei Optionen hinsichtlich des zeitlichen Geltungsbereichs der EU-Maßnahmen sowie verschiedene ergänzende Maßnahmen untersucht.

Den Ergebnissen der Analyse zufolge stellt die Einrichtung einer europäischen Plattform zur Erörterung des Zugangs zu genetischen Ressourcen und zum Austausch bewährter Verfahren die bevorzugte Option für den Zugang dar, während im Hinblick auf die Einhaltung der Regeln durch die Nutzer eine Sorgfaltspflicht für EU-Nutzer verbunden mit einem System zur Identifizierung von Sammlungen als "zuverlässigen Quellen" genetischer Ressourcen als die bevorzugte Option ermittelt wurde. Die Sorgfaltspflicht würde nur für genetische Ressourcen und damit verknüpftes traditionelles Wissen gelten, die nach dem Inkrafttreten des Nagoya-Protokolls für die EU erworben wurden. Um die Kosten zu senken und die Wirksamkeit zu verbessern, sollten diese Maßnahmen durch Sensibilisierungs- und Schulungsmaßnahmen, die Ausarbeitung von Mustervertragsklauseln und die Entwicklung von technischen Instrumenten zur Überwachung und Rückverfolgung genetischer Ressourcenströme sowie gegebenenfalls durch bilaterale Kooperation mit anderen Ländern oder Regionen ergänzt werden.

Mit der Sorgfaltspflicht würde sichergestellt werden, dass für den Zugang und den Vorteilsausgleich erforderliche Mindestinformationen in der gesamten Wertschöpfungskette für genetische Ressourcen in der Union zur Verfügung stehen. Dies würde es allen Nutzern ermöglichen, sich über diesbezügliche Rechte und Verpflichtungen zu informieren und diese zu respektieren. Gleichzeitig schreibt das Konzept der Sorgfaltspflicht nicht allen Nutzern dieselben Maßnahmen vor, sondern lässt ihnen Flexibilität bei der Auswahl der Maßnahmen, die in ihrem jeweiligen Umfeld am geeignetsten sind; dies gilt ebenso für die Entwicklung sektorspezifischer bewährter Verfahren. Das System der zuverlässigen Quellen würde das Risiko, dass in der Union unrechtmäßig erworbene genetische Ressourcen verwendet werden, erheblich verringern. Der Erwerb von Proben für zuverlässige Quellen wäre besonders für akademische Forscher sowie für kleine und mittlere Unternehmen vorteilhaft.

3. Rechtliche Aspekte des Vorschlags

- Zusammenfassung der vorgeschlagenen Maßnahme

Der Vorschlag legt Verpflichtungen für die Nutzer von genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen über genetische Ressourcen in der Union fest. Er würde alle Nutzer verpflichten, mit gebotener Sorgfalt zu prüfen, ob der Zugang zu genetischen Ressourcen und damit verknüpftem traditionellem Wissen im Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften erlangt wurde und ob gegebenenfalls die Vorteile auf der Grundlage einvernehmlich festgelegter Bedingungen ausgewogen und gerecht geteilt werden.

Zu diesem Zweck müssten alle Nutzer bestimmte für den Zugang und den Vorteilsausgleich erforderliche Auskünfte einholen, aufbewahren und an nachfolgende Nutzer weitergeben. In dem Vorschlag werden Mindestanforderungen für die Sorgfaltsmaßnahmen festgelegt.

Um diese zu erfüllen, könnten Nutzer auf bestehende Verhaltensregeln für den Zugang und den Vorteilsausgleich aufbauen, die für den akademischen Bereich und verschiedene Branchen entwickelt wurden. Nutzerverbände können die Kommission ersuchen, eine von einem Verband überwachte spezifische Kombination von Verfahren, Instrumenten oder Mechanismen als bewährtes Verfahren anzuerkennen. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten wären verpflichtet, zu bedenken, dass die Anwendung eines anerkannten bewährten Verfahrens durch einen Nutzer das Risiko eines Verstoßes für diesen Nutzer senkt und eine Verringerung der Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung rechtfertigt.

Des Weiteren sieht der Vorschlag ein System von zuverlässigen Sammlungen der Union vor, welches das Risiko der Verwendung unrechtmäßig erworbener genetischer Ressourcen in der Union erheblich verringern würde. Sammlungen, die in das Verzeichnis der zuverlässigen Sammlungen der Union aufgenommen werden möchten, würden sich verpflichten, Dritten ausschließlich Proben genetischer Ressourcen zur Nutzung zur Verfügung zu stellen, die vollständig dokumentiert sind. Die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats müssten prüfen, ob eine Sammlung die Anforderungen für die Anerkennung als zuverlässige Sammlung der Union erfüllt. Für Nutzer, die eine genetische Ressource von einer Sammlung erwerben, die im Verzeichnis der Union enthalten ist, würde gelten, dass sie ihrer Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Einholung aller erforderlichen Auskünfte nachgekommen sind. Ein System zuverlässiger europäischer Sammlungen wäre besonders für akademische Forscher sowie für kleine und mittlere Unternehmen vorteilhaft.

Nutzer wären verpflichtet, zu ganz bestimmten Anlässen zu erklären, dass sie ihrer Sorgfaltspflicht nachgekommen sind. Die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten müssten auf der Grundlage eines risikobasierten Ansatzes kontrollieren, ob die Nutzer ihren Verpflichtungen aus dieser Verordnung nachkommen. Die Mitgliedstaaten müssten außerdem sicherstellen, dass Verstöße von Nutzern gegen diese Verordnung durch wirksame, angemessene und abschreckende Strafen geahndet werden.

Schließlich sieht die vorgeschlagene Verordnung die Schaffung einer europäischen Plattform für den Zugang vor.

- Rechtsgrundlage

Der Vorschlag stützt sich auf die Zuständigkeit der Union für Umweltpolitik gemäß Artikel 192 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, da sein Ziel die Umsetzung des Nagoya-Protokolls ist. Dieses Protokoll ist ein internationales Umweltabkommen zur Bewahrung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt weltweit.

- Wahl des Instruments

Das vorgeschlagene Rechtsinstrument ist eine Verordnung, da eine solche erforderlich ist, um ein Höchstmaß an Harmonisierung sicherzustellen und zu verhindern, dass in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Standards angewendet werden.

- Subsidiaritätsprinzip und Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag würde die auf die Einhaltung der Regeln durch die Nutzer bezogene Säule des Nagoya-Protokolls umfassend umsetzen. Die Mitgliedstaaten hätten die Wahl, ob sie eine auf Kenntnis der Sachlage gegründete vorherige Zustimmung und die Aufteilung der Vorteile für die Nutzung ihnen gehörender genetischer Ressourcen verlangen oder nicht. Ihre diesbezüglichen Entscheidungen wären keine Vorbedingung für die Ratifizierung des Nagoya-Protokolls durch die Europäische Union.

Nur zwei Mitgliedstaaten der Union haben bislang Rechtsvorschriften für den Zugang zu genetischen Ressourcen in ihrem Hoheitsbereich ausgearbeitet, während andere Mitgliedstaaten beschlossen haben, freien Zugang zu ihren genetischen Ressourcen zu gewähren. EU-weit harmonisierte Maßnahmen für den Zugang sind derzeit nicht notwendig. Sofern ein Mitgliedstaat beschließt, eine auf Kenntnis der Sachlage gegründete vorherige Zustimmung und die Aufteilung der Vorteile zu verlangen, muss er die auf den Zugang bezogenen Bestimmungen des Nagoya-Protokolls umsetzen. Die vorgeschlagene europäische Plattform für den Zugang wäre ein nicht bindender Ansatz für die Optimierung von Zugangsbedingungen in den Mitgliedstaaten auf der Grundlage der offenen Koordinierungsmethode.

Eine rechtlich bindende Intervention auf EU-Ebene zur Einhaltung der Regeln durch die Nutzer ist gerechtfertigt, da sie negative Auswirkungen im Bereich der naturbasierten Erzeugnisse und Dienstleistungen auf dem Binnenmarkt vermeidet, die sich aufgrund uneinheitlicher Systeme zur Einhaltung der Regeln durch die Nutzer in den Mitgliedstaaten ergeben würden; sie weist außerdem das beste Ergebnis im Hinblick auf die Schaffung eines für die Erforschung und Entwicklung genetischer Ressourcen förderlichen Umfelds auf, mit positiven Auswirkungen auf die Bewahrung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt weltweit.

Die vorgeschlagene Sorgfaltspflicht für Nutzer von genetischen Ressourcen und von traditionellem Wissen über genetische Ressourcen ist ebenfalls angemessen, da sie die Ziele - Minimierung des Risikos der Nutzung unrechtmäßig erworbener genetischer Ressourcen in der Union und Förderung der ausgewogenen und gerechten Aufteilung der Vorteile aus der Nutzung von genetischen Ressourcen und von traditionellem Wissen über genetische Ressourcen auf der Grundlage einvernehmlich festgelegter Bedingungen - mit Erwägungen zur Rechtssicherheit und geringen Transaktionskosten in Einklang bringen würde. Darüber hinaus zeichnet sich das Konzept der Sorgfaltspflicht dadurch aus, dass es die Flexibilität bietet, die auf die jeweiligen Umstände abgestimmten geeignetsten Umsetzungsmaßnahmen zu ergreifen.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der vorliegende Vorschlag hat keine signifikanten finanziellen Auswirkungen auf den Haushalt der Union.

5. Europäischer Wirtschaftsraum (EWR)

Der Vorschlag ist von Bedeutung für den Europäischen Wirtschaftsraum und sollte deshalb auf den EWR ausgeweitet werden.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments des Rates über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte

Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile in der Europäischen Union (Text von Bedeutung für den EWR)

DAS Europäische Parlament der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 192 Absatz 1, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,7 nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,8 nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Verordnung Erlassen:

Artikel 1
Gegenstand

Mit dieser Verordnung werden Bestimmungen für den Zugang zu genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen über genetische Ressourcen und die Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile im Einklang mit dem Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt ("das Nagoya-Protokoll") festgelegt.

Artikel 2
Geltungsbereich

Diese Verordnung gilt für den souveränen Rechten von Staaten unterliegende genetische Ressourcen und für traditionelles Wissen über genetische Ressourcen, zu denen bzw. zu dem der Zugang erfolgt, nachdem das Nagoya-Protokoll für die Europäische Union in Kraft getreten ist. Sie gilt außerdem für die Vorteile, die sich aus der Nutzung von solchen genetischen Ressourcen und von traditionellem Wissen über genetische Ressourcen ergeben.

Diese Verordnung gilt nicht für genetische Ressourcen, für die der Zugang und die Aufteilung der Vorteile durch ein besonderes internationales Instrument geregelt sind, dem die Europäische Union als Vertragspartei angehört.

Artikel 3
Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

Artikel 4
Verpflichtungen von Nutzern

Artikel 5
Zuverlässige Sammlungen der Europäischen Union

Die Kommission streicht eine Sammlung aus dem EU-Register von zuverlässigen Sammlungen, wenn sie insbesondere anhand von gemäß Absatz 4 übermittelten Informationen festgestellt hat, dass die im EU-Register von zuverlässigen Sammlungen aufgenommene Sammlung erhebliche oder anhaltende Schwierigkeiten mit der Einhaltung von Absatz 3 hat.

Artikel 6
Zuständige Behörden und Anlaufstellen

Artikel 7
Überwachung der Einhaltung durch die Nutzer

Artikel 8
Bewährte Verfahren

Artikel 9
Kontrollen der Einhaltung durch die Nutzer

Artikel 10
Aufzeichnungen über die Kontrollen

Artikel 11
Sanktionen

Artikel 12
Zusammenarbeit

Artikel 13
EU-Plattform für den Zugang

Artikel 14
Ergänzende Maßnahmen

Die Kommission und die Mitgliedstaaten treffen, soweit angebracht, folgende Maßnahmen:

Artikel 15
Durchführungsrechtsakte

Artikel 16
Berichterstattung und Überprüfung

Artikel 17
Inkrafttreten und Anwendung

Geschehen zu Brüssel am [...].

Im Namen des Europäischen Parlaments
Der Präsident
Im Namen des Rates
Der Präsident