Freistaat Sachsen
Dresden, 28. Oktober 2015
Der Ministerpräsident
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Volker Bouffier
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Sächsische Staatsregierung hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur weiteren Optimierung des Asylverfahrens zuzuleiten.
Ich bitte Sie, diese Entschließung gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 938. Sitzung des Bundesrates am 6. November 2015 aufzunehmen und anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Stanislaw Tillich
Entschließung des Bundesrates zur weiteren Optimierung des Asylverfahrens
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass die anhaltend hohe Zahl ankommender Flüchtlinge die Bundesrepublik vor große Herausforderungen stellt. Damit denjenigen, die Schutz und Hilfe brauchen, zügig geholfen werden kann, müssen Verfahren nach dem Asylgesetz so schnell wie rechtsstaatlich vertretbar durchgeführt werden. Auch müssen diejenigen, die kein Bleiberecht haben, Deutschland zügig wieder verlassen.
Die Bundesrepublik Deutschland erfährt aktuell einen Zustrom von Flüchtlingen in einem bisher so noch nie gekannten Ausmaß. Die Mehrzahl von ihnen suchen Schutz vor Krieg und Terror. Es ist eine humanitäre Pflicht diese Menschen aufzunehmen und zu versorgen. Gleichzeitig führen die täglich weiter steigenden Flüchtlingszahlen dazu, dass sowohl bei den Ländern als auch den Kommunen Grenzen der Belastbarkeit deutlich werden. Dies betrifft insbesondere auch die Leistungsfähigkeit des eingesetzten, vielfach ehrenamtlich tätigen Personals. Das Ziel, Asylverfahren zu beschleunigen, muss daher hohe Priorität haben.
Bereits jetzt ist in der Verwaltungsgerichtsbarkeit eine erhebliche Zunahme asylverfahrensrechtlicher Streitigkeiten deutlich spürbar. Es bedarf hoher Anstrengungen der Gerichte, diese Verfahren in angemessener Zeit zu bewältigen. Die Verfahrenszahlen werden aber noch weiter stark steigen. Daher erscheint es geboten, Spielräume für Erleichterungen und Effizienzgewinne im gerichtlichen Asylverfahren zu lokalisieren und zu prüfen.
- 2. Die Beschleunigung der Asylverfahren ist aus mehreren Gründen unabdingbar. Insbesondere muss schnell Klarheit über eine Ausreisepflicht geschaffen werden, auch um die Länder und Kommunen zu entlasten. In Fällen, in denen ein Bleiberecht gegeben ist, bedarf es ebenfalls zügiger Entscheidungen. Denn nachhaltige Integrationsbemühungen setzen eine gesicherte Bleibeperspektive voraus. Nicht zuletzt bergen lange Verfahrensdauern die Gefahr, dass Antragsteller noch vor der Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Untätigkeitsklagen nach § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erheben und damit die Verwaltungsgerichte zusätzlich belasten.
- 3. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, weitere rechtsstaatliche Möglichkeiten einer Vereinfachung, Optimierung und Beschleunigung des gerichtlichen Asylverfahrens zu prüfen.
- 4. Insbesondere hält der Bundesrat folgende Ansatzpunkte für bedenkenswert, um eine zügige und effiziente Durchführung gerichtlicher Verfahren in Asylsachen zu unterstützen:
- - Beschleunigung des Verfahrens durch Vermeidung von Terminsverlegungen In den Regelungen des Asylgesetzes über das gerichtliche Verfahren sollten Möglichkeiten einer allgemeinen Vorrang- und Beschleunigungsregel erwogen werden.
- - Obligatorische Einrichtung von Asylkammern Derzeit sollen Streitigkeiten nach dem Asylgesetz in besonderen Spruchkörpern zusammengefasst werden (§ 83 Abs.1 AsylG). Durch eine weitergehende Konzentration könnte die Spezialisierung der Spruchkörper und damit auch die effiziente Erledigung der Fälle gefördert werden. Denkbar wäre es auch, den Ländern die Möglichkeit zu geben, die obligatorische Einrichtung von Asylkammern durch Rechtsverordnung zu regeln, so dass auf Änderungen bei den Fallzahlen flexibel reagiert werden könnte.
- - Erweiterte Einsatzmöglichkeiten für Proberichter Mit Blick auf die aktuelle Entwicklung sollte der erleichterte Einsatz von Richtern auf Probe erwogen werden (vgl. Gesetzesantrag des Freistaates Sachsen vom 18. März 2015, BR-Drs. 101/15 (PDF) ).
- 5. Der Bundesrat hebt hervor, dass die zügige und gerechte Verteilung von Asylbewerbern und Flüchtlingen innerhalb der Länder der Europäischen Union nach Maßgabe des Beschlusses der EU-Innenminister notwendig ist, um die Lasten gerecht zu verteilen.
- 6. Der Bundesrat bekräftigt, dass die Länder die Bundesregierung in ihrem Engagement unterstützen werden, den Anrainerstaaten der Krisenländer, aus den die Menschen flüchten, zu helfen, um so die Lebenssituation der Flüchtlinge in ihren Heimatländern zu verbessern.