Gesetzentwurf der Bundesregierung

Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts
(UMAG)

A. Problem und Ziel

Die geltenden aktienrechtlichen Bestimmungen zur Haftung der Vorstände und Aufsichtsräte bei Pflichtverletzungen im Verhältnis zur Gesellschaft (sog. Innenhaftung) sind sehr streng. Allerdings werden auch offensichtlich berechtigte Ansprüche in gravierenden Fällen oft nicht geltend gemacht. Die Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Hauptversammlung ist ein wichtiges Schutzinstrument der Aktionäre. Mitunter sind aber der betriebswirtschaftliche und der gesamtwirtschaftliche Schaden, die durch die Anfechtungsklage eines Kleinstaktionärs und die daraus resultierende Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft entstehen, durch das Rechtsschutzinteresse des Einzelnen nicht mehr zu rechtfertigen.

Das Recht der Hinterlegung und Anmeldung zur Hauptversammlung geht noch von der völlig veralteten Vorstellung effektiver Aktienstücke aus. Deutschland wird aufgrund dieser veralteten Regelungen als eine "blockedshare-Land" angesehen, in dem man seine Aktien vor der Hauptversammlung nicht mehr veräußern kann. Dies beeinträchtigt die Stimmrechtsausübung durch ausländische Aktionäre und führt zu sinkenden Hauptversammlungspräsenzen.

B. Lösung

Bei der Innenhaftung der Organe, also der Haftung der Vorstände und Aufsichtsräte wegen Sorgfaltspflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft, geht es dem Entwurf um die Erleichterung der Klagedurchsetzung durch eine Minderheit. Dazu wird einer Aktionärsminderheit die Möglichkeit eingeräumt, nach Durchlaufen eines Klagezulassungsverfahrens eine Haftungsklage anzustoßen. Der niedrige Schwellenwert für das Klagerecht von 100.000 Euro ist bewusst gewählt, weil alle bisherigen Ansätze zur Durchsetzung berechtigter Haftungsansprüche auch in Fällen grober Pflichtverletzung nichts bewirkt haben. Zugleich ist dieses Minderheitenrecht aber eingebettet in ein Geflecht zahlreicher Hürden und Voraussetzungen, so dass Missbräuche und Minderheitenklagen bei leichten und mittleren Pflichtverstößen ausgeschlossen werden. Um zugleich sicherzustellen, dass die unternehmerische Entscheidungsfreiheit nicht durch unabwägbare Haftungsrisiken eingeschränkt wird, wird eine sog. Business Judment Rule vorgeschlagen.

In einem weiteren Schwerpunkt behandelt der Entwurf die Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft. Um dieses für die Aktionäre wichtige Schutzinstrument zu bewahren, aber zugleich die missbräuchliche Ausnutzung des Anfechtungsrechts zu unterbinden und Schaden von den betreffenden Gesellschaften abzuwenden, sieht der Entwurf Regelungen zum Frage- und Rederecht in der Hauptversammlung vor, durch die die Satzungsautonomie der Aktionäre gestärkt wird, und übernimmt ferner für besonders wichtige Beschlussgegenstände (z.B. Kapitalerhöhungen) das bewährte gerichtliche Freigabeverfahren aus dem Umwandlungsgesetz.

Was die Anmeldung zur Hauptversammlung betrifft, verzichtet der Entwurf vollständig auf die überkommene Aktien-Hinterlegung und regelt die Anmeldung und Legitimation unter Berücksichtigung moderner elektronischer Verfahren völlig neu.

C. Alternative

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Der Gesetzentwurf hat keine finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen.

E. Sonstige Kosten

Für die Wirtschaft werden durch die Modernisierung des Anfechtungsrechtes und die weitere Nutzung elektronischer Medien bei der Vorbereitung und Durchführung von Hauptversammlungen geringfügige Einsparungen eintreten. Die Verbesserung des haftungsrechtlichen Verfahrens kann zu höheren Kosten für Organversicherungen führen, obwohl es im Kern um Ansprüche im nichtversicherbaren Bereich (Unredlichkeiten) geht. Zugleich dürfte der Vertrauensgewinn zugunsten des deutschen Kapitalmarkts nicht quantifizierbare Verbesserungen der Eigenkapitalfinanzierung zur Folge haben. Eine Auswirkung des Gesetzentwurfs auf Einzelpreise, Preisniveau und Verbraucherpreisniveau ist nicht zu erwarten.

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG)
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 7. Januar 2005
Der Bundeskanzler

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG)
mit Begründung und Vorblatt.

Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.

Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Schröder

Entwurf eines Gesetzes
zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Aktiengesetzes

Das Aktiengesetz vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089), zuletzt geändert durch..., wird wie folgt geändert:

1. § 93 wird wie folgt geändert:

2. In § 98 Abs. 1 Satz 1 wird der Einschub "(Zivilkammer)" gestrichen und folgender Halbsatz angefügt "; ist bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet diese an Stelle der Zivilkammer"

3. § 117 Abs. 7 Nr. 1 wird aufgehoben, die bisherigen Nummern 2 und 3 werden die Nummern 1 und 2.

4. § 122 Abs. 1 Satz 3 wird wie folgt gefasst: " § 142 Abs. 2 Satz 3 gilt entsprechend."

5. § 123 wird wie folgt gefasst:

" § 123
Frist, Anmeldung zur Hauptversammlung, Nachweis

6. § 125 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:

(2) Die gleiche Mitteilung hat der Vorstand den Aktionären zu machen, die es verlangen oder spätestens zwei Wochen vor dem Tage der Hauptversammlung als Aktionär im Aktienregister der Gesellschaft eingetragen sind."

7. Nach § 127 wird folgender § 127a eingefügt:

" § 127a Aktionärsforum

8. ln § 130 Abs. 1 Satz 2 wird die Angabe " §§ 137 und 147 Abs. 1" durch die Angabe " § 137" ersetzt.

9. § 131 wird wie folgt geändert:

10. In § 135 Abs. 4 Satz 3 zweiter Halbsatz werden die Wörter "der Aktien oder einer Bescheinigung über die Hinterlegung der Aktien bei einem Notar oder einer Wertpapiersammelbank" durch die Wörter: "eines Berechtigungsnachweises gemäß § 123 Abs. 3" ersetzt.

11. § 142 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt neu gefasst:

(2) Lehnt die Hauptversammlung einen Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern zur Prüfung eines Vorgangs bei der Gründung oder eines nicht über fünf Jahre zurückliegenden Vorgangs bei der Geschäftsführung ab, so hat das Gericht auf Antrag von Aktionären, deren Anteile bei Antragstellung zusammen den hundertsten Teil des Grundkapitals oder einen Börsenwert von 100 000 Euro erreichen, Sonderprüfer zu bestellen, wenn Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass bei dem Vorgang Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind. Börsenwert ist der nach Umsätzen gewichtete durchschnittliche Börsenkurs der Aktien während der letzten drei Monate vor Antragstellung nach Maßgabe der aufgrund von § 31 Abs. 7 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes erlassenen Rechtsverordnung. Die Antragsteller haben nachzuweisen, dass sie seit mindestens drei Monaten vor dem Tag der Hauptversammlung Inhaber der Aktien sind und dass sie die Aktien bis zur Entscheidung über den Antrag halten. Für eine Vereinbarung zur Vermeidung einer solchen Sonderprüfung gilt § 149 entsprechend."

b) Absatz 4 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

"Hat die Hauptversammlung Sonderprüfer bestellt, so hat das Gericht auf Antrag von Aktionären, deren Anteile bei Antragstellung zusammen den hundertsten Teil des Grundkapitals oder einen Börsenwert von 100 000 Euro (Absatz 2 Satz 2) erreichen, einen anderen Sonderprüfer zu bestellen, wenn dies aus einem in der Person des bestellten Sonderprüfers liegenden Grund geboten erscheint, insbesondere, wenn der bestellte Sonderprüfer nicht die für den Gegenstand der Sonderprüfung erforderlichen Kenntnisse hat, seine Befangenheit zu besorgen ist oder Bedenken wegen seiner Zuverlässigkeit bestehen."

c) Dem Absatz 5 werden folgende Sätze angefügt:

"Über den Antrag gemäß den Absätzen 2 und 4 entscheidet das Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. lst bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet diese an Stelle der Zivilkammer. Die Landesregierung kann die Entscheidung durch Rechtsverordnung für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem der Landgerichte übertragen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen."

12. § 145 wird wie folgt geändert:

13. § 146 wird wie folgt gefasst:

" § 146 Kosten

Bestellt das Gericht Sonderprüfer, so trägt die Gesellschaft die Gerichtskosten und die Kosten der Prüfung. Hat der Antragsteller die Bestellung durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtigen Vortrag erwirkt, so hat der Antragsteller der Gesellschaft die Kosten zu erstatten."

14. § 147 wird wie folgt geändert:

15. Vor dem Fünften Teil wird folgender § 148 eingefügt:

" § 148 Klagezulassungsverfahren

16. Vor dem Fünften Teil wird folgender § 149 eingefügt: " § 149 Bekanntmachungen zur Haftungsklage

17. § 221 Abs. 4 Satz 2 wird wie folgt gefasst:

"Die §§ 186 und 193 Abs. 2 Nr. 4 gelten sinngemäß."

18. In § 237 Abs. 5 wird nach der Angabe "Absatzes 3" die Angabe: "Nr. 1 und 2" angefügt.

19. Dem § 242 Abs. 2 wird folgender Satz angefügt:

"lst ein Hauptversammlungsbeschluss nach § 241 Nr. 5 oder § 249 nichtig, so kann das Urteil nach § 248 Abs. 1 Satz 3 nicht mehr eingetragen werden, wenn gemäß § 246a Satz 1 rechtskräftig festgestellt wurde, dass Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen; § 144 Abs. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet keine Anwendung."

20. § 243 Abs. 4 wird wie folgt gefasst:

(4) Wegen unrichtiger, unvollständiger oder verweigerter Erteilung von Informationen kann nur angefochten werden, wenn ein objektiv urteilender Aktionär die Erteilung der Information als wesentliche Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung seiner Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte angesehen hätte. Auf unrichtige, unvollständige oder unzureichende Informationen in der Hauptversammlung über die Ermittlung, Höhe oder Angemessenheit von Ausgleich, Abfindung, Zuzahlung oder über sonstige Kompensationen kann eine Anfechtungsklage nicht gestützt werden, wenn das Gesetz für Bewertungsrügen ein Spruchverfahren vorsieht."

21. § 245 wird wie folgt geändert:

22. § 246 wird wie folgt geändert:

23. Nach § 246 wird folgender § 246a eingefügt:

" § 246a Freigabeverfahren

Wird gegen einen Hauptversammlungsbeschluss über eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung, der Kapitalherabsetzung (§§ 182 bis 240) oder einen Unternehmensvertrag (§§ 291 bis 307) Klage erhoben, so kann das Prozessgericht auf Antrag der Gesellschaft durch rechtskräftigen Beschluss feststellen, dass die Erhebung der Klage der Eintragung nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen. Ein Beschluss nach Satz 1 darf nur ergehen, wenn die Klage unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist oder wenn das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses nach freier Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung der Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzungen zur Abwendung der vom Antragssteller dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre vorrangig erscheint. Der Beschluss ist für das Registergericht bindend; die Feststellung der Bestandskraft der Eintragung wirkt für und gegen jedermann. Der Beschluss soll spätestens drei Monate nach Antragstellung ergehen; Verzögerungen der Entscheidung sind durch unanfechtbaren Beschluss zu begründen. In dringenden Fällen kann auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden. Die vorgebrachten Tatsachen, auf Grund derer der Beschluss ergehen kann, sind glaubhaft zu machen. Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt; Satz 4 gilt entsprechend. Erweist sich die Klage als begründet, so ist die Gesellschaft, die den Beschluss erwirkt hat, verpflichtet, dem Antragsgegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus einer auf dem Beschluss beruhenden Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses entstanden ist. Als Ersatz des Schadens kann die Beseitigung der Wirkung der Eintragung nicht verlangt werden."

24. Nach § 248 wird folgender § 248a eingefügt:

" § 248a Bekanntmachungen zur Anfechtunklage

Wird der Anfechtungsprozess beendet, hat die börsennotierte Gesellschaft die Verfahrensbeendigung unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen. § 149 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden."

25. § 249 Abs. 1 wird wie folgt geändert:

26. § 250 Abs. 3 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

"Erhebt ein Aktionär, der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats oder eine in Absatz 2 bezeichnete Organisation oder Vertretung der Arbeitnehmer gegen die Gesellschaft Klage auf Feststellung, dass die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds nichtig ist, so gelten § 246 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 bis 4, Abs. 4, §§ 247, 248 Abs. 1 Satz 2, § 248a und 249 Abs. 2 sinngemäß."

27. § 251 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:

(3) Für das Anfechtungsverfahren gelten die §§ 246, 247, 248 Abs. 1 Satz 2 und § 248a."

28. § 254 Abs. 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

"Für die Anfechtung gelten die §§ 244 bis 246, §§ 247 bis 248a."

29. § 255 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:

(3) Für die Anfechtung gelten die §§ 244 bis 248a."

30. § 257 Abs. 2 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

"Für die Anfechtung gelten die §§ 244 bis 246, §§ 247 bis 248a."

31. § 258 Abs. 2 wird wie folgt geändert:

32. In § 259 Abs. 1 Satz 3 wird die Angabe " § 145 Abs. 4" durch die Angabe " § 145 Abs. 4 und 5" ersetzt.

33. § 275 Abs. 4 Satz 1 wird wie folgt gefasst:

"Für die Anfechtung gelten § 246 Abs. 2 bis 4, §§ 247, 248 Abs. 1 Satz 1, §§ 248a, 249 Abs. 2 sinngemäß."

34. In § 280 Abs. 1 Satz 1 werden die Wörter "von mindestens fünf Personen" gestrichen.

35. In § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 werden jeweils die Wörter "im Inland" durch die Wörter "in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum" ersetzt.

36. § 315 Satz 2 wird durch folgende Sätze ersetzt:

"Liegen sonstige Tatsachen vor, die den Verdacht einer pflichtwidrigen Nachteilszufügung rechtfertigen, kann der Antrag auch von Aktionären gestellt werden, deren Anteile zusammen den Schwellenwert des § 142 Abs. 2 erreichen, wenn sie glaubhaft machen, dass sie seit mindestens drei Monaten vor dem Tage der Antragstellung Inhaber der Aktien sind. Über den Antrag entscheidet das Landgericht in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat. lst bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet diese an Stelle der Zivilkammer. § 142 Abs. 5 Satz 5 und 6 gilt entsprechend."

37. § 402 wird wie folgt geändert:

38. In § 407 Abs. 1 Satz 1 wird nach der Angabe " § 246 Abs. 4," die Angabe " § 248a" eingefügt.

Artikel 2
Änderung sonstigen Bundesrechts

Artikel 3
Inkrafttreten

Artikel 1 Nr. 35 tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. lm übrigen tritt dieses Gesetz am (1. November 2005) in Kraft.

Begründung

I. Allgemeiner Teil

lm Mai 2000 hat der Bundeskanzler die Regierungskommission "Corporate Governance - Unternehmensführung - Unternehmenskontrolle - Modernisierung des Aktienrechts" eingesetzt. Die Kommission hatte den Auftrag, sich mit möglichen Defiziten des deutschen Systems der Unternehmensführung und -kontrolle zu befassen. Darüber hinaus sollte sie im Hinblick auf den durch Globalisierung und Internationalisierung der Kapitalmärkte sich vollziehenden Wandel der Unternehmens- und Marktstrukturen Vorschläge für eine Modernisierung unseres rechtlichen Regelwerkes unterbreiten.

Der Abschlussbericht der Regierungskommission Corporate Governance vom Juli 2001 (BT-Drs. 014/7515 v. 14. August 2001) lässt sich in die Empfehlungen an eine Kodex-Kommission für Deutschland und Empfehlungen an den Gesetzgeber gliedern. Die Empfehlungen zur Einrichtung einer solchen Kommission und zum Inhalt eines Kodex sind in einer ersten Stufe durch Einsetzung der Kommission Deutscher Corporate Governance Kodex unter Leitung von Dr. Gerhard Cromme durch die Bundesministerin der Justiz am 6. September 2001 umgesetzt worden. Die von dieser Kommission entwickelten und zwischenzeitlich fortgeschriebenen Verhaltensregeln haben eine erfreuliche Akzeptanz bei den Unternehmen gefunden. In einer zweiten Stufe wurde mit dem Transparenz- und Publizitätsgesetz vom 19. Juli 2002 der erste Teil der legislatorischen Änderungsvorschläge der Regierungskommission Corporate Governance zum Aktien- und Handelsrecht umgesetzt. Wegen des herannahenden Endes der 14. Wahlperiode wurden im Transparenz- und Publizitätsgesetz zunächst die gesetzestechnisch einfacheren Regelungen erledigt. Gleichzeitig wurde bereits im Allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung zum Transparenz- und Publizitätsgesetz angekündigt, in der folgenden 15. Wahlperiode weitere Gesetzgebungsvorschläge zu machen, um die übrig gebliebenen Empfehlungen umzusetzen.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll in einer dritten Stufe der bedeutendste Teil der aktienrechtlichen Änderungsvorschläge der Regierungskommission Corporate Governance umgesetzt werden. Alle Umsetzungsstufen sind als Einheit zu sehen. Schwerpunkt dieser dritten Stufe ist das gesellschaftsrechtlich besonders wichtige Anfechtungsrecht in der Hauptversammlung, sowie das Recht der Aktionäre zur Durchsetzung von Haftungsansprüchen gegen Organe der Gesellschaft. Letztere Vorschläge der Regierungskommission Corporate Governance sind zugleich Bestandteil des Maßnahmenkatalogs der Bundesregierung zur Stärkung der Unternehmensintegrität und des Anlegerschutzes (sog. 10-PunkteProgramm vom 25. Februar 2003). Die Empfehlungen der Regierungskommission zum Bilanzrecht und zur Abschlussprüfung werden in der ebenfalls anstehenden Bilanzrechtsreform umgesetzt, wie auch die weiteren Vorschläge der Regierungskommission Corporate Governance und des 10-Punkte-Programms der Bundesregierung in gesonderten Vorhaben verfolgt werden. Der vorliegende Gesetzentwurf wendet sich zwei wichtigen Bereichen zu: Zum einen behandelt er die Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Hauptversammlung. Um dieses bedeutende Schutzinstrument zu bewahren, aber zugleich die missbräuchliche Ausnutzung des Anfechtungsrechts zu unterbinden, sieht der Entwurf Regelungen zum Frage- und Rederecht in der Hauptversammlung vor und übernimmt ferner für besondere Beschlussgegenstände das bewährte gerichtliche Freigabeverfahren aus dem Umwandlungsgesetz. In einem zweiten Schwerpunkt behandelt der Entwurf die Innenhaftung der Organe. Hier geht es um die Erleichterung der Klagedurchsetzung durch eine Minderheit. Um dabei missbräuchliche Rechtsausnutzung wiederum zu vermeiden, wird ein gerichtliches Vorverfahren eingeführt (Zulassungsverfahren) und ein Haftungsfreiraum im Bereich qualifizierter unternehmerischer Entscheidungen geschaffen (sog. business judgment rule).

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Abs.1 Nr. 11 des Grundgesetzes (Recht der Wirtschaft).

Die Notwendigkeit einer bundesgesetzlichen Regelung nach Artikel 72 Abs. 2 des Grundgesetzes ergibt sich daraus, dass die Änderungen das Aktiengesetz, das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und das Einführungsgesetz zum Aktiengesetz betreffen, diese Bereiche bereits bundesrechtlich geregelt sind und weiterhin das Erfordernis einer bundesgesetzlichen Regelung besteht, weil die Notwendigkeit bundeseinheitlicher Regelungen über die Aktiengesellschaft angesichts der herausragenden Bedeutung dieser Gesellschaftsformen auf dem und für den Kapitalmarkt nach wie vor gegeben ist. Die Aktiengesellschaften haben keinen lokal begrenzten, sondern weltweit gestreuten Anteilseignerbesitz. Die Kapitalmärkte erwarten die Aktie als standardisiertes und gleichmäßig ausgestaltetes Finanzprodukt. Unterschiedliche Regelungen zum Einberufung und Anmeldung zur Hauptversammlung sowie zu den Anlegerschutzrechten je nach dem Bundesland des Gesellschaftssitzes würden die Wirtschaftseinheit Deutschlands, die Funktionsfähigkeit und das Ansehen des deutschen Kapitalmarktes schwerstens beeinträchtigen.

lnsofern ist eine bundesweit einheitliche Regelung des Anfechtungsrechts und des Verfolgungsrechts der Aktionäre sowie der Anmeldung zur Hauptversammlung weiterhin zwingend geboten. Diese Rechte sollen durch die Änderungen des Aktiengesetzes auch im Interesse der Anleger verbessert werden. Der Gesetzentwurf hat keine finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen.

Für die Wirtschaft werden durch die Modernisierung des Anfechtungsrechtes und die weitere Nutzung elektronischer Medien bei der Vorbereitung und Durchführung von Hauptversammlungen geringfügige Einsparungen eintreten. Die Verbesserung des haftungsrechtlichen Verfahrens kann zu höheren Kosten für Organversicherungen führen. Da die Fälle von Unredlichkeiten und groben Pflichtverstößen sich oft im kriminellen, jedenfalls aber zumeist im nichtversicherbaren Bereich bewegen, dürfte dieser Effekt gering bleiben. Zugleich dürfte der Vertrauensgewinn zugunsten des deutschen Kapitalmarkts nicht quantifizierbare Verbesserungen der Eigenkapitalfinanzierung zur Folge haben. Eine Auswirkung des Gesetzentwurfs auf Einzelpreise, Preisniveau und Verbraucherpreisniveau ist nicht zu erwarten. Der Entwurf wurde überprüft auf seine Auswirkungen auf Frauen und Männer; eine Gleichstellungsrelevanz liegt nicht vor.

II. Besonderer Teil

A.

Zu Artikel 1
(Änderung des Aktiengesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 93 Abs. 1 Satz 2 und 3 AktG - Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder)

Mit Blick auf die vorgesehene Verschärfung des Verfolgungsrechts einer Aktionärsminderheit (§ 148 AktG-E) stellt der neue Satz 2 des § 93 Abs. 1 AktG klar, dass eine Erfolgshaftung der Organmitglieder gegenüber der Gesellschaft ausscheidet, dass also für Fehler im Rahmen des unternehmerischen Entscheidungsspielraums nicht gehaftet wird ("Business Judgment Rule"). Dies entspricht auch einem Beschluss des 63. Deutschen Juristentages und einem Vorschlag der Regierungskommission Corporate Governance. Die Regelung geht von der Differenzierung zwischen fehlgeschlagenen unternehmerischen Entscheidungen einerseits und der Verletzung sonstiger Pflichten andererseits (Treuepflichten; Informationspflichten; sonstige allgemeine Gesetzes- und Satzungsverstöße) aus. Ein Verstoß gegen diese letztere Pflichtengruppe ist von der Bestimmung nicht erfasst. Die unternehmerische Entscheidung steht im Gegensatz zur rechtlich gebundenen Entscheidung. Für illegales Verhalten gibt es keinen "sicheren Hafen" im Sinne einer haftungstatbestandlichen Freistellung, es kann hier im Einzelfall aber am Verschulden fehlen. Die Vorschrift soll den Bereich unternehmerischen Handlungsspielraums ausgrenzen aus dem Tatbestand der Sorgfaltspflichtverletzung nach Satz 1. Diese Tatbestandseinschränkung setzt fünf - teils implizite - Merkmale voraus: Unternehmerische Entscheidung, Gutgläubigkeit, Handeln ohne Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse, Handeln zum Wohle der Gesellschaft und Handeln auf der Grundlage angemessener Information. Dies entspricht Vorbildern der Business Judgment Rule aus dem angelsächsischen Rechtskreis und findet Parallelen in der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 21. April 1997, BGHZ 135, 244 "ARAG/Garmenbeck").

Ausgangspunkt ist die Entscheidung als Grundlage von Ausführungshandlungen oder eines Unterlassens. Ein Handeln oder Unterlassen ohne eine bewusste unternehmerische Entscheidung fällt nicht unter die Bestimmung.

Unternehmerische Entscheidungen sind infolge ihrer Zukunftsbezogenheit durch Prognosen und nicht justiziable Einschätzungen geprägt. Dies unterscheidet sie von der Beachtung gesetzlicher, satzungsmäßiger oder anstellungsvertraglicher Pflichten ohne tatbestandlichen Beurteilungsspielraum.

Das Vorstandsmitglied muss bei seiner Entscheidung annehmen, zum Wohl der Gesellschaft zu handeln. "Handeln" ist weit zu verstehen, es umfasst die Entscheidung selbst wie auch die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung, gleichviel ob dies durch Rechtsgeschäft oder tatsächliche Handlung geschieht.

Das Merkmal der "Annahme" zwingt zu einem Perspektivwechsel in der Beurteilung, die Voraussetzungen der Entscheidungsfindung sind also aus der Sicht des betreffenden Organs zu beurteilen. Diese Sichtweise wird durch das "annehmen Dürfen" begrenzt und objektiviert. Als Maßstab für die Überprüfung, ob die Annahme des Vorstands nicht zu beanstanden ist, dient das Merkmal "vernünftigerweise". Auch insofern wird auf Ausführungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung im ARAG/Garmenbeck-Urteil Bezug genommen. Das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals wäre etwa dann zu verneinen, wenn das mit der unternehmerischen Entscheidung verbundene Risiko in völlig unverantwortlicher Weise falsch beurteilt worden ist (vgl. BGHZ 135, 244, 253). Der Regierungsentwurf übernimmt nicht das Kriterium der "groben Fahrlässigkeit" aus dem Referentenentwurf, gegen den geltend gemacht worden ist, dass er eine Vermengung von Pflichten- und Sorgfaltsmaßstab bedeutet hätte.

Ein Handeln zum Wohle der Gesellschaft liegt jedenfalls vor, wenn es der langfristigen Ertragsstärkung und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens und seiner Produkte oder Dienstleistungen dient. Dies bezieht auch das Wohl von Tochtergesellschaften und des Gesamtkonzerns mit ein. Es geht dabei nicht um das ex post ermittelte Wohl der Gesellschaft, denn in den hier interessierenden Fällen hat sich stets im nachhinein herausgestellt, dass die Maßnahme fehlgeschlagen ist und der Gesellschaft geschadet hat. Es muss also um ein von dem Geschäftsleiter ex ante in gutem Glauben angestrebtes Gesellschaftswohl gehen.

Das Handeln muss dabei ferner unbeeinflusst von Interessenkonflikten, Fremdeinflüssen und ohne unmittelbaren Eigennutz sein. Der Geschäftsleiter muss also unbefangen und unabhängig sein. Sondereinflüsse außerhalb des Unternehmensinteresses dürfen die Entscheidung nicht beeinflusst haben, was offensichtlich bei Handeln zum eigenen Nutzen oder zum Nutzen von dem Geschäftsleiter nahestehenden Personen oder Gesellschaften unterstellt werden muss. Legitim ist ein Handeln zum eigenen Vorteil freilich insoweit, als sich dieser nur mittelbar aus dem Wohl der Gesellschaft ableitet. Die Freiheit von sachfremden Einflüssen und Sonderinteressen bedarf keiner ausdrücklichen Erwähnung im Gesetzestext, da dies implizit formuliert ist: ln der Regel darf nur der annehmen, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln, der sich bei seiner Entscheidung frei von solchen Einflüssen weiß. Auch das Merkmal der Gutgläubigkeit ist Bestandteil des "annehmen Dürfens". Anders mag der Fall ausnahmsweise zu beurteilen sein, wenn das Organmitglied zuvor den Interessenkonflikt offen gelegt hat (wie es etwa der Deutsche Corporate Governance Kodex empfiehlt) und unter diesen Umständen die Annahme gleichwohl zum Wohle der Gesellschaft zu handeln vernünftig und nachvollziehbar erscheint.

Das Vorstandsmitglied muss ferner vernünftigerweise angenommen haben, die Handlung erfolge auf der Grundlage angemessener Information. Dabei soll die unternehmerische Entscheidung nicht verrechtlicht oder (schein-)objektiviert werden. Eine unternehmerische Entscheidung beruht häufig auch auf Instinkt, Erfahrung, Phantasie und Gespür für künftige Entwicklungen und einem Gefühl für die Märkte und die Reaktion der Abnehmer und Konkurrenten. Dies lässt sich nicht vollständig durch objektive Information ersetzen. Das Gesetz möchte den Mut zum unternehmerischen Risiko nicht nehmen, zugleich aber Unbesonnenheit und Leichtsinn auf Kosten der Kapitalgeber und der Arbeitnehmer keinen Vorschub leisten. Darauf nimmt das Tatbestandsmerkmal "angemessene Information" Rücksicht. Es reflektiert, dass insbesondere bei Entscheidungen, die unter hohem und nicht selbsterzeugtem Zeitdruck zu fällen sind, eine umfassende Entscheidungsvorbereitung schwierig oder gar unmöglich sein kann. Mitunter sind die verfügbaren objektiv erscheinenden Informationen auch unmerklich durch betriebswirtschaftliche Trends oder allgemeine Marktstimmungen subjektiv eingefärbt, und gerade der Unternehmer, der sich antizyklisch verhält und das Unerwartete tut, mag Erfolg haben. Abgestellt wird daher auf die vom Vorstandsmitglied vernünftigerweise als angemessen erachtete Information, auf deren Basis und nach deren freier Würdigung er dann eine unternehmerische Entscheidung fällt. Es wird dem Vorstand also in den Grenzen seiner Sorgfaltspflichten ein erheblicher Spielraum eingeräumt, den Informationsbedarf abzuwägen und sich selbst eine Annahme dazu zu bilden. Information kann nicht allumfassend sein, sondern hat betriebswirtschaftlich gegebene Schwerpunkte (Rentabilität, Risikobewertung, Investitionsvolumen, Finanzierung etc.). Welche Intensität der Informationsbeschaffung im Sinne der Norm "angemessen" ist, ist anhand des Zeitvorlaufs, des Gewichts und der Art der zu treffenden Entscheidung und unter Berücksichtigung anerkannter betriebswirtschaftlicher Verhaltensmaßstäbe von ihm ohne groben Pflichtenverstoß zu entscheiden. Keinesfalls zielt der Entwurf darauf, dass durch routinemäßiges Einholen von Sachverständigengutachten, Beratervoten oder externe Marktanalysen eine rein formale Absicherung stattfindet. Die Frage, ob und in welchem Umfang externe Gutachten eingeholt werden, ist nach betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten sowie den eigenen Möglichkeiten der Gesellschaft zu beantworten und nicht nach formalen Absicherungsstrategien zu entscheiden. Das individuell angemessene Informationsniveau beurteilt sich bei jedem einzelnen Vorstandsmitglied zudem ressortabhängig.

Da der Haftungsfreiraum des Satzes 2 als Ausnahme und Einschränkung gegenüber Satz 1 formuliert ist, liegt die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale beim betroffenen Organ.

Der Grundgedanke eines Geschäftsleiterermessens im Bereich unternehmerischer Entscheidungen ist nicht auf den Haftungstatbestand des § 93 AktG und nicht auf die Aktiengesellschaft beschränkt, sondern findet sich auch ohne positivrechtliche Regelung in allen Formen unternehmerischer Betätigung. Das für das Aktiengesetz zu § 93 gefundene Regelungsmuster und die Literatur und Rechtsprechung dazu können aber als Anknüpfungs- und Ausgangspunkt für die weitere Rechtsentwicklung dienen.

Die Korrektur im bisherigen Satz 2 und neuen Satz 3 ist keine inhaltliche, sondern reine Folgeänderung.

Zu Nummer 2 (§ 98 Abs. 1 Satz 1 AktG - Gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats)

Auch hier (wie in den §§ 142, 148, 246 Abs. 3 und 315) wird die Kammer für Handelssachen für zuständig erklärt, wenn eine solche bei dem zur Entscheidung berufenen Landgericht gebildet ist.

Zu Nummer 3 (§ 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG - Schadenersatzpflicht)

§ 117 AktG schützt die Integrität des Verwaltungshandelns. Bisher enthält § 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG eine generelle Haftungsprivilegierung für Großaktionäre. Benutzt ein Großaktionär seine Stimmmacht in der Hauptversammlung, um den Vorstand oder den Aufsichtsrat zu einem die Gesellschaft oder die anderen Aktionäre schädigenden Verhalten zu bestimmen, ist er selbst dann von einer Haftung freigestellt, wenn er vorsätzlich handelt. Dieses Haftungsprivileg ist vielfach kritisiert worden. Es findet auch keine Entsprechung in ausländischen Rechtsordnungen. Die Regierungskommission Corporate Governance und der 63. Deutsche Juristentag haben einhellig die Aufhebung von § 117 Abs. 7 Nr. 1 AktG empfohlen. Dieser Empfehlung folgt der Gesetzentwurf. Die bisherigen Nummern 2 und 3 werden dementsprechend zu Nummern 1 und 2. Haftet ein Großaktionär zukünftig wegen vorsätzlicher Einflussnahme auf die Organe der Gesellschaft zum Schaden der Gesellschaft oder der übrigen Aktionäre, wird im Rahmen der Bewertung des Mitverschuldens der übrigen Aktionäre ( § 254 BGB) zu berücksichtigen sein, inwieweit diese den Schadenseintritt mittels Anfechtungsklage gemäß § 243 Abs. 2 AktG hätten verhindern können.

In der Literatur wird angenommen, dass "Wer" im Sinne von § 117 Abs. 1 Satz 1 neben dem Anteilseigner auch dessen Angestellter sein könne, der auf Weisung in der Hauptversammlung die Stimmrechte im Namen seines Auftraggebers abgibt. Ob dies für solche reinen Weisungsfälle tatsächlich zutrifft, kann der vorliegende Entwurf nicht klären. Es erscheint jedenfalls zweifelhaft, wenn es sich um gebundene Vertreter handelt. Praktisch hat die Haftung des Angestellten gegenüber der gleichzeitigen Haftung des Großaktionärs aber keine besondere Relevanz.

In den Stellungnahmen zum Referentenentwurf ist zum Teil eine positivrechtliche Regelung oder eine Ausführung in den Gründen vorgeschlagen worden, wonach eine Haftung für die Stimmrechtsausübung nach § 117 AktG jedenfalls in einem faktischen Konzernverhältnis nicht gelten solle. Der Entwurf folgt dem nicht. Denn erstens wäre die Differenzierung zwischen Konzernmüttern und anderen Großaktionären an dieser Stelle nicht plausibel. Ferner ist auch ein praktisches Problem nicht erkennbar. Man muss keine Spezialität des § 317 AktG annehmen, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass der § 117 AktG neben dem § 317 AktG in der Praxis kaum einen Anwendungsbereich hat. Abgesehen davon handelt es sich hier um ein generelles Problem der §§ 117, 317 AktG und keines speziell der Stimmrechtshaftung. § 117 AktG legt die Haftungsschwelle sehr hoch, indem er Vorsatz fordert. § 826 BGB liegt in diesen Fällen nahe und sollte ebenfalls nicht gegenüber § 317 AktG ausgeschlossen sein. Das Klagerecht der Aktionäre hat hinsichtlich des Schadensbegriffs einen so eingeschränkten Anwendungsbereich, dass Rechtsprechung dazu nicht bekannt geworden ist. Die Möglichkeit der Geltendmachung durch die Gläubiger entspricht der in § 93 Abs. 5 AktG und findet eine Parallele auch in § 317 Abs. 4 i.V.m. § 309 Abs. 4 Satz 3 bis 5 AktG.

Zu Nummer 4 (§ 122 Abs. 1 Satz 3 AktG - Einberufung auf Verlangen einer Minderheit)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 11. Zu Nummer 5 ( § 123 AktG - Frist, Anmeldung zur Hauptversammlung, Nachweis):

Absatz 1 bringt die Einberufungsfrist von der Monats-Frist auf eine 30-Tages-Frist, um die Fristen und die Rückrechnung (Absatz 4) in § 123 AktG zu vereinheitlichen.

Nach § 123 Abs. 2 Satz 1 AktG kann die Satzung die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechts davon abhängig machen, dass die Aktien bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Versammlung hinterlegt werden, ferner davon, dass sich die Aktionäre vor der Versammlung anmelden. Hängt nach der Satzung die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechts von der Hinterlegung ab, so genügt es nach dem geltenden § 123 Abs. 3 Satz 1 AktG, wenn die Aktien nicht später als am siebten Tage vor der Hauptversammlung hinterlegt werden. Der Begriff "Hinterlegung" führt bei ausländischen Investoren zu Missverständnissen, die der Attraktivität einer Anlage in deutschen Aktien abträglich sind. Er führt vor allem auch dazu, dass insbesondere ausländische Fonds nicht bereit sind, ihre Stimmrechte aus deutschen Aktien auszuüben, da sie ihre Reaktionsfähigkeit gefährdet sehen. Mit dem Begriff "Hinterlegung" verbindet sich bei ausländischen Investoren nämlich nicht selten die - rechtlich unzutreffende - Vorstellung, eine Veräußerung der Aktien sei während der Hinterlegungsfrist ausgeschlossen. Dieser Befund wurde bestätigt durch eine Umfrage des Bundesministeriums der Justiz aus 2003/2004 (Bericht des Bundesministeriums der Justiz über die Entwicklung der Stimmrechtsausübung in börsennotierten Aktiengesellschaften in Deutschland seit Inkrafttreten des Namensaktiengesetzes am 25. Januar 2001). Die Änderung des § 123 AktG im Sinne des UMAG wurde dringend angemahnt.

Mit Blick auf diese unerwünschten Auswirkungen empfiehlt es sich, das Hinterlegungserfordernis als Grundform der Hauptversammlungslegitimation gemäß § 123 Abs. 2 und 3 AktG zu beseitigen. Auch andere Rechtssysteme mit Hinterlegungserfordernis gehen zunehmend hiervon ab. Eine Beibehaltung der Hinterlegung als gesetzliches Regelmodell ist weder aus rechtlichen noch aus praktischen Gründen geboten. In der Praxis werden - auch bei entsprechender Satzungsbestimmung - die Aktien ohnedies nicht hinterlegt, sondern es erfolgt lediglich eine Anmeldung, verbunden mit der Vorlage einer Bankbescheinigung. Es wird durch die Änderung insoweit nur die geltende Praxis gesetzlich nachvollzogen.

Die Neufassung von § 123 Abs. 2 - 4 geht vom bisherigen Regelungsmodell der Bestimmung aus. Ausgangssituation dieses Modells ist, dass keine Regelung über die Anmeldung von Aktionären zur Hauptversammlung besteht. Dies mag bei einer kleinen AG mit einem oder wenigen Aktionären und persönlicher Bekanntschaft denkbar und angemessen sein. Ein gesetzlicher Zwang zur Anmeldung ist daher nicht erforderlich. § 123 eröffnet allerdings der Satzung die Möglichkeit, Vorkehrungen und Anforderungen für die Anmeldung zur Hauptversammlung zu regeln. Dies ist bei börsennotierten Gesellschaften sachlich geboten und wird dort durchweg so gehandhabt. Bestimmt die Satzung solche Anforderungen, so sieht das Gesetz insbesondere zum Schutz der Anteilseigner vor, dass bestimmte Standards einzuhalten sind.

Der neue Absatz 2 regelt nunmehr in sich geschlossen die satzungsmäßige Anmeldung. Die Bestimmung gilt bei Namensaktien und Inhaberaktien gleichermaßen. Vor allem die börsennotierte Gesellschaft hat ein Interesse daran, zu wissen, wie viele Aktionäre an der Hauptversammlung teilnehmen werden. Sie kann deshalb eine Anmeldung zur Hauptversammlung verlangen und hierfür eine angemessene Frist vor Beginn der Hauptversammlung setzen. Diese Frist kann kürzer, darf aber nicht länger als sieben Tage vor der Hauptversammlung sein. Wie nach bisherigem Recht verschiebt sich allerdings die Einberufungsfrist um die Frist zwischen letztmöglicher Anmeldung und dem Termin der Hauptversammlung. In der Regel verlängert sich die Einberufungsfrist also um die genannten sieben Tage. Dadurch werden die Informations- und Vorbereitungsinteressen der Aktionäre gewahrt.

Der Absatz 3 befasst sich mit dem zusätzlichen satzungsmäßigen Erfordernis eines Berechtigungsnachweises (HV-Legitimation). Diese Regelung bezieht sich allein auf Inhaberaktien. Bei Namensaktien ergibt sich die Berechtigung des Aktionärs bereits aus einem Abgleich der Anmeldung mit dem Aktienregister. Bei Inhaberaktien ist zusätzlich zu einem eventuellen satzungsmäßigen Anmeldeerfordernis stets ein Berechtigungsnachweis erforderlich. Die Satzung kann näheres zu Art und Weise dieser Berechtigung vorgeben. Dabei kann die Satzung auch die Hinterlegung der Aktien zur HV-Legitimation vorschreiben. Dies mag bei kleinen Aktiengesellschaften oder bei Paketbesitz, der nicht zur Börse zugelassen und nicht in ein Depot eingebucht ist, sogar sinnvoll sein. Zum Schutz der Aktionäre sieht Absatz 3 Satz 2 aber vor, dass unabhängig vom Satzungsinhalt jedenfalls der Nachweis des depotführenden Instituts ausreichend ist. Dieser Nachweis ist das neue gesetzliche und nicht abdingbare Grundmodell der Legitimation. "Depotführende Institute" sind Kreditinstitute oder Finanzdienstleistungsinstitute (§ 1 Abs. 1 und Abs. 1a KWG). Depotführendes Institut kann auch ein ausländisches Finanzinstitut sein. Es versteht sich von selbst und bedarf keiner besonderen Erwähnung im Entwurfstext, dass ausreichend im Sinne des Gesetzes nur der materiell, also inhaltlich richtige Nachweis sein kann. Die Gesellschaft ist daher nicht gehindert, zweifelhafte Nachweise zu überprüfen und bei Verdacht eines gefälschten oder fälschlich ausgestellten Nachweises den betreffenden Aktionär um weitere Nachweise zu ersuchen oder zurückzuweisen.

Dies wird freilich nur in Fällen praktische Relevanz haben, in denen der behauptete Stimmrechtsanteil so groß ist, dass er Einfluss auf das Abstimmungsergebnis hat. Diese Aktionäre wird die Gesellschaft aber regelmäßig aufgrund der Meldepflichten ohnehin kennen. Dennoch kann die Satzung - abgesehen von der Grundregel, dass ein zutreffender Nachweis eines depotführenden Instituts als HV-Legitimation ausreicht und folglich nicht abbedungen werden kann - weiteres regeln. Es ist wünschenswert, dass die Wirtschaft sich hier auf Standards einigt. Solche Regelungen können die Sprache des Nachweises betreffen (zumindest deutsch und englisch) und die Form (wobei eine höhere Form als Textform allerdings nicht zwingend vorgegeben werden kann). Sie können auch die Frage betreffen, welche Anforderungen zu stellen sind, wenn der Nachweis vom depotführenden Institut über die Verwahrkette gegenüber der Gesellschaft erbracht wird, oder wenn der Aktionär sich direkt mit einem Nachweis seines Instituts anmelden möchte.

Auf die Strafdrohung nach § 402 AktG - Falsche Ausstellung von Berechtigungsnachweisen - in der auf den neuen § 123 abgestimmten Fassung dieses Entwurfs ist überdies nachdrücklich hinzuweisen. Ferner gibt das Gesetz einen festen Zeitpunkt vor, auf den sich der Nachweis zu beziehen hat. Diese Stichtagsregelung betrifft nur den gesetzlichen Grundfall des Nachweises durch ein depotführendes Institut und sieht vor, dass dieser Nachweis stets auf den 14. Tag vor der Versammlung zu beziehen ist. lm Massengeschäft der depotgeführten Aktien börsennotierter Gesellschaften wäre es volkswirtschaftlich nicht sinnvoll, Satzungsfreiheit hinsichtlich des Record Date (Stichtag) zu geben und damit eine unübersichtliche Situation zu schaffen.

Die Stichtagsregelung für den Nachweis (Absatz 3 Satz 3) und die damit verbundene Vermutung (Absatz 3 Satz 4) führen zu einem "Record Date" bezogen auf den 14. Tag vor der Hauptversammlung. Das bedeutet, dass Aktionäre, die Aktien nach Ausstellung des Nachweises erwerben, nicht zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts berechtigt sind. Dies ist im Interesse der Klarheit, Eindeutigkeit und Einfachheit der Verfahrensabläufe vor der Hauptversammlung hinzunehmen. Ein solcher Record Date ist international sehr verbreitet, teilweise mit deutlich längeren Fristen. Die hier vorgeschlagenen Fristen (14 bzw. 7 Tage) sollten vor allem beim Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel aber ausreichend sein. Diese Regelung wird insbesondere die grenzüberschreitende Stimmrechtsausübung in Europa und möglicherweise darüber hinaus vorbereiten und erleichtern.

Da das Gesetz einen Stichtag für den Berechtigungsnachweis vorsieht, den der Aktionär sich üblicherweise bei einer dritten Stelle besorgen muss, befasst sich das Gesetz des Weiteren im Interesse des Aktionärs mit dem Zugangszeitpunkt der Berechtigung. Dieser darf keinesfalls zu kurz nach dem Stichtag der Ausstellung des Nachweises gelegt werden. Absatz 3 Satz 3 sieht deshalb vor, dass der Nachweis der Gesellschaft nicht später als am 7. Tag vor der Versammlung zugehen muss. Natürlich kann der Nachweis der Gesellschaft auch früher übermittelt werden. Ferner kann die Gesellschaft es in ihrer Satzung zulassen, dass der Nachweis auch später als am 7. Tage vor der Hauptversammlung zugeht.

Sieht die Satzung einen Berechtigungsnachweis vor, der den gesetzlichen Mindestanforderungen der Sätze 2 und 3 entspricht, so gilt im Verhältnis zur Gesellschaft bis zum Ende der Hauptversammlung als Aktionär nur, wer den Nachweis ordnungsgemäß erbracht hat. Der statuarische Berechtigungsnachweis führt also zu einer relativen Berechtigung gegenüber der Gesellschaft. Die Vorschrift führt zu einer unwiderleglichen Vermutung der Mitgliedschaft im Verhältnis zur Gesellschaft. Dies entspricht der Eintragung des Namensaktionärs im Aktienregister (§ 67 Abs. 2 ).

Da der angemeldete Aktionär relativ zur Gesellschaft auch trotz Veräußerung weiterhin als Aktionär gilt, kann er in der Hauptversammlung der Gesellschaft das Stimmrecht ausüben. Ob er dabei gegenüber dem Veräußerer aus Treuepflichten verpflichtet sein kann, das Stimmrecht in dessen Interesse auszuüben, kann bei Kleinbeteiligungen, die anonym über die Börse erworben worden sind, dahinstehen, da eine praktische Relevanz nicht ersichtlich ist. § 405 Abs. 3 Nr. 1 AktG ist nicht einschlägig, da der Veräußerer gegenüber der Gesellschaft aus eigenem, wenn auch relativem, Recht handelt. Praktisch bedeutsam ist die Frage nur bei größeren Aktienpaketen. Hier wird die Kaufvertragsvereinbarung ohnehin regelmäßig Stimmrechtsausübungsregelungen oder eine Vollmachtserteilung zugunsten des Erwerbers enthalten. Die Dividendenauszahlung erfolgt auch in diesem Fall wie bei Namensaktien unmittelbar an den materiell berechtigten Aktionär (Erwerber).

Für die Namensaktie erübrigt sich eine positivrechtliche Regelung des Record Date. Zum einen enthält bereits § 125 Abs. 2 AktG einen Versendungsstopp, der zwei Wochen vor der Hauptversammlung liegt. Danach muss die Gesellschaft einem Erwerber von Aktien keine Mitteilungen zur Hauptversammlung mehr zusenden. Ferner ist es mittlerweile h.M., dass die Gesellschaft einen Umschreibestopp von sieben Tagen vor der Hauptversammlung im Register vorsehen kann. Das heißt, dass ein Erwerber danach nicht mehr in das Aktienregister aufgenommen werden muss und folglich der Veräußerer gegenüber der Gesellschaft weiterhin als legitimiert gilt. Damit besteht bereits ein weitgehender Gleichlauf zur Regelung des Stichtags und Anmeldestopps bei der Namensaktie.

Gemäß Absatz 4 erfolgt die Fristenberechnung jeweils vom Tag der Hauptversammlung als Ausgangspunkt, danach errechnet sich der Anmeldetag, der Nachweisstichtag, der Zugangstag für die Anmeldung - und aus dem Anmeldetag errechnet sich der vorverlegte Einberufungstag. Die Bestimmung sagt nun ausdrücklich, dass der Tag der Hauptversammlung in allen Rückrechnungsfällen nicht mitzählt. Absatz 4 entscheidet ferner einheitlich, was geschieht, wenn der so errechnete Tag auf einen Sonn- oder Feiertag gem. § 193 BGB fällt. Für Feiertage gilt gem. § 193 BGB das Recht des Sitzes der Gesellschaft. In diesem Fall ist einheitlich bei allen Fristen der (wiederum von der HV zurückgerechnet) vorhergehende Werktag zu wählen. Das Gesetz sagt nun ausdrücklich, dass dieser Tag zählt, die betreffende Handlung also an diesem Tage vorzunehmen ist. Da die Hauptversammlung nicht auf Sonn- oder Feiertage gelegt wird, tritt mit der 7-Tage-Grundregel i.d.R. (Ausnahme Feiertage) kein Problem auf und folglich auch nicht mit der 14-Tages-Stichtagsfrist. lm Einzelfall kann sich aber die Einberufungsfrist verlängern, ferner können abweichende (kürzere) Satzungsfristen zu einer Fristverlängerung nach Absatz 4 führen.

Beispiel: Fiel die Hauptversammlung auf den 12. August 2004, so war Endpunkt der 7-Tage-Anmeldefrist Donnerstag, der 5. August. Dieser Endpunkt der Frist ist der Tag, an dem die Anmeldung zuzugehen hat, die Einberufung bekannt zu machen ist etc. Wäre dieser Donnerstag nach dem am Sitz der Gesellschaft geltenden Recht ein Feiertag gewesen, so wäre Endpunkt der Mittwoch, der 4. August gewesen.

Für andere Fristen nach dem Aktienrecht, die von der Hauptversammlung zurückrechnen (§§ 125 Abs. 2, 126, 142 Abs. 2, 147 Abs. 1 Satz 2, 258 Abs. 2 Satz 4) gilt Entsprechendes. Die Regelung in § 123 Abs. 4 soll dazu beitragen, in allen Rückrechnungsfällen in der Literatur bestehende Unsicherheiten auszuräumen.

Zu Nummer 6 ( § 125 Abs. 2 AktG - Mitteilungen für die Aktionäre und an Aufsichtsratsmitglieder)

In Konsequenz des Verzichts der Aktienhinterlegung als Grundform der Hauptversammlungsanmeldung in § 123 AktG wird auch in § 125 Abs. 2 die Nummer 1 gestrichen. Dies bietet zugleich die Möglichkeit zur deutlichen Vereinfachung der Regelung ohne Nummernbildung. lm Regelfall erhalten die Aktionäre börsennotierter Gesellschaften ihre Mitteilungen gemäß § 125 Abs. 1 AktG oder gemäß § 125 Abs. 2 Nr. 3 (künftig Absatz 2 2. Alt.) AktG. Für die Nummern 1 und 2 des § 125 Abs. 2 AktG bestand schon bisher wenig Spielraum. Künftig soll es für Aktionäre aber wesentlich einfacher sein, Mitteilungsverlangen zu stellen. Sie brauchen dazu nicht mehr Aktien zu hinterlegen oder jährlich erneut nach der Einberufung das Verlangen zu stellen. Sie können das Verlangen einmal pro futuro stellen. Für den Nachweis des Anteilsbesitzes kann die Gesellschaft die selben Anforderungen stellen, wie in § 123 AktG. Eine Bestätigung des depotführenden Instituts reicht also auch hier aus. Papierform ist vom Gesetz weder für das Verlangen, noch für den Nachweis gefordert. Auch die Mitteilungen an die Aktionäre können elektronisch gemacht werden (s. dazu bereits die Änderung des § 125 AktG durch das Namensaktiengesetz (NaStraG) und die dortige Begründung). Die Gesellschaften können für die elektronische Versendung auch Mailing-Listen einrichten. Angesichts der sehr geringen Kosten einer elektronischen Versendung von Mitteilungen können sie hier auf einen besonderen Nachweis des Anteilsbesitzes ganz verzichten. Bei nichtbörsennotierten Gesellschaften (kleine AG) oder bei nicht depotgeführten Anteilen aus Paketbesitz kann auch jede andere Form des Nachweises, den die Satzung vorsieht, zur Anwendung kommen. Unter Umständen auch Hinterlegung der Aktien. Diese Form ist durch die Änderung keineswegs ausgeschlossen, sondern lediglich nicht mehr die gesetzliche Grundform. Doppelmitteilungen braucht die Bank nicht zu machen. Wenn sie also z.B. weiß, dass der Aktionär über seinen Eintrag im Aktienregister ohnehin Mitteilungen nach § 125 Abs. 2 Nr. 3 (und künftig Absatz 2 2. Alt.) bekommt, braucht sie "die gleiche Mitteilung" i.S. der Vorschrift nicht zweimal zu schicken.

Zu Nummer 7 ( § 127a AktG - Aktionärsforum)

Verfahren zur Kontaktaufnahme zwischen den Aktionären und zur Einwerbung von Stimmrechtsvollmachten unter Nutzung neuer Informationstechnologien sind ein sinnvolles Korrelat zum zunehmend breiten Streubesitz und einer fortschreitenden Internationalisierung der Aktionärsstruktur. Zudem kann dieses Forum zur Behebung eines grundlegenden Corporate Governance-Defizits beitragen: Der mangelnden Eigentümerkontrolle. Dies gilt insbesondere da, wo das Gesetz Schwellenwerte für die Ausübung von Aktionärsrechten vorsieht. Dies ist in den Fällen des Einberufungsverlangens (§ 122), der Sonderprüfung (§ 142 Abs. 2) und der Haftungsklage (§ 148 Abs. 2 Satz 2) der Fall. Ziel der neu geschaffenen Vorschrift ist es, die Kommunikation unter den Aktionären zu erleichtern und ihnen die Stimmrechtsausübung zu erleichtern. Anlass hierfür ist der Umstand, dass Aktionäre bei Namensaktien keinen allgemeinen Einblick in das Aktienregister nehmen können und bei Inhaberaktien die nicht wesentlich beteiligten Aktionäre der Gesellschaft und den Mitaktionären ohnehin nicht bekannt sind, so dass es ihnen kaum möglich ist, untereinander Kontakt aufzunehmen.

Die neue Gesetzesregelung sieht vor, dass künftig ein Aktionär oder eine Aktionärsvereinigung direkt eine Aufforderung im elektronischen Bundesanzeiger in einem neu zu schaffenden "Aktionärsforum" veranlassen kann. Die Gesellschaft braucht nicht tätig zu werden.

Das Aktionärsforum des elektronischen Bundesanzeigers ist eine neue - und noch zu schaffende - Rubrik des elektronischen Bundesanzeigers, der ausschließlich der Kommunikation zwischen den Aktionären und Aktionärsvereinigungen dient. Es handelt sich nicht um eine offizielle Bekanntmachung, sondern um private Kommunikation, für die das zentrale Register eine leicht zugängliche Plattform bietet, für das aber das Bundesministerium der Justiz als Herausgeber des Bundesanzeigers inhaltlich nicht verantwortlich ist. Über dieses Forum sollen künftig alle Aktionäre einer Gesellschaft miteinander und interessierte Aktionärsvereinigungen mit ihnen in Kontakt treten können, soweit dies zur Ausübung von Aktionärsrechten dienlich ist. Der elektronische Bundesanzeiger stellt eine elektronische Internet-Plattform zur Verfügung, die nach den Planungen der Bundesregierung künftig in ein deutsches Unternehmensregister einbezogen werden soll, wo alle Unternehmensinformationen einschließlich solcher Aktionärsaufforderungen zentral von überall her und von jedermann eingesehen werden können.

Die Aufforderungen und die Hinweise auf die Gesellschaftsstellungnahmen werden im Aktionärsforum künftig gesellschaftsbezogen abgerufen werden können, d.h. alle Informationen zu einer Gesellschaft werden nach Eingabe ihrer Firma oder ihrer Handelsregisternummer oder ihrer Wertpapierkennnummer chronologisch gelistet angezeigt. Nach Schaffung eines deutschen Unternehmensregisters können diese Daten zusammen mit allen anderen dort zugänglichen Daten über die betreffende Gesellschaft abgerufen werden.

Im elektronischen Bundesanzeiger kann und darf lediglich ein neutraler Aufruf veröffentlicht werden. Eine Begründung für das Begehren des Aktionärs oder für den Abstimmungsvorschlag einer Aktionärsvereinigung darf nicht veröffentlicht werden. Gegen eine bloße Aufforderung zur Ausübung eines Aktionärsrechts nach dem Aktiengesetz (Ausübung des Stimmrechts zu einem Tagesordnungspunkt, Stellung eines gesetzlich vorgesehenen Antrags oder Verlangens) wird in aller Regel von Seiten der Gesellschaft nichts zu erinnern sein. Es handelt sich um eine grundsätzlich als legitim anzusehende Verfolgung von Vermögensinteressen.

Problematisch kann die Begründung für einen solchen Aufruf oder Abstimmungsvorschlag sein. Diese Begründung darf sich allerdings nicht im Aktionärsforum finden, sondern in anderen Medien. Der Auffordernde kann interessierten Aktionären eine Begründung über diese zugänglich machen. Die interessierten Aktionäre können sich entweder schriftlich an ihn wenden (in der Praxis sehr unwahrscheinlich) oder über eine zulässige Verlinkung zu einer eigenen Website des Auffordernden gelangen (wahrscheinlicherer Weg). Die Verlinkung muss zu einer Seite führen, die die Begründung enthält. Dies bringt die Formulierung der Vorschrift deutlich zum Ausdruck. Hat die Gesellschaft gegen die Begründung des Aufrufenden rechtliche Bedenken, etwa weil diese beleidigende, rechtswidrig geschäftschädigende Aussagen enthält oder zu kriminellen Handlungen aufruft, so stehen ihr die allgemeinen Abwehransprüche und prozessualen Rechtsbehelfe zur Verfügung. Es besteht hier kein Unterschied zur bereits geltenden Rechtslage bei gesellschaftskritischen Äußerungen von Aktionären. In Anbetracht der Kürze der regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeit wird allerdings praktisch nur der einstweilige Rechtsschutz in Betracht kommen. Da jeder Aktionär schon heute die Möglichkeit hat, auf seiner Website oder über andere öffentliche Medienkanäle seine Meinung zu verbreiten, ist es weder erforderlich noch sinnvoll, zu verlangen, dass der Auffordernde die Begründung vorher der Gesellschaft zur Kenntnis gibt. Die Gesellschaft hat es aber in der Hand, die Aufforderungen im Bundesanzeiger zu verfolgen. Es ist möglich, dass der elektronische Bundesanzeiger als besondere Dienstleistung einen Push-Service einrichtet, über den die Gesellschaft unmittelbar unterrichtet ist, wenn ein sie betreffender Aufruf gemacht ist.

Der Aktionär ist berechtigt, seine Aufforderung an die anderen Aktionäre im elektronischen Bundesanzeiger nach Maßgabe von dessen Geschäftsbedingungen zu veröffentlichen, wenn er beabsichtigt, einen im Aktiengesetz vorgesehen Antrag zu stellen, ein Verlangen zu äußern oder sein Stimmrecht in einer bestimmten Weise auf einer bestimmten Hauptversammlung der Gesellschaft auszuüben. Die gesetzliche Regelung gewährt dem Aktionär keinen Anspruch auf Veröffentlichung gegenüber dem elektronischen Bundesanzeiger. Vielmehr ist der Aktionär aufgrund der Regelung in § 127a Abs. 1 lediglich berechtigt, nach Abschluss eines entsprechenden Vertrages mit dem elektronischen Bundesanzeiger seine Aufforderung zu veröffentlichen. lst der Aktionär nicht zu einem Vertragsabschluß auf der Basis der Vertragsbedingungen des elektronischen Bundesanzeigers bereit, besteht für ihn auch kein Veröffentlichungsanspruch. Die Veröffentlichungsentgelte des Bundesanzeigers für das Aktionärsforum werden in Abstimmung mit dem Bundesministerium der Justiz festgesetzt (und können auch in der Verordnung nach Absatz 5 näher bestimmt werden). Da die Möglichkeit des Aufrufs eine bloße Option ist, von der die betreffenden Aktionäre aus freien Stücken Gebrauch machen können, bedarf es keiner weiteren Regelungen zum Datenschutz. Die Verordnung nach Absatz 5 kann aber näheres zum Löschungsanspruch etc. regeln.

Dem elektronischen Bundesanzeiger obliegt eine eingeschränkte Prüfpflicht hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen nach Absätzen 1 und 2: Eine Veröffentlichung ist also insbesondere dann nicht zuzulassen, wenn es sich überhaupt nicht um einen "Aufruf" i.S. des Absatz 1 handelt. Ferner ist der Aufruf zurück zu weisen, wenn die postalische Anschrift fehlt. Diese ist Rechtsschutzvoraussetzung für die Gesellschaft (zustellungsfähige Anschrift, eine bloße E-Mail-Adresse reicht hier nicht aus). Bei der Stimmrechtsausübung muss es um eine konkrete Hauptversammlung einer bestimmten und eindeutig benannten Aktiengesellschaft gehen. Es muss sich um einen Abstimmungsvorschlag wie nach § 128 Abs. 2 Satz 1 AktG handeln. Die Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) sind hingegen von den Aufrufenden in eigener Verantwortung zu beachten. § 127a AktG stellt keine Sonderregelung hierzu dar. Freilich stellt die Bestimmung eindeutig und ausdrücklich auf punktuelles Zusammenwirken in Einzelfällen ab, das nicht zu einer Zurechnung führt.

Theoretisch kann es sich bei der Aufrufgegnerin auch um eine nichtbörsennotierte Gesellschaft handeln. Bei einer solchen Gesellschaft macht ein Aufruf aber keinen Sinn, denn niemand wird im elektronischen Bundesanzeiger nach einem solchen Aufruf suchen und folglich wird ihn auch keiner dort platzieren. Bei der geschlossenen Aktiengesellschaft kennen sich die Aktionäre in der Regel untereinander persönlich, so dass der öffentliche Aufruf sinnlos und evtl. sogar missbräuchlich ist.

Absatz 3 enthält als Kann-Vorschrift zwei weitere optionale Inhalte des Aufrufs: Der Aufrufende kann einen Hinweis auf seine elektronische Adresse (Email-Adresse) anbringen. Diese steht im Gegensatz zur notwendigen (postalischen) Anschrift nach Absatz 2. Die Email-Adresse kann so angebracht sein, dass sich beim Anklicken unmittelbar die Emailsoftware des Nutzers öffnet.

Der Aufrufende kann ferner einen Hinweis auf seine Website anbringen, die eine Begründung des Aufrufs enthält. Auch dieser Hinweis kann als Hyperlink ausgestattet sein. Beide Zusatzinhalte des Aufrufs sind zwar freiwillig, aber praktisch sinnvoll, denn einem Aufruf ohne diese Zusatzangaben dürfte wenig Erfolg beschieden sein.

Die gesetzliche Regelung sieht entgegen dem Vorschlag der Regierungskommission Corporate Governance keine Veröffentlichung auf der Internet-Seite der Gesellschaft vor, weil ein Veröffentlichungsanspruch gegenüber der Gesellschaft, sei es auf Veröffentlichung im Bundesanzeiger, sei es auf Veröffentlichung auf der Internetseite der Gesellschaft, zusätzliches Konfliktpotential schaffen würde. Dieses wird weitgehend vermieden, wenn der Aktionär nicht mit der Gesellschaft, sondern mit dem elektronischen Bundesanzeiger direkt in Beziehung tritt, und der Gesellschaft nur eine reaktive Rolle bleibt. Es geht auch nicht um eine Angelegenheit der Gesellschaft, sondern um eine Verfolgung der Vermögensinteressen der Aktionäre auf ihrer Ebene.

Ferner besteht die Erwartung, dass das Aktionärsforum beim Bundesanzeiger als für jedermann leicht zugängliche Basis für die Kommunikation unter Aktionären von diesen angenommen und allgemein bekannt werden wird, und dadurch erhebliche Vorteile gegenüber einer auf den Internetseiten der einzelnen Unternehmen untergebrachten Plattform hat.

Vorstand und Aufsichtsrat können zu der Aufforderung im elektronischen Bundesanzeiger nicht Stellung nehmen. Sie können aber im Anschluss an den Aufruf und in räumlichem Zusammenhang mit ihm im elektronischen Bundesanzeiger einen Hinweis auf ihre Internetseite anbringen, auf der sich eine Stellungnahme zu dem Aufruf befindet. Dies wird in der Praxis so aussehen, dass die Gesellschaft einen Link im elektronischen Bundesanzeiger platziert, den der Nutzer lediglich anzuklicken braucht, um zur Internetseite der Gesellschaft weitergeleitet zu werden. Er muss dabei unmittelbar auf die Seite gelangen, die die Stellungnahme enthält. Dies bringt der Wortlaut der Vorschrift deutlich zum Ausdruck.

Die Kosten der Veröffentlichung trägt der Aktionär gemäß den "Allgemeine Geschäftsbedingungen für entgeltliche Veröffentlichungen im Elektronischen Bundesanzeiger". Anders als noch im Referentenentwurf ist ein Kostenerstattungsanspruch des Aufrufenden gegenüber der Gesellschaft nicht vorgesehen. Dies wäre unsystematisch, da es vorliegend um reine Verfolgung von Vermögens- und Mitverwaltungsinteressen auf der Anteileignerebene geht. Abgesehen davon stünde der Aufwand für Erstattungsbeantragung, rechtliche Antragsprüfung und Überweisung in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu den sehr gering zu haltenden Kosten für den Aufruf.

Absatz 5 enthält eine Verordnungsermächtigung. In dieser Verordnung können insbesondere die dort aufgeführten Punkte näher geregelt werden. Diese Bestimmungen wären dann im elektronischen Bundesanzeiger als allgemeine Hinweise zugänglich zu machen.

Zu Nummer 8 (§ 130 Abs. 1 Satz 2 AktG - Niederschrift)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 14 (Änderung von § 147 AktG).

Zu Nummer 9 ( § 131 AktG - Auskunftsrecht des Aktionärs)

Die Änderung des § 131 bringt einige Neuerungen zum Fragerecht, darunter mehr Handlungsspielraum für den Versammlungsleiter und mehr Satzungsautonomie.

In Absatz 2 wird den Aktionären Satzungs- und Geschäftsordnungsautonomie für die Rede - und Fragezeitbestimmung gegeben. Dass der Versammlungsleiter die Redezeit beschränken kann, ist schon bisher unumstritten und gängige Praxis. Dass er für das Rede- und Fragerecht zusammengenommen einen zeitlichen Rahmen für den ganzen Hauptversammlungsverlauf, für den einzelnen Tagesordnungspunkt und für den einzelnen Redner setzen darf, ist neu, aber wichtig, um jedenfalls die Möglichkeit zu schaffen, die inhaltliche Qualität der Hauptversammlung zu verbessern. Der Versammlungsleiter muss den von der Hauptversammlung gegebenen Ermächtigungsrahmen konkret ausfüllen. Die Beschränkungen müssen angemessen sein. Dabei kann sich der Versammlungsleiter davon leiten lassen, dass eine normale Hauptversammlung, in der keine tiefgreifenden unternehmensstrukturellen Maßnahmen zu erörtern sind, in 4-6 Stunden abgewickelt sein sollte. Dies setzt freilich voraus, dass auch die Länge der Beiträge des Vorstands den Aktionären noch Raum lässt.

Der Vorschlag geht auf Klagen aus der Praxis zurück, nach denen Auskunfts- und Rederecht häufig von einigen wenigen Aktionären missbraucht werden, um mit einer Vielzahl von Fragen die Verwaltung zu Informationsfehlern zu verleiten und die Hauptversammlung in die Länge zu ziehen. Dies führt zu einer Beeinträchtigung der Diskussionskultur in der Hauptversammlung und dazu, dass sachlich interessierte Aktionäre mit Stimmgewicht ihr fernbleiben. Auf der gleichen Linie liegt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Gerichte nach Art. 14 Abs. 1 GG gehalten sind, auch einer missbräuchlichen Handhabung des Fragerechts durch die Aktionäre entgegenzutreten, um eine Abwicklung der Hauptversammlung in angemessener und zumutbarer Zeit zu ermöglichen. Es geht dabei nicht um eine Beschneidung der Aktionärsrechte, vielmehr beabsichtigt die Regelung, den Aktionären in dieser Frage mehr Entscheidungsfreiheit einzuräumen und die Hauptversammlung - sofern sie das wünschen - wieder zu einer straffen, auf die wesentlichen strategischen Entscheidungen konzentrierten Plattform zu machen, die dann auch wieder mehr an inhaltlichem Gewicht und Attraktivität für Aktionäre mit ernstzunehmenden Stimmanteilen gewinnen könnte.

Mit Absatz 3 Nr. 7 folgt der Gesetzentwurf einem Vorschlag der Regierungskommission Corporate Governance, das Auskunftsrecht des Aktionärs aus § 131 Abs. 1 Satz 1 in der Hauptversammlung in den Fällen zu beschränken, in denen die begehrte Information einige Zeit vor Beginn der Hauptversammlung über die Internetseite der Gesellschaft für den Aktionär verfügbar war und während der Hauptversammlung zugänglich ist.

Sinn und Zweck der Neuregelung ist es, die Hauptversammlung von typischen Standardfragen, vom Vortrag von Statistiken, Listen, Regularien und Aufstellungen zu entlasten und dadurch Zeit zu gewinnen für eine inhaltliche Diskussion. Gerade mit dem stereotypen Verlesen von Regularien wird viel wertvolle Zeit verbraucht und von der Teilnahme abgeschreckt. Gegenstand und Umfang der im Internet verfügbar gemachten Informationen bestimmt der Vorstand der Gesellschaft, ein Rechtsanspruch der Aktionäre auf eine Zurverfügungstellung im Internet besteht nicht. Ebenso ist der Vorstand berechtigt, aber nicht verpflichtet, Fragen von Aktionären, die vor Beginn der Hauptversammlung schriftlich oder per Email an die Gesellschaft gerichtet werden, vorab zu beantworten. Zusatzfragen, die sich aus den Vorabinformationen im Internet ergeben, sind im Rahmen des § 131 in der Hauptversammlung zu stellen und zu beantworten.

Für andere gesetzliche individuelle Auskunftsansprüche des Aktionärs, wie sie beispielsweise in den §§ 131 Abs. 1 Satz 4, 293g Abs. 3, 319 Abs. 3 Satz 4, 320 Abs. 4 Satz 3, 326 AktG, § 64 Abs. 2 UmwG geregelt sind, gilt die Qualifizierung des allgemeinen Auskunftsanspruchs aus § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG entsprechend. Nach dem Verständnis des Gesetzgebers stellen die vorgenannten Spezialvorschriften lediglich Klarstellungen des sich aus § 131 Abs. 1 Satz 1 AktG ergebenden allgemeinen Auskunftsanspruches dar. Aus diesem Grund wurden die vorgenannten Vorschriften nicht geändert.

Der Gesetzentwurf verwendet den Begriff "Internetseite" der Gesellschaft für ein öffentlich allgemein zugängliches elektronisches Informationsmedium. Die Verwendung anderer Begriffe wie "Internetauftritt" oder "Webseite" wurde bewusst unterlassen, da "Internetseite" der verständlichste und eindeutigste Begriff ist. Der Begriff "Internetseite der Gesellschaft" zusammen mit dem im Aktiengesetz hierfür gebräuchlichen Begriff des "Zugänglichmachens" impliziert, dass die Information öffentlich allgemein zugänglich sein muss, also keinen geräteseitigen, anbieterseitigen oder programmseitigen Zugangsbeschränkungen unterliegen darf. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass heutzutage jedermann sich im Bedarfsfall Zugang zum Internet verschaffen kann und damit im Internet eingestellte Informationen für die Aktionäre erheblich leichter zugänglich sind, als beim Papier-Handelsregister hinterlegte oder in Tageszeitungen veröffentlichte Informationen.

Über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich gemacht ist die Information im Sinne des Gesetzes, wenn sie der interessierte Aktionär nach Aufrufen der Startseite der Gesellschaft ohne Suchen entweder direkt oder durch eindeutige Verknüpfungen auf die jeweilige Folgeseite (Links) problemlos finden kann. Ein Hinweis auf die Internetseite in der Einberufung der Hauptversammlung oder der Tagesordnung wäre hilfreich, ist aber gesetzlich nicht vorgeschrieben. Die Information muss mindestens sieben Tage unmittelbar vor der Hauptversammlung zugänglich gemacht sein, um ausreichende Gelegenheit zur Kenntnisnahme zu geben. Die Information muss bis zum Ende der Hauptversammlung "durchgängig" zugänglich bleiben. Dies ist auch für die Aktionäre von Bedeutung, die die Hauptversammlung online verfolgen oder sich während der Hauptversammlung einwählen, um Weisungen an den Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft zu erteilen oder evtl. noch abzuändern. Geringfügige und vorübergehende Störungen des allgemeinen Internetzugangs führen nicht zu einer Fristverlängerung, da insgesamt die Möglichkeit zur Kenntnisnahme verbleibt.

Die Information ist zusätzlich auch in der Hauptversammlung zugänglich zu machen. Nach dem Gesetzentwurf bleibt es der Gesellschaft überlassen, in welcher Form sie dies tut. Neben der Schriftform lässt die Gesetzesformulierung auch eine Zurverfügungstellung durch elektronische Medien zu, beispielsweise durch Infoterminals auf der Hauptversammlung. Die Information muss nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich während der gesamten Hauptversammlung einerseits auf der Internetseite der Gesellschaft verfügbar und andererseits für die Hauptversammlungsteilnehmer allgemein zugänglich sein.

Der Vorstand ist bereits nach geltendem Recht nicht gehindert, zuzulassen, dass Fragen zu einzelnen Tagesordnungspunkten und in bestimmten Umfang schon vor der Hauptversammlung schriftlich oder in Textform eingereicht werden. Er braucht solche Fragen nicht vorab zu beantworten. Er kann sich künftig in diesen Fällen und wenn diese Fragen rechtzeitig, also länger als eine Woche vor der Hauptversammlung eingereicht worden sind, des Mechanismus des Absatz 3 Nummer 7 bedienen und die Fragen vorab im Internet beantworten. Dies wird sich anbieten, wenn es sich um besonders exemplarische und voraussichtlich für eine Vielzahl von Aktionären interessante Auskünfte handelt.

Zu Nummer 10 (§ 135 Abs. 4 Satz 3 AktG - Ausübung des Stimmrechts durch Kreditinstitute und geschäftsmäßig Handelnde)

In § 135 Abs. 4 Satz 3 wird als Folgeregelung zur Neufassung des § 123 die herkömmliche Hinterlegung durch die Vorlage "eines Berechtigungsnachweises gemäß § 123 Abs. 3" als neuer Regelfall ersetzt.

Zu Nummer 11 ( § 142 AktG - Bestellung der Sonderprüfer)

Zu Buchstabe a) ( § 142 Abs. 2 AktG)

Bisher ermöglicht diese Bestimmung die Bestellung von Sonderprüfern durch das Gericht, wenn dies von einer Minderheit der Aktionäre beantragt wird, die mindestens 10 % der Anteile oder aber Anteile, die einen Betrag von einer Million Euro erreichen, halten. Für die Ermittlung des Betrages ist auf das Grundkapital und den Nennbetrag der Aktien bzw. auf deren Bruchteilswert abzustellen.

Diese Schwellenwerte sollen mit den neuen Schwellenwerten des Minderheitenrechts in

§ 148 harmonisiert werden. Dies entspricht der Empfehlung der Regierungskommission Corporate Governance (BT-Drs. 014/7515, Rdn. 144). Bereits der 63. Deutsche Juristentag hatte die Harmonisierung der Schwellenwerte in § 142 und § 147 empfohlen. Die Herabsetzung der Schwellenwerte bei der Sonderprüfung war unter anderem deshalb unterblieben, weil man Missbräuche dieses für die Gesellschaft sehr teuren und aufwändigen Instruments befürchtete. Diesen Bedenken wird nunmehr durch andere Vorkehrungen Rechnung getragen, insbesondere durch die Kostentragungsregelung.

Eine Angleichung der Schwellenwerte ist aber systematisch geboten. Oft wird die Minderheit der Aktionäre, die nach § 148 für die Gesellschaft zur gerichtlichen Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen die Organe der Gesellschaft befugt ist, nur Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie den Sachverhalt in den Grenzen des § 145 Abs. 4 und 5 durch eine vorausgehende Sonderprüfung ermittelt hat.

Zur Berechnung der Schwellenwerte, insbesondere zu dem Begriff "Börsenwert" wird auf die Ausführungen zu § 148 AktG unter Nr. 15 verwiesen.

Dass es bei einer Absenkung des Quorums nicht zu einer ungerechtfertigten Zunahme von Sonderprüfungen aufgrund von Minderheitsverlangen kommen wird, ist bereits dadurch gewährleistet, dass es in jedem Fall des Vorliegens von Tatsachen bedarf, die den Verdacht rechtfertigen, dass "Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung vorgekommen sind" (§ 142 Abs. 2 S. 1). Auch wenn es sich bei § 142 - anders als bei § 148 - um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt und hinsichtlich der Verdachtstatsachen also der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, so sind doch auch hier hohe Anforderungen an die Überzeugung des Gerichts zum Vorliegen der Tatsachen zu stellen. Schließlich verlangt das Gesetz Verdachtstatsachen, die auf Unredlichkeiten oder grobe Gesetzes- oder Satzungsverstöße schließen lassen. Insoweit ist ein Gleichklang zu den Voraussetzungen des § 148 gegeben. Die Begriffe "Unredlichkeiten" und "grobe Satzungs- oder Gesetzesverletzung" sind wie dort auszulegen. In § 148 ist durch die ausdrückliche Berücksichtigung entgegenstehenden Gesellschaftswohls im Zulassungsverfahren eine Verhältnismäßigkeitsprüfung eingebaut, die u.a. bei groben Pflichtverletzungen mit jedoch nur sehr geringfügiger Schadensfolge für die Gesellschaft eingreifen kann. Eine solche Verhältnismäßigkeitsprüfung ist auch bei der Zulassung der Sonderprüfung in Geringfügigkeitsfällen vorzunehmen, wenn die Kosten und negativen Auswirkungen einer Sonderprüfung für die Gesellschaft nicht in angemessenem Verhältnis zu dem durch das Fehlverhalten ausgelösten Schaden stehen.

Des Weiteren war in Folge der Novellierung des § 123 im neuen Satz 3 anstelle der überkommenen, aber weitgehend ungebräuchlichen Hinterlegung ein allgemeines Nachweiserfordernis zu setzen. Der Nachweis kann natürlich durch Hinterlegungsbescheinigung geführt werden. Es kann bei der Hinterlegungsstelle des Gerichts, bei der AG selbst oder einem Notar hinterlegt werden. Praktisch bedeutsamer aber die Bestätigung des depotführenden Instituts auf den Tag des Antrags und eine weitere zum Ende des Verfahrens, die sich auf den zurückliegenden Zeitraum bezieht, oder eine Depotbestätigung mit Sperrvermerk. Insofern konnte der bisherige Satz 3 gestrichen werden.

Es reicht der Nachweis, dass die Zahl an Aktien, die zur Zeit der Antragstellung das wertmäßige oder anteilsbezogene Quorum erreichten, auch vorher und nachher gehalten werden.

Für die Berechnung der dreimonatigen Haltefrist kommt es auf den Tag der Hauptversammlung an, die einen Antrag auf Bestellung von Sonderprüfern ablehnt. Zur Verhinderung des provozierten Abkaufs von Sonderprüfungsverlangen gilt die Bekanntmachungsregelung des § 149 entsprechend.

Zu Buchstabe b) ( § 142 Abs. 4 AktG)

Absatz 4 ermöglicht bereits bisher einer Aktionärsminderheit die Auswechslung der Person des Sonderprüfers bei Gericht zu beantragen, insbesondere, wenn der bestellte Sonderprüfer nicht die für den Gegenstand der Sonderprüfung erforderlichen Kenntnisse hat oder Besorgnis der Befangenheit oder Bedenken gegen seine Zuverlässigkeit bestehen.

Auch hier soll das Quorum an Absatz 2 und § 148 angepasst werden. Ähnliche Sicherungen wie bei Absatz 2 im Interesse der Gesellschaft sind hier nicht erforderlich, da in diesem Fall die Sonderprüfung bereits gemäß Absatz 1 von der Hauptversammlung und damit einer Mehrheit der Aktionäre angeordnet worden ist.

Zu Buchstabe c) ( § 142 Abs. 5 AktG)

Auf vielfachen Wunsch in den Stellungnahmen zum Referentenentwurf wird die Zuständigkeit sowohl für den Minderheitenantrag nach Absatz 2 Satz 1 wie auch für den Ersetzungsantrag nach Absatz 4 Satz 1 beim Landgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, konzentriert. lst bei dem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so entscheidet diese an Stelle der Zivilkammer. Auch hier wie mit der weiteren Möglichkeit der Zuständigkeitskonzentration wird eine Angleichung von Sonderprüfung und Haftungsklage nach § 148 vorgenommen.

Zu Nummer 12 ( § 145 Abs. 4 AktG - Rechte der Sonderprüfer, Prüfungsbericht)

Durch die Neufassung des § 145 Abs. 4 soll schließlich eine Ermächtigung des Gerichts eingeführt werden, auf Antrag des Vorstands bestimmte Tatsachen von der expliziten Aufnahme in den Bericht auszunehmen, wenn überwiegende Belange der Gesellschaft dies gebieten. Das Instrument der Sonderprüfung soll dem Minderheitsaktionär nicht Möglichkeit und Anreiz geben, Geschäftsgeheimnisse auszuforschen, um das Unternehmen zu schädigen. Ebenso soll verhindert werden, dass solche Geschäftsgeheimnisse mit dem Bericht der Sonderprüfer beim Handelsregister eingereicht und für jedermann offengelegt werden, wenn der Gesellschaft hierdurch ein erheblicher Schaden droht. Die Bestimmung steht im Einklang mit § 145 Abs. 4 Satz 2, der als Grundsatz weiterhin gilt, wenn das Gericht eine Ausnahme-Verfügung nicht getroffen hat. Aufgrund einer gerichtlichen Gestattung sind die konkret zu bezeichnenden Tatsachen ganz auszulassen oder so zu umschreiben, dass der Sinn der Sonderprüfung, bestimmte Vorgänge der Geschäftsführung aufzuklären, gleichwohl erreicht wird. Nur wenn die Tatsachen absolut unverzichtbar sind zur Aufdeckung der Unredlichkeiten oder groben Gesetzes- oder Satzungsverstöße, so müssen sie trotz entgegenstehender Gesellschaftsbelange doch aufgeführt werden. Nicht eingeschränkt ist das Recht des Sonderprüfers, diese Tatsachen zu ermitteln. Er unterliegt insofern seiner beruflichen Schweigepflicht. Die Ausnahmereglung betrifft nur das Minderheitsverlangen nach § 142 Abs. 2.

Zu Nummer 13 ( § 146 AktG - Kosten)

Als Ausgleich zur Herabsetzung des Quorums in § 142 Abs. 2 für die Beantragung einer Sonderprüfung durch eine Minderheit von Aktionären hat die Regierungskommission Corporate Governance empfohlen, den Belangen der Gesellschaft durch eine Kostentragungspflicht bei offenbar unbegründeten Sonderprüfungsanträgen Rechnung zu tragen (BT-Drs. 014/7515, Rdn. 144). Durch die Herabsetzung der Beteiligungsschwelle nimmt die Gefahr von missbräuchlichen Anträgen zu, insbesondere auch von solchen Anträgen, bei denen mit absichtlich oder grob fahrlässig falschen Behauptungen die Bestellung eines Sonderprüfers "erschlichen" und damit der Gesellschaft ein erheblicher Schaden zugefügt wird. Daher soll der schon bisher bestehende, aber blass gebliebene Hinweis auf Rückgriffsmöglichkeiten nach allgemeinem Recht (insbesondere § 826 BGB) unterstrichen werden und der Gesellschaft neben den fortbestehenden allgemeinen Rechtsbehelfen ein spezieller Erstattungsanspruch in § 146 gegeben werden. Damit wird den betreffenden Antragstellern ein auf grobe Missbrauchsfälle begrenztes, dann aber spürbares Kostenrisiko vor Augen gehalten werden. Wird der Antrag der Minderheit auf Einsetzung eines Sonderprüfers abgelehnt, so trägt sie ohnehin die Kosten.

Zu Nummer 14 und Nummer 15 (§§ 147, 148 AktG - Geltendmachung von Ersatzansprüchen, Klagezulassungsverfahren)

§ 147 Abs. 1 Satz 1 AktG bestimmt in seiner gegenwärtigen Fassung, dass Ersatzansprüche der Gesellschaft aus der Gründung gegen die nach den §§ 46 bis 48, 53 verpflichteten Personen oder aus der Geschäftsführung gegen die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats oder aus § 117 geltend gemacht werden müssen, wenn es die Hauptversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit beschließt oder es eine Minderheit verlangt, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des Grundkapitals erreichen. Davon zu unterscheiden ist das durch das KonTraG (Kontrolle- und Transparenzgesetz) eingeführte weitere Verfolgungsrecht einer Minderheit nach § 147 Abs. 3. Danach können Aktionäre, deren Anteile zusammen den zwanzigsten Teil des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 500.000 Euro erreichen, für den Fall, dass der Anspruch nicht nach § 147 Abs. 1 geltend gemacht wird, vom Gericht die Bestellung eines oder mehrerer besonderer Vertreter verlangen, wenn Tatsachen vorliegen, die den dringenden Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung Schaden zugefügt wurde. Zweck dieser Regelungen ist es, die praktische Durchsetzung der Ersatzansprüche der Gesellschaft zu erleichtern. Diese wäre ohne besondere Vorkehrungen nämlich vielfach gefährdet, weil die Vertretung der Gesellschaft bei Vorstand oder Aufsichtsrat liegt (§ 78 bzw. § 112) und die Verwaltungsorgane in der Gefahr stehen, das Gesellschaftsinteresse hinter das eigene Interesse zurücktreten zu lassen. Es kann typischerweise nicht erwartet werden, dass derjenige Ansprüche verfolgt, der dem Ersatzpflichtigen kollegial oder geschäftlich verbunden, ihm für seine eigene Bestellung zu Dank verpflichtet ist, oder der Gefahr läuft, dass im Verfahren seine eigenen Versäumnisse aufgedeckt werden.

Die rechtspolitische Diskussion im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum KonTraG war gerade im Punkte der Organhaftung außerordentlich bewegt und die gefundene Lösung erschien unter damaligen Umständen das maximal Erreichbare. Dennoch kam die Diskussion zur Organhaftung auch nach dem Inkrafttreten des KonTraG nicht zur Ruhe.

So wurde zunächst und mit gewissem Recht die mangelnde Abstimmung zwischen dem Verfolgungsrecht der Minderheit und dem Enquäterecht nach § 142 Abs. 2 bemängelt, das insofern eine höhere Hürde aufstellt, als es nur von Aktionären geltend gemacht werden kann, deren Anteile zusammen 10% des Grundkapitals oder den anteiligen Betrag von 1 Million Euro erreichen. Dem begegnet der vorliegende Entwurf. Kritisiert wurde des weiteren, die Schwellenwerte des § 147 Abs. 1 und 3 seien zu hoch und hätten jedenfalls in den börsennotierten Publikumsgesellschaften häufig zur Folge, dass das Verfolgungsrecht der Minderheit praktisch leer läuft. Dies Argument hatte besonders zu Zeiten sehr hoher Börsenkurse Gewicht. Ungereimt sei ferner, dass die Minderheit gemäß § 147 Abs. 1 die Geltendmachung der Ersatzansprüche erzwingen kann, ohne dass ein gerichtliches Vorprüfungsverfahren wie nach § 147 Abs. 3 oder ein Klagezulassungsverfahren stattfindet. Andererseits wurde eingewandt, es müsse der Gesellschaft im Hinblick auf die vom Bundesgerichtshof in der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung (BGHZ 135, 244) aufgestellten Grundsätze ermöglicht werden, nachprüfbar entgegenstehende Gründe des Gesellschaftswohls geltend zu machen. Das geltende Recht lasse dies weder gegenüber dem Verfolgungsrecht der Minderheit nach § 147 Abs. 1 noch im Bestellungsverfahren gemäß § 147 Abs. 3 zu. Hat aber der Aufsichtsrat der Gesellschaft nachvollziehbar und überprüfbar bejaht, dass gewichtige Interessen und Belange der Gesellschaft dagegen sprechen, in dem betreffenden Fall einen Ersatzanspruch gerichtlich geltend zu machen, und hat auch die Hauptversammlung keinen Beschluss nach § 147 Abs. 1 gefasst, dann sei kein Grund dafür ersichtlich, weshalb eine Minderheit den Anspruch der Gesellschaft dennoch sollte durchsetzen dürfen. Eingewandt wurde des weiteren, das Gesetz errichte damit, dass die Minderheit gemäß § 147 Abs. 3 ihr Verfolgungsrecht nicht etwa selbst ausüben, sondern nur beim Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Bestellung eines besonderen Vertreters beantragen kann, nichtsachgerechte Hürden, zumal die Minderheit die Prozessführung des besonderen Vertreters nicht steuern könne, für den Fall aber, dass die Gesellschaft im Rechtsstreit ganz oder teilweise unterliegt, diese die gemäß §§ 91, 92 ZPO auferlegten Kosten sowie die Auslagen und die Vergütung für den besonderen Vertreter erstatten muss (§ 147 Abs. 4). Diese Kostenregelung vermittle falsche Anreize; sie wirke nicht nur auf von vornherein aussichtslose Klagen abschreckend, sondern auch auf Klagen mit Erfolgsaussicht, die im eigenen aber auch Interesse der übrigen Aktionäre betrieben werden. Es ist auch nicht bekannt geworden, dass die Neuregelung des Minderheitenrechts durch das KonTraG von der Praxis angenommen worden wäre.

Mit der Änderung des § 147 und der Einführung der neuen §§ 148 und 149 wird das bisherige System der Verfolgungsrechte der Minderheit neu geregelt. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass sich in dieser Frage seit Inkrafttreten des KonTraG unter dem Eindruck der Übertreibungen und Skandale an den Aktienmärkten in den Jahren 1999 und 2000 ein grundlegender Stimmungswandel vollzogen hat, der durch die kritischen Stimmen im Schrifttum und nicht zuletzt durch die Empfehlungen der wirtschaftsrechtlichen Abteilung des 93. Deutschen Juristentages Leipzig 2000 dokumentiert wird. Ersatzansprüche, insbesondere solche, die aus Treupflichtverletzungen (Unredlichkeiten) von Organmitgliedern herrühren, sollen künftig unter erleichterten Voraussetzungen verfolgt werden können. Die Hindernisse, welche die bisherige Regelung der Durchsetzung von Ersatzansprüchen durch eine Minderheit in den Weg stellte, und die falschen Anreize, die sie vermittelte, sollen so weit wie möglich beseitigt werden. Zugleich soll der Gefahr missbräuchlicher Klagen vorgebeugt werden.

Zu diesem Zweck entfällt das Minderheitenrecht gemäß § 147 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., und das bisherige Minderheitenrecht nach § 147 Abs. 3 wird in einem neuen § 148, der auch die bisherige Schwelle absenkt und an diejenige des ebenfalls geänderten § 142 Abs. 2 angleicht, zu einem zweistufigen Verfahren ausgestaltet. Dem eigentlichen Klageverfahren ist ein Klagezulassungsverfahren vor dem Prozessgericht vorgeschaltet, das solange eingeleitet werden kann, wie der geltend gemachte Anspruch der Gesellschaft nicht verjährt ist. Es handelt sich dabei um ein Verfahren nach der Zivilprozessordnung. Über die Zulassung entscheidet das Gericht durch Beschluss. Das Klagezulassungsverfahren soll der Minderheit die Möglichkeit verschaffen, einen ex ante aussichtsreichen Prozess in die Wege zu leiten, ohne das Risiko tragen zu müssen, im (späteren) Rechtsstreit mit dessen Kosten belastet zu werden. Zugleich sollen aussichtslose oder zu missbräuchlichen Zwecken betriebene Klagen von vornherein ausgeschaltet werden.

§ 148 Abs. 1 Satz 1 sieht dementsprechend vor, dass die Geltendmachung der Ersatzansprüche von Aktionären beantragt werden kann, deren Anteile im Zeitpunkt der Antragstellung zusammen den einhundertsten Teil des Grundkapitals oder einen Börsenwert von 100.000 Euro erreichen. Mit diesem Schwellenwert sollen Klagen verhindert werden, bei denen der Grund und die Motivation der Klage nicht ernsthaft aus der wirtschaftlichen Beteiligung an der Gesellschaft hergeleitet werden kann. Andererseits sollen die allzu prohibitiv wirkenden Anforderungen der Altregelung, nach der die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs bei börsennotierten Gesellschaften regelmäßig einen Aktienwert in mindestens zweistelliger Millionenhöhe voraussetzte, spürbar gelockert werden.

Der Schwellenwert von 100.000 Euro ist niedrig und kann nur im Zusammenhang mit den weiteren Einschränkungen und Sicherungen (Zulassungsverfahren mit seinen Voraussetzungen, Kostenregelung, Business Judgment Rule) verstanden und vertreten werden. Jedenfalls wird die Bundesregierung nach einem ln-Kraft-Treten sehr aufmerksam beobachten, wie dieser Schwellenwert von der Praxis aufgenommen wird, und nach zwei Jahren eine Bewertung vornehmen, ob wider Erwarten Missbräuche (auch bei der Sonderprüfung) aufgefallen sind. Sie wird in diesem Fall eine Änderung der Regelung vorschlagen.

Bemessungsgrundlage für den Börsenwert ist bei Gesellschaften, die an einer inländischen Börse notiert sind, der nach Umsätzen gewichtete durchschnittliche Börsenkurs der Aktien nach § 5 Abs. 3 WpÜG-Angebotsverordnung während der letzten drei Monate vor Antragstellung. Der Gesetzentwurf verweist auf diese Vorschrift über eine generelle Bezugnahme auf die Angebotsverordnung über § 31 Abs. 7 WpÜG. Dieser Börsenkurs ist von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Ermittlung der Gegenleistung für Übernahmeangebote und Pflichtangebote gemäß § 5 Abs. 1 WpÜG-Angebotsverordnung zu errechnen. Die gewichteten durchschnittlichen inländischen Börsenkurse werden täglich fortlaufend auf der Internetseite der BaFin in der "Datenbank zu den Mindestpreisen gemäß Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz" veröffentlicht. Maßgebender Börsenwert ist das Produkt aus der Anzahl der von den klagenden Aktionären gehaltenen Aktien und dem von der BaFin für diese Aktien berechneten und veröffentlichten Börsenkurs, jeweils bezogen auf den Tag der Antragstellung durch die Aktionäre. Für Gesellschaften, die an ausländischen Finanzplätzen notiert sind, gelten die Vorschriften des § 6 WpÜG-Angebotsverordnung zur Bestimmung des Börsenwertes.

Indem nur auf den Börsenwert, nicht aber auf den Marktwert abgestellt wird, wird zugleich zum Ausdruck gebracht, dass bei einer nichtbörsennotierten Aktiengesellschaft immer nur die prozentuale Schwelle gelten kann. Das erscheint auch gerechtfertigt, denn bei der nichtbörsennotierten Aktiengesellschaft, also der "kleinen AG" ist die Anteilseignerstruktur in aller Regel nicht so fraktioniert, wie bei der Publikums-AG, so dass die 1%-Hürde regelmäßig ohne Schwierigkeiten von allen genommen werden kann. Es brächte demgegenüber keinen Gewinn, dafür aber große Bewertungsprobleme, neben der prozentualen Schwelle noch eine "Marktwert-Schwelle" für nichtbörsennotierte Gesellschaften einzuführen.

Indem der Entwurf die Haftungsklage nicht jedem Aktionär mit einer Aktie eröffnet, folgt er der Erkenntnis, dass sich die Aktionärsstruktur moderner börsennotierter Aktiengesellschaften erheblich gewandelt hat. Der langfristig unternehmerisch beteiligte Aktionär wird in der modernen Aktiengesellschaft zunehmend durch Anlegeraktionäre ergänzt oder von ihnen abgelöst, die ihre Beteiligung zum Zwecke der Kapitalanlage erwerben, unter Renditegesichtspunkten halten und aufgrund ihrer geringen Beteiligungsquote keine unternehmerischen Ziele in der Gesellschaft verfolgen wollen und auch objektiv nicht verfolgen können. Dieser Trend ist erwünscht. Die Verbesserung der Kapitalmarktkultur in Deutschland und die Verbreitung der Aktie als Anlageinstrument in weiten Bevölkerungsschichten ist durch eine umfangreiche und erfolgreiche Aktienrechtsnovellierung und Finanzmarktförderungsgesetzgebung in den letzten Jahren bewusst gefördert worden. Die Beteiligung möglichst weiter Teile der Bevölkerung am Produktivvermögen ist ein gesellschaftspolitisches Anliegen des Gesetzgebers. Große börsennotierte Gesellschaften haben heute mehrere Hunderttausend, teilweise über eine Million Aktionäre weltweit. Es ist eine logische Konsequenz dieser strukturellen Veränderungen, auch die aktienrechtlichen Rahmenbedingungen entsprechend anzupassen. Der Gesetzentwurf versucht daher durch eine typisierende Betrachtung Aktionäre mit eher unternehmerischem Interesse und solche mit vorrangiger Anlageorientierung anhand des ökonomischen Gewichts ihrer Beteiligung zu unterscheiden. Er hält daher an Quoren-Regelungen fest, gibt aber zugleich den Aktionären die Möglichkeit, untereinander zu kommunizieren und durch Zusammenschluss eine Minderheit von wirtschaftlichem Gewicht zu bilden.

Die antragstellende Minderheit kann so strukturiert sein, dass alle zusammen das Quorum aufbringen; sie kann freilich auch so gebildet sein, dass bereits einer oder einige das Quorum aufbringen und weitere hinzutreten, um dem Anliegen Nachdruck zu verleihen und das Kostenrisiko auf mehrere Schultern zu verteilen. Das Aktionärsforum des § 127a soll gerade dazu dienen, eine breite Basis für ein solchen Antrag zu finden. Man hätte auch, wie teilweise im Ausland geregelt, ein zusätzliches Quorum bilden können, wonach der Antrag von einer bestimmten Anzahl an Aktionären (z.B. 200) unterstützt werden muss. Dieses Modell könnte für die weitere Rechtsentwicklung im Blick behalten werden.

Die Minderheit, die "zusammen" das Quorum aufbringt und den Antrag stellt und die aus mehreren Personen besteht, handelt als BGB-Gesellschaft. Es ist in engen Grenzen möglich, dass noch weitere Aktionäre dem Verfahren als Streitgenossen beitreten. Dies ist aber nur dann denkbar, wenn diese Aktionäre nicht Mitglied der antragstellenden Minderheit und damit der zu diesem Zwecke gebildeten GbR werden.

Zu § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AktG:

Nach § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 müssen die Aktionäre im Klagezulassungsverfahren nachweisen, dass sie die Aktien vor dem Zeitpunkt erworben haben, in dem die behaupteten Pflichtverstöße veröffentlicht worden sind und sie ihnen deshalb bekannt sein mussten. Der Antragsgegner wird in dem Verfahren darauf achten, dass der früheste Veröffentlichungszeitpunkt in das Verfahren eingeführt wird. Gemeint sind Veröffentlichungen in Breitenmedien, der Wirtschaftspresse oder weit verbreiteten Online-Diensten. lst ein Vorgang in dieser Weise bekannt gemacht, muss die Minderheit nachweisen, dass sie die Aktien schon vorher besaß, oder vortragen und beweisen, dass sie trotzdem keine Kenntnis erlangen konnte. Dabei kommt es auf jeden einzelnen quorumsrelevanten Aktionär der antragstellenden Minderheit an. Der Nachweis des Aktienbesitzes kann durch einen oder mehrere Depotauszüge oder durch Kaufunterlagen erfolgen. Dadurch soll vermieden werden, dass zu der formalen Frage der Klagezulassung langwierige Beweisaufnahmen durchgeführt werden müssen.

Das Gesetz will lediglich sicherstellen, dass solche Aktionäre als Antragsteller ausscheiden, die ihre Aktien in Kenntnis des möglichen Pflichtverstoßes und damit im Zweifel zu Zwecken missbräuchlicher Klageerhebung nur kurzfristig und zumal im Wege der Aktienleihe auch ohne spürbaren wirtschaftlichen Einsatz erworben haben.

Zu § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AktG:

Nach § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 setzt die Zulassung der Klage außerdem voraus, dass die antragstellenden Aktionäre die Gesellschaft zuvor vergeblich aufgefordert haben, selbst Klage zu erheben. Mit dieser Vorkehrung wird der subsidiäre Charakter des Verfolgungsrechts der Minderheit unterstrichen. Die zuständigen Gesellschaftsorgane sollen zunächst selbst darüber entscheiden, ob die verpflichtete Person zur Verantwortung gezogen werden soll oder nicht. Um Klarheit über die Entschließung der Gesellschaft zu schaffen, haben die Kläger dieser eine angemessene Frist zu setzen, für welche die allgemeinen Regeln gelten, z.B. auch hinsichtlich der Entbehrlichkeit einer Fristsetzung bei eindeutiger Erklärung der Gesellschaft, nicht Klage erheben zu wollen (Rechtsgedanke des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB: Ernsthafte und endgültige Verweigerung). Eine Frist von zwei Monaten muss als angemessen gelten. Schließlich handelt es sich um Vorgänge, die in aller Regel bereits seit längerem bekannt und öffentlich sind. Mitunter wird auch eine Sonderprüfung vorausgegangen sein. Es reicht nicht aus, wenn die Gesellschaft lediglich die Absicht erklärt, eine Klage erheben zu wollen. Damit könnte sie versuchen, Zeit zu gewinnen, die Sache zu verschleppen oder die Verjährung zu erreichen. Deshalb ist die Voraussetzung erfüllt, wenn die Minderheit nachweist, dass sie der Gesellschaft eine angemessene Frist (2 Monate) gesetzt hatte und nach Ablauf dieser Frist keine Klage eingereicht worden ist (Hinweispflicht der Gesellschaft). Sieht die Gesellschaft sich nicht in der Lage binnen dieser Frist zu entscheiden, ob sie Klage erhoben soll, so kann sie abwarten und zu einem späteren Zeitpunkt Klage erheben. Dann allerdings sind der Minderheit die zwischenzeitlich entstandenen Kosten zu erstatten.

Zu § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AktG:

Nach § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 setzt die Zulassung der Klage schließlich voraus, dass Tatsachen vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen, dass der Gesellschaft durch Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung ein Schaden entstanden ist. Das Gesetz will damit zum Ausdruck bringen, dass das Gericht dem Antrag auf Klagezulassung nur stattgeben darf, wenn die Klage eine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. lm Unterschied zur Altregelung des § 147 Abs. 3 Satz 1 und in Übereinstimmung mit § 142 Abs. 2 Satz 1 wird ein "dringender" Verdacht allerdings nicht mehr verlangt. Entscheidend für die gerichtliche Vorprüfung im Klagezulassungsverfahren ist die Gröblichkeit der Verstöße, die durch Verdachtstatsachen unterlegt sein müssen. lm Gegenzug dazu wird der Minderheit, die die Klagezulassung durch schuldhaft unrichtigen Vortrag erreicht, der spätere Kostenerstattungsanspruch beschränkt.

Die Beschränkung des Verfolgungsrechts auf Fälle von Unredlichkeiten sowie grober Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung entspricht der bisherigen Regelung in § 147 Abs. 3 Satz 1 und in § 142 Abs. 2 Satz 1 AktG. Die Minderheit kann also auch bei offensichtlichen und ohne Zweifel feststehenden leichtesten und leichten Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung mit Schadensfolge keine Klagezulassung erlangen. In solchen Fällen soll eine kleine Minderheit der schweigenden oder andersdenkenden Mehrheit ihren Verfolgungswunsch nicht aufdrängen können. lm Fall von Unredlichkeiten, welche stets ins Kriminelle reichende Treupflichtverstöße sind, wird eine solche Einschränkung freilich nicht gemacht. Mit der Norm sollen also vor allem solche Fälle einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden, in denen wegen der besonderen Schwere der Verstöße, die nicht im Bereich unternehmerischer Fehlentscheidungen liegen, sondern regelmäßig im Bereich der Treupflichtverletzung, eine Nichtverfolgung unerträglich wäre und das Vertrauen in die gute Führung und Kontrolle der deutschen Unternehmen und damit in den deutschen Finanzplatz erschüttern würde. Wird eine Klage zugelassen, so verliert die nicht deshalb das Rechtschutzbedürfnis, weil sich im Hauptverfahren herausstellt, dass die behaupteten Pflichtenverstöße - vorlagen, dass dem betreffenden Organ aber nur leichte oder mittlere Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann.

Zu § 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AktG:

§ 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 gibt der Gesellschaft im Zulassungsverfahren die Möglichkeit, im Sinne der Grundsätze der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung des Bundesgerichtshofs einzuwenden, dass Gründe des Gesellschaftswohls dem Schadensersatzprozess entgegenstehen. Entgegen den Formulierungen in der ARAG/Garmenbeck-Entscheidung wird nicht auf "gewichtige", sondern auf "überwiegende" Gründe abgestellt, um stärker zum Ausdruck zu bringen, dass im Normalfall eine Haftungsklage bei Vorliegen der Voraussetzungen der Nummern 1-3 zuzulassen ist und nur im Wege einer Abwägung gegen überwiegende entgegenstehende Interessen davon abgesehen werden kann. Liegen Verdachtstatsachen, die auf Unredlichkeit des Vorstands hindeuten zur Überzeugung des Gerichts vor, so ist es freilich schwer vorstellbar, dass Gründe des Gesellschaftswohls (mit Ausnahme sehr geringer Schadenssummen, vor allem aber der Mehrfachklagen) der Haftungsklage entgegenstehen können; in diesen Fällen ist in der Regel der Aufsichtsrat selbst ohnehin zur Klageerhebung verpflichtet. Es fallen also insbesondere mehrfache, nicht Neues beitragende Klagen (Metoo-Klagen) unter diese Klausel. Mehrfache Klagen müssen wegen der Kostenfolgen für die Gesellschaft die absolute extreme Ausnahme bleiben. Schließlich werden nicht individuelle Ansprüche der Aktionäre eingeklagt, sondern es wird nur durch Sonderregelung einer Aktionärsminderheit die Möglichkeit gegeben, im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft einen Anspruch der Gesellschaft geltend zu machen.

ln der anschließenden Schadensersatzklage sind ausschließlich die Antragsteller des erfolgreichen Zulassungsverfahrens im Umfang der Klagezulassung klagebefugt. Dadurch ist die Klage auch in der Höhe auf den zugelassenen Betrag beschränkt. Denn die Prüfung nach Nummer 4 bezieht sich auch auf die Höhe des geltend gemachten Anspruchs. Die Klagezulassung zu einem Anspruch, dessen Beitreibung angesichts der Vermögensverhältnisse des Schuldners völlig ausgeschlossen ist, kann jedenfalls ab einer bestimmten Höhe nach Nummer 4 verwehrt werden (vgl. auch die Erwägungen des § 93 Abs. 4 Satz 4).

Zu Absatz 2

Absatz 2 regelt nach bewährtem Vorbild die Konzentration der Zuständigkeit auf das Landgericht des Sitzes der Gesellschaft. Wird ein Antrag von der Minderheit gestellt, so wird die Verjährung des betreffenden Schadensersatzanspruchs durch die Regelung des Satzes 3 bis zur Zulassung des Hauptverfahrens gehemmt. Die Gesellschaft ist im Zulassungsverfahren wie auch im Hauptverfahren beizuladen. Sie kann zu dem Antrag Stellung nehmen und vor einer solchen Stellungnahme sollte mit Ausnahme im Falle des Verzichts auf eine solche eine Entscheidung nicht ergehen (u.a. Vortrag zum Gesellschaftswohl). Die Gesellschaft ist Inhaber des geltend gemachten Anspruchs. Sie kann daher jederzeit während des laufenden Zulassungs- oder des Hauptverfahrens selbst Klage auf Schadenersatz gegen das in Rede stehende Organ erheben. Damit entfällt das Rechtsschutzinteresse für die Minderheit als gesetzlicher Pozessstandschafter. Um der Minderheit, die sich in der Angelegenheit engagiert hat und möglicherweise erst den Anstoß dazu gegeben hat, dass die Gesellschaft sich zu Klage entschlossen hat, eine Möglichkeit zur weiteren Teilnahme am Verfahren und zur Kontrolle über die Klageverfolgung durch die Gesellschaft zu geben, ist sie von Gesetzes wegen beizuladen.

Zu Absatz 3:

Die Klage ist nach § 148 Abs. 3 Satz 1 binnen drei Monaten nach Zustellung der Entscheidung zu erheben und nach Satz 2 gegen die Organe (oder verpflichteten Personen) und auf Leistung an die Gesellschaft zu richten. Das Gesetz räumt den im Zulassungsverfahren erfolgreichen Aktionären damit das zeitlich begrenzte Recht ein, den Anspruch der Gesellschaft im Wege gesetzlicher Prozessstandschaft im eigenen Namen geltend zu machen (actio pro socio). Die nach bisherigem Recht vorgesehene gerichtliche Bestellung eines besonderen Vertreters entfällt. Das Gesetz trägt damit den bereits erwähnten Einwänden gegen diese Ausgestaltung des Verfolgungsrechts Rechnung. Zuständig für das Hauptverfahren ist durch den Verweis in Absatz 3 Satz 1 wie im Zulassungsverfahren das Prozessgericht.

Der Verzicht auf die Einschaltung eines besonderen Vertreters und die Beschränkung der Klagebefugnis auf die im Klagezulassungsverfahren erfolgreichen Aktionäre wirkt sich auch auf die Frage Beteiligung mehrerer Aktionäre und der subjektiven Klagehäufung aus. Es können sich mehrere Aktionäre als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammenschließen, um gemeinsam das Quorum zu erreichen und ein Klagezulassungsverfahren anzustrengen. lst die Klage aber zugelassen, so können an dem ursprünglichen Zulassungsantrag nicht beteiligte Aktionäre der vom Prozessgericht zugelassenen Klage nicht mehr nachträglich beitreten. Die Nebenintervention ist ausgeschlossen, denn die Klage wurde nur hinsichtlich der ursprünglichen Kläger zugelassen. Dabei bedarf es keiner ausdrücklichen Regelung, dass auch der rechzeitig antretende Nebenintervenient wie der Haftungskläger die Vorbesitzvoraussetzung des § 148 Abs. 1 Nr. 1 erfüllen und nachweisen muss, dass er die Aktien vor dem Zeitpunkt erworben hat, in dem er von den beanstandeten Pflichtverstößen auf Grund einer Veröffentlichung Kenntnis erlangen musste. Nachfolgekläger müssen daher ihrerseits das gerichtliche Zulassungsverfahren durchlaufen, was aber in der Regel an Absatz 1 Nr. 4 scheitern wird.

Denn das Gericht hat dabei neben dem erneuten Erreichen des Quorums auch zu prüfen, ob nicht einer weiteren Klage - auch im Hinblick auf das Kostenrisiko für die Gesellschaft nach § 148 Abs. 5 - ein überwiegendes Interesse der Gesellschaft entgegensteht. Dies wird regelmäßig dann der Fall sein, wenn die Klage des ersten Klägers sich auch hinsichtlich der anwaltlichen Betreuung in guten Händen befindet, wenn die nachfolgenden Kläger keinerlei substanziell neue Tatsachen vorzubringen haben, nicht erkennbar über andere, gewichtige Informationsquellen verfügen und also nicht von der Hand zu weisen ist, dass es sich um "Trittbrettfahrer" handelt, die nach erfolgreichem Zulassungsverfahren eines anderen nun aufspringen wollen, möglicherweise nur um der Anwaltsgebühren willen. Da es hier um eine actio pro socio geht, gibt es nur einen zugrundeliegenden Anspruch, dessen mehrfache Geltendmachung zwar nicht ausgeschlossen sein soll, was aber nur bei Vorliegen ganz besonderer Umstände sinnvoll erscheint. In jedem Fall sind die Klagen beim Prozessgericht zu verbinden (Satz 5).

Zu Absatz 4:

Die in § 148 Abs. 4 vorgesehene Rechtskrafterstreckung hat ihre Ursache und ihre Berechtigung darin, dass es sich nur um einen einzigen Anspruch handelt, der nur ganz ausnahmsweise durch mehrere Kläger in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend gemacht werden kann. Die Rechtskrafterstreckung betrifft wegen des Gebots zur gemeinsamen Entscheidung aber in erster Linie die anderen bisher nicht aktiv gewordenen Aktionäre. lst eine gerichtliche Entscheidung ergangen, so können weitere Minderheiten nicht nochmals in Prozessstandschaft hinsichtlich desselben Anspruchs Zulassung begehren. Das gilt auch für einen Vergleich, der ohnehin nur in extrem engen Grenzen bei Haftungsfällen möglich ist. Da es sich um ein Verfahren zwischen Minderheit und Organ handelt, gilt § 93 Abs. 4 Satz 3 im Zulassungsverfahren nicht. Die Gesellschaft kann trotz eines Vergleichs im Zulassungsverfahren selbst noch klagen. Ein Vergleich im Hauptverfahren, der auch die Gesellschaft bindet, ist allerdings nur unter den Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 Satz 3 möglich. Dasselbe gilt für eine Klagrücknahme durch die Gesellschaft.

Zu Absatz 5:

§ 148 Abs. 5 enthält verschiedene Vorgaben für die Kostenentscheidung, die bei Erfolglosigkeit des Zulassungsantrags in der das Zulassungsverfahren abschließenden Entscheidung, ansonsten im Endurteil zu treffen ist. Wird der Antrag abgewiesen, haben die Antragsteller die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen (§ 148 Abs. 5 Satz 1). Diese der Grundregel des § 91 Abs. 1 ZPO entsprechende Zuweisung der Kostentragungspflicht erscheint in diesem Stadium sachgerecht, da es noch an jeder Vorprüfung durch das Prozessgericht fehlt, die Höhe des vom Gericht entsprechend § 3 ZPO festzusetzenden Streitwerts für die Antragsteller in der Regel überschaubar sein wird und nicht Anreize zu "kostenlosem" Austesten der Erfolgaussichten gegeben werden sollen. Der Antragsteller sollte sich in diesem Stadium über die Validität des Verdachts ausreichend gewiss sein. Der Antragsteller soll die Kosten dann aber nicht tragen, wenn der Antrag aus Gründen entgegenstehenden Gesellschaftswohls abgewiesen wird und die Gesellschaft ihn auf diese entgegenstehenden Gründe nicht hingewiesen hat, obwohl sie das hätte tun können. Der richtige Zeitpunkt für diesen Hinweis ist die Antwort auf die Anfrage des Antragstellers, ob die Gesellschaft selbst Klage erheben möchte.

Was das Klageverfahren betrifft, gelten im Verhältnis zwischen den Parteien die §§ 91, 92 ZPO. Für den Fall, dass die Klage ganz oder teilweise abgewiesen wird, billigt allerdings

§ 148 Abs. 5 Satz 5 den Klägern einen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch zu. Zwar haben die Kläger etwaige Vorschüsse zunächst vorzuleisten, doch können sie im Falle des Unterliegens von der Gesellschaft die Erstattung der auf sie entfallenden Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Zulassungsverfahrens verlangen. Da die Zulassung der Klage durch das Prozessgericht - zumal im Hinblick auf die Voraussetzung nach

§ 148 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 - ein sehr starkes Indiz dafür ist, dass die Klageerhebung im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt, erscheint es angemessen, der Gesellschaft nicht nur den Klageerfolg zugute kommen zu lassen, sondern sie auch mit dem Risiko des Prozessverlustes zu belasten. Auch dabei sind aber Fehlanreize zu vermeiden. Ebenso wenig wie das Gesetz Anreize zu "kostenlosem" Austesten der Erfolgaussichten im Zulassungsverfahren erzeugen möchte, soll es auch keinen Anreiz geben, die Schwelle des Zulassungsverfahrens durch fahrlässig oder vorsätzlich falschen, aufgebauschten, sensationell aufgemachten oder frei erfundenen Sachvortrag zu überspringen und damit in den anschließenden Genuss der Kostenerstattung im Hauptverfahren zu gelangen, in dem die Fälschlichkeit der Verdächtigungen sich dann erst erweist. Es ist deshalb der Kostenerstattungsanspruch aufgrund früheren schuldhaften Tuns des Klägers einzuschränken.

Satz 4 enthält eine besondere und erforderliche Regelung für den Fall, dass die Gesellschaft sich entschließt, selbst Klage zu erheben. Sie kann dies jederzeit während des Zulassungs- wie auch während des Hauptverfahrens tun. Sie wird dies tun, wenn sie den Eindruck gewinnt, dass der Verdacht sich bestätigt und eine Klage geboten ist. Damit entfällt das Rechtsschutzinteresse und die Minderheit ist nur noch Beigeladener (nach dem Vorbild der §§ 65 Abs. 2, 66 VwGO). Zugleich spricht dann natürlich alles dafür, dass die Minderheit nicht fälschlich den Anstoß zu dem Verfahren gegeben hat und ihre bis dahin entstandenen Kosten unabhängig vom erreichten Verfahrensstadium zu erstatten sind. Die Klage anschließend wieder zurücknehmen kann die Gesellschaft aber nur unter den engen Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 Satz 3 und 4. Dies wiederum bedeutetet, dass der so durch die

Hauptversammlung abgesicherte Vergleich nicht der Zustimmung der Minderheit in ihrer Stellung als Beigeladene bedarf.

Bisher war durch die Figur des besonderen Vertreters sichergestellt, dass die berechtigte Sache der erzwungenen Haftungsklage nicht zur Erstattungsfähigkeit mehrerer Anwälte führte. Dieses Problem stellt sich nach der Neuregelung aber in all den Fällen, in denen eine Minderheit sich mehrere Anwälte nimmt, zum Beispiel, weil die antragstellende Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus mehreren Gesellschaftern besteht, oder wenn sich der Minderheit weitere Aktionäre als Streitgenossen anschließen, und sie dabei und im Hauptverfahren mehrere Anwälte nehmen. Es muss verhindert werden, dass die einzelnen Organmitglieder mit hohen, ungerechtfertigten Kosten, die aufgrund des in § 148 Abs. 5 Satz 5 vorgesehenen Erstattungsanspruchs auch die Gesellschaft treffen können, belastet werden. § 148 Abs. 5 Satz 6 sieht daher vor, dass die Kosten mehrerer Bevollmächtigter nur zu erstatten sind, soweit sie zur Rechtsverfolgung unerlässlich waren. Für die antragstellende Minderheit als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist das ohne weiteres einsehbar. Das Gesetz macht damit aber eine Ausnahme von dem im Zivilprozessrecht vertretenen - allerdings nicht unumstrittenen - Grundsatz, dass jeder Streitgenosse für sich einen eigenen Prozessbevollmächtigten bestellen und Kostenerstattung verlangen kann. Hier geht es allerdings um den besonderen Fall, dass der Antragsteller (und ebenso wenig die Streitgenossen) gar keinen eigenen Anspruch hat, sondern nur in gesetzlicher Prozessstandschaft den Anspruch eines Dritten geltend machen darf. Die Erstattung der durch die Einschaltung weiterer Bevollmächtigter entstandenen Mehrkosten bedarf daher einer ganz besonderen Rechtfertigung. Sie wird in der Regel nur in Betracht kommen, wenn das Verfahren wegen krasser Interessengegensätze zwischen Antragsteller und Streitgenossen durch einen Bevollmächtigten allein überhaupt nicht betrieben werden kann. Der Umstand, dass einzelne Mitglieder der Minderheit oder Streitgenossen an unterschiedlichen Orten wohnen, kann kein Grund sein.

Zu Nummer 16 (§ 149 - Bekanntmachungen zur Haftungsklage)

Nach § 149 Abs. 1 ist der Antrag auf Zulassung durch die börsennotierte Gesellschaft unverzüglich in den Gesellschaftsblättern, also in der Regel ausschließlich im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen, um den übrigen Aktionären Gelegenheit zu geben, sich bis zur Entscheidung der Klagezulassung dem ursprünglichen Kläger durch Beitritt zur antragstellenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder ausnahmsweise auch durch Nebenintervention anzuschließen oder - unter den sehr engen genannten Voraussetzungen - ein eigenes und zusätzliches Zulassungsverfahren zu betreiben. Bei der kleinen AG gibt es andere

Kommunikationskanäle, hier können diese Informationen im geschlossenen Gesellschafterkreis bleiben.

Die Regelung in Absatz 2 zur Publizität von verfahrensbeendigenden Vereinbarungen entspricht der gleichfalls neuen Regelung des § 248a.

Der Entwurf verspricht sich von der Bekanntmachungspflicht eine abschreckende Wirkung auf missbräuchliche Klagen und auf Vergleichsleistungen, die eine verbotene Einlagenrückgewähr darstellen, wobei der Schwerpunkt der Wirkung eher bei den Anfechtungsklage, als bei den Haftungsklagen liegt, bei denen eine vergleichsweise Beilegung bereits durch § 93 Abs. 4 stark eingeschränkt ist. Ergänzende Fragen zu den Hintergründen und zum Zustandekommen des Vergleichs können von den Aktionären auf der folgenden Hauptversammlung gestellt werden.

Die Verfahrensbeendigung ist im Bundesanzeiger in allen Einzelheiten darzustellen. Zunächst ist anzugeben, auf welche Art das Klagezulassungs- oder das Hauptverfahren beendet wurde. Sodann ist der Wortlaut aller Vereinbarungen und sonstigen Abreden zwischen der Gesellschaft, den Anfechtungsklägern sowie Dritten, die im Interesse der Gesellschaft oder im Interesse der Anfechtungskläger handeln, bekannt zu machen. Die Form der Vereinbarung ist nicht entscheidend. Wird die Gesellschaft im Zusammenhang mit der Verfahrensbeendigung zu einer vermögenswerten Leistung irgendeiner Art verpflichtet, ist diese Leistungspflicht nach Art und Höhe sowie der Begünstigte anzugeben. Hierunter fallen alle in den Vergleich einbezogenen Formen von Prozesskosten- und Aufwandserstattungen, einvernehmliche Ansetzung des Vergleichswerts, Schadensersatzzahlungen, Honorare für Beratungsleistungen, Gutachten, wissenschaftliche Ausarbeitungen aller Art sowie sonstige Zuwendungen, gleich in welcher Form. Erfasst werden auch Vereinbarungen über Rechtsgeschäfte wie z.B. Beratungsaufträge mit Aktionären oder ihnen nahestehenden Dritten, die im ursächlichen Zusammenhang mit der Beseitigung der Anfechtungslage abgeschlossen werden. Nicht entscheidend ist, ob die vermögenswerte Leistung den Anfechtungsklägern mittelbar oder unmittelbar zukommt. Von §§ 149, 248a wird jede vermögenswerte Leistung erfasst, welche die Gesellschaft im Zusammenhang mit der Verfahrensbeendigung erbringt. Ferner sind alle Beteiligten und ihre Vertreter anzugeben, die am Anfechtungsprozess und seiner Beendigung beteiligt waren. Als weitere Angabe ist die Anzahl der Aktien bekannt zu machen, die jeder der Anfechtungskläger hält.

Die Folgen einer Verletzung dieser Bekanntmachungspflicht regeln §§ 149 Abs. 2 Satz 3 und 248a: Danach ist die Verpflichtung der Gesellschaft zur Erbringung der von ihr geschuldeten Leistungen unwirksam. Gleiches gilt für Leistungspflichten Dritter, deren Zusage der Gesellschaft zuzurechnen ist, wie z.B. Leistungspflichten ihrer Aktionäre. Bereits erbrachte

Leistungen können vom Vorstand der Gesellschaft als ungerechtfertigte Bereicherung zurückzufordern, dies sagt die Bestimmung ausdrücklich - auch im Hinblick auf § 814 BGB. Es bedarf keiner ausdrücklichen Regelung, dass solche rückforderbaren Ansprüche auch zurückgefordert müssen und das Unterlassen eine Sorgfaltspflichtverletzung darstellen würde. Hingegen bleibt im Interesse der Verfahrenssicherheit die prozessbeendende Verfahrenshandlung wirksam. Durch diese Rechtsfolge sollen auch Umgehungen der Vorschrift vermieden werden.

Aufgrund der Verweisung in Absatz 3 gilt diese Wirksamkeitsvoraussetzung auch für prozessvermeidende Vereinbarungen.

Konsequenterweise muss der Antragsteller- oder Kläger einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf vollständige Bekanntmachung haben. Diese Interessenlage der Gegenseite wird einer bewussten Verschleierung bei den Bekanntmachungen entgegenwirken.

Zu Nummer 17 ( § 221 Abs. 4 AktG - Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen)

Bei der Schaffung eines bedingten Kapitals nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG zwecks Einräumung von Aktienoptionen an Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaft oder eines verbundenen Unternehmens sind im Hauptversammlungsbeschluss gemäß § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG die Eckpunkte des Optionsprogramms anzugeben. Aufgrund dieser Regelung muss die Verwaltung sich der Hauptversammlung und der interessierten Öffentlichkeit mit ihrem Vorschlag stellen, und diese können sich selbst ein Urteil bilden, ob es sich um ein "ehrgeiziges" und mit den Interessen der Aktionäre gleichlaufendes Programm handelt, oder um den Versuch der "Selbstbedienung". Für einen Hauptversammlungsbeschluss über eine bedingte Kapitalerhöhung zur Gewährung von Umtausch- oder Bezugsrechten an Gläubiger von Wandelschuldverschreibungen ist ein derartiger Eckpunkte-Beschluss der Hauptversammlung bislang nicht vorgeschrieben. Die in § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG festgelegten Mindeststandards für die Ausgestaltung von Aktienoptionsprogrammen gelten mithin nicht, wenn Optionsrechte vergütungshalber nicht nackt gewährt werden, sondern mit einer Wandelschuldverschreibung oder Optionsanleihe oder einem ähnlichen Vehikel verknüpft sind. Der Gesetzgeber des KonTraG hat dieses "Schlupfloch" seinerzeit bewusst offengelassen, da zunächst abgewartet werden sollte, ob die neugeschaffene Möglichkeit der vergütungshalber erfolgenden Gewährung nackter, nicht - wie bis dahin allein zulässig - mit einer Wandelschuldverschreibung oder Optionsanleihe verknüpfter Optionen von der Praxis angenommen werden würde.

Die Regierungskommission Corporate Governance hat das Thema in ihren Beratungen aufgegriffen und führt dazu weiter aus: "ln Anbetracht der Akzeptanz dieser Gestaltung durch die Praxis besteht nach Auffassung der Regierungskommission heute kein Grund mehr, die vergütungshalber erfolgende Gewährung von Optionsrechten, die mit einer Wandelschuldverschreibung oder Optionsanleihe oder einem ähnlichen Vehikel verknüpft sind, nicht denselben Mindestanforderungen zu unterwerfen, wie sie gemäß § 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG für vergütungshalber gewährte nackte Optionen gelten." Dem ist zuzustimmen. Die Lücke soll nunmehr geschlossen werden. Es ist nicht verständlich zu machen, weshalb die Befassung der Hauptversammlung mit den wesentlichen Grundzügen eines Aktienoptionsprogramms gerade dann soll unterbleiben dürfen, wenn Wandelschuldverschreibungen vergütungshalber ausgegeben werden, also ein wesentlich weniger transparentes und für die Aktionäre weniger verständliches Modell gewählt wird, als es nackte Optionen sind.

Deshalb wird eine Verweisung in § 221 Abs. 4 auf § 193 Abs. 2 Nr. 4 eingefügt. Dieselbe Regelungstechnik hat das Gesetz in § 71 Abs. 1 Nr. 8 gewählt. Damit ist - im Anschluss an die neueste höchstrichterliche Rechtsprechung - zugleich klar, dass Aufsichtsräte auch nicht Bezugsberechtigte eines Aktienoptionsprogramms in Verbindung mit Wandelschuldverschreibungen oder Optionsanleihen sein können. Hier - wie bei der Verweisung in § 71 Abs. 1 Nr. 8 - richtet sich die sinngemäße Anwendung auch auf den Kreis der möglichen Bezugsberechtigten.

Zu Nummer 18 ( § 237 AktG - Voraussetzungen)

Bei der Einziehung von Stückaktien durch gleichzeitige Anhebung aller verbleibenden Stückaktien wird das Grundkapital nicht abgesenkt. Deshalb braucht eine Kapitalrücklage nach Absatz 5 auch nicht gebildet zu werden. Es handelt sich um eine Klarstellung in der Folge einer durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz eingeführten Änderung.

Zu Nummer 19 ( § 242 Abs. 2 AktG - Heilung der Nichtigkeit)

Die Änderungen in § 242 Abs. 2 sind eine Folge der Einführung eines allgemeinen Freigabeverfahrens in § 246a mit Bestandskraft der Freigabe und werden im Zusammenhang mit dieser Vorschrift erläutert.

Zu Nummer 20 ( § 243 Abs. 4 AktG - Anfechtungsgründe)

Der bisherige § 243 Abs. 4 wird neu gefasst. Die Neufassung präzisiert die Voraussetzungen der Begründetheit einer Anfechtungsklage, welche auf die Verletzung von Informationspflichten gestützt wird. § 243 Abs. 4 umfasst zwei Regelungen: Satz 1 der Neufassung enthält die allgemeine Regelung für Anfechtungsklagen wegen der Verletzung von Informationspflichten, während Satz 2 speziell den Fall der Informationspflichtverletzung im Zusammenhang mit Bewertungsfragen betrifft.

Die Neufassung des § 243 Abs. 4 Satz 1 wurde von der Regierungskommission Corporate Governance vorgeschlagen. Nach dem Gesetzentwurf bleibt die Anfechtungsbefugnis bei Informationspflichtverletzungen allen Aktionären unabhängig von ihrer Beteiligungsquote erhalten. § 243 Abs. 4 Satz 1 folgt der Linie des Bundesgerichtshofes, wonach es entscheidend darauf ankommt, ob ein objektiv urteilender Aktionär sein Stimmverhalten von der Erteilung einer bestimmten Information abhängig gemacht hätte. Durch diese die höchstrichterliche Rechtsprechung aufgreifende und verdichtende positivrechtliche Fassung wird zum einen das Gewicht der geregelten Rechtsgrundsätze besonders betont und zum anderen die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit erhöht.

Das Tatbestandsmerkmal "Verweigerung einer Auskunft" in § 243 Abs. 4 a.F. wurde in der Neufassung durch die Formulierung "unrichtige, unvollständige oder verweigerte Erteilung von Informationen" ersetzt. Eine inhaltliche Änderung ist hiermit nicht verbunden, die neue Formulierung entspricht der bisherigen Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals. Die Bedeutung der Information für die Urteilsbildung des Aktionärs wird durch die Neufassung betont. Die Formulierung stellt dabei nicht darauf ab, ob die richtige Antwort den vernünftigen Aktionär in seinem Verhalten beeinflusst hätte, sondern darauf, ob der Fragegegenstand so gewichtig ist, dass er - abhängig von der Antwort, die aber nicht bekannt ist - das Verhalten beeinflusst hätte.

Der fragliche Umstand muss bei Anlegung eines objektiven Beurteilungsmaßstabes für die Meinungsbildung des Aktionärs über einen bestimmten Beschlussgegenstand ein so wesentliches Element darstellen, dass der Aktionär ohne die vorherige ordnungsgemäße Erteilung der Information der Beschlussvorlage nicht zugestimmt hätte.

Die Aufhebung des § 243 Abs. 4 a.F. bedeutet keine Änderung der bisherigen Gesetzesregelung, dass Aussagen der Hauptversammlung oder anderer Aktionäre, die Verweigerung der Auskunft habe ihre Beschlussfassung nicht beeinflusst, unbeachtlich sind. Die bisherige Formulierung wird durch den neu eingeführten Bezug auf den objektiv urteilenden Aktionär in § 243 Abs. 4 Satz 1 abgedeckt. Der objektiv urteilende Aktionär ist der vernünftig und im wohlverstandenen Unternehmensinteresse handelnde Aktionär. Dieser Aktionär verfolgt keine kurzfristigen Ziele, sondern ist an der langfristigen Ertrags- und Wettbewerbsfähigkeit seiner Gesellschaft interessiert.

§ 243 Abs. 4 Satz 2 in der Fassung des Entwurfs betrifft Anfechtungsklagen, die sich auf Informationspflichtverletzungen im Zusammenhang mit Bewertungsfragen stützen. Gemäß § 243 Abs. 4 Satz 2 sind Anfechtungsklagen wegen Informationspflichtverletzungen in der Hauptversammlung ausgeschlossen, wenn diese Informationspflichtverletzungen sich auf Fragen beziehen, für deren Aufklärung ein Spruchverfahren gesetzlich vorgesehen ist. Der Anfechtungsausschluss ist beschränkt auf Fälle "unrichtiger, unvollständiger oder unzureichender" Information. Damit sind Fehler, Mängel, Unvollständigkeiten in Teilbereichen gemeint. Nicht erfasst sind Totalverweigerungen von Informationen. Das Anfechtungsrecht muss in extremen Fällen als zusätzliches Schutzinstrument erhalten bleiben, um zu verhindern, dass das Auskunftsrecht in gravierendem Ausmaß und bewusst missachtet wird. Da es nur um Informationen in der Hauptversammlung geht, sind alle gesetzlich vorgeschriebenen Berichtspflichten, die vor und außerhalb der Hauptversammlung zu erfüllen sind, nicht erfasst. Dies ist konsistent mit dem Bestreben, die Information der abwesenden Aktionäre standardisiert zu verbessern und dazu Information aus der Hauptversammlung hinaus zu verlagern. Eine Erosion der Aktionärs-Information wird damit vermieden. Mit dem Begriff "Bewertungsrügen" meint der Entwurf "konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit der Kompensation nach § 1 oder gegebenenfalls gegen den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert, soweit hierzu Angaben in den in § 7 Abs. 3 genannten Unterlagen enthalten sind." (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 SpruchG in der Entwurfsfassung des Gesetzes zur Einführung der Europäischen Gesellschaft - BT-Drs. 015/3405. Da die in § 7 Abs. 3 genannten Berichte in der Regelung des § 243 Abs. 4 Satz 2 AktG ohnehin nicht gemeint sind, besteht hier kein Widerspruch. Soweit dem Aktionär zusätzliche Auskünfte zu Bewertungsfragen unrichtig, unvollständige oder unzureichend erteilt werden, kann er diesen Umstand ergänzend in seiner Antragsbegründung nach § 4 Abs. 2 SpruchG anführen. Die Regelung des Absatz 4 Satz 2 steht damit auch im Einklang mit der Begründungspflicht nach dem Spruchverfahrensgesetz.

Die Regelung folgt einer Linie, die bereits der Bundesgerichtshof im Falle der Verletzung von Informationspflichten im Zusammenhang mit formwechselnden Umwandlungen vorgezeichnet hat: Beschlussmängel, die Bewertungsfragen wie die Höhe oder Angemessenheit von Leistungen, Abfindungen oder Zuzahlungen betreffen, sollen die Wirksamkeit des Beschlusses nicht beeinträchtigen. Vielmehr sind derartige Bewertungsmängel im Spruchverfahren zu rügen und gerichtlich zu überprüfen. Dies gilt auch für bewertungsbezogene Informationsmängel. Der neue § 243 Abs. 4 Satz 2 will eine Rechtschutzabundanz vermeiden, ordnet aber nicht selbst die Anwendbarkeit des Spruchverfahrens an, sondern greift nur in den Fällen ein, in denen durch Gesetz an anderer Stelle dieses Verfahren vorgeschrieben ist. Spruchverfahren sind gesetzlich vorgesehen in den in § 1 Nr. 1-4 SpruchG genannten Fällen. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Durch § 243 Abs. 4 Satz 2 ausgeschlossen werden Anfechtungsklagen wegen bewertungsbezogener Informationsmängel in den Fällen der §§ 14 Abs. 2, 15, 29, 32, 125, 176-181, 184, 186, 196 und 207, 210 UmwG, 304 Abs. 3 Satz 3, 305 Abs. 4 Satz 1 und 2, 327 f AktG. Die Bezugnahme auf "das Gesetz" nimmt jedes Bundesgesetz in Bezug (anders "dieses Gesetz"). Die Beschränkung auf gesetzlich geregelte Spruchverfahrensfälle bedeutet freilich kein Analogieverbot.

Zu Nummer 21 ( § 245 AktG - Anfechtungsbefugnis)

Der Entwurf knüpft die Anfechtungsbefugnis nicht, wie vielfach vorgeschlagen, an eine Besitzzeit von mehreren Monaten. Das wäre sachlich nicht gerechtfertigt und darauf hatte die Regierungskommission Corporate Governance auch zutreffend hingewiesen: Es darf nicht sein, dass ein neu hinzutretender Aktionär anschließend mit für ihn sehr negativen Beschlussvorschlägen konfrontiert wird und sich gegen die gefassten Beschlüsse auch nicht durch Anfechtungsklage zu Wehr setzen kann. Deshalb knüpft der Entwurf in § 245 Nr. 1 und 3 jetzt an die Bekanntmachung der Tagesordnung an. Wer nach der Bekanntmachung der Tagesordnung Aktien kauft, weiß, welche Beschlüsse zu erwarten sind und ist weniger schutzbedürftig. Umgekehrt führt es zu Fehlanreizen, wenn das Gesetz die Möglichkeit eröffnet, nach Bekanntmachung der Tagesordnung gezielt einzelne Aktien zu kaufen, um damit Anfechtungsklagen zu betreiben. In diesen Fällen dürfte regelmäßig nicht das Interesse an einer langfristig gedeihlichen Entwicklung der Gesellschaft und an der Wertsteigerung der erworbenen Unternehmensbeteiligung die Kaufentscheidung motiviert haben. Entsprechend wird auch die Nummer 3 angepasst. Es bedarf keiner ausdrücklichen Regelung im Gesetz, dass die Vorbesitzzeitregelung auch für die Nebenintervention zu gelten hat. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Kläger in den Klagevoraussetzungen schlechter gestellt sein sollte, als der Nebenintervenient.

Zu Nummer 22 ( § 246 AktG - Anfechtungsklage)

Durch die Änderung von § 246 Abs. 3 können die Landesregierungen nunmehr eine gerichtliche Zuständigkeitskonzentration für Anfechtungsklagen vorsehen. Die Neuregelungen sind identisch mit den Regelungen in § 132 Abs. 1 Satz 2 bis 4. Sinn und Zweck der Regelung ist es den Bundesländern zu ermöglichen, den gesellschaftsrechtlichen Sachverstand bei einem Landgericht eines Oberlandesgerichtsbezirkes zu bündeln. Dies erscheint angesichts der teilweise komplexen aktienrechtlichen, umwandlungsrechtlichen und betriebswirtschaftlichen Fragestellungen in Anfechtungsprozessen im Interesse der Sicherung und weiteren Förderung der Qualität gerichtlicher Entscheidungen angezeigt. Die Erfahrungen mit den entsprechenden Regelungen in § 132 Abs. 1 Satz 2 bis 4 sind durchweg positiv. Dort wurde in weitem Umfang von der Ermächtigung Gebrauch gemacht. Wie bei § 132 Abs. 1 Satz 2 sind gemäß § 246 Abs. 3 Satz 2 die Kammern für Handelssachen vor den allgemeinen Zivilkammern zuständig, falls solche bei dem betreffenden Landgericht gebildet worden sind. Bedenken, die vereinzelt gegen eine Zuweisung der Zuständigkeit an die Kammer für Handelssachen geäußert worden sind, werden nicht geteilt.

Der neue Satz 2 in Absatz 4 stellt klar, dass die Nebenintervention von den Klagevoraussetzungen nicht besser stehen darf als die Klage.

Zu Nummer 23 ( § 246a AktG - Freigabeverfahren)

§ 246a führt - nach dem bewährten Vorbild der § 319 Abs. 6 AktG und § 16 Abs. 3 UmwG - nunmehr ein allgemeines Freigabeverfahren für bestimmte eintragungsbedürftige Hauptversammlungsbeschlüsse ein. Das neue Freigabeverfahren kommt nur zur Anwendung, soweit nicht bereits vorrangig die Freigabeverfahren nach § 319 Abs. 6 AktG oder § 16 Abs. 3 UmwG anwendbar sind. Wie bei diesen Freigabeverfahren muss die Gesellschaft, deren Hauptversammlungsbeschluss angegriffen wird, bei dem für die Entscheidung über die Anfechtungsklage zuständigen Gericht beantragen festzustellen, dass die erhobene Klage der Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses nicht entgegensteht.

§ 246a führt entgegen dem Vorschlag der Regierungskommission Corporate Governance keine allgemeine Registersperre für strukturändernde, eintragungsbedürftige Hauptversammlungsbeschlüsse ein. Eine Registersperre ist keine zwingende Voraussetzung für ein Freigabeverfahren. Der Gesetzentwurf knüpft das Freigabeverfahren an die Erhebung der Klage als solcher an. Eine Entscheidung des Registerrichters gemäss § 127 FGG, die beantragte Eintragung auszusetzen, ist für die Einleitung des Freigabeverfahrens nicht erforderlich.

Durch die Freigabeentscheidung stellt das Prozessgericht fest, dass die Erhebung der Anfechtungsklage der Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses nicht entgegensteht. Dass der Entwurf von einem "rechtskräftigen" Beschluss spricht, nimmt lediglich die Formulierung des § 16 UmwG auf und hat keine darüberhinausgehende Bedeutung. Wie bei den anderen Freigabeverfahren enthält dieser Beschluss noch keine Entscheidung über die Begründetheit der Anfechtungsklage im Hauptsacheverfahren. Da es in der Sache nicht um eine formale Freigabe eines wegen Registersperre nicht eintragungsfähigen Beschlusses geht, sondern um eine Abwägungsentscheidung mit der Folge der Bestandssicherung, erscheint es nicht ausgeschlossen, die Freigabeentscheidung auch dann noch zu beantragen, wenn der Hauptversammlungsbeschluss bereits eingetragen worden ist.

Da § 246a keine Registersperre vorsieht, musste die Bindung des Registerrichters an die Freigabeentscheidung des Prozessgerichtes neu und ausdrücklich geregelt werden. Bei den existierenden Freigabeverfahren der § 319 Abs. 6 AktG, § 16 Abs. 3 UmwG wird die Bindungswirkung des Registergerichtes an die Entscheidung des Prozessgerichtes dadurch gewährleistet, dass nach dem jeweiligen Gesetzeswortlaut die Freigabeentscheidung des Prozessgerichts die "Negativerklärung" des Vertretungsorgans der Gesellschaft ersetzt. Die Negativerklärung in den Freigabeverfahren der § 319 Abs. 6 AktG, § 16 Abs. 3 UmwG ist integraler Teil der für diese Verfahren typischen Registersperre.

Mangels Registersperre konnte diese Regelungssystematik nicht übernommen werden.

§ 246a Satz 3 ordnet daher die Bindungswirkung der Freigabeentscheidung des Prozessgerichts gegenüber dem Registerrichter direkt an. Die Bindungswirkung tritt mit Rechtskraft des Freigabebeschlusses ein. Die gesetzlich angeordnete Bindungswirkung entspricht in ihrem Umfang der Rechtslage bei § 319 Abs. 6 AktG, § 16 Abs. 3 UmwG: Grundsätzlich bleibt die Prüfungskompetenz des Registerrichters durch die Entscheidung des Prozessgerichtes unberührt, sodass dieser nicht gehindert ist, die Eintragung aus anderen Gründen, beispielsweise wegen formaler Fehler, mangelhafter Beglaubigung des Eintragungsantrags, nicht nachgewiesener Vertretungsberechtigung des Antragstellers etc. abzulehnen.

Auch im Falle der Freigabe der Eintragung wegen Unzulässigkeit der Anfechtungsklage verbleibt dem Registerrichter der volle Prüfungsumfang, da die dem Schutz öffentlicher Interessen dienenden Normen vom Prozessgericht nicht geprüft wurden. Entsprechendes gilt für den Fall, dass die Freigabe wegen offensichtlicher Unbegründetheit der Anfechtungsklage ausgesprochen wurde und die dem öffentlichen Interesse dienenden Normen nicht Streitgegenstand der Anfechtungsklage waren, vom Prozessgericht also auch nicht geprüft worden sind. Hat das Prozessgericht die dem öffentlichen Interesse dienenden Normen hingegen geprüft, ist der Registerrichter an das Prüfungsergebnis des Prozessgerichtes gebunden, so dass er von einer Verletzung bzw. Nicht-Verletzung der Normen auszugehen und dementsprechend bei der Eintragung zu verfahren hat. Hat das Prozessgericht die Freigabeentscheidung trotz der Verletzung von im öffentlichen Interesse liegender Normen aufgrund vorrangigen Eintragungsinteresses bejaht, ist der Registerrichter an diese Wertung des Prozessgerichts gebunden und verpflichtet, die Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses trotz der Verletzung solcher Normen vorzunehmen.

Der Gesetzentwurf setzt die Forderung der Regierungskommission Corporate Governance um, die Eintragung von strukturändernden Hauptversammlungsbeschlüssen, namentlich von

Kapitalmaßnahmen, entsprechend der Regelung im Umwandlungsgesetz mit Bestandskraft auszustatten. Gemäss § 246a Satz 3 2. Satzteil stellt das Prozessgericht auf Antrag der Gesellschaft die Bestandskraft der Eintragung mit Wirkung für und gegen jedermann fest. Diese Regelung wird ergänzt durch die neu hinzugefügten § 242 Abs. 2 Satz 5 sowie durch § 246a Satz 8. lm Falle einer erfolgreichen Anfechtungsklage nach bestandskräftiger Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses kann der Kläger nur noch Schadensersatz verlangen, nicht jedoch die Beseitigung der Wirkung der Eintragung. Somit verleiht der Freigabebeschluss des Prozessgerichts dem Hauptversammlungsbeschluss die gleiche Bestandskraft, welche das Umwandlungsgesetz u.a. in den §§ 16 Abs. 3, 20 Abs. 2 UmwG für Verschmelzungen vorsieht. Allerdings schließt diese Regelung die Geltendmachung von individuellen Schadensersatzansprüchen der Anfechtungskläger ebenso wenig aus, wie dies im Umwandlungsgesetz der Fall ist. Typischerweise wird der Schaden des Klägers in erster Linie in seinen, aufgrund der Bestandskraft der Eintragung vergeblichen, Prozesskosten bestehen. Bei fehlerhaften Kapitalerhöhungen ist auch ein Verwässerungsschaden möglich, der sich freilich bei Kleinstaktionären weniger auswirken wird, als bei nennenswert beteiligten Aktionären.

Die Bestandskraft der Eintragung wird dadurch gewährleistet, dass gemäss § 242 Abs. 2 Satz 5 erster Halbsatz das der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage stattgebende Urteil nach § 248 Abs. 1 Satz 3 nicht mehr eingetragen werden kann, wenn das Prozessgericht rechtskräftig festgestellt hat, dass Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen. Mit dieser Formulierung wird klargestellt, dass trotz Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses infolge einer erfolgreichen Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage der eingetragene Hauptversammlungsbeschluss nicht durch Eintragung des der Klage stattgebenden Urteils mittels Vermerk nach § 44 HRV als nichtig bezeichnet werden kann. § 242 Abs. 2 Satz 5 zweiter Halbsatz stellt klar, dass ein als bestandskräftig bezeichneter Hauptversammlungsbeschluss auch nicht nach § 144 Abs. 2 FGG von Amts wegen als nichtig gelöscht werden darf. Die Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses unter Feststellung der Bestandskraft durch das Prozessgericht kann somit weder nach § 248 Abs. 1 Satz 3 AktG, noch nach § 144 Abs. 2 FGG rückgängig gemacht werden. Der Beschluss ist folglich nichtig, seine Wirkungen haben aber Bestand.

Das Freigabeverfahren ist als spezielles Eilverfahren konzipiert, es gelten die Regeln der ZPO, nicht des FGG. Die der Verfahrensbeschleunigung dienenden Regeln sind wortgleich aus den § 319 Abs. 6 AktG, § 16 Abs. 3 UmwG übernommen worden. Gemäss § 246a Satz 4 soll die Entscheidung spätestens drei Monate nach Stellung des Antrags durch die Gesellschaft fallen. Diese Zeitvorgabe ist neu. Sie beruht ebenfalls auf einer Empfehlung der Regierungskommission Corporate Governance und ist für das Prozessgericht nicht zwingend bindend. Jedoch ist eine Fristüberschreitung von dem Prozessgericht in einem unmittelbar nach Fristablauf an die Parteien zu richtenden Zwischenbescheid konkret zu begründen.

Entsprechende Zeitvorgaben für die gerichtliche Entscheidung existieren bereits in anderen Gesetzen, z.B. in § 36 Abs. 3 AsylVFG. Allerdings erscheint unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten eine Verlängerungsmöglichkeit für diese Entscheidungsfrist geboten. Es sind Prozesssituationen denkbar, in denen der Richter die von ihm geforderte Entscheidung innerhalb einer starren Frist nicht zu leisten vermag. Dem Gericht muss es deshalb ermöglicht werden, auf tatsächliche oder rechtliche Besonderheiten des Falles sachangemessen zu reagieren und das insbesondere dann, wenn die Verzögerung auf Versäumnissen der antragstellenden Partei beruht. Der Gesetzentwurf sieht deshalb in § 246a Satz 4 2. Halbsatz die Möglichkeit einer Verlängerung der Entscheidungsfrist mit Begründungszwang vor. Der Beschluss, mit dem die Entscheidungsfrist verlängert wird, ist unanfechtbar. Die Befürchtung, damit werde es den Gerichten ermöglicht, die gesetzliche Frist ohne weiteres zu unterlaufen, ist aus heutiger Sicht nicht begründet. Die Begründungspflicht für die Fristverlängerung dürfte einer allzu großzügigen Handhabung entgegenwirken. Selbst als letztlich sanktionsloses Instrument schafft eine derartige Frist im übrigen ein Leitbild, das - wie die Erfahrungen mit § 36 AsylVfG zeigen - von den Gerichten auch angenommen wird. Dieses Leitbild muss insbesondere auch für kurze Stellungnahmefristen (14 Tage) gelten und für die Beurteilung der Frage, ob Verlängerungsanträgen wegen urlaubsbedingter Abwesenheit eines Prozessbevollmächtigten, gefolgt werden kann. Es hat ferner Bedeutung für die Frage der Missbräuchlichkeit erst spät beantragter Nebeninterventionen und ob diese zurückzuweisen sind oder ob dieser Umstand bei der Kostenentscheidung zu berücksichtigen ist.

Werden mehrere Anfechtungsklagen isoliert gegen denselben Hauptversammlungsbeschluss erhoben und werden diese Anfechtungsklagen entgegen § 246 Abs. 3 Satz 6 nicht zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden, ist dennoch für alle Anfechtungsklagen ein einheitliches Freigabeverfahren zu beantragen, in dem die Zulässigkeit und Begründetheit sowie der Vorrang des Vollzugsinteresses vor dem Aussetzungsinteresse für jede einzelne Anfechtungsklage zu prüfen und dann für alle Anfechtungsklagen einheitlich zu entscheiden ist. Gleiches gilt, wenn mehrere Anfechtungsklagen gemäss § 246 Abs. 3 Satz 6 zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden.

Die im Freigabeverfahren vorzutragenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen. Die antragstellende Gesellschaft und der Antragsgegner können sich aller zivilprozessualen Beweismittel einschließlich der eidesstattlichen Versicherung bedienen, jedoch sind nur präsente Beweismittel zulässig. Gegen den Beschluss des Prozessgerichtes findet die sofortige Beschwerde statt. lm Beschwerdeverfahren findet eine mündliche Verhandlung grundsätzlich nicht statt.

Der Gesetzentwurf übernimmt in § 246a Satz 2 unverändert die Freigabekriterien, die auch in § 319 Abs. 6 Satz 2 AktG, § 16 Abs. 3 Satz 2 UmwG Anwendung finden. Neben den Fällen der Unzulässigkeit oder offensichtlichen Unbegründetheit der Anfechtungsklage ermöglicht es die Interessenabwägungsklausel dem Gericht, die Eintragung auch im Falle einer begründeten Anfechtungsklage freizugeben, wenn das Vollzugsinteresse der Gesellschaft gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Anfechtungsklägers vorrangig erscheint. Diese Freigabekriterien sind in der Hoffnung unverändert übernommen worden, dass die Praxis eine einheitliche Linie zur Anwendung der Freigabekriterien finden wird.

Für die Freigabekriterien gilt bei allen Freigabeverfahren folgendes: Bei der Auslegung des Kriteriums "offensichtlich unbegründet" kommt es nicht darauf an, welcher Prüfungsaufwand erforderlich ist, um die Unbegründetheit der Anfechtungsklage festzustellen. Maßgeblich ist das Maß an Sicherheit, mit der sich die Unbegründetheit der Anfechtungsklage unter den Bedingungen des Eilverfahrens prognostizieren lässt. Offensichtlich unbegründet ist eine Anfechtungsklage dann, wenn sich mit hoher Sicherheit die Unbegründetheit der Klage vorhersagen lässt, der für diese Prognose erforderliche Prüfungsaufwand des Prozessgerichtes ist nicht entscheidend.

Wesentlich bedeutender ist aber die Interessenabwägungsklausel, die dazu dient, dem Prozessgericht eine Freigabe der Eintragung auch dann zu ermöglichen, wenn die Anfechtungsklage voraussichtlich oder gar zweifelsfrei begründet ist. Die Begründetheit der Anfechtungsklage ist bei Anwendung der Interessenabwägungsklausel zugunsten des Anfechtungsklägers stets zu unterstellen. In die Interessenabwägung sind nicht nur die Nachteile für die Gesellschaft einzubeziehen, die durch die Verzögerung der Eintragung infolge des Anfechtungsprozesses eintreten, sondern auch die Nachteile, die der Gesellschaft bei einem Erfolg der Anfechtungsklage entstehen. Gesetzgeberisches Ziel der Klausel ist eine Abwägung aller durch die Anfechtungsklage tangierten rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen, bei angenommenem Erfolg der Anfechtungsklage. Bei der Abwägung sind alle der Gesellschaft im Falle der Nichteintragung drohenden Schäden und Nachteile zu berücksichtigen und gegen die Schwere der vom Kläger behaupteten Rechtsverletzung und die denkbaren Schäden auf seiner Seite abzuwägen. Eine Eintragung soll also auch dann möglich sein, wenn bei (wahrscheinlich) begründeter Anfechtungsklage die der Gesellschaft durch eine Versagung der Eintragung drohenden Nachteile den Schaden überwiegen, der dem Anfechtungskläger durch eine Eintragung und Durchführung des rechtswidrigen Hauptversammlungsbeschlusses entsteht. Dies mag bei besonderer Schwere des behaupteten Rechtsverstoßes, also bei massiver Verletzung elementarer Aktionärsrechte allerdings anders zu gewichten sein. Ein sehr geringes ökonomisches Interesse des klagenden Kleinaktionärs kann im Vergleich zu den regelmäßig erheblichen wirtschaftlichen Interessen der Gesellschaft im Einzelfall dadurch aufgewogen werden, dass der behauptete Rechtsverstoß so schwer wiegt, dass eine Bestandskraft des Beschlusses nicht erträglich wäre. Da die Wirkungen der Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses bzw. der Feststellung seiner Nichtigkeit umfassend sind, also entweder die Wirkungen des Hauptversammlungsbeschlusses insgesamt eintreten oder ausbleiben, muss die im Rahmen des Freigabeverfahrens vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen jeweils das gesamte Interesse der jeweiligen Partei des Anfechtungsverfahrens gewichten. Eine Beschränkung der Interessen der Gesellschaft und ihrer übrigen Anteilseigner auf den Verzögerungsschaden würde das Interesse der Gesellschaft an der Wirksamkeit des Hauptversammlungsbeschlusses unberücksichtigt lassen.

Für den Fall, dass die Anfechtungsklage Erfolg hat, nachdem das Prozessgericht die Eintragung freigegeben hat, gewährt § 246a Satz 8 dem erfolgreichen Anfechtungskläger einen Schadensersatzanspruch. Der Schadensersatz umfasst denjenigen Schaden, der ihm durch die Eintragung entstanden ist. Allerdings kann gemäß § 246a Satz 9 nicht die Rückgängigmachung der Folgen der Eintragung verlangt werden, wenn das Gericht die Bestandskraft der Eintragung ausgesprochen hat. Diese Einschränkung in Satz 9 ist erforderlich, da grundsätzlich der erfolgreiche Anfechtungskläger auch Naturalrestitution, d.h. die Bezeichnung des Hauptversammlungsbeschlusses als nichtig im Handelsregister verlangen kann. Insoweit ist der Schadensersatzanspruch des Anfechtungsklägers mit der Rechtsfolge des § 248 Abs. 1 Satz 3 identisch. In jedem Fall kann der Kläger den Ersatz der ihm persönlich durch die Eintragung entstandenen Schäden gegen Nachweis verlangen. Wie bei § 319 Abs. 6 AktG, § 16 Abs. 3 UmwG handelt es sich bei der Schadensersatzhaftung der Gesellschaft um eine verschuldensunabhängige Haftung.

Die Einführung des Freigabeverfahrens mit Bestandssicherung entspricht dem Grundanliegen der Regierungskommission Corporate Governance und des 63. Deutschen Juristentages, missbräuchliche Ausübungen des Anfechtungsrechtes zu Lasten der Gesellschaft zu beschränken. Zur Verringerung des Missbrauchsrisikos sind vielfältige Vorschläge unterbreitet worden, die auch den vollständigen Ausschluss des Anfechtungsrechtes für Kapitalanleger (Kleinaktionäre) und die Einführung von Mindestbesitzquoten oder Mindestbesitzzeiten für die Erhebung der Anfechtungsklage vorsahen.

Diesen Vorschlägen folgt der Gesetzentwurf bewusst nicht. Ein Ausschluss oder eine spürbare Einschränkung des Anfechtungsrechtes der Aktionäre, insbesondere der Kleinaktionäre ist nicht Ziel des Gesetzentwurfes. Die Anfechtungsklage stellt nach Überzeugung des Gesetzgebers weiterhin ein wichtiges Kontrollinstrument jedes einzelnen Aktionärs dar, welches diesem unabhängig von seiner Beteiligungsquote oder der Dauer seiner Beteiligung an der Gesellschaft zustehen soll. Die positiven Präventivwirkungen der Anfechtungsklage sind trotz einer Akzentverschiebung hin zur Haftungsklage bedeutende Bestandteile unseres Corporate Governance Systems und überwiegen eventuelle Nachteile, sofern jedenfalls überhand nehmender Missbrauch dieses Instruments durch spezifisch wirkende Maßnahmen eingedämmt werden kann. Generelle Beschränkungen der Anfechtungsbefugnis sind allenfalls dann angezeigt, wenn das Gesetz als Ausgleich andere Instrumente zur Verfügung stellt, die gleichwertige, aber effizientere Rechtsschutzmöglichkeiten bieten (wie z.B. das Spruchverfahren). Missbräuchlichen Anfechtungsklagen ist die Rechtsprechung entgegen getreten, eine über die vorgesehenen Maßnahmen hinausgehende generelle Missbrauchsregelung etwa durch eine Generalklausel, durch Fallkataloge oder ausdrückliche Einführung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Missbrauch" in das Gesetz ist daher nicht erforderlich. Dies kann auch künftig der Rechtsprechung überlassen bleiben.

Zu Nummer 24 ( § 248a AktG - Bekanntmachungen zur Anfechtungsklage)

Die Regelung des § 248a und die weitgehend gleichlautende Regelung in § 149 gehen auf eine Empfehlung der Regierungskommission Corporate Governance sowie auf einen Beschluss des 63. Deutschen Juristentages zurück: Zahlungsverpflichtungen der Gesellschaft im Zusammenhang mit der gerichtlichen oder außergerichtlichen Beendigung von Anfechtungsprozessen und Widersprüchen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse in anderer Weise als durch Urteil des Prozessgerichtes sollen nur wirksam sein, wenn die Parteien den vollen Inhalt ihren streitbeendenden Vereinbarungen mit allen Zusatzvereinbarungen im Bundesanzeiger veröffentlichen. Die Wirksamkeit von Prozesshandlungen bleibt durch diese Vorschrift unberührt.

Der Anwendungsbereich von § 248a erfasst alle Arten der Beendigung eines Anfechtungsprozesses. Erfasst sind somit insbesondere gerichtliche und außergerichtliche Vergleiche und verfahrensbeendende Prozesshandlungen wie Klagrücknahme und Erledigungserklärung. Durch § 248a i.V.m. § 149 Abs. 3 erfasst werden sollen auch Vereinbarungen, die im Vorfeld eines Anfechtungsprozesses, regelmäßig nach Einlegung eines Widerspruches, mit Aktionären oder ihnen nahestehenden Dritten zur Vermeidung eines Anfechtungsprozesses geschlossen werden. Der Vorstand der Gesellschaft hat die Verfahrensbeendigung ohne schuldhaftes Zögern im elektronischen Bundesanzeiger bekannt zu machen. Damit soll zunächst die Beendigung des Anfechtungsprozesses publik gemacht werden, dessen Eröffnung der Vorstand gemäß § 246 Abs. 4 bekannt zu machen hat.

Für alles weitere wird auf die Begründung des weitgehend gleichlautenden § 149 des Entwurfs unter Artikel 1 Nummer 16 verwiesen.

Zu Nummer 25 ( § 249 Abs. 1 AktG - Nichtigkeitsklage)

Statt Anfechtungsklage zu erheben, kann ein Kläger auch die Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses gemäß § 249 Abs. 1 durch Nichtigkeitsklage geltend machen. Anfechtungsklage und Nichtigkeitsklage sind als Instrumente unterschiedlicher Form auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet, die richterliche Klärung der Nichtigkeit des Gesellschafterbeschlusses mit Wirkung für und gegen jedermann. Der Nichtigkeitsantrag schließt den Anfechtungsantrag mit ein. Ob die Vorschriften über die Anfechtungs- oder die Nichtigkeitsklage anzuwenden sind, ist eine vom Prozessgericht zu subsumierende Rechtsfrage. Das Prozessgericht ist verpflichtet, unabhängig vom Antrag und Sachvortrag des Klägers, den angegriffenen Hauptversammlungsbeschluss unter Würdigung des gesamten klägerischen Sachvortrages auf seine Nichtigkeit hin zu überprüfen.

Aus diesem Grund stellt § 249 Abs. 1 Satz 1 nunmehr durch Verweis auf § 246a klar, dass das Freigabeverfahren sowohl für Anfechtungsklagen wie für Nichtigkeitsklagen gilt. Dies entspricht der Rechtslage zu § 16 Abs. 3 UmwG.

Die weitere Änderung in Satz 3 löst ein Problem der Praxis bei Umwandlungsbeschlüssen, welches sich daraus ergibt, dass die Ausschlussfrist des § 14 Abs. 1 UmwG für die Erhebung von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen einen Umwandlungsbeschluss nicht auch für Nichtigkeitsklagen gegen einen Kapitalerhöhungsbeschluss gilt, der regelmäßig erforderlich ist, um bei dem übernehmenden Rechtsträger die Anteile zu schaffen, welche den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers als Gegenleistung für ihre untergehende Beteiligung am übertragenden Rechtsträger gesetzlich zu gewähren sind. In anderen Konstellationen mag ein Kapitalherabsetzungsbeschluss Voraussetzung für einen Verschmelzungsbeschluss sein. Um zu vermeiden, dass nach Ablauf der Anfechtungsfristen der § 14 Abs. 1 UmwG, § 246 Abs. 1 AktG Nichtigkeitsklage gegen den Annex-Beschluss erhoben wird, bestimmt Satz 3, dass in diesem Fall die Bestimmung des § 20 Abs. 2 UmwG auch für diesen Beschluss gilt. Dies bestätigt die bisherige h.M., die mit einer Analogie gearbeitet hatte.

Zu Nummer 26 ( § 250 Abs. 3 AktG - Nichtigkeit der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 22 und Nummer 24.

Zu Nummer 27 ( § 251 Abs. 3 AktG - Anfechtung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 24.

Zu Nummer 28 (§ 254 Abs. 2 Satz 1 AktG - Anfechtung des Beschlusses über die Verwendung des Bilanzgewinns)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 24.

Zu Nummer 29 ( § 255 Abs. 3 AktG - Anfechtung der Kapitalerhöhung gegen Einlagen)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 24.

Zu Nummer 30 ( § 257 Abs. 2 AktG - Anfechtung der Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 24.

Zu Nummer 31 (§ 258 Abs. 2 und Abs. 5 AktG - Bestellung der Sonderprüfer)

Es handelt sich um Folgeänderungen zu Nummer 5 und Nummer 11. Die Änderung des Quorums für das Verlangen einer Minderheit auf die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers in § 142 Abs. 2 Satz 1 auf den Schwellenwert des hundertsten Teils des Grundkapitals oder einen Börsenwert von 100.000 Euro führt dazu, dass der Schwellenwert für das Verlangen einer Minderheit auf die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers in § 258 Abs. 2 Satz 3 entsprechend anzupassen ist, um Wertungswidersprüche zu vermeiden. In beiden Fällen gilt nunmehr derselbe Schwellenwert.

Des weiteren war - in der Folge der Novellierung des § 123 - in § 258 Abs. 2 Satz 4 neben die herkömmliche, aber weitgehend ungebräuchliche Hinterlegung der Nachweis des depotführenden Kreditinstituts über die "Sperrung" zu setzen.

Zu Nummer 32 (§ 259 Abs. 1 Satz 3 AktG - Prüfungsbericht, abschließende Feststellungen)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 12.

Zu Nummer 33 (§ 275 Abs. 4 Satz 1 AktG Klage auf Nichtigerklärung)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 24.

Zu Nummer 34 ( § 280 Abs. 1 AktG - Feststellung der Satzung, Gründer)

Durch das Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktiengesetzes vom 02. August 1994 wurde § 2 dahingehend geändert, dass eine Aktiengesellschaft von einer Person gegründet werden kann. Diese Regelung steht im Gegensatz zu § 280 Abs. 1 Satz 1, der für die Gründung einer KGaA unverändert fünf Gründer verlangt. Andererseits ist im Umwandlungsrecht in § 197 Satz 2 UmwG anerkannt, dass eine KGaA im Rahmen eines Umwandlungsvorganges auch von einer Person gegründet werden kann. Allgemeine Ansicht ist ferner, dass eine KGaA auch als Ein-Personen-Gesellschaft bestehen kann. Es besteht daher kein Grund, für die Gründung einer KGaA weiterhin fünf Gründer zu verlangen. Daher wird in § 280 Abs. 1 Satz 1 der Hinweis auf die Mindestzahl von Gründern gestrichen. Damit gilt auch für die KGaA § 2 mit der Folge, dass die Gründung einer KGaA durch eine Person erfolgen kann, die zugleich persönlich haftender Gesellschafter wird und alle Kommanditaktien der Gesellschaft übernimmt.

Zu Nummer 35 (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 - Abfindung mit eigenen Aktien):

Auf Anregung der Europäischen Kommission soll generell für Gesellschaften, die in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum ansässig sind, die Möglichkeit der Abfindung mit eigenen Aktien vorgesehen werden.

Zu Nummer 36 ( § 315 Satz 2 AktG - Sonderprüfung)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 11. Die Änderung des Quorums für das Verlangen einer Minderheit auf die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers in § 142 Abs. 2 Satz 1 auf den Schwellenwert des hundertsten Teils des Grundkapitals oder einen Börsenwert von 100.000 Euro führt dazu, dass der Schwellenwert für das Verlangen einer Minderheit auf die gerichtliche Bestellung eines Sonderprüfers in § 315 Satz 2 entsprechend anzupassen ist, um Wertungswidersprüche zu vermeiden. Ebenso wie bei § 258 Abs. 2 gilt nunmehr in § 315 Satz 2 derselbe Schwellenwert wie in § 142 Abs. 2 Satz 1. Ferner werden zur Zuständigkeit und zur Zuständigkeitskonzentration dieselben Anordnungen wie in vergleichbaren Fällen getroffen.

Zu Nummer 37 ( § 402 AktG - Falsche Ausstellung von Berechtigungsnachweisen)

Da der Nachweis der Berechtigung zur Teilnahme in der Hauptversammlung und Ausübung des Stimmrechts künftig nur noch in Ausnahmefällen über Hinterlegungsbescheinigungen geführt werden wird, in der Regel aber über andere Bescheinigungen, insbesondere Bescheinigungen des depotführenden Kreditinstituts, muss die Vorschrift auf diese Fälle erstreckt werden.

Zu Nummer 38 (§ 407 Abs. 1 Satz 1 AktG - Zwangsgelder)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 24.

B.

Zu Artikel 2
(Änderung sonstiger Vorschriften des Bundesrechts)

Zu Absatz 1 (Änderung des Einführungsgesetzes zum Aktiengesetz - Neufassung der Übergangsvorschrift § 16 EGAktG zu § 123 Abs. 2, 3 und § 125 Abs. 2 AktG)

Die bisherige Regelung in § 16 EGAktG hat sich durch Zeitablauf überholt. Aus diesem Grund kann die Vorschrift neu besetzt werden. § 16 EGAktG regelt nun die Anmeldung und Nachweisberechtigung für Hauptversammlungen gemäß § 123 Abs. 2 und 3 und § 125 Abs. 2 Aktiengesetz dahingehend, dass die Neuregelung nur gilt für Hauptversammlungen, zu denen nach dem Tage des Inkrafttretens des UMAG einberufen wird. Es wird dadurch die Situation vermieden, dass zum Zeitpunkt der Einberufung insofern ein anderes Recht gilt und anzuwenden ist, als zum Zeitpunkt der Abhaltung der Hauptversammlung. Die Übergangsregelung bedeutet ferner, dass Satzungsbestimmungen, die die Hinterlegung von Aktien als Voraussetzung für die Teilnahme oder die Ausübung des Stimmrechts bestimmen, für Hauptversammlungen nach dem Inkrafttreten des UMAG zwar vorbehaltlich einer zwischenzeitlich erfolgten und sicherlich auch anzuratenden Satzungsänderung weiterhin wirksam sind, dass jedenfalls aber der Nachweis des depotführenden Finanzinstituts ausreichend ist. Denn insoweit verdrängt das zwingende Gesetz entgegenstehende Satzungsregelungen, die aber als zusätzliche und ergänzende Regelungen weitere Legitimationsvarianten eröffnen können.

Zu Absatz 2 (Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - Änderung des § 145 FGG)

Es handelt sich um Folgeänderungen zu Artikel 1 Nummer 14.

Zu Absatz 3 (Änderung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes - Änderung des § 16 Abs. 4 WpÜG)

Folgeänderungen.

Zu Absatz 4 (Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes - Änderung des § 36 VAG)

Folgeänderungen.

Zu Absatz 5 und 6 (Änderung des Gerichtskostengesetzes und des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes)

Die vorgeschlagenen kostenrechtlichen Regelungen für das Klagezulassungsverfahren (§ 148 AktG-E) und für das Freigabeverfahren (§ 246a AktG-E) orientieren sich an den Regelungen für das Verfahren nach § 319 Abs. 6 AktG. Für das Klagezulassungs- und das Freigabeverfahren sollen sowohl auf Seiten des Gerichts als auch auf Seiten des Rechtsanwalts die gleichen Gebühren entstehen wie für das Verfahren nach § 319 Abs. 6 AktG.

Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)

Das Gesetz soll möglichst in einer hauptversammlungsarmen Zeit in Kraft treten. Die Änderung des § 305 AktG (Artikel 1 Nr. 35) soll bereits am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.