Der Bundesrat hat in seiner 825. Sitzung am 22. September 2006 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat unterstreicht die große Bedeutung, die die Kommission der Bekämpfung der illegalen Einwanderung von Drittstaatsangehörigen beimisst.
- 2. Der Bundesrat begrüßt insbesondere, dass die Kommission die Zusammenarbeit mit den Drittländern einschließlich des Abschlusses von Rückübernahmeabkommen, die Sicherung der Außengrenzen, die Bekämpfung des Menschenhandels und eine wirksame Rückführungspolitik als zentrale Elemente der Bekämpfung der illegalen Einwanderung ansieht. Demgegenüber bekräftigt der Bundesrat seine Bedenken gegen die Notwendigkeit gemeinsamer Rückführungsstandards und -regelungen, wie sie die Kommission in dem Entwurf einer Rückführungsrichtlinie vorsieht.
- 3. Er begrüßt ferner ausdrücklich die Absicht der Kommission, sich in diesem Zusammenhang der Problematik der Regularisierungsprogramme in einzelnen Mitgliedstaaten anzunehmen.
- 4. Der Bundesrat weist jedoch erneut mit Nachdruck darauf hin, dass angesichts der Arbeitsmarktlage in weiten Teilen der EU und der bei der Integration von Migranten bestehenden Probleme ein Bedarf für die Förderung von Arbeitsmigration nicht gesehen werden kann. Auch sieht der Bundesrat in der Zuwanderung im Hinblick auf die erforderliche Aufnahmefähigkeit der aufnehmenden Gesellschaft sowie auf die häufig relativ rasche Anpassung der Zuwandererpopulation an die demographischen Verhaltensweisen der Aufnahmepopulation kein nachhaltiges Instrument im Rahmen einer Lösung demographischer Probleme. Er nimmt insoweit Bezug auf seinen Beschluss vom 10. März 2006 betreffend die "Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Strategischer Plan zur legalen Zuwanderung".
- 5. Die Auffassung der Kommission, klare und transparente EU-Regeln für die legale Zuwanderung dürften die illegale Einwanderung dadurch mindern, dass sie denjenigen eine Perspektive bieten, die sich andernfalls zur illegalen Migration entschließen würden, ist im Übrigen spekulativ. Sie übersieht, dass solche Regeln angesichts der begrenzten Aufnahmefähigkeit der Gemeinschaft allenfalls einen ganz geringen Anteil der potentiell zuwanderungswilligen Drittstaatsangehörigen erfassen könnten. Der verbleibende ganz überwiegende Teil wird sich durch die für ihn nicht einmal theoretisch bestehende Möglichkeit einer legalen Einwanderung nicht von seinem Vorhaben abbringen lassen, sondern weiterhin nach Mitteln und Wegen suchen, um letztlich doch noch in die Gemeinschaft zu gelangen. Die Überlegungen der Kommission vernachlässigen zudem die Tatsache, dass die Mehrzahl der Zuwanderungswilligen nicht ausreichend qualifiziert ist, um dem höchstspezialisierten und differenzierten Bedarf auf den Arbeitsmärkten der EU-Staaten zu genügen.
- 6. Der Bundesrat unterstreicht in diesem Zusammenhang auch erneut, dass die Festlegung der Anzahl zuzulassender Arbeitsmigranten in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt.
- 7. Die in der Mitteilung der Kommission zum Ausdruck kommende Auffassung, dass die Saisonarbeit die Glaubwürdigkeit legaler Migrationskanäle untergrabe oder zu massiver Ausbeutung der Betroffenen führen könne, wird vom Bundesrat nicht geteilt. Vielmehr kommt die - legale - Saisonarbeit den Interessen sowohl der betroffenen Arbeitnehmer als auch der betroffenen Arbeitgeber gleichermaßen entgegen, da sie den Arbeitgebern Flexibilität ermöglicht und den Saisonarbeitnehmern die Möglichkeit gibt, bei gleichzeitiger Partizipation an dem hohen Lohnniveau des Staates, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird weiterhin außerhalb der Saison für sich und ihre Familienangehörigen die niedrigen Lebenshaltungskosten des Herkunftsstaates zu nutzen. Auch insoweit verweist der Bundesrat ergänzend auf seine Stellungnahme vom 10. März 2006 zur "Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Strategischer Plan zur legalen Zuwanderung".
- 8. Der Vollzug der in der Mitteilung angesprochenen Maßnahmen und Vorhaben darf keinen unverhältnismäßigen Aufwand auf Bundes- oder Länderebene bedingen.
Die derzeit beabsichtigte Ausgestaltung des "Rahmenprogramms für Solidarität und Steuerung der Migrationsströme für den Zeitraum 2007 bis 2013" ("Solidarität und Management von Migrationsströmen") lässt eine ausufernde Bürokratie befürchten. Die Bundesregierung sollte daher im Rahmen der Verhandlungen auf Gemeinschaftsebene darauf drängen, dass die gesamte Rückkehrberatung und -hilfe in einem einzigen der vier Fonds des Rahmenprogramms verbleibt vorzugsweise beim EFF III, und, wenn dies nicht möglich ist beim Rückkehrfonds.