COM (2018) 366 final; Ratsdok. 9170/18
970. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2018
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU) und der Ausschuss für Kulturfragen (K) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag der Kommission, das Programm "Kreatives Europa" auch im Mehrjährigen Finanzrahmen ab 2021 als eigenständiges Programm für den Bereich Kultur und Medien zu erhalten. Kultureller Reichtum und kulturelle Vielfalt definieren Europa. Interkultureller Austausch und Dialog zwischen den Gesellschaften sind sowohl alltägliche Selbstverständlichkeit als auch weiter förderungswürdige Ziele. Gerade in Zeiten neu aufkommender Nationalismen müssen Europas Bürgerinnen und Bürger dabei unterstützt werden, kulturelle Unterschiede als etwas Bereicherndes und nicht als etwas Trennendes wahrzunehmen sowie die Vielfalt der Kulturen in Europa schätzen zu lernen. Es sind vor allem diese Vielfalt und die Qualität künstlerischen Schaffens, die es zu fördern und zu unterstützen gilt.
- 2. Der Bundesrat bemängelt in diesem Zusammenhang die zu kurz greifende inhaltliche Schwerpunktsetzung bei den spezifischen Zielen im Programmvorschlag. Neben den in Artikel 3 Absatz 2 des Verordnungsvorschlags aufgeführten drei spezifischen Zielen (der Verbesserung der wirtschaftlichen, sozialen und externen Dimension der Zusammenarbeit auf europäischer Ebene, der Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der audiovisuellen Industrie sowie der Förderung der politischen Zusammenarbeit) ist als viertes Ziel die Förderung der länderübergreifenden Zirkulation kultureller und kreativer Werke und der länderübergreifenden Mobilität der Kultur- und Kreativakteure, insbesondere von Künstlerinnen und Künstlern, zwingend wieder aufzunehmen. Dieses Ziel des Austauschs von Personen und von Werken ist Basis und Voraussetzung für die anderen genannten Ziele sowie für sich selbst genommen das zentrale Ziel des Programms.
- 3. Das aktuelle Programm CREATIVE EUROPE 2014-2020 zielt gemäß Artikel 4 Buchstabe b der Verordnung Nr. 1295/2013 auch auf die Zirkulation von kulturellen und kreativen Werken, um neue und größere Zuschauergruppen zu erreichen, mit speziellem Fokus auf Kinder und Jugendliche. Der Bundesrat fordert angesichts der Bedeutung digitaler audiovisueller Medien für die Gesellschaften in Europa, dass an diesem Ziel auch im vorliegenden Verordnungsvorschlag ausdrücklich festgehalten wird. Zudem sollte das neue MEDIA-Subprogramm auch bei der Entwicklung audiovisueller Werke einen Fokus auf Kindermedien, insbesondere auf Kinderfilme mit einer Zielgruppe bis 14 Jahren und mit europäischem Auswertungspotential, enthalten.
- 4. Der Bundesrat fordert, dass bei der Mittelausstattung gemäß Artikel 7 des Verordnungsvorschlags für die einzelnen Aktionsbereiche keine Höchst-, sondern wie im bisherigen Programm Mindestbudgetanteile oder aber feste Budgetanteile festgeschrieben werden. Die im Verordnungsvorschlag vorgesehene Gewichtung zwischen den Aktionsbereichen Kultur und Media sowie dem Sektor übergreifenden Aktionsbereich sollte dabei erhalten bleiben. Das Programm muss insgesamt so dotiert werden, dass seine Fördermaßnahmen in der Summe Wirkung und damit Relevanz entwickeln können.
- 5. Der Bundesrat begrüßt gleichzeitig, dass die für die Garantiefazilität zur Förderung der Kultur- und Kreativwirtschaft vorgesehenen Mittel nicht mehr im sektorübergreifenden Aktionsbereich des Programms "Kreatives Europa" eingeplant sind, sondern stattdessen Teil der übergeordneten Fazilität "InvestEU" werden sollen. In diesem neuen Rahmen muss aber sichergestellt werden, dass Kunst- und Kulturschaffende ihre künstlerische Position nicht zugunsten einer Wandlung in klassische Start-Ups mit Wachstumsperspektive bei Umsatz und Beschäftigung zurückzustellen haben. Eine ergänzende wirtschaftliche Perspektive auf den Kultursektor darf nicht verengt werden auf solche Kreativakteure, die als Gründer von Kapitalgesellschaften skalierbare Geschäftsmodelle entwickeln.
- 6. Der Bundesrat unterstützt den Vorschlag der Kommission, gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe d des Verordnungsvorschlags auch Drittstaaten außerhalb des EWR sowie der EU-Nachbarschaftspolitik und des Beitrittsprozesses die Programmbeteiligung zu ermöglichen. Ebenso unterstützt der Bundesrat die im Verordnungsvorschlag vorgesehenen daran geknüpften Bedingungen. Insbesondere gilt dies für die Einzahlungsverpflichtungen und den Ausschluss der Übertragung von Entscheidungsbefugnissen über das Programm an das jeweilige Drittland.
- 7. Hinsichtlich der Programmdurchführung gibt der Bundesrat seiner Verwunderung Ausdruck, dass im Verordnungsvorschlag der Kommission - im Gegensatz zu anderen Förderprogrammen wie etwa "Erasmus" oder "Rechte und Werte" - kein programmbegleitender Ausschuss vorgesehen ist. Der Bundesrat fordert mit Nachdruck, dass die Programmdurchführung auch im Rahmen von "Kreatives Europa (2021 bis 2027)" wie schon bisher von einem mitgliedstaatlich besetzten Verwaltungsausschuss begleitet werden muss. Dieser Verwaltungsausschuss muss wie bisher nach dem Prüfverfahren gemäß Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 die Programmdurchführung aktiv mitgestalten.
- 8. Um eine sachgerechte Befassung mit den Entwürfen der jeweiligen Jahresarbeitsprogramme zu ermöglichen, fordert der Bundesrat zudem, dass die entsprechenden Dokumente inklusive sämtlicher Unterlagen, die für die fachliche Begleitung des Programms geboten sind, dem Verwaltungsausschuss durch die Kommission spätestens zwei Wochen vor der Ausschusssitzung übersandt werden.
- 9. Der Bundesrat bemängelt, dass nach Artikel 14 Absatz 5 Buchstabe b des Verordnungsvorschlags dem EU-Jugendorchester außerhalb des üblichen Wettbewerbsverfahrens und ohne Erfüllung des Erfordernisses der Einreichung von Vorschlägen Finanzhilfen gewährt werden sollen. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf die Verordnung (EU) Nr. 2018/596 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. April 2018 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1295/2013 zur Einrichtung des Programms Kreatives Europa (2014 bis 2020). Erwägungsgrund 12 der genannten Verordnung hält fest, dass die Finanzmittel zur Bestandssicherung des Orchesters nur "ausnahmsweise bis zum Ablauf des Programms Kreatives Europa am 31. Dezember 2020 [...] gewährt werden". Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass sich das EU-Jugendorchester im Hinblick auf die Chancengleichheit für andere potentielle Förderempfänger, das Wettbewerbsprinzip von "Kreatives Europa" und auch die Notwendigkeit der fortwährenden Qualitätssicherung künftig wieder wettbewerblich um Fördermittel zu bewerben hat.
- 10. Der Bundesrat hält das gemäß Artikel 15 des Verordnungsvorschlags vorgesehene Ziel von Synergien mit anderen Förderprogrammen und Politiken der EU für erstrebenswert. Dabei muss allerdings sichergestellt sein, dass der Kultur- und Kreativbereich nicht nur als ein sekundierendes Element den Zielen anderer Politikbereiche untergeordnet wird, sondern dass auch die anderen Politikbereiche zur Erreichung spezifischer Anliegen des Kultur- und Kreativbereichs beitragen, sei es bei der finanziellen Projektförderung oder bei inhaltlichen Weichenstellungen.
- 11. Der Bundesrat lehnt die in Artikel 17 in Verbindung mit Artikel 19 des Verordnungsvorschlags vorgesehenen delegierten Rechtsetzungsbefugnisse der Kommission zur Ausarbeitung eines Rahmens für die Überwachung und Evaluierung einschließlich der Überarbeitung oder Ergänzung der Evaluierungsindikatoren ab. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf die seitens der Bundesrepublik Deutschland im Zuge der Beschlussfassung über "Kreatives Europa (2014 bis 2020)" abgegebene Protokollerklärung.
- 12. Der Bundesrat nimmt darüber hinaus mit Verwunderung zur Kenntnis, dass im Anhang zum Verordnungsvorschlag für "Kreatives Europa (2021 bis 2027)" eine Auflistung von Indikatoren enthalten ist, welche sich stark von dem kürzlich vorgelegten Vorschlag der Kommission für eine Ausweitung des Indikatorenrahmens für die Förderperiode 2014 bis 2020 unterscheidet. Die im Anhang II zum Verordnungsvorschlag enthaltenen Indikatoren hält der Bundesrat zudem für anpassungsbedürftig. Einige der Indikatoren erscheinen als wenig aussagekräftig für die qualitative Bewertung des Programms (insbesondere Anzahl von Werbeveranstaltungen) oder als schwer quantifizierbar (etwa die Zahl der Zugriffe auf im Rahmen des Programms geschaffene Inhalte).
- 13. Bei den in Anhang I zum Verordnungsvorschlag aufgeführten Fördermaßnahmen im Aktionsbereich Kultur und im Sektor übergreifenden Aktionsbereich vermisst der Bundesrat in den teils sehr allgemein formulierten Maßnahmenbeschreibungen die konkrete Nennung von Projekten des grenzüberschreitenden Kulturaustauschs, wie zum Beispiel die Unterstützung für internationale Tourneen, Veranstaltungen, Ausstellungen und Festivals. Der Bundesrat fordert daher, entsprechende Aktivitäten ebenfalls wieder in den Katalog der Fördermaßnahmen aufzunehmen.
- 14. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
- 15. Der Ausschuss für Frauen und Jugend und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.