Punkt 5 der 971. Sitzung des Bundesrates am 19. Oktober 2018
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Änderungen des vorliegenden Gesetzesbeschlusses, soweit dadurch die rechtlichen Grundlagen für eine effektive Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest erweitert werden.
- 2. Er stellt allerdings fest, dass infolge der neu eingefügten Regelungen zu den Aufwandsentschädigungen und Schadensersatzleistungen an Jagdausübungsberechtigte ( § 6 Absatz 9 Tiergesundheitsgesetz) unverhältnismäßige finanzielle Belastungen für Länder und Kommunen entstehen können, und zudem die Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz der schweinehaltenden Betriebe beeinträchtigt würde (vergleiche BR-Drucksache 257/18(B) ).
- 3. Die vorgesehene, weitgehende Regelung einer Aufwandsentschädigung an Jagdausübungsberechtigte für den erhöhten Aufwand im Rahmen einer angeordneten verstärkten Bejagung stößt auf Bedenken, da sie trotz bestehender jagdrechtlicher Verpflichtungen Jagdausübungsberechtigte privilegiert. So hat der Tierhalter gemäß § 3 des Tiergesundheitsgesetzes in eigener Verantwortung und auf eigene Kosten dafür Sorge zu tragen, dass Tierseuchen weder in seinen Bestand eingeschleppt noch aus seinem Bestand verschleppt werden (Biosicherheitsmaßnahmen). Im Bereich der Jagd bedingt der Schutz vor dem Eintrag einer Tierseuche in den Wildbestand die Reduzierung der empfänglichen Tierarten und damit die Erhöhung des Abschusses. Mit der vorgesehenen Regelung soll nun - im Gegensatz zum Tierhalter - der Jagdausübungsberechtigte für die ihm obliegende Pflicht zur Gesunderhaltung des ausschließlich von ihm nutzbaren Wildbestandes eine Aufwandsentschädigung erhalten.
- 4. Der Bundesrat befürchtet, dass die Klärung von Fragen über den Umfang der zu leistenden Aufwandsentschädigung und Schadensersatzleistungen an Jagdausübungsberechtigte sowie die Abwicklung den zuständigen Behörden der Länder einen hohen Verwaltungsaufwand auferlegt, der insbesondere in Tierseuchen-Krisenzeiten einer effektiven Tierseuchenbekämpfung zuwiderläuft.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, kurzfristig zu ermitteln, welchen Verwaltungsaufwand der neu geschaffene § 6 Absatz 9 des Tiergesundheitsgesetzes verursacht und inwieweit durch diesen Absatz Kostentragungspflichten der Länder begründet werden könnten, die über das ursprünglich im Gesetzentwurf der Bundesregierung (BR-Drucksache 257/18 (PDF) ) Vorgesehene hinausgehen. Soweit hier höhere Kostentragungspflichten begründet werden, fordert der Bundesrat den Bund zu einer Kompensation der entsprechenden finanziellen Belastung der Länderhaushalte auf.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Gemäß dem Gesetzesbeschluss wird der folgende neue Absatz 9 in § 6 des Tiergesundheitsgesetzes eingefügt:
(9) Der Jagdausübungsberechtigte, dem auf Grund einer Rechtsverordnung nach Absatz 1 Nummer 28 oder 28a oder auf Grund entsprechend angeordneter Maßnahmen ein erhöhter Aufwand entsteht oder dessen Jagdausübung verboten oder beschränkt wird, kann für den ihm hierdurch entstehenden Aufwand oder Schaden angemessenen Ersatz nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften über die Inanspruchnahme als Nichtstörer verlangen. Absatz 5 Satz 3 gilt entsprechend."
Der Begründung in BT-Drucksache 19/4567 ist dazu Folgendes zu entnehmen:
"Es wird klargestellt, dass neben dem Eigentümer oder Besitzer eines Grundstücks auch der Jagdausübungsberechtigte als anspruchsberechtigter Nichtstörer in Betracht kommt. Das Jagdausübungsrecht ist Ausfluss des Grundeigentums und verdient insoweit eine Gleichbehandlung mit den Ansprüchen des Eigentümers oder Besitzers nach Absatz 7 und Absatz 8. Umfasst wird von dem Anspruch nach Absatz 9 auch ein evtl. Schaden, der dadurch entsteht, dass der Jagdausübungsberechtigte auf entsprechenden Wildschadensersatz in Anspruch genommen wird. Für die im Fall des Verdachtes oder der Feststellung der ASP notwendige Suche nach verendetem Schwarzwild ist eine "Frei-Verlorensuche" mit speziellen Spürhunden notwendig - normale Schweißhunde sind für eine solche Suche ungeeignet. Diese speziellen Hundeführer mit einer Meute von ca. 10 bis 15 Hunden müssen extra angefordert und die Hunde anschließend desinfiziert werden. Insoweit umfasst Absatz 9 auch den erhöhten Aufwand, der mit einer Anordnung nach § 6 Absatz 1 Nummer 28a im Hinblick auf die Suche nach verendeten Wildtieren entsteht."
Landesrechtliche Vorschriften über die Inanspruchnahme als Nichtstörer sehen in der Regel keine Aufwandsentschädigungen vor, sondern decken lediglich Vermögensschäden ab. Sollten Länder in der Folge landesrechtliche Regelungen zur Erstattung von Aufwandsentschädigungen treffen müssen oder solche bereits in den landesrechtlichen Regelungen enthalten sein, können unverhältnismäßige finanzielle Belastungen entstehen. Darüber hinaus können den nach jeweiligem Recht zuständigen Verwaltungen durch die Bearbeitung entsprechender Erstattungsanträge und Klärung etwaiger offener rechtlicher Fragen erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstehen, der in Zeiten der konkreten Tierseuchengefahr Kräfte, die für eine effektive Tierseuchenbekämpfung benötigt werden, gegebenenfalls unverhältnismäßig anderweitig bindet. Im Falle einer verstärkten Bejagung wurde durch die Bundesregierung in der Folgenabschätzung für das Gesetz die zu leistende Aufwandsentschädigung auf 800 Euro/zusätzlich erlegtem Wildschwein beziffert. Eine konkrete Gesamtkostenfolgeabschätzung, insbesondere mit Blick auf die nunmehr vorgesehene Aufwandsentschädigungsregel, bleibt aber aus. Dies kann erhebliche unvorhergesehene Kostenfolgen für die Länder zeitigen.