Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 6410 - vom 14. Dezember 2006.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 16. November 2006 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis des von der Kommission am 1. März 2005 vorgelegten "Grünbuchs Erb- und Testamentrecht" (KOM (2005) 0065) mit Anhang (SEK(2005)0270),
- - in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 26. Oktober 20051,
- - gestützt auf Artikel 192 Absatz 2 des EG-Vertrags,
- - gestützt auf die Artikel 39 und 45 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Rechtsausschusses (A6-0359/2006),
A. in der Erwägung, dass im Hoheitsgebiet der Europäischen Union nach einer 2002 im Auftrag der Europäischen Kommission vom Deutschen Notarinstitut erstellten Studie in jedem Jahr zwischen 50 000 und 100 000 Erbschaften mit Auslandsbezug anfallen,
B. in der Erwägung, dass sich diese statistischen Zahlen nach der jüngsten Erweiterung der Europäischen Union um zehn neue Mitgliedstaaten und angesichts künftiger Erweiterungen weiter erhöhen werden,
C. in der Erwägung, dass zurzeit enorme Unterschiede zwischen den Systemen des internationalen Privatrechts in den Mitgliedstaaten und des jeweiligen materiellen Erb- und Testamentrechts der Mitgliedstaaten bestehen,
D. in der Erwägung, dass den Erbberechtigten aufgrund dieser Unterschiede Schwierigkeiten und Kosten entstehen könnten, bis sie ihre Erbschaft antreten können, wodurch die Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit und auf freie Niederlassung gemäß den Artikeln 39 und 43 des EG-Vertrags sowie das Recht auf Eigentum als allgemeiner Rechtsgrundsatz des Gemeinschaftsrechts behindert werden kann2,
E. in der Erwägung, dass ein Instrument des Gemeinschaftsrechts für den Bereich des internationalen Privatrechts in Fragen des Erb- und Testamentrechts erarbeitet werden sollte worauf bereits in dem 1998 in Wien angenommenen Aktionsplan3, im Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, das vom Rat und von der Europäischen Kommission im Jahr 2000 verabschiedet wurde4, im Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union vom 4. November 2004 und im Aktionsplan von Rat und Kommission zur Umsetzung des Haager Programms mit dem Ziel, Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union zu stärken5, hingewiesen worden ist,
F. in der Erwägung, dass die Annahme von Gesetzgebungsinitiativen zum Erb- und Testamentrecht mit den Zielen des Gemeinschaftsrechts in Einklang stehen, das die Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbietet und unabhängig von der jeweiligen Staatsangehörigkeit zur sozialen Eingliederung all derjenigen beitragen soll deren wesentlicher Lebens- und Interessenmittelpunkt sich in einem Mitgliedstaat befindet G. in der Erwägung, dass die Europäische Gemeinschaft keine Befugnis zur Angleichung des materiellen Erb- und Testamentrechts der Mitgliedstaaten hat, sie jedoch gemäß Artikel 65 Buchstabe b des Vertrags für Maßnahmen zur "Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten" zuständig ist,
H. in der Erwägung, dass nach Artikel 67 Absatz 5 zweiter Spiegelstrich des Vertrags ein Rechtsakt zum Erb- und Testamentrecht gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags erlassen werden muss,
I. in der Erwägung, dass beim Erb- und Testamentrecht einige Grundsätze der öffentlichen Ordnung zu beachten sind, die die Testierfreiheit zugunsten der Familie des Erblassers oder der anderen unterhaltsberechtigten Personen beschränken,
- 1. fordert die Kommission auf, dem Parlament im Laufe des Jahres 2007 einen Legislativvorschlag auf der Grundlage von Artikel 65 Buchstabe b und Artikel 67 Absatz 5 zweiter Spiegelstrich des Vertrags über Erbschaften und Testamente vorzulegen wobei dieser Vorschlag im Rahmen der interinstitutionellen Beratungen und entsprechend den im Anhang aufgeführten detaillierten Empfehlungen erarbeitet werden sollte;
- 2. fordert die Kommission im Rahmen der laufenden Beratungen über das Förderprogramm Ziviljustiz 2007-2013 auf, eine Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für eine an Rechtspraktiker in diesem Bereich gerichtete Informationskampagne betreffend grenzüberschreitende Testament- und Erbfragen zu starten
- 3. fordert die Kommission auf, im Rahmen des Förderprogramms Ziviljustiz 2007-2013 die Schaffung eines Netzes von Praktikern im Zivilrecht als Priorität zu sehen, um das gegenseitige Vertrauen und Verständnis zwischen in diesem Bereich tätigen Fachleuten zu fördern, Informationen auszutauschen und beste Praktiken zu entwickeln;
- 4. stellt fest, dass die im Anhang aufgeführten Empfehlungen den Grundsatz der Subsidiarität und die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger einhalten;
- 5. vertritt die Auffassung, dass der vorgelegte Vorschlag keine finanziellen Auswirkungen auf den Gemeinschaftshaushalt hat;
- 6. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung und die im Anhang aufgeführten detaillierten Empfehlungen dem Rat und der Kommission sowie den Parlamenten und Regierungen der Mitgliedstaaten zu übermitteln.
Anhang
Detaillierte Empfehlungen zu dem Inhalt des Vorschlags
Empfehlung 1 (zu der Form und zum Mindestinhalt des zu erlassenden Instruments)
Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt die Fragen des Erbrechts im internationalen Privatrecht möglichst erschöpfend regeln und gleichzeitig zu Folgendem führen muss:
- - zur Harmonisierung der Normen im Zusammenhang mit der gerichtlichen Zuständigkeit, dem geltenden Recht (so genannte Kollisionsnormen) und der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen und öffentlicher Urkunden mit Ausnahme des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts der Mitgliedstaaten;
- - zur Einführung eines "Europäischen Erbscheins".
Empfehlung 2 (zur gerichtlichen Zuständigkeit und zu dem objektiven Anknüpfungspunkt)
Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt grundsätzlich gewährleisten sollte, dass Gerichtsstand und Rechtsordnung (forum und ius) nicht unterschiedlich sind, und dadurch die Schwierigkeiten bei der Anwendung ausländischen Rechts verringert werden.
Aus diesen Gründen ist das Europäische Parlament geneigt, den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts als Kriterium für die Festlegung sowohl der gerichtlichen Zuständigkeit als auch des Anknüpfungspunkts vorzuziehen, wobei "Ort des gewöhnlichen Aufenthalts" bedeutet:
- a) Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Verstorbenen zum Zeitpunkt seines Todes, vorausgesetzt dass dieser Ort für einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren vor dem Tod des Verstorbenen der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts war, oder, wenn dies nicht zutrifft
- b) Ort, an dem der Verstorbene seinen Lebensmittelpunkt zum Zeitpunkt seines Todes hatte.
Empfehlung 3 (zur Wahlfreiheit, die dem Einzelnen zuerkannt werden muss)
Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt ein gewisses Maß an Wahlfreiheit und insbesondere zulassen muss, dass
- - die betreffenden Parteien unter bestimmten Voraussetzungen das zuständige Gericht gemäß den Bestimmungen der Artikel 23 und 24 der Verordnung (EG) Nr. 044/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen auswählen6;
- - der Erblasser sich bei dem auf seine Erbschaft anwendbaren Recht zwischen dem Recht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und dem Recht am Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt seiner Wahl entscheidet; diese Wahl sollte in einer Erklärung in Form einer testamentarischen Verfügung bekundet werden.
Empfehlung 4 (zum auf die Form der Testamente anwendbaren Recht)
Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt eine geeignete Regelung auf dem Gebiet des auf die Form der testamentarischen Verfügungen anwendbaren Rechts vorsehen muss - welche Verfügungen sind als gültig zu betrachten, wenn sie als solche vom Recht des Staates angesehen werden, in dem der Erblasser sie formuliert hat, oder vom Recht des Staates, in dem der Erblasser zu dem Zeitpunkt seiner Verfügung oder zum Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte, oder auch vom Recht eines der Staaten, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser zu dem Zeitpunkt seiner Verfügung oder zum Zeitpunkt des Todes besaß.
Empfehlung 5 (zum auf Erbverträge anwendbaren Recht)
Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der zu erlassende Rechtsakt eine geeignete Regelung auf dem Gebiet des auf Erbverträge anwendbaren Rechts vorsehen muss für die folgendes Recht gelten sollte:
- a) falls die Erbschaft einer einzigen Person betroffen ist, das Recht des Staates, in dem diese Person zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hat;
- b) falls die Erbschaft mehrerer Personen betroffen ist, das Recht jedes Staates, in dem diese Personen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hatten.
Auch bei Erbverträgen muss der zu erlassende Rechtsakt einen bestimmten Raum für die Wahlfreiheit des Einzelnen vorsehen und es den Parteien ermöglichen, in einer ausdrücklichen Erklärung zu vereinbaren, dass für den Erbvertrag das Recht des Staates gilt in dem die Person oder eine der Personen, um deren Erbschaft es geht, ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages hat oder dessen Staatsangehörigkeit sie zum gleichen Zeitpunkt besitzt.
Empfehlung 6 (zu allgemeinen Fragen im Zusammenhang mit dem anwendbaren Recht)
Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass in dem zu erlassenden Rechtsakt auch die allgemeinen Fragen im Zusammenhang mit dem anwendbaren Recht geregelt werden müssen.
Das Europäische Parlament ist insbesondere der Meinung:
- - dass das in dem zu erlassenden Rechtsakt festgelegte Recht, ungeachtet der Art und der Belegenheit der Güter, für den gesamten Erbvorgang vom Beginn des Verfahrens bis zum Erbübergang an die Berechtigten maßgebend sein muss;
- - dass der zu erlassende Rechtsakt "erga omnes"-Charakter haben muss, d.h. dass er auch in dem Fall anwendbar ist, dass das von diesem Rechtsakt festgelegte Recht das Recht eines Drittstaates ist;
- - dass der zu erlassende Rechtsakt zur Abstimmung der gemeinschaftlichen Kollisionsregelung für Erbfälle mit den Regeln der Drittstaaten eine geeignete Regelung für die Rückverweisung vorsehen und festlegen muss, dass, falls das für den Erbfall geltende Recht das Recht eines Drittstaates ist und die Kollisionsnormen jenes Staates das Recht eines Mitgliedstaates oder das Recht eines anderen Drittstaates, der gemäß dem internationalen Privatrecht sein eigenes Recht auf den spezifischen Fall anwenden könnte, bestimmen, das Recht jenes anderen Mitgliedstaates oder gegebenenfalls das Recht jenes anderen Drittstaates Anwendung finden sollte;
- - dass in dem zu erlassenden Rechtsakt die Mittel und Modalitäten angegeben werden sollten mit denen die für die Anwendung eines ausländischen Gesetzes zuständigen Behörden den Inhalt feststellen müssen, sowie die Abhilfemaßnahmen im Falle einer nicht erfolgten Feststellung;
- - dass der zu erlassende Rechtsakt die Regelung einer Vorfrage dem Recht unterwerfen sollte das durch die maßgebenden Kollisionsnormen des auf den Erbfall anwendbaren Rechts bestimmt wird, und festlegen sollte, dass die Lösung nur für das Verfahren wirksam ist, in dem sich die Vorfrage stellt;
- - dass der zu erlassende Rechtsakt vorsehen sollte, dass die Anwendung einer Bestimmung des geltenden Rechts ausgeschlossen werden kann, wenn diese Anwendung eine offensichtlich mit der öffentlichen Ordnung des Gerichtsstands unvereinbare Wirkung hat;
- - dass in dem zu erlassenden Rechtsakt angegeben werden sollte, dass bei der Festlegung des auf den Erbfall anwendbaren Rechts jede Gebietseinheit als ein Land betrachtet wird wenn in einem Staat zwei oder mehr Rechtssysteme oder Regelwerke zum Erb- und Testamentrecht bestehen, die in verschiedenen Gebietseinheiten gelten, und dass in dem künftigen Rechtsakt in Bezug auf einen solchen Staat ferner Folgendes genau angegeben werden sollte:
- a) dass jede Bezugnahme auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort in jenem Staat als Bezugnahme auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort in einer Gebietseinheit gewertet wird
- b) dass jede Bezugnahme auf die Staatsangehörigkeit als Bezugnahme auf die durch die Rechtsvorschriften jenes Staates bezeichnete Gebietseinheit gewertet wird; dass in Ermangelung solcher Rechtsvorschriften die Bezugnahme als Bezugnahme auf das Rechtssystem gewertet wird, zu dem die betreffende Person die engste Verbindung hat.
Empfehlung 7 ("zum Europäischen Erbschein")
Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass es das Ziel des zu erlassenden Rechtsakts sein muss, die Verfahren, über die die Erben und Vermächtnisnehmer in den Besitz der zum Nachlass gehörenden Nachlassgegenstände gelangen, zu erleichtern, insbesondere indem
- - Regeln des internationalen Privatrechts zur wirksamen Abstimmung der Rechtsordnungen in den Bereichen Nachlassverwaltung, Nachlassabwicklung und Erbübergang sowie Ermittlung der Erben vorgesehen werden und Folgendes verfügt wird: dass diese Aspekte des Erbfalls, vorbehaltlich von Ausnahmen aufgrund der Art oder Belegenheit bestimmter Güter, durch das auf den Erbfall anwendbare Recht geregelt werden; dass - sollte dieses Recht das Tätigwerden einer in diesem Recht genannten oder gemäß diesem Recht benannten Behörde vorsehen - die Befugnisse dieser Behörde in allen Mitgliedstaaten anerkannt werden; dass - sollte es sich bei dem für den Erbfall geltenden Recht um das Recht eines Mitgliedstaats handeln - die Befugnisse dieser Behörde, vorbehaltlich anders lautender Angaben des Erblassers, sich auf alle Nachlassgegenstände erstrecken, gleichgültig wo sie sich befinden, auch wenn gemäß dem auf den Erbfall anwendbaren Recht diese Befugnisse auf bewegliche Güter beschränkt sind; dass die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Tätigkeit dieser Behörden, die vom auf den Erbfall anwendbaren Recht vorgeschrieben sind, von den Gerichten des Mitgliedstaats eingefordert werden können, dessen Recht auf den Erbfall anwendbar ist oder auf dessen Hoheitsgebiet der Verstorbene seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort zum Zeitpunkt des Todes hatte oder auf dessen Gebiet sich die zum Nachlass gehörenden Nachlassgegenstände befinden;
- - ein "Europäischer Erbschein" eingeführt wird, der verbindlich und bis zum Beweis des Gegenteils das für den Erbfall geltende Recht, die Erbbegünstigten, die Nachlassverwalter und deren diesbezügliche Befugnisse sowie die zum Nachlass gehörenden Nachlassgegenstände festlegt und von einer Behörde ausgestellt wird, die nach dem einschlägigen innerstaatlichen Recht ermächtigt ist, Urkunden auszustellen oder diese amtlich zu beglaubigen;
Dieser Erbschein, in dem das auf den Erbfall anwendbare Recht angegeben werden muss muss entsprechend einem in dem zu erlassenden Rechtsakt vorgesehenen Muster eines Standardformulars erteilt werden und den geeigneten Rechtstitel für die Eintragung des Erwerbs der vererbten Gegenstände in die behördlichen Erbschaftsregister des Mitgliedstaats der Belegenheit der Güter darstellen, vorbehaltlich der Einhaltung der Bestimmungen des Mitgliedstaates im Hinblick auf das Funktionieren dieser Register und die Wirkung der in ihnen enthaltenen Informationen.
Ferner muss der zu erlassende Rechtsakt den Schutz des gutgläubigen Dritten, der ein entgeltliches Rechtsgeschäft mit demjenigen abgeschlossen hat, der ihm aufgrund des Erbscheins als berechtigt erscheint, über die zum Nachlass gehörenden Nachlassgegenstände zu verfügen, und den Schutz seines Erwerbs vorsehen, außer wenn er weiß dass die Angaben im Erbschein unrichtig sind oder dass die zuständige Behörde die Einziehung oder die Änderung dieses Erbscheins betreibt.
Empfehlung 8 (zu der belegenen Sache und zum Pflichtteil)
Das Europäische Parlament ist der Auffassung, dass der künftige Rechtsakt
- - die Abstimmung des auf den Erbfall anwendbaren Rechts mit dem Recht an dem Ort, an dem die Erbschaft anfällt, sicherstellen muss, damit letzteres gilt, insbesondere im Zusammenhang mit der Art und Weise des Erwerbs der zum Nachlass gehörenden Nachlassgegenstände und sonstiger diesbezüglicher Rechte an Sachen, der Annahme und der Ausschlagung der Erbschaft und der diesbezüglichen Formalitäten im Zusammenhang mit der Publizität;
- - gewährleisten muss, dass das auf den Erbfall anwendbare Recht nicht die Anwendung von Bestimmungen eines Staates berührt, in dem sich unbewegliche Vermögensgegenstände, Unternehmen oder sonstige spezielle Arten von Vermögenswerten befinden und dessen Bestimmungen aufgrund von wirtschaftlichen, familiären und sozialen Erwägungen eine besondere Erbschaftsregelung in Bezug auf diese Vermögenswerte darstellen;
- - verhindern muss, dass durch die Möglichkeit, das anwendbare Recht zu wählen, die Pflichtteilsrechte der nächsten Angehörigen, die in dem objektiv auf den Erbfall anwendbaren Recht festgelegt sind, vorenthalten werden.
Empfehlung 9 (zu Trusts)
Das Europäische Parlament erinnert daran, dass die Eigentumsordnung gemäß Artikel 295 des Vertrags in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fällt, und fordert daher, Trusts von dem zu erlassenden Rechtsakt auszunehmen. Deshalb muss der Rechtsakt vorsehen dass, wenn ein Trust aufgrund einer Verfügung von Todes wegen errichtet wird, die Anwendung des durch den zu erlassenden Rechtsakt bestimmten Rechts auf die Nachfolge nicht der Anwendung eines anderen Gesetzes für die Verwaltung des Trusts entgegensteht und dass umgekehrt die Anwendung des Rechts für die Verwaltung des Trusts auf den Trust nicht der Anwendung des Rechts, nach dem sich aufgrund des zu erlassenden Rechtsakts die Nachfolge richtet, auf die Nachfolge entgegensteht.
Empfehlung 10 (zum Exequaturverfahren)
Das Europäische Parlament schlägt vor, dass der zu erlassende Rechtsakt im Hinblick auf die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen das System der Verordnung (EG) Nr. 044/2001 übernehmen sollte, die das Exequaturverfahren nur in den Fällen vorsieht, in denen die Gerichtsentscheidung eines Mitgliedstaates auf der Grundlage eines Vollstreckungsverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden muss.
Wenn jedoch eine Entscheidung in öffentliche Register eingetragen werden soll, muss unter Berücksichtigung der äußerst unterschiedlichen Regeln in den verschiedenen Mitgliedstaaten vorgesehen werden, dass der Entscheidung eine "Konformitätsbescheinigung" mit der öffentlichen Ordnung und den zwingenden Vorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaats beigefügt ist, die - gemäß einem Standardformular - von einer lokalen Justizbehörde ausgestellt wird.
Empfehlung 11 (zu den öffentlichen Urkunden)
Das Europäische Parlament hält es für notwendig, dafür zu sorgen, dass öffentliche Urkunden in Erbsachen gleiche Wirkungen haben und insbesondere in allen Mitgliedstaaten anerkannt werden, was die Beweiskraft von Bescheinigungen über Sachverhalte und Erklärungen anbelangt, die vor der ausstellenden Behörde nachgewiesen bzw. abgegeben wurden, wenn solche Beweise nach dem Recht des Herkunftsmitgliedstaats zulässig sind.
Gemäß Artikel 57 der Verordnung (EG) 044/2001 des Rates muss die öffentliche Urkunde alle Voraussetzungen für ihre Beweiskraft erfüllen, die in dem Herkunftsmitgliedstaat erforderlich sind, und sie wird nicht anerkannt, wenn ihre Anerkennung eine offensichtlich mit der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsmitgliedstaats unvereinbare Wirkung hätte.
Wenn im Übrigen eine öffentliche Urkunde dazu bestimmt ist, in öffentliche Register eingetragen zu werden, muss entsprechend den Ausführungen über die gerichtlichen Entscheidungen vorgesehen werden, dass der Urkunde selbst, eine "Konformitätsbescheinigung" hinsichtlich der öffentlichen Ordnung und den zwingenden Vorschriften des Vollstreckungsmitgliedstaats beigefügt ist, die - gemäß einem Standardformular - von der Behörde ausgestellt wird, die für die Erstellung dieser Urkunde in diesem Staat zuständig ist.
Empfehlung 12 (zum europäischen Netz der Testamentsregister)
Das Europäische Parlament hofft, dass durch die Einführung eines europäischen Netzes der nationalen Testamentregister durch Vernetzung der einzelstaatlichen Register die Ermittlung und Feststellung des letzten Willens eines Verstorbenen erleichtert wird.
1 ABl. C 28 vom 3.2.2006, S. 1.
2 Siehe Urteil des Gerichtshofs vom 3. Dezember 1989, Rechtssache C-368/96, Generics (UK) u.a., Slg. 1998, S. I-7967, Nummer 79 und die in diesem Urteil zitierte Rechtsprechung.
3 ABl. C 19 vom 23.1.1999, S. 1.
4 ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 1.
5 ABl. C 198 vom 12.8.2005, S. 1.
6 ABl. L 12 vom 16.1.2001, S. 1.