906. Sitzung des Bundesrates am 1. Februar 2013
A
Der Ausschuss für Frauen und Jugend empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission das Thema Jugendarbeitslosigkeit aufgreift und Maßnahmen zur Diskussion stellt, der Situation entgegenzuwirken. Der Bundesrat stimmt der Einschätzung zu, dass es dazu der Sensibilisierung aller Akteure bedarf.
- 2. Der Bundesrat teilt die Besorgnis der Kommission über die derzeitige Arbeitsmarktlage für junge Menschen in der EU. Hohe Kosten für die Einzelnen, aber auch für den Staat und die Gesellschaft sind die Folgen. Bereits jetzt wird in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland der Europäische Sozialfonds zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit und Nichterwerbsfähigkeit erfolgreich eingesetzt. Darüber hinaus enthält das Dritte Buch Sozialgesetzbuch Regelungen zur Berufsberatung und Ausbildungsvermittlung für junge Menschen. Jugendliche, die Leistungen der Grundsicherung (Zweites Buch Sozialgesetzbuch) beziehen, sind unverzüglich in Ausbildung und Arbeit zu vermitteln. Nicht zuletzt haben der nationale Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs sowie die regionalen Pakte in den Ländern bei den verantwortlichen Akteuren ein großes Engagement für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit erzeugt.
- 3. Der Bundesrat stellt fest, dass mit zahlreichen Fördermaßnahmen auf Bundes- und Landesebene vielen Jugendlichen geholfen werden kann, einen Ausbildungsplatz zu finden und damit später auch eine adäquate Beschäftigung. Auch gibt es auf Bundes- und Landesebene für Schulabbrecher und geringqualifizierte Menschen eine Vielzahl an Wegen zurück in das System der allgemeinen und beruflichen Bildung. Eine "Jugendgarantie" in dem Sinne, dass jungen Menschen unter 25 Jahren binnen vier Monaten nach Verlust einer Arbeit oder dem Verlassen der Schule eine hochwertige Arbeitsstelle oder Weiterbildungsmaßnahme oder ein hochwertiger Ausbildungs- beziehungsweise Praktikumsplatz angeboten wird, kann Wünsche und Vorstellungen wecken, die in vielen Mitgliedstaaten nicht umgesetzt werden können. Vor allem ist ungeklärt, was die Kommission unter einem hochwertigen oder guten Arbeits-, Weiterbildungs- oder Ausbildungsplatz versteht. Die Ausbildungen sind in Deutschland insgesamt hochwertig; minderwertige Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder den länderrechtlichen Vorschriften bestehen nicht. In Deutschland würde die Kommission eine nicht notwendige Diskussion zu Wunschberufen oder Wertigkeiten von Ausbildungen anstoßen. Marktmechanismen würden zu Lasten einzelner Wirtschaftsbereiche ungünstig beeinflusst.
- 4. Der Bundesrat unterstreicht, dass eine "Garantie" auf ein Ausbildungs-, Praktikums- oder Arbeitsplatzangebot beziehungsweise eine Weiterbildungsmaßnahme auf Kosten des Staates insgesamt ein Weg ist, der zu Fehlanreizen führen kann. Arbeits- und Ausbildungsplätze müssen in der Wirtschaft entstehen, der Staat kann und darf nur unterstützend tätig werden. Dabei ist darauf zu achten, dass es nicht zu Fehlanreizen kommt, die solche Maßnahmen verfestigen könnten, was auch zu Mitnahmen führen könnte. Eine staatliche Garantie ist daher abzulehnen. Regionale Bündnisse bieten einen besseren Weg als eine Jugendgarantie. In Deutschland wird zurzeit daran gearbeitet, wie alle Jugendlichen zu erreichen sind. Insbesondere geht es darum, gerade an die Jugendlichen zu kommen, die sich nicht melden und durch das Raster fallen. Neue Wege im Übergangssystem von der Schule in den Beruf werden in Deutschland derzeit von allen Fachleuten gesucht. Der Bundesrat macht allerdings darauf aufmerksam, dass ein gelingender Übergang möglichst aller jungen Menschen von der Schule in eine qualifizierte Berufsausübung von entscheidender Bedeutung für die Fachkräftesicherung ist. Von daher sind alle diesem Ziel dienenden Aktivitäten und Anreize auf nationaler und europäischer Ebene ausdrücklich zu begrüßen.
- 5. Der Bundesrat stellt allerdings auch mit Sorge fest, dass die Kommission wiederholt über Empfehlungen im Rahmen der Beschäftigungspolitik die Bildungspolitik der Mitgliedstaaten zu steuern versucht. Er verweist in diesem Zusammenhang erneut darauf, dass die in den Artikeln 165 und 166 AEUV festgelegten, eng gefassten Unionskompetenzen im Bildungsbereich nicht überschritten werden dürfen.
- 6. Der Bundesrat weist darauf hin, dass erfolgreiche Ausbildungen auch eigene Anstrengungen der Jugendlichen voraussetzen. Im Regelfall können nur solche Jugendliche betreut werden, die sich bei den Berufsberatungen freiwillig melden. Ausbildungsunwillige Jugendliche oder Verweigerer werden auch mit einer "Garantie" auf ein Ausbildungs-, Praktikums- oder Arbeitsplatzangebot beziehungsweise einer Weiterbildungsmaßnahme nicht erreicht.
- 7. Der Bundesrat begrüßt, dass, wie bisher auch, die EU-Strukturfonds, und hier insbesondere der Europäische Sozialfonds, auch zur Sicherung des Übergangs in Ausbildung und Beschäftigung und zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit verwendet werden sollen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die neuen Strukturfonds nach Ablauf der Förderperiode nahtlos anschließen.
B
- 8. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik, der Ausschuss für Kulturfragen und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.