979. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2019
A
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Vorlage eines strategischen Ansatzes, um die Umwelt besser vor den Auswirkungen von Arzneimitteln zu schützen. Er stimmt der Kommission zu, dass - neben den Risiken für die Umwelt - einige Arzneimittel im Zusammenhang mit antimikrobiellen Resistenzen ein wachsendes Problem für die menschliche Gesundheit darstellen.
- 2. Der Bundesrat sieht mit Sorge, dass zunehmend Gewässernutzer, insbesondere öffentliche Trinkwasserversorger sowie Betreiber von Eigenwasserversorgungsanlagen, das Grund- oder Oberflächenwasser aufgrund von erhöhten Rückständen von chemischen Produkten wie Pflanzenschutzmitteln und auch Arzneimitteln nicht unmittelbar verwenden können.
- 3. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die genannten Maßnahmen zur Sicherung einer gesundheitlich unbedenklichen Trinkwasserversorgung bei den öffentlichen Trinkwasserversorgern und Betreibern von Eigenwasserversorgungsanlagen hohe Kosten verursachen, die von der Allgemeinheit getragen werden müssen. Er hält es für erforderlich, dass die entstehenden Kosten, die aus einem diffusen Stoffeintrag entstehen, verursachergerecht angelastet werden. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass Schadstoffeinträge in die Gewässer und Böden, wo immer es möglich ist, schon an der Quelle verhindert werden müssen. Die Schwerpunkte einer Reduzierung von Arzneimitteln in der Umwelt müssen daher bei der Vermeidung von Einträgen, der ökologischen Verträglichkeit und der Abbaubarkeit von Arzneimitteln liegen.
- 4. Der Bundesrat ist besorgt über die Feststellungen des Umweltbundesamtes, wonach sich Tierarzneimittel im oberflächennahen Grundwasser nachweisen lassen. Auch wenn die festgestellten Konzentrationen in den Proben im Einzelfall verhältnismäßig niedrig waren, ist hierin eine Beeinträchtigung des Grundwassers zu sehen. Aus Gründen der Vorsorge sind daher Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers vor Kontaminationen mit Tierarzneimitteln erforderlich. Solche Vorsorgemaßnahmen können in der Einschränkung der Verabreichung von Antibiotika und Sulfonamiden zur metaphylaktischen Behandlung von Nutztieren sowie in der Festlegung eines verbindlichen Grenzwertes für Arzneimittel im Grundwasser von 100 ng/l, wie vom Umweltbundesamt empfohlen, bestehen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen.
- 5. Aufgrund des medizinisch-technischen Fortschritts und des demografischen Wandels muss mit einer weiterhin steigenden Menge an Arzneimitteln gerechnet werden, die in die Umwelt gelangen können. Der Bundesrat sieht daher die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Arzneimittelstrategie zur Vermeidung von Einträgen.
- 6. Der Bundesrat sieht in den Empfehlungen des Stakeholder-Dialogs für eine "Spurenstoffstrategie des Bundes" auch einen Einstieg in eine Arzneimittelstrategie. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, bei der weiteren Konkretisierung der "Spurenstoffstrategie des Bundes" insbesondere die Fragen der Produkt- und Herstellerverantwortung stärker in den Blick zu nehmen. Der Bundesrat stellt fest, dass aufgrund der geringen Anzahl von Herstellern und Inverkehrbringern von unter Gewässerschutzaspekten problematischen Medikamenten klare Adressaten für eine verursachergerechte Kostentragung bestehen.
- 7. Der Bundesrat begrüßt die grundsätzliche Bereitschaft der Kommission, über den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen die Entwicklung von "grüneren" Arzneimitteln zu unterstützen, die sich in Abwasserbehandlungsanlagen und der Umwelt leichter zu unschädlichen Stoffen abbauen lassen. Hierbei kommt den Herstellern von Arzneimitteln eine besondere Verantwortung zu.
- 8. Weiterhin sieht auch der Bundesrat die Notwendigkeit, dass die Verordnung von Medikamenten, wenn möglich, mengengenauer und gezielter gehandhabt werden muss, um Reste zu vermeiden.
- 9. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, dem Beispiel Schwedens folgend die Entwicklung eines ökologisch orientierten Umweltklassifikationssystems für Arzneimittel zu prüfen. Zusätzlich fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, die Endverbraucherinnen und -verbraucher intensiver als bisher über die bestmögliche Entsorgung von Arzneimitteln aufzuklären und auf die bestehenden, guten Informationsangebote hinzuweisen.
- 10. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung zur Unterstützung der vorliegenden Mitteilung der Kommission auf, eine Novellierung des Abwasserabgabengesetzes im Hinblick auf eine Abgabe auf organische Spurenstoffe (Mikroschadstoffe) zu prüfen, um einen zusätzlichen Anreiz für den Ausbau von Abwasserbehandlungsanlagen zu erwirken.
B
- 11. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz, der Gesundheitsausschuss, der Ausschuss für Kulturfragen und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.