Antrag des Landes Schleswig-Holstein
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs, des Jugendgerichtsgesetzes, der Strafprozessordnung und weiterer Gesetze

Punkt 53 der 953. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2017

Der Bundesrat möge zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung nehmen:

Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 44 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2, Satz 1, Absatz 4 StGB)

Artikel 1 Nummer 1 ist zu streichen. Als Folge sind

Begründung:

Der Vorschlag, das strafrechtliche Fahrverbot des § 44 StGB seiner Bindung an Verkehrsstraftaten zu entkleiden und es als staatliche Reaktion auch bei allgemeiner Kriminalität anzuwenden, ist Teil einer seit langem geführten intensiven Diskussion über eine Erweiterung des geltenden strafrechtlichen Sanktionensystems (vgl. statt vieler LK-Geppert, § 44 Rn. 117 ff. sowie Zopfs, Wolter-FS (2013), 815 m.w.N.).

Überfüllte Vollzugsanstalten mit einem hohen Anteil an Kurzstraflern, die Schwierigkeiten einer konsequenten Geldstrafenvollstreckung mit der häufigen Folge der Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen sowie eine unzureichende Ausschöpfung des Strafrahmens bei der Geldstrafe lassen das Fahrverbot als empfindliche "Denkzettel- und Besinnungsstrafe" (BVerfG NJW 1969, 1623) als sinnvolle Ergänzung erscheinen. Hinzu tritt, dass auf den ersten Blick die Vorteile auf der Hand zu liegen scheinen: Ein Fahrverbot wirkt spezial- wie generalpräventiv, ist kostengünstig und vermeidet bei gegenüber der Geldstrafe erhöhter Empfindlichkeit die negativen Folgen der Freiheitsstrafe.

Gleichwohl bestehen im Hinblick auf die vom Regierungsentwurf vorgeschlagene Art der Ausweitung des Fahrverbots erhebliche Bedenken.

Die Empfindlichkeit des Übels Fahrverbot für den Betroffenen ist dabei angesichts der Bedeutung, die die individuelle Mobilität und das Auto an sich für große Teile der Bevölkerung hat, ebenso wenig zu bestreiten wie die Annahme, dass die demütigende und die persönliche Mobilität beschränkende Wirkung einen generalpräventiven Effekt aufweist.

Jedoch bestehen Bedenken im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen allgemeinen Gleichheitssatz, der es dem Gesetzgeber untersagt, wesentlich Gleiches ungleich zu behandeln. Anders als Geld- oder Freiheitsstrafe kann eine Nebenstrafe "Fahrverbot" lediglich denjenigen treffen und daher auch nur gegen denjenigen verhängt werden, der über eine Fahrerlaubnis - und sinnvoller, wenn auch nicht zwingender Weise, über ein Fahrzeug - verfügt. Das Fahrverbot als Nebenstrafe ist also - bereits nach geltender Rechtslage - eine Sonderstrafe für Kraftfahrer, für deren Ausweitung auf alle Deliktsfelder es - und hierin liegt der Unterschied zum geltenden Recht - keine sachliche Rechtfertigung gibt.

Strafe ist als die zwangsweise Anordnung eines generalisierenden Verlustes zu verstehen, als Einbuße an elementaren Rechtsgütern des Verurteilten, was die abstrahierende Bestimmung der angedrohten Sanktion des Strafleidens bedingt (vgl. Röwer, 39. VGT 2001, 74). Setzt eine Sanktion aber den Besitz einer Fahrerlaubnis und/oder eines Fahrzeugs voraus, so kann sie das Fehlverhalten eines Täters ohne diese Ressourcen nicht treffen; dieser kann insoweit keine Einbuße erleiden. Dies hätte bei einem gleichen Maß an verwirklichter Schuld zur Folge, dass gegen ihn zwangsläufig eine mildere oder härtere, jedenfalls eine andere, Sanktion festgesetzt werden müsste.

Da nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Ungleichbehandlung vergleichbarer Normadressaten nur dann in Betracht kommt, wenn zwischen ihnen solche Unterschiede bestehen, die die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten, stellt sich die Frage, worin ein solcher sachlicher Unterschied liegt.

Sachliche Gründe für die Rechtfertigung einer konkret unterschiedlichen Strafe für vergleichbare Normadressaten sind die in § 46 Absatz 2 StGB genannten Strafzumessungsgesichtspunkte. Soweit hier Geld- oder Freiheitsstrafe im Raum stehen, treffen diese als abstrakte Strafandrohung zunächst jeden gleich und erst die Berücksichtigung der Kriterien des § 46 StGB entscheidet darüber, welche Strafart in welcher Höhe im Einzelfall zu verhängen ist. Das Fahrverbot indes trifft bereits abstrakt nur einen begrenzten Täterkreis. Anknüpfungspunkt ist mithin allein die Fahrerlaubnis, die aber im Rahmen der Strafzumessungsüberlegungen eine Differenzierung nur dann rechtfertigt, wenn es sich um eine Verkehrsstraftat handelt (vgl. Röwer, 39. VGT 2001, 75; Schäpe, 39. VGT 2001, 94 f.). Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung von Straftätern mit und ohne Fahrerlaubnis ist dagegen bei den Straftatbeständen allgemeiner Kriminalität nicht ersichtlich und liegt auch nicht in der bei Kraftfahrern vermuteten individuelle Strafempfindlichkeit. Akzeptierte man diese als einen die Ungleichbehandlung rechtfertigenden Grund, konterkarierte dies das geltende System der Strafzumessung, weil bislang die erhöhte Strafempfindlichkeit des aus existenziellen Gründen auf die Fahrerlaubnis angewiesenen Kraftfahrers in strafmildernder Weise bei der Entscheidung berücksichtigt wurde, ihm überhaupt ein Fahrverbot aufzuerlegen, während nach dem Grundgedanken des Entwurfs diese Abhängigkeit von der Mobilität gerade Anlass zur Wahl dieser (empfindlichen) Sanktionsart wäre (vgl. Schäpe, a. a. O.).

Wie diese Ungleichbehandlung im Einzelfall konkret aussehen kann, verdeutlichen die von der Begründung des Regierungsentwurfs benannten Beispiele für den praktischen Anwendungsbereich der beabsichtigten Erweiterung:

"Generell kann durch die Kombination von Fahrverbot und Geldstrafe von dem Verhängen einer an sich angezeigten Freiheitsstrafe abgesehen werden, da bei der Bemessung der Hauptstrafe dem Umstand Rechnung zu tragen ist, dass neben ihr zugleich ein Fahrverbot verhängt wird."

Verfügt der Delinquent also nicht über eine Fahrerlaubnis, entfällt die Zusatzwirkung der Nebenstrafe, weswegen konsequenterweise bei gleichem Schuldmaß auf Freiheitsstrafe zu erkennen wäre.

"Insbesondere dürfte sich dies in den Fällen auswirken, die unter den Anwendungsbereich von § 47 StGB fallen. Das Ausurteilen einer Haupt- und Nebenstrafe könnte hierbei bereits als zureichende Einwirkung auf den Täter angesehen werden, ohne dass es der Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe bedarf."

Verurteilten ohne Fahrerlaubnis fehlt die Möglichkeit dieser spezifischen Einwirkung, so dass wiederum eine (kurze) Freiheitsstrafe zu verhängen wäre.

"Auch kann durch ein neben einer Freiheitsstrafe verhängtes Fahrverbot die Möglichkeit eröffnet werden, deren Vollstreckung zur Bewährung auszusetzen, da für die Beurteilung der Legalprognose eine umfassende Gesamtwürdigung vorzunehmen ist. Hierbei können auch Rechtsfolgen, die neben der zur Aussetzung anstehenden Strafe angeordnet wurden, wie zum Beispiel ein Fahrverbot, bedeutsam sein."

Bei einem Täter ohne Fahrerlaubnis besteht die Möglichkeit zur positiven Modifikation seiner Legalprognose durch Aufsichnehmen eines Fahrverbotes nicht, weshalb die Gesamtwürdigung bei im Übrigen gleichen Umständen zu einer Versagung der Bewährung gelangen müsste.

Schließlich wirft das Fahrverbot insbesondere für verkehrsfremde Straftaten die Frage eines angemessenen Verrechnungsmaßstabes gegenüber den Sanktionen für führerscheinlose Angeklagte auf. Im Unterschied zur Freiheits- und Geldstrafe fehlt es hier an einer "Währungseinheit" mit allgemeiner Gültigkeit (vgl. Schäpe a. a. O., S. 95).

Sofern in der Erweiterung des Fahrverbotes ein möglicher Ausweg aus einer grundsätzlichen Unzufriedenheit mit der Durchsetzung und den Folgen der klassischen Strafarten gesehen wird, dürfte der Vorschlag diese Erwartung nicht vollen Umfangs erfüllen. Er ist hierfür auch nicht notwendig.

Zwar wird in etwa 80 Prozent aller Verurteilungen eine Geldstrafe verhängt, jedoch liegt hierin nicht immer die erwartete fühlbare, in ihrer spezialpräventiven Wirkung auf den Verurteilten effektive Sanktion und damit eine vernünftige und akzeptable Alternative zur - mit ungünstigen Nebeneffekten belasteten und daher zu vermeidenden - kurzen Freiheitstrafe, zumal im Falle der Uneinbringlichkeit letztlich ohnehin ein Vollzug in Form von Freiheitsentziehung droht (vgl. Röwer, a. a. O, S. 76).

Auch wenn das Fahrverbot nicht die negativen sozialen Folgen einer Freiheitsstrafe aufweist, ist es andererseits nicht geeignet, die Defizite der Geldstrafe zu beseitigen. Gegen diese wird vor allem ins Feld geführt, dass trotz des Tagessatzsystems eine Bemessung nach den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen und finanziellen Möglichkeiten bei einkommensschwachen Personen einerseits wie bei besonders Vermögenden andererseits in der Praxis oftmals scheitert.

Hierbei handelt es sich indes um ein Problem, das weniger auf Schwierigkeiten der gesetzlichen Vorgaben im Bereich der Sanktionsarten als vielmehr darauf beruht, dass die gesetzlich eingeräumten Möglichkeiten, zu einer an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Täters orientierten Geldstrafe zu gelangen, mangels die Umsetzung unterstützender Regelungen nicht hinreichend ausgeschöpft werden (können).

Statt also den Anwendungsbereich einer dritten Sanktionsart signifikant auszuweiten wäre es dringender geboten, dem Tatrichter die benötigten Instrumente für die Findung einer an den individuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen orientierten Geldstrafe, wie etwa einen Auskunftsanspruch des Gerichts gegenüber den Steuerbehörden, zur Verfügung zu stellen (zu weiteren Vorschlägen s. Röwer a. A. O, S. 77 in Fn. 31).

Als Argument gegen die Geldstrafe - und damit für das Fahrverbot als allgemeine Sanktion - wird zudem die Überlegung angeführt, dass diese nicht (nur) den Täter, sondern durch die Reduzierung des Familieneinkommens auch die von ihm wirtschaftliche Abhängigen treffe oder anderweitig auf Dritte verlagert werden könne. Gleiches gilt jedoch im Ergebnis auch für das Fahrverbot. Wer es sich leisten kann oder über Familienmitglieder mit Fahrerlaubnis verfügt, wird die Wirkungen des Fahrverbots durch Inanspruchnahme eines Ersatzfahrers abfedern.

Hinzu tritt, dass die Belastung eines Fahrverbots je nach Lebenssituation höchst unterschiedlich ist. Während Großstädter ihre Alltagswege vergleichsweise unproblematisch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen können, haben Einwohner eher ländlicher, strukturschwacher Gegenden diese Möglichkeit nicht. Während der Heimarbeiter oder Arbeitslose wirtschaftlich nicht auf Mobilität angewiesen ist, trifft den Außendienstler oder Berufskraftfahrer ein Fahrverbot ungleich härter und existenzbedrohend.

Diese Ungleichheit in der tatsächlichen Wirkung dieser Strafart lässt sich zwar in einem gewissen Umfang über § 46 StGB ausgleichen, dürfte jedoch im Ergebnis dazu führen, dass die Anwendung des Fahrverbots im Bereich der allgemeinen Kriminalität in vielen Fällen eher unterbleiben und die Hoffnung des Gesetzgebers auf einen erheblichen Anwendungsbereich sich nicht erfüllen dürfte.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Argument, dass der Rechtsfolge der Entziehung der Fahrerlaubnis derselbe Vorwurf zu machen wäre, denn diese Reaktion nach §§ 69, 69a StGB stellt eine Maßregel der Besserung und Sicherung in Fällen charakterlicher Ungeeignetheit des Täters zum Führen eines Kraftfahrzeugs, ist damit gerade keine Strafe und unterliegt demnach auch nicht den Restriktionen des Schuldprinzips (vgl. Franke, ZRP 2002, 20, 22).

Ebenfalls kaum erfüllen dürfte sich die Erwartung des Entwurfs, die Ausweitung des Fahrverbotes auf Deliktsfelder allgemeiner Kriminalität und hier insbesondere die von der Geldstrafe allein nicht mehr zu beeindruckenden Wiederholungs- und Mehrfachtäter würde die Zahl der säumigen Geldstrafenschuldner und vor allem der vollstreckten Ersatzfreiheitsstrafen verringern. Die hiervon vor allem betroffene Personengruppe dürfte überwiegend von einer erheblichen Vorstrafenbelastung, einem hohen Anteil an Arbeitslosigkeit und damit einer wirtschaftlich schwachen Position gekennzeichnet sein. Oftmals dürfte weder ein eigenes Fahrzeug noch überhaupt eine Fahrerlaubnis vorhanden sein, womit diese Delinquenten gerade nicht tauglicher Adressat eines zusätzlichen Fahrverbotes sind.

Zwar besteht ein Vorteil des Fahrverbotes darin, dass es mit der Rechtskraft des Urteils unmittelbar und - äußerst kostengünstig - ohne Notwendigkeit weiterer Vollstreckungsmaßnahmen wirksam wird. Indes liegt hierin zugleich ein erheblicher Nachteil. Der mit dem Sanktionsausspruch verfolgte Zweck hängt mehr als bei Geld- oder Freiheitsstrafe von der Mitwirkung des Betroffenen ab. Die Überwachung der Einhaltung ist verglichen mit den traditionellen Strafarten praktisch kaum möglich (vgl. Kilger, ZRP 2009, 13, 14). Gerade der mit der alleinigen Verhängung einer Geldstrafe nicht mehr hinreichend zu beeindruckende Mehrfachtäter der allgemeinen Kriminalität, ein wesentlicher Adressat der vom Entwurf vorgeschlagenen Fahrverbotserweiterung, hat ja - anders als der im Übrigen in geregelten bürgerlichen Verhältnissen lebende reine Verkehrsstraftäter mit geringer Kriminalitätsbelastung - dem Gesetz bereits wiederholt den Gehorsam verweigert und wird daher mit der Befolgung der Sanktion Schwierigkeiten haben. Damit aber bekommen die Strafverfolgungsorgane bei der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs ein erhebliches Glaubwürdigkeits- und Ernstnahmeproblem (vgl. Frank, a. a. O.).

Im Hinblick auf eine konsequente Durchsetzung des Fahrverbots stellt sich ein weiteres systematisches Problem, weil hierzu letztlich nur die bereits nach geltendem Recht bestehende Möglichkeit, Zuwiderhandlungen nach § 21 StVG zu ahnden, besteht.

Zu beachten ist allerdings, dass das von § 21 StVG geschützte Rechtsgut die Sicherheit des Straßenverkehrs ist. Derjenige, der mit dem Fahrverbot für ein Delikt der allgemeinen Kriminalität bestraft wird, hat dieses Rechtsgut anders als der mit dem Fahrverbot nach geltendem Recht belegte Verkehrsstraftäter indes gar nicht verletzt. Hält er sich nunmehr nicht an die verhängte Sanktion und wird dafür nach § 21 StVG (erneut) bestraft, schützt dieser Tatbestand nicht die Verkehrssicherheit sondern die Durchsetzung des staatlichen Strafausspruchs. Gegen denjenigen, der sich einer rechtskräftigen Freiheits- oder Geldstrafe durch Flucht oder Nichtzahlung entzieht, wird dagegen nicht mit erneuter Anwendung einer Kriminalstrafe reagiert. Diese Ungleichbehandlung ist indes nur solange gerechtfertigt, wie Anlass des Fahrverbotes ein konkreter Verkehrsverstoß war.

Zu rechnen wäre überdies mit einem signifikanten Anstieg an Rechtsmitteln. Hierin liegt der Nachteil der im Übrigen vom Entwurf erstrebten Empfindlichkeit der Sanktion. Motivation für die Einlegung eines Rechtsmittels ist hierbei zweierlei: Zum einen ein Angriff gegen die als im Einzelfall für nicht hinnehmbar gehaltene Einbuße an persönlicher Freiheit insgesamt und zum anderen ein taktisches Hinauszögern der Rechtskraft, um Vorkehrungen (Beantragung des Jahresurlaubs, Beschaffung eines Ersatzfahrers) für eine bessere Handhabung der in der Sache hingenommenen Freiheitsbeschränkung treffen zu können. Bereits nach geltendem Recht wird ein wesentlicher Teil der Verteidigungsbemühungen in die Abwendung mobilitätsbeschränkender Rechtsfolgen (§ 44 wie § 69 StGB) investiert.

Dem entsprechend wäre auch ein Anstieg konfliktträchtiger Hauptverhandlungen zu erwarten, zumal in einem Deliktsfeld, das anders als die Straßenverkehrsdelikte durch einen justizerfahreneren und die allgemeinen gesellschaftlichen Regeln weniger akzeptierenden Täterkreis gekennzeichnet ist. Infolge dessen dürfte auch ein Anstieg von Fällen einer Verständigungen im Strafverfahren nach § 257c StPO zu verzeichnen sein (vgl. Frank, a. a. O.).

Zwar sieht der Entwurf zur Vermeidung taktischer Rechtmittel zwecks Hinauszögerung des Fahrverbots immerhin vor, dass das Fahrverbot erst einen Monat nach Rechtskraft des Urteils wirksam wird. Ob dieser mit Blick auf gegebenenfalls notwendig werdende Dispositionen mit dem Fahrverbot Belegten (Jahresurlaub, Ersatzfahrer etc.) des vergleichsweise kurze Zeitraum ausreichte, um die Mehrbelastung der Justiz zu vermeiden, ist indes zu bezweifeln.

Begründung der Folgeänderungen:

Zu Buchstabe a:

Zwar bestehen für den Bereich des Jugendstrafrechts die geäußerten systematischen Bedenken gegen eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Fahrverbots auch auf Delikte allgemeiner Kriminalität grundsätzlich überwiegend nicht, weil das Jugendstrafrecht nicht primär von dem Gedanken des Schuldausgleichs und der Vergeltung, sondern von dem Erziehungsgedanken geprägt ist. Bereits nach geltendem Recht stellt das Jugendgerichtsgesetz dem Jugendrichter eine große Bandbreite unterschiedlichster Sanktionen zur Verfügung, um individuell erzieherisch auf den Delinquenten einzuwirken. Insoweit wäre es frei von den obigen Bedenken, diesen Katalog die individuelle Freiheit einschränkender Maßnahmen um eine solche der Mobilitätsbeschränkung zu erweitern. Dem Bericht der Jugendgerichtshilfe, der schon jetzt die Wirkungen möglicher Sanktionen auf die sozialen und persönlichen Verhältnisse des Jugendlichen oder Heranwachsenden beschreibt, wäre ohne weiteres auch diejenige eines möglichen Fahrverbotes zu entnehmen (vgl. Frank a. a. O., S. 23).

Infolge der mit diesem Antrag beabsichtigte Streichung des Artikels 1 Nummer 1 (§ 44 StGB-E) fehlte aber der Anknüpfungspunkt für die Vorschrift des § 8 Absatz 3 JGG ("Neben Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafe kann auf die nach diesem Gesetz zulässigen Nebenstrafen und Nebenfolgen erkannt werden.") und damit auch die Notwendigkeit einer von § 44 StGB-E abweichenden Begrenzung des Fahrverbots auf drei Monate.

Wollte man ein eigenes Fahrverbot im Jugendstrafrecht schaffen, wäre die Einfügung eines Fahrverbots als weitere Auflage - etwa als neue Nummer 5 des § 15 JGG - zu diskutieren.

Allerdings sind auch im Bereich des Jugendstrafrechts keine sonderlich hohen Fallzahlen der Verhängung eines Fahrverbots zu erwarten, weil Heranwachsende (sowie von der Möglichkeit des "begleitenden Fahrens" Gebrauch machende Jugendliche) regelmäßig über eine Fahrerlaubnis auf Probe (§ 2a StVG) verfügen und diese jugendrichterlicher Reaktion im Hinblick auf in der Folge zu erwartende weitere Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörden regelmäßig als zu einschneidend und daher erzieherisch nicht geboten erachtet werden dürfte. Es tritt hinzu, dass - im Unterschied zu den dogmatischen - die geäußerten praktischen Bedenken auf die Einführung des Fahrverbots als allgemeine Jugendsanktion überwiegend ebenfalls zutreffen.

Zu Buchstabe b:

Begründung für die Neufassung des § 25 StVG ist ausweislich des Regierungsentwurfs, dass mit der Ausweitung des Fahrverbots auf alle Straftaten und der Anhebung der Höchstdauer auf sechs Monate der Strafgedanke gegenüber der Denkzettelfunktion stärker betont werden soll und eine parallele Vollstreckung mehrerer Fahrverbote dem zuwider liefe, da die Wirkung des Verbots auf der Vollstreckungsebene wieder abgemildert würde und Mehrfachtäter, zumal sie durch taktische Rechtsmitteleinlegung eine parallele Vollstreckung herbeiführen könnten, privilegiert würden. Daher bedürfe es einer Regelung zur Vollstreckungsabfolge mehrerer Fahrverbote.

Diese Notwendigkeit entfällt mit der Streichung von Artikel 1 Nummer 1 (§ 44 StGB-E), so dass es auch keiner Änderung des § 25 StVG bedarf.