Verordnung der Bundesregierung
Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen
(Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung - GenTPflEV)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Verordnung der Bundesregierung Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen (Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung - GenTPflEV)

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 10. August 2007
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Harald Ringstorff

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene


mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.

Federführend ist das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Der Stellvertreter der Bundeskanzlerin
Franz Müntefering

Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen (Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung - GenTPflEV)

Vom ...

Auf Grund des § 16b Abs. 6 des Gentechnikgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. 2066, der durch Artikel 1 Nr. 14 des Gesetzes vom 21. Dezember 2004 (BGBl. 2005 I S. 186) eingefügt worden ist, verordnet die Bundesregierung:

§ 1 Anwendungsbereich

§ 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieser Verordnung sind

§ 3 Mitteilungspflicht

§ 4 Anpassungspflicht

§ 5 Anfragepflicht

§ 6 Lagerung

§ 7 Beförderung

§ 8 Ernte

§ 9 Eingesetzte Gegenstände

§ 10 Durchwuchs

§ 11 Aufbringen von Stoffen

§ 12 Aufzeichnungen

§ 13 Inkrafttreten

Anlage
(zu § 2 Nr. 1, § 5, § 10 Abs. 1 Satz 1, § 12 Abs. 1 Satz 1)

Pflanzenartspezifische Vorgaben

Gentechnisch veränderter Mais

1. Benachbarte Flächen

Beim Anbau von gentechnisch verändertem Mais sind diejenigen Flächen benachbart nach § 2 Nr. 2, die - ganz oder zum Teil - innerhalb eines Abstands von 300 Metern vom Rand der Anbaufläche liegen.

2. Mindestabstand

Zwischen dem Rand einer Anbaufläche mit gentechnisch verändertem Mais und dem Rand einer benachbarten Fläche mit konventionell angebautem, nicht gentechnisch verändertem Mais hat der Erzeuger einen Mindestabstand von 150 Metern einzuhalten.

Zwischen dem Rand einer Anbaufläche mit gentechnisch verändertem Mais und dem Rand einer benachbarten Fläche mit ökologisch angebautem, nicht gentechnisch verändertem Mais hat der Erzeuger einen Mindestabstand von 300 Metern einzuhalten.

Der Erzeuger hat durch geeignete Maßnahmen zu vermeiden, dass Flächen, auf denen Mais angebaut wird der nicht gentechnisch verändert ist und zur Verwendung als Saatgut bestimmt ist, wesentlich beeinträchtigt werden.

3. Andere Maßnahmen

Der Mindestabstand nach Nummer 2 Satz 1 und 2 darf im Falle amtlicher Versuche unterschritten werden soweit durch andere Maßnahmen, insbesondere durch Entfernen oder Eintüten der männlichen Blütenstände (Fahnen) vor der Blüte, ein Austrag von Pollen aus der Anbaufläche verhindert wird.

4. Überwachung und Beseitigung von Durchwuchs

Die Überprüfung auf Durchwuchs gemäß § 10 Abs. 1 hat nach der Ernte sowie in dem auf den Anbau des gentechnisch veränderten Maises folgenden Jahr zu erfolgen. Eventueller Durchwuchs ist unverzüglich zu beseitigen.

5. Fruchtfolge

Eine Anbaufläche darf frühestens im zweiten auf die Ernte des gentechnisch veränderten Maises folgenden Jahr mit nicht gentechnisch verändertem Mais bestellt werden.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Zielsetzung, Gegenstand und wesentliche Regelungen

Wer zum Inverkehrbringen zugelassene Produkte, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder daraus bestehen, anbaut, weiterverarbeitet oder diese erwerbswirtschaftlich, gewerbsmäßig oder in vergleichbarer Weise in den Verkehr bringt, hat nach § 16b Abs. 1 Gentechnikgesetz Vorsorge gegen wesentliche Beeinträchtigungen durch die Übertragung von Eigenschaften eines Organismus, die auf gentechnischen Arbeiten beruhen, durch die Beimischung oder durch sonstige Einträge von gentechnisch veränderten Organismen zu treffen. Die Vorsorgepflicht nach § 16b Abs. 1 Gentechnikgesetz wird durch die Einhaltung der guten fachlichen Praxis erfüllt. Außerdem haben die am Umgang mit dem Produkt Beteiligten nach § 16 Abs. 5a Gentechnikgesetz die Bestimmungen der Genehmigung für das Inverkehrbringen zu beachten, soweit diese sich auf den Umgang mit dem Produkt, insbesondere seine Anwendung, Beförderung oder Lagerung, beziehen, sofern die Genehmigung öffentlich bekannt gemacht wurde.

Die Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung macht hinsichtlich des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen von der in § 16b Abs. 6 Gentechnikgesetz enthaltenen Ermächtigung zur Regelung der Grundsätze der guten fachlichen Praxis Gebrauch. Hierdurch wird die Vorsorgepflicht des Erzeugers gentechnisch veränderter Pflanzen nach § 16b Abs. 1 Gentechnikgesetz handhabbar gemacht und die Beachtung der Bestimmungen der Genehmigung für das Inverkehrbringen sichergestellt.

Die Rechtsverordnung dient gleichzeitig der Umsetzung der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 23. Juli 2003 mit Leitlinien für die Erarbeitung einzelstaatlicher Strategien und geeigneter Verfahren für die Koexistenz gentechnisch veränderter, konventioneller und ökologischer Kulturen (ABl. EU (Nr. ) L 189 S. 36).

Konkret muss der Erzeuger gentechnisch veränderter Pflanzen seine Nachbarn über den Anbau informieren seinen Anbau an benachbarte Nutzungen anpassen, ggf. bei der Naturschutzbehörde anfragen Sorgfaltsmaßnahmen im Hinblick auf Feldbestand, Lagerung, Beförderung, Ernte, eingesetzte Gegenstände und Durchwuchs ergreifen sowie Aufzeichnungen führen.

Empfehlungen stellen gegenüber dem Erlass der Rechtsverordnung keine Alternative dar, da sie kurzfristig keine Rechtssicherheit herstellen. Die Behörden und Gerichte können zwar Empfehlungen wie gutachterliche Stellungnahmen, etwa im Zusammenhang mit der behördlichen Überwachung oder zivilrechtlichen Unterlassungs- und Ausgleichsansprüchen, berücksichtigen. Daraus entwickelt sich aber nur allmählich eine Rechtssicherheit.

II. Finanzielle Auswirkungen, Kosten für die Wirtschaft

1. Kosten der öffentlichen Haushalte

Die Überwachungsaufgabe, ob die Erzeuger gentechnisch veränderter Pflanzen die Vorsorgepflicht und die Bestimmungen der Genehmigung für das Inverkehrbringen einhalten, erwächst den Ländern bereits unmittelbar aus den gesetzlichen Bestimmungen. Die Rechtsverordnung setzt diesbezüglich nur einen inhaltlichen Maßstab.

2. Sonstige Kosten

Den Erzeugern gentechnisch veränderter Pflanzen können Mehrkosten entstehen, daher sind geringfügige Auswirkungen auf die Einzelpreise nicht ausgeschlossen. Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau sowie das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten.

III. Bürokratiekosten

Der vorliegende Verordnungsentwurf führt zu Gesamtbürokratiekosten in der Größenordnung von 10.000 bis 12.500 €. Es werden drei Informationspflichten neu eingeführt und eine weitere geändert.

1. Bürokratiekosten der Wirtschaft

Nach § 5 muss der Erzeuger gentechnisch veränderter Pflanzen bei der zuständigen Naturschutzbehörde anfragen ob in seiner Umgebung bestimmte Ökosysteme, Umweltgegebenheiten und geografischen Gebiete existieren, sofern die Inverkehrbringensgenehmigung Bestimmungen zu deren Schutz enthält. Gegenwärtig wird in Deutschland nur gentechnisch veränderter Mais der Linie MON 810 angebaut, für den die Inverkehrbringensgenehmigung keine entsprechenden Bestimmungen enthält. Daher entstehen derzeit diesbezüglich keine Bürokratiekosten. In Zukunft könnten Inverkehrbringensgenehmigungen für andere Linien aber entsprechende Bestimmungen enthalten. Bei 228 Anbauflächen (Zahl der Erstmitteilungen 2007), einem Zeitaufwand von ½ Stunde und Arbeitskosten pro Stunde von 22,10 € (Land- und Forstwirtschaft, hohes Qualifikationsniveau) würden die Bürokratiekosten i.H.v. rund 2.500 € entstehen. Alternativen bestehen nicht.

Nach § 3 muss der Erzeuger seine Nachbarn über den geplanten Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen informieren. In den meisten Fällen wird dem Erzeuger der Bewirtschafter bzw. Eigentümer der benachbarten Flächen bekannt sein. Andernfalls muss der Erzeuger zunächst z.B. den Eigentümer durch (gebührenfreie) Einsicht in das Grundbuch ermitteln. Werden für die Mitteilung an die Nachbarn 228 Anbauflächen, ein durchschnittlicher Zeitaufwand von zwei Stunden und Arbeitskosten pro Stunde von 22,10 € angesetzt, entstehen Bürokratiekosten i.H.v. rund 10.000 €. Alternativen sind nicht ersichtlich.

Die Aufzeichnungspflicht in § 12 entspricht materiell den bestehenden Anforderungen nach § 16b Abs. 3 Nr. 1 Gentechnikgesetz alter Fassung. Neu hinzugekommen ist die Verpflichtung, die Aufzeichnungen über einen bestimmten Zeitraum im Betrieb aufzubewahren und auf Verlangen der zuständigen Behörde vorzulegen. Die hierdurch ausgelösten Bürokratiekosteneffekte sind marginal gering.

2. Bürokratiekosten der Bürgerinnen und Bürger

§ 3 Abs. 2 verpflichtet den Eigentümer einer benachbarten Fläche, eine Mitteilung des Erzeugers gentechnisch veränderter Pflanzen an den Bewirtschafter der Fläche weiterzuleiten. Diese Vorgehensweise wird der seltene Ausnahmefall sein, so dass die hierdurch ausgelösten Bürokratiekosteneffekte marginal gering sein werden.

3. Bürokratiekosten der Verwaltung

Es werden keine Informationspflichten der Verwaltung neu eingeführt, geändert oder aufgehoben.

B. Besonderer Teil

Zu § 1

Die Vorschrift regelt den Anwendungsbereich der Gentechnik-Pflanzenerzeugungsverordnung.

Die Verordnung erfasst nur erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten. Sie gilt allein für die Urproduktion, nicht aber für die Verarbeitung von Ernteprodukten im betrieblichen Herrschaftsbereich des Erzeugers. Nach § 16b Abs. 1 Satz 2 des Gentechnikgesetzes sind Bewirtschafter, die vertraglich auf ihren Schutz verzichtet haben, vom Schutz der Vorschriften über die gute fachliche Praxis ausgenommen.

Zu § 2

Die Vorschrift definiert die zentralen Begriffe der Verordnung. Hinsichtlich der benachbarten Flächen (Nummer 2) wird auf die Anlage verwiesen.

Zu § 3 Absatz 1 setzt eine Mitteilungspflicht des Erzeugers gentechnisch veränderter Pflanzen gegenüber seinen Nachbarn fest. Unter Nachbarn sind nach § 2 Nr. 4 die Bewirtschafter benachbarter

Flächen zu verstehen.

Dem Erzeuger kann der Bewirtschafter eines bestimmten Grundstücks aber unbekannt und dessen Name und Anschrift unter Umständen nur schwer zu ermitteln sein. Absatz 2 sieht deshalb vor dass sich der Erzeuger an den Eigentümer des betreffenden Grundstücks wenden kann. Diesen kann er z.B. durch Auskunft aus dem Grundbuch ermitteln. Der Erzeuger richtet die Mitteilung nach Absatz 1 an den Eigentümer und fordert ihn dazu auf, sie an den Bewirtschafter weiterzuleiten.

Nach Ablauf eines Monats kann er davon ausgehen, dass der Eigentümer selbst der Bewirtschafter der betreffenden Fläche ist. Hat sich der Erzeuger an das beschriebene Verfahren gehalten hat er die gute fachliche Praxis erfüllt.

Zu § 4

Der Erzeuger gentechnisch veränderter Pflanzen muss seinen Anbau an den Anbau seiner konventionell oder ökologisch wirtschaftenden Nachbarn anzupassen. Die einzelnen Anforderungen an den Feldbestand sind in der Anlage festgelegt. Die Anpassung ist dem Erzeuger aber nur möglich wenn ihm der Nachbar seine Anbaupläne rechtzeitig mitgeteilt hat (Obliegenheit des Nachbarn zur Schadensabwendung).

Zu § 5

Der Erzeuger gentechnisch veränderter Pflanzen muss nach § 16 Abs. 5a des Gentechnikgesetzes die Bestimmungen der Inverkehrbringensgenehmigung über den Schutz besonderer Ökosysteme,

Umweltgegebenheiten und geografischer Gebiete einhalten. Die Einhaltung wird dem Erzeuger aber erst möglich, wenn er davon Kenntnis hat, ob in seiner Umgebung die betreffenden Ökosysteme,

Umweltgegebenheiten und geografischen Gebiete existieren. Deshalb hat er bei der zuständigen Naturschutzbehörde nach den betreffenden Sachverhalten anzufragen.

Zu § 6

Die Vorschrift legt Sorgfaltspflichten bei der Lagerung fest.

Zu § 7

Die Vorschrift regelt die Sorgfaltspflichten beim Transport.

Zu § 8

Die Vorschrift betrifft die Sorgfaltspflicht bei der Ernte.

Zu § 9

Die Vorschrift behandelt die Reinigung von Einrichtungen, Maschinen und Geräten, die für den Umgang mit gentechnisch veränderten Pflanzen eingesetzt worden sind.

Zu § 10

Die Vorschrift regelt in Verbindung mit der Anlage die Durchwuchsregulierung.

Zu § 11

Flächen, auf die Düngemittel oder andere Stoffe aufgebracht worden sind, die offenkundig nicht nur geringfügig vermehrungsfähiges Material enthalten, sind in die Durchwuchsregulierung mit einzubeziehen.

Zu § 12

Die Vorschrift enthält Anforderungen an die Aufzeichnungspflicht, die materiell den Anforderungen des § 16b Abs. 3 Nr. 1 Gentechnikgesetz alter Fassung entsprechen.

Zu § 13

Die Verordnung soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.

Zur Anlage Die Anlage enthält Bestimmungen für gentechnisch veränderten Mais. Es handelt sich hierbei um die einzige gentechnisch veränderte Pflanzenart, die mit gentechnikrechtlicher Genehmigung zum Inverkehrbringen sowie Sortenzulassung derzeit in Deutschland angebaut wird.

Zu Nummer 1

Als benachbarte Flächen werden alle Flächen einbezogen, die innerhalb des Mindestabstands sowohl gegenüber konventionellen als auch gegenüber ökologischen Anbauflächen nach Nummer 2 liegen.

Zu Nummer 2

Mais vermehrt sich über die Befruchtung durch Pollen. Hinsichtlich der Mindestabstände ist zwischen drei Anbausituationen zu unterscheiden:

In Satz 1 ist gegenüber nicht gentechnisch verändertem Mais zur Verwendung als konventionelles Lebensmittel oder Futtermittel oder zur unmittelbaren Verarbeitung ein Mindestabstand von 150 Metern vorgesehen.

Zur Vorbereitung der Festlegung des Mindestabstands hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) eine Arbeitsgruppe aus Wissenschaftlern der Ressortforschung des BMELV und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gebildet. Diese Arbeitsgruppe hat zehn Forschungsstudien, die sich mit dem Auskreuzungsverhalten von Mais beschäftigen, als unter heutigen Anbaubedingungen relevant identifiziert. Sie treffen Aussagen darüber, in welchen Entfernungen mit welchen Auskreuzungsraten zu rechnen ist. In einem Abstand von 50 Metern weisen die genannten Forschungsarbeiten Auskreuzungsraten von unter 0,9 %, in der Regel sogar von unter 0,7 % (max. 0,76 %) auf. In einem Abstand von 100 Metern wurden durchgängig Auskreuzungsraten von unter 0,5 % ermittelt.

Die Forschungen liefern hingegen noch keine belastbaren Daten für eine quantitative Differenzierung nach dem DNA-Anteil in Körner- bzw. Silomais. Auch erlauben die vorliegenden Daten keine Differenzierung nach Größe und Zuschnitt der Felder oder im Hinblick auf die Ausbringung einer Mantelsaat. Die meisten Studien enthalten keine Angaben zu den meteorologischen Bedingungen, unter denen die Versuche vorgenommen wurden.

Auch andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union standen oder stehen vor der Aufgabe, Mindestabstände für gentechnisch veränderten Mais festzulegen. Bislang bestehen Regelungen in Dänemark, den Niederlanden, Portugal und Tschechien; andere Mitgliedstaaten haben Entwürfe vorgelegt (s. Tabelle).

Übersicht zu bestehenden oder vorgesehenen Vorschriften über Mindestabstände für gentechnisch veränderten Mais in anderen EU-Mitgliedstaaten

Staat Abstand gegenüber
konventionellen Nachbarn anderen Nachbarn
Dänemark (Verordnung) 200 m dito
Niederlande (Verordnung) 25 m gentechnikfrei/ökologisch: 250 m
Portugal (Verordnung) 200 m
bei Mantelsaat (24 Reihen konv. Mais): 0 m
ökologisch: 300 m bei Mantelsaat (28 Reihen konv. Mais): 50 m
Tschechien (Verordnung) 70 m
1 Reihe Mantelsaat (Mindestbreite 0,7 m) ersetzt 2 m Abstand
ökologisch: 200 m 1 Reihe Mantelsaat (Mindestbreite 0,7 m) ersetzt 2 m Abstand; jedoch mind. 100 m Abstand
Lettland (Gesetzentwurf) 200 m ökologisch: 400 m
Litauen (Verordnungsentwurf) 200 m (und 3 m konv. Mais als Mantelsaat) dito
Luxemburg (Verordnungsentwurf) 800 m dito
Polen (Verordnungsentwurf) 200 m ökologisch: 300 m
Slowakei (Verordnungsentwurf) 200 m
1 Reihe Mantelsaat (mind. 6 Reihen) ersetzt 2 m Abstand
ökologisch: 300 m 1 Reihe Mantelsaat (mind. 6 Reihen) ersetzt 2 m Abstand
Spanien (Verordnungsentwurf) 220 m (und 4 Reihen konv. Mais als Mantelsaat) bei versetzten Blühzeiten: 0 m (genehmigungspflichtig) Saatgut: 300 m
Ungarn (Verordnungsentwurf) 400 m (nach örtlichen Gegebenheiten bis 800 m) dito

Bei der Festlegung des Mindestabstands in dieser Verordnung wurde dem Umstand Rechnung getragen dass die Erfahrungen mit dem Auskreuzungspotenzial von gentechnisch verändertem Mais unter Praxisbedingungen begrenzt sind und dass das Wissen über den Zusammenhang zwischen den natürlichen, insbesondere meteorologischen und geographischen Bedingungen des jeweiligen Standorts sowie Größe und Zuschnitt der jeweiligen Felder einerseits und den zu verzeichnenden Auskreuzungsraten andererseits lückenhaft ist. Deshalb wurde ein Abstandswert gewählt der über dem aus den genannten Forschungsstudien ableitbaren Wert liegt. Damit soll insbesondere in der Anfangsphase des kommerziellen Anbaus von gentechnisch verändertem Mais sowohl dessen Erzeugern als auch den konventionell oder ökologisch wirtschaftenden Nachbarn möglichst große Sicherheit vor wesentlichen Beeinträchtigungen und ihren möglichen Haftungsfolgen gegeben werden. Mit zunehmendem Erkenntnisfortschritt über das Auskreuzungsverhalten von gentechnisch verändertem Mais ist der Abstandswert zu überprüfen und ggf. zu ändern.

Eine Variation des Mindestabstandes in Abhängigkeit von der Anpflanzung einer Mantelsaat wurde nicht vorgesehen. Zum einen bewirkt eine Mantelsaat nur dann eine signifikante Verminderung der Einkreuzung in das benachbarte Feld, wenn sie unmittelbar vor dem Feld des Nachbarn angelegt wurde, was aber meist nicht praktikabel ist. Zum anderen ist der Reduktionseffekt nach gegenwärtigem Kenntnisstand kaum quantifizierbar.

Die Europäische Kommission erwägt, nach Artikel 21 Abs. 2 der Richtlinie 2001/18/EG Schwellenwerte für das zufällige oder technisch nicht vermeidbare Vorhandensein von Spuren gentechnisch veränderten Saatguts in anderen Produkten festzulegen. Zuletzt (Stand: September 2004) war hierbei für Spuren von gentechnisch verändertem Mais ein Schwellenwert von 0,3 % vorgesehen.

Sobald ein Schwellenwert für Saatgut anwendbar wird, ist der festgelegte Mindestabstand zu überprüfen und ggf. zu ändern.

Satz 2 legt für den Anbau von gentechnisch verändertem Mais gegenüber nicht gentechnisch verändertem Mais zur Verwendung als ökologisches Lebensmittel oder Futtermittel einen Mindestabstand von 300 Metern fest. Damit trägt die Vorschrift der besonderen Sensibilität des Marktes für ökologische Produkte Rechnung. Der europäische Gesetzgeber hat anerkannt, dass gentechnisch veränderte Organismen und deren Derivate mit der ökologischen Wirtschaftsweise unvereinbar sind (Erwägungsgrund 10 zur Verordnung (EG) Nr. 1804/1999). Bei ökologischen Produkten können Einträge von gentechnisch veränderten Organismen einen höheren Schaden als bei konventionellen Produkten verursachen. Die Preisdifferenz zwischen ökologischen und gentechnisch veränderten Produkten ist größer als zwischen konventionellen und gentechnisch veränderten Produkten. Die Abnehmerseite reagiert im Ökosektor auf nachteilige Produkteigenschaften besonders sensibel und wird häufig bestrebt sein, anstelle des betroffenen Betriebs auf andere Bezugsquellen auszuweichen. Somit ist die wirtschaftliche Stellung des ökologischen Erzeugers durch Einträge von gentechnisch veränderten Organismen in besonderem Maße gefährdet.

Um diese Konsequenzen zu vermeiden, wird der gegenüber konventionellen Anbauflächen geltende Mindestabstand gegenüber ökologischen Anbauflächen verdoppelt.

Satz 3 betrifft den Anbau von gentechnisch verändertem Mais gegenüber nicht gentechnisch verändertem Mais, der zur Verwendung als Saatgut bestimmt ist. Ein bestimmter Abstandswert wird nicht definiert, sondern zunächst die Festlegung eines Schwellenwertes für das zufällige oder technisch nicht vermeidbare Vorhandensein von Spuren gentechnisch veränderten Saatguts in anderen Produkten abgewartet.

Zu Nummer 3

Die Nummer 3 erlaubt eine Unterschreitung des Mindestabstands im Fall von amtlichen Versuchen, insbesondere bei der Sortenprüfung durch das Bundessortenamt und bei Landessortenversuchen, wenn durch andere Maßnahmen ein Austrag von Pollen verhindert wird.

Zu Nummer 4

Insbesondere nach milden Wintern kann im Folgejahr ein Durchwuchs von gentechnisch verändertem Mais auftreten, der benachbarte Felder beeinträchtigen kann und deshalb zu überwachen und zu beseitigen ist.

Zu Nummer 5

Aus demselben Grund und zur zweifelsfreien Identifizierung von möglichem Durchwuchs darf frühestens im zweiten Jahr nach der Ernte des gentechnisch veränderten Maises auf derselben Fläche Mais angebaut werden, der nicht gentechnisch verändert ist.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:

Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes

Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Änderung gentechnikrechtlicher Vorschriften

Entwurf einer Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen Der Nationale Normenkontrollrat hat die o.a. Entwürfe auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Der Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gentechnikrechts enthält in seiner jetzigen Fassung eine geänderte Informationspflicht für die Wirtschaft. Das Ressort hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Umstellung des Anmeldeverfahrens auf das Anzeigeverfahren für bestimmte gentechnische Arbeiten zu einer geringfügigen Kostenentlastung führt. Im Übrigen enthält der Entwurf keine Informationspflichten für Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltung.

Der Entwurf einer Zweiten Verordnung zur Änderung gentechnikrechtlicher Vorschriften enthält eine geänderte Informationspflicht der Wirtschaft. Das Ressort hat nachvollziehbar dargelegt dass durch die Einführung eines vereinfachten Verfahrens für die Freisetzung von genetisch veränderten Organismen eine jährliche Entlastung von Bürokratiekosten von zwischen 30.000,00 und 114.000,00 Euro herbeigeführt wird. Im Übrigen enthält der Entwurf keine Informationspflichten für Bürgerinnen und Bürger sowie die Verwaltung.

Der Entwurf einer Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen führt zwei Informationspflichten neu ein und ändert eine bestehende. Das Ressort hat nachvollziehbar dargelegt, dass diese Pflichten zusammen lediglich Bürokratiekosten von rund 12.500,00 Euro verursachen. Zudem enthält der Entwurf eine neue Informationspflicht für Bürgerinnen und Bürger. Informationspflichten der Verwaltung sind im Entwurf hingegen nicht verankert.

Aufgrund der mit der Zweiten Verordnung zur Änderung gentechnikrechtlicher Vorschriften einhergehenden Kostenentlastung und der lediglich geringfügigen Belastung durch die Verordnung über die gute fachliche Praxis bei der Erzeugung gentechnisch veränderter Pflanzen, hat der Nationale Normenkontrollrat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags grundsätzlich keine Bedenken gegen die Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Kreibohm
Vorsitzender Berichterstatter