Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen

Der Bundesrat hat in seiner 935. Sitzung am 10. Juli 2015 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 31a Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 2 ist § 31a wie folgt zu ändern:

Begründung:

Den Apotheken obliegt nach § 1 Apothekengesetz die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Arzneimittel dürfen berufs- oder gewerbsmäßig grundsätzlich nur von Apotheken an den Endverbraucher abgegeben werden ( § 43 Arzneimittelgesetz). Für das Medikationsmanagement, mit dem die gesamte Medikation des Patienten, einschließlich der Selbstmedikation, wiederholt mit den Zielen analysiert wird, die Arzneimitteltherapiesicherheit und die Therapietreue zu verbessern, indem arzneimittelbezogene Probleme erkannt und gelöst werden, ist ein umfassender Medikationsplan notwendige Voraussetzung.

Die Erstellung des umfassenden Medikationsplans für Versicherte, die gleichzeitig mindestens drei verordnete Arzneimittel anwenden, erfordert die Zusammenführung und Erfassung aller (von verschiedenen Ärzten verordnete und nicht verordnete) Arzneimittel. Diese Informationen liegen in der vom Versicherten gewählten Apotheke immer vor.

2. Zu Artikel 1 Nummer 2 (§ 31a Absatz 1 Satz 1 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 2 ist in § 31a Absatz 1 Satz 1 der Punkt am Ende durch ein Semikolon zu ersetzen und folgende Wörter sind anzufügen:

"regionale Modellvorhaben nach § 63 bleiben unberührt."

Begründung:

Mit der Ergänzung soll erreicht werden, dass regionale Modellvorhaben für einen Medikationsplan, der nicht nur in Papierform erstellt und zur Verfügung gestellt wird, auch weiterhin durchgeführt werden können.

Die AOK PLUS, die Kassenärztlichen Vereinigungen Sachsen und Thüringen sowie der Sächsische und Thüringische Apothekerverband haben am 1. April 2014 gemeinsam die Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (kurz: "ARMIN") gestartet. Das Projekt wird von der AOK PLUS als Modellvorhaben nach § 63 SGB V durchgeführt und soll die Qualität und die Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelversorgung erhöhen und den Kampf gegen die Polymedikation unterstützen. Das Projekt hat die gleiche Zielsetzung wie die geplante gesetzliche Regelung im sogenannten E-Health-Gesetz. Es ist in dieser Form bundesweit einmalig.

Mit dem Medikationsplan im sogenannten E-Health-Gesetz soll nun eine Maßnahme in eine gesetzliche Regelung überführt werden, die als Baustein (Modul III) im Projekt "ARMIN" bereits wie folgt realisiert ist:

Modul III Medikationsmanagement (voraussichtlich ab dem 2. Quartal 2015):

Ziel: Ziele des Medikationsmanagements sind die Reduktion von Arzneimittelrisiken sowie die Steigerung der Arzneimitteltherapiesicherheit. Arzt und Apotheker sind in diesem Modellvorhaben gleichberechtigte Partner mit definierten Aufgaben und Zuständigkeiten. Die Therapieentscheidung des Arztes bleibt unangetastet. Das Medikationsmanagement beinhaltet die wiederholte Analyse der Medikation, einschließlich der relevanten Selbstmedikation eines Versicherten. Er erhält einen zwischen den Leistungserbringern abgestimmten (= konsolidierten) Medikationsplan, der während der gesamten Teilnahme fortgeschrieben wird.

Aktuelle Umsetzung: Das Modul III steht in der technischen Pilotphase. Die technischen Parameter für die Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker (Medikationsserver im sicheren Netz der KVS/KV-safenet) sind eingerichtet. Das Datenschutzgütesiegel steht kurz vor der Zuteilung. Danach, voraussichtlich ab Ende des 2. Quartals 2015, kann mit der Einschreibung der Versicherten und dem eigentlichen Medikationsmanagement (mit dem maschinellen Medikationsplan) begonnen werden.

Die gesetzliche Regelung des sogenannten E-Health-Gesetzes würde aber auf Grund der aktuell nur geforderten Papierform einen Rückschritt im Vergleich zu dem Projekt bedeuten.

3. Zu Artikel 1 Nummer 5 Buchstabe b (§ 87 Absatz 2a Satz 12 SGB V) und Nummer 13 (§ 291i Überschrift und Absatz 1 Satz 1 SGB V)

Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Der bereits bestehende Gesetzesauftrag an den Bewertungsausschuss, Beschlüsse zu telemedizinischen Leistungen zu fassen, wurde bisher nicht umgesetzt. Telemedizinische Leistungen haben sich in vielen Fällen bereits seit langem bewährt. Dies zeigt sich auch daran, dass der Deutsche Bundestag das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz mit der Maßgabe beschlossen hat, dass der Gemeinsame Bundesausschuss bei seinen Festlegungen bezüglich der Anforderungen an die Erbringung einer Zweitmeinung die Möglichkeit einer telemedizinischen Erbringung der Zweitmeinung zu berücksichtigen hat. Daher ist der neben dem weiterhin bestehenden allgemeinen Auftrag an den Bewertungsausschuss zusätzliche konkretisierende Auftrag zur Prüfung der konsiliarischen Befundbeurteilung für radiologische Befundbeurteilungen von Röntgenaufnahmen zu ergänzen.

Als bereits weit verbreitete telemedizinische Anwendungen bestehen insbesondere Telemonitoringverfahren in verschiedenen Anwendungsbereichen.

Zu nennen sind hier das Telemonitoring bei Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz sowie das Blutdruck-, Gerinnungs-, Herzschrittmacher- und Diabetesmonitoring.

Telemonitoringverfahren ermöglichen in besonderem Maße, die Versorgung chronisch Kranker zu verbessern. Schon aufgrund des demographischen Wandels ist eine Zunahme von Herz-Kreislauferkrankungen und sonstigen chronischen Krankheiten, bei gleichzeitig ansteigenden Schwierigkeiten, medizinisches Fachpersonal zu finden, zu erwarten. Insbesondere im ländlichen Raum sind Verfahren des Telemonitorings daher im besonderen Maße geeignet, eine gute medizinische Versorgung zu bieten. Das telemedizinische Monitoring und die Überwachung von relevanten Vitalparametern ermöglichen zum einen eine Verbesserung der Therapie und können zum anderen den Patienten durch die Überwachung in seinem wohnlichen Umfeld entlasten. Die Fassung entsprechender Beschlüsse ist daher möglichst zeitnah umzusetzen.

4. Zu Artikel 1 Nummer 9a - neu - (§ 285 Absatz 1 Nummer 7 - neu - und Nummer 8 - neu -, Absatz 2 und Absatz 3 Satz 7a - neu -, Satz 7b - neu - und Satz 9 - neu - SGB V)

In Artikel 1 ist nach Nummer 9 folgende Nummer 9a einzufügen:

'9a.

§ 285 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Die Erweiterung in § 285 Absatz 1 Nummer 7 SGB V enthält ergänzend zu Nummer 2 eine Klarstellung hinsichtlich der Vorbereitung, Vereinbarung und Durchführung von Vergütungsvereinbarungen nach § 87a SGB V mit den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen. Für diese gilt eine gleichlautende Regelung in § 284 Absatz 1 Nummer 12 SGB V. Die Erweiterung in § 285 Absatz 1 Nummer 8 SGB V enthält eine Klarstellung zur Vorbereitung und Durchführung von Modellvorhaben und innovativen, integrierten Versorgungsangeboten sowie ergänzender Abrechnungsmöglichkeiten durch Kassenärztliche Vereinigungen. Für diese gilt eine Regelung für die Krankenkassen nach § 284 Absatz 1 Nummer 13 SGB V analog.

Zu Buchstabe b:

Es handelt sich um eine Folgeänderung aufgrund der Anfügung der Nummern 7 und 8 in § 285 Absatz 1 SGB V.

Zu Buchstabe c:

§ 285 Absatz 3 Satz 7a SGB V dient der Klarstellung, dass Kassenärztliche Vereinigungen die von ihnen erhobenen Abrechnungsdaten und die ihnen versichertenpseudonymisiert (§ 300 Absatz 2 Satz 3 und 5 SGB V) vorliegenden Arzneimitteldaten für Zwecke der Versorgungsforschung jeweils auswerten und zusammenführen dürfen. Verbessert werden damit die Möglichkeiten zur Sicherstellung des Versorgungsbedarfs, für überregionale Vergleiche und zur Erklärung regionaler Besonderheiten der Versorgung sowie zur Durchführung von innovativen und integrierten Versorgungsangeboten.

Ebenso wie bei den Krankenkassen (vergleiche § 284 Absatz 1 Satz 5 SGB V) gelten für die Datenerhebung und -speicherung einschließlich der Datenübermittlung an Dritte die Vorschriften des Ersten und Zehnten Buches Sozialgesetzbuch. Bei der Datenübermittlung an Dritte (zum Beispiel wissenschaftliche Einrichtungen) ist insbesondere der Grundsatz der Erforderlichkeit und Datensparsamkeit zu beachten. Arztbezogene und pseudonymisierte versichertenbezogene Sozialdaten sind zu anonymisieren bzw. zu löschen, sobald dies nach dem Forschungs- oder Planungszweck möglich ist.

5. Zu Artikel 1 Nummer 10 Buchstabe e Doppelbuchstabe aa (§ 291 Absatz 2b Satz 9 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 10 Buchstabe e Doppelbuchstabe aa ist in § 291 Absatz 2b Satz 9 das Wort "ohne" durch das Wort "mit" zu ersetzen.

Begründung:

Die Ergänzung des § 291 Absatz 2b SGB V setzt der Gesellschaft für Telematik Fristen für die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen, um die bundesweite Nutzung der Online-Prüfung und -Aktualisierung der Versichertenstammdaten durchführen zu können. Hierzu gehören insbesondere der Aufbau und Betrieb der Anteile der Telematikinfrastruktur, soweit sie für die Anwendung benötigt werden, und die rechtzeitige Etablierung erforderlicher

Zulassungsverfahren. Der beschleunigte Aufbau der Telematikinfrastruktur liegt gerade auch im Interesse der Länder, in denen unter anderem die Erprobung des Versichertenstammdatendienstes erfolgt, so dass eine mögliche Fristverlängerung nur mit Zustimmung des Bundesrates ermöglicht werden sollte, um die Interessen der Länder ausreichend zu berücksichtigen. Zudem würde dies auch der Regelung in § 291 Absatz 2b Satz 15 SGB V entsprechen (vgl. Artikel 1 Nummer 10 Buchstabe e Doppelbuchstabe bb), der eine Fristverlängerung zugunsten der an der vertragsärztlichen Versorgung Teilnehmenden nur mit Zustimmung des Bundesrates ermöglicht.

6. Zu Artikel 1 Nummer 11 Buchstabe b1 - neu - (§ 291a Absatz 1a Satz 2 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 11 ist nach Buchstabe b folgender Buchstabe b1 einzufügen:

'b1) In § 291a Absatz 1a Satz 2 werden nach der Angabe "Satz 1" die Wörter "und im Rahmen der klinischen Krebsregistrierung nach § 65c" eingefügt.'

Begründung:

Aufgabe klinischer Krebsregister ist nach § 65c SGB V die möglichst vollständige Erfassung der Daten über Auftreten, Behandlung und Verlauf onkologischer Erkrankungen sowie die Auswertung und Rückmeldung der Prozessund Ergebnisqualität der medizinischen Leistungen an die Leistungserbringer. Durch die alleinige Erfassung und Bearbeitung von Datensätzen, die auf gesetzlich Krankenversicherte zurückgehen, ist diese Vollzähligkeit und Flächendeckung von Krebsregistern nicht zu erreichen. Dies wird erst durch die Erfassung von Datensätzen von privat Krankenversicherten und Beihilfeberechtigten erreicht. In gleichem Maße sind damit aber auch die finanziellen Anteile zu betrachten. Während in Bezug auf gesetzlich Krankenversicherte auf die Versichertennummer zum Datenmanagement und Abrechnungswesen zurückgegriffen werden kann, fehlt ein derartiges Instrument für die Krankenversicherten in der privaten Krankenversicherung und die Beihilfebezieher.

So sehen die Kriterien zur Förderung klinischer Krebsregister des GKVSpitzenverbandes vom 20. Dezember 2013 die Erfassung der lebenslangen Krankenversichertennummer bei gesetzlich Versicherten mit dem Hinweis

"Für die nicht gesetzlich Versicherten ist ebenfalls eine eindeutige Kennzeichnung zur Zuordnung beim Kostenträger [...] vorzusehen." (Kriterium 1.03) vor. Im Kriterium 7.01 (Elektronisches Abrechnungsverfahren) wird dies ebenfalls thematisiert.

Da diese Situation in allen Ländern gegeben ist, sollte eine bundesweit einheitliche Lösung geschaffen werden.

7. Zu Artikel 1 Nummer 11 Buchstabe g1 - neu - (§ 291a Absatz 5c Satz 2a - neu - SGB V)

In Artikel 1 Nummer 11 ist nach Buchstabe g folgender Buchstabe g1 einzufügen:

'g1) In Absatz 5c wird nach Satz 2 folgender Satz eingefügt:

"Die Stellen nach Satz 1 Nummer 2 oder Satz 2 übermitteln der herausgebenden Stelle die für deren Aufgabenerfüllung erforderlichen Daten."'

Begründung:

In § 291a Absatz 5c Satz 3 SGB V ist die Datenübermittlung von Stellen nach § 291a Absatz 5c Satz 1 Nummer 2 Buchstabe a und b SGB V - gegebenenfalls in Verbindung mit Satz 2 - an die herausgebende Stelle nur für die dort beschriebenen Einzelfälle geregelt. Eine Regelung für die Übermittlung aller zur Ausgabe der elektronischen Heilberufs- und Berufsausweise erforderlichen Daten fehlt bislang.

8. Zu Artikel 1 Nummer 12 Buchstabe j Doppelbuchstabe bb (§ 291b Absatz 4 Satz 4 SGB V)

In Artikel 1 Nummer 12 Buchstabe j ist Doppelbuchstabe bb wie folgt zu fassen:

'bb) Die Wörter "legt das Bundesministerium für Gesundheit ihre Inhalte im Benehmen" werden durch die Wörter "so kann das Bundesministerium für Gesundheit den Inhalt der Beschlüsse im Einvernehmen" ersetzt.'

Begründung:

§ 291b Absatz 4 Satz 4 SGB V ist unter anderem Rechtsgrundlage der Verordnung über Testmaßnahmen für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte. Die Verordnung regelt insbesondere die Durchführung der Tests in den jeweiligen Testregionen mit den dort angesiedelten Projektbüros und betrifft daher auch die Länder. Da letztlich die Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte bundesweit zur Verfügung stehen werden, sind auch die Länder ohne Testregionen von der Verordnung tangiert. Die bisherige Regelung, entsprechende Rechtsverordnungen nur im Benehmen mit den Ländern zu erlassen, wird der Bedeutung für die Länder nicht gerecht und ist daher durch eine Einvernehmensregelung zu ersetzen.