Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 302731 - vom 14. Februar 2008.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 17. Januar 2008 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Partnerschaft Europa-Mittelmeer,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. November 2007 zu den schwerwiegenden Vorfällen, die die Existenz christlicher und anderer religiöser Gemeinschaften1 gefährden,
- - unter Hinweis auf die Erklärung von Barcelona vom November 1995,
- - unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament "Intensivierung der EU-Maßnahmen für die Mittelmeer-Partnerländer in den Bereichen Menschenrechte und Demokratisierung - Strategische Leitlinien",
- - unter Hinweis auf die erste Konferenz des Menschenrechtsnetzwerks Europa-Mittelmeer am 26. und 27. Januar 2006 in Kairo,
- - unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe,
- - in Kenntnis der EU-Leitlinien über Menschenrechtsverteidiger,
- - in Kenntnis von Artikel 19 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, den Ägypten 1982 ratifiziert hat,
- - unter Hinweis auf das internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau,
- - unter Hinweis auf das auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs im November 2005 in Barcelona angenommene Arbeitsprogramm,
- - unter Hinweis auf die am 26. November 2005 in Barcelona angenommenen Schlussfolgerungen der 5. Konferenz der Parlamentspräsidenten Europas,
- - unter Hinweis auf die von der Parlamentarischen Versammlung der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft am 27. März 2006 angenommenen Entschließungen und die Erklärung ihres Präsidenten,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 19. Januar 2006 zur Europäischen Nachbarschaftspolitik2,
- - gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass im März 2007 ein gemeinsamer Aktionsplan EU-Ägypten in dem durch das Europa-Mittelmeerabkommen errichteten Assoziationsrat unterzeichnet wurde, dem die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten einerseits und die Arabische Republik Ägypten andererseits angehören; in der Erwägung, dass in diesem Aktionsplan die Schwerpunkte dargelegt sind, unter denen der Erhöhung der Effektivität der für die Stärkung der Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Förderung der Menschenrechte unter allen ihren Gesichtspunkten zuständigen Institutionen besonderes Augenmerk geschenkt werden soll;
B. in der Erwägung, dass die Förderung der Achtung der Demokratie, der Menschenrechte und der bürgerlichen Freiheiten zu den Grundprinzipien und Zielen der Europäischen Union gehört und eine gemeinsame Grundlage für die Entwicklung des Europa-Mittelmeer-Raums bildet,
C. in der Erwägung, dass es den Beziehungen zu Ägypten große Bedeutung beimisst und faire und transparente Wahlen als den einzigen Weg betrachtet, Fortschritte auf dem Weg zu einer demokratischeren Gesellschaft zu erzielen, und unter Betonung der Bedeutung Ägyptens und der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Ägypten für die Stabilität und Entwicklung des europäischmediterranen Raums,
D. in der Erwägung, dass die ägyptischen Stellen zugesagt haben, der Inhaftierung von Journalisten ein Ende zu setzen, dass diese Zusage aber bisher nicht eingelöst worden ist;
E. in der Erwägung, dass der oppositionelle Präsidentschaftskandidat Ayman Nur nach einem unfairen Gerichtsverfahren im Jahre 2005 aufgrund politisch motivierter Anschuldigungen immer noch eine fünfjährige Haftstrafe verbüßt und dass sich sein Gesundheitszustand infolge seiner Haft verschlechtert;
F. in Erwägung der Schließung des Zentrums für Gewerkschafts- und Arbeitnehmerdienstleistungen und seiner Zweigstellen, wo zum ersten Mal eine als Anwalt für eine gute Sache auftretende NGO durch eine Verwaltungsentscheidung geschlossen wurde, und der Schließung der Vereinigung für Rechtshilfe im Bereich der Menschenrechte (AHRLA) und der anschließenden Verurteilung des Menschenrechtsaktivisten Kamal Abbas, des allgemeinen Koordinators des Zentrums, aufgrund eines von ihm in der Zeitschrift Kalam Sanya veröffentlichten Essays wegen Verleumdung von Mohammed Mustafa,
G. in der Erwägung, dass die Kopten, die Bahai, die Schiiten, die Koranisten und Mitglieder anderer religiöser Minderheiten leider immer noch durch sektiererische Isolation erheblich benachteiligt werden;
- 1. erkennt die Rolle, die Ägypten im Friedensprozess des Nahen Ostens spielt, und die Bedeutung der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Ägypten für den gesamten europäischmediterranen Raum und für den Kampf gegen den internationalen Terrorismus und den Fundamentalismus an, weist jedoch darauf hin, dass die Achtung der Menschenrechte ein grundlegender Wert des Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und Ägypten ist, und bekräftigt die Bedeutung der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft für die Förderung der Rechtsstaatlichkeit und der Grundfreiheiten;
- 2. vertritt die Auffassung, dass die jüngsten Festnahmen und Maßnahmen gegen nichtstaatliche Organisationen und Menschenrechtsverteidiger die von der ägyptischen Regierung eingegangenen Verpflichtungen in Bezug auf Grundrechte und Freiheiten sowie den demokratischen Prozess im Land untergraben; unterstützt die am 13. Mai 2007 von 34 nichtstaatlichen Organisationen als Folgemaßnahme zum ersten kollektiven Bericht über Schikanierung durch Verwaltungs- und Sicherheitsorgane ins Leben gerufene Kampagne nichtstaatlicher Organisationen für Organisationsfreiheit;
- 3. fordert die ägyptische Regierung auf, alle Formen der Schikanierung einschließlich gerichtlicher Maßnahmen sowie Festnahmen von Angehörigen der Medienberufe und allgemeiner von Menschenrechtsverteidigern und -aktivisten, die zu Reformen aufrufen zu beenden und gemäß Artikel 19 des von Ägypten unterzeichneten und ratifizierten Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte das Recht auf freie Meinungsäußerung uneingeschränkt zu achten;
- 4. spornt die ägyptische Regierung an, ihre Zusage, den Notstand am 31. Mai 2008 aufzuheben einzuhalten; fordert die ägyptischen Staatsorgane auf, das Gesetz Nr. 25 von 1966 über Kriegsgerichte, das eines der größten Hindernisse für die uneingeschränkte Wahrnehmung der Grundfreiheiten darstellt, zu ändern und sicherzustellen dass alle Maßnahmen und Rechtsvorschriften, die zur Bekämpfung des Terrorismus erlassen werden, mit dem Völkerrecht im Bereich der Menschenrechte uneingeschränkt im Einklang stehen;
- 5. unterstützt nachdrücklich Maßnahmen, die dazu dienen, die Freiheit der Lehre, die Freiheit der Medien und die Freiheit privater religiöser Überzeugungen zu sichern; fordert in diesem Zusammenhang, willkürliche behördliche Maßnahmen wie diejenigen die gegen das Zentrum für Gewerkschafts- und Arbeitnehmerdienstleistungen und die Vereinigung für Rechtshilfe im Bereich der Menschenrechte verhängt wurden, aufzuheben; fordert die Freilassung von Kamal Abbas und anderen Aktivisten; fordert nachdrücklich, dass den friedlichen Betätigungen von Organisationen der Bürgergesellschaft durch das Gesetz über Vereinigungen keine willkürlichen Beschränkungen auferlegt werden;
- 6. fordert in Anbetracht der Berichte über den sich verschlechternden Gesundheitszustand von Ayman Nur dessen sofortige Freilassung und eine sofortige Betreuung einschließlich eines Besuchs durch qualifiziertes medizinisches Personal;
- 7. betont, dass die Grundsätze des OAU-Übereinkommens von 1969 über die spezifischen Aspekte des Flüchtlingsproblems in Afrika und der Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen von 1993 uneingeschränkt angewandt werden müssen; unterstützt die Schlussbemerkungen des Ausschusses der Vereinten Nationen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen vom Mai 2007, in denen die Wiederaufnahme der Ermittlungen zur Tötung von 27 sudanesischen Asylbewerbern im Dezember 2005 verlangt wurde;
- 8. fordert ein Ende jeglicher Formen von Folter und Misshandlung und fordert Ermittlungen, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt, dass Folterakte vorgefallen sind fordert die ägyptische Regierung auf, einen Besuch des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen über Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe zuzulassen;
- 9. unterstreicht, wie wichtig es ist, die Unabhängigkeit der Justiz durch Änderung oder Aufhebung aller rechtlichen Vorschriften, die ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen oder nicht in ausreichendem Maße gewährleisten, zu sichern und zu stärken; betont, dass gemäß den Artikeln 8 und 9 der von den Vereinten Nationen angenommenen Grundprinzipien der Unabhängigkeit der Richterschaft die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung für Richter geachtet und geschützt werden müssen
- 10. begrüßt die ägyptischen Bemühungen zur Sicherung der Grenze zu Gaza und ermutigt alle Betroffenen, den Kampf gegen den Schmuggel durch Tunnel in den Gaza-Streifen zu verstärken;
- 11. fordert die Europäische Union eindringlich auf, den Entwicklungen der Menschenrechte auf ihrer Agenda für die kommende Sitzung des Unterausschusses für politische Fragen im Rahmen der Beziehungen zwischen der Europäischen Union und Ägypten einen hohen Stellenwert einzuräumen; fordert den Rat und die Kommission auf dem Parlament darüber zu berichten und es in die Auswertung einzubeziehen;
- 12. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der ägyptischen Regierung und dem ägyptischen Parlament, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Mittelmeerdrittstaaten, die die Erklärung von Barcelona unterzeichnet haben, sowie dem Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung Europa-Mittelmeer zu übermitteln.
- 1 Angenommen Texte, P6_TA(2007)0542.
- 2 ABl. C 287 E vom 24.11.2006, S. 312.