Verordnung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Verordnung über Erhaltungssorten und ihre Aufzeichnung

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

2. Vollzugsaufwand

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Verordnung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Verordnung über Erhaltungssorten und ihre Aufzeichnung

Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 27. April 2009

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu erlassende


mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas de Maizière

Verordnung über Erhaltungssorten und ihre Aufzeichnung

Vom ...

Auf Grund des § 3 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b, des § 22 Absatz 1 Nummer 1, des § 27 Absatz 3, des § 30 Absatz 8 und des § 53 des Saatgutverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juli 2004 (BGBl. I S. 1673), die durch Artikel 192 Nummer 1 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) zuletzt geändert worden sind, verordnet das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz:

Artikel 1
Verordnung über die Zulassung von Erhaltungssorten und das Inverkehrbringen von Saat- und Pflanzgut von Erhaltungssorten (Erhaltungssortenverordnung)1

§ 1 Anwendungsbereich

§ 2 Voraussetzungen für die Zulassung als Erhaltungssorte

§ 3 Feststellung des Landeskulturellen Wertes

§ 4 Antrag auf Zulassung einer Erhaltungssorte

§ 5 Anforderungen an das Saatgut

§ 6 Beschränkung des Inverkehrbringens

§ 7 Zusätzliche Region für das Inverkehrbringen von Saatgut

§ 8 Verschließung

§ 9 Kennzeichnung

Artikel 2
Änderung der Saatgutaufzeichnungsverordnung

Artikel 3
Inkrafttreten


Der Bundesrat hat zugestimmt.
Bonn, den 2009
Die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Grund für die Verordnung

Im Rahmen des geltenden Saatgutrechts ist es schwierig, Saatgut von Pflanzensorten, die geeignet sind, einen Beitrag zur Erhaltung pflanzengenetischer Ressourcen zu leisten (Erhaltungssorten), in den Verkehr zu bringen, da die Sorten überwiegend nicht in der Lage sind, die hohen Anforderungen an die Registermerkmale (Unterscheidbarkeit, Homogenität und Beständigkeit) und an den Landeskulturellen Wert zu erfüllen. Zudem ist die wirtschaftliche Bedeutung von Erhaltungssorten in der Regel so gering, dass die Kosten für ein Sortenzulassungsverfahren mit dem üblichen Prüfanbau und die Kosten für die amtliche Saatgutanerkennung eine Investition in die Erhaltung solcher Sorten nicht rechtfertigen.

Die Richtlinie 2008/62/EG der Kommission vom 20. Juni 2008 mit Ausnahmeregelungen für die Zulassung von Landsorten und anderen Sorten, die an die natürlichen, örtlichen und regionalen Gegebenheiten angepasst und von genetischer Erosion bedroht sind, sowie für das Inverkehrbringen von Saatgut bzw. Pflanzkartoffeln dieser Sorten (ABl. EU Nummer L 162, S. 13) soll es ermöglichen, von genetischer Erosion bedrohte Pflanzensorten mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand zu erhalten.

Die Richtlinie 2008/62/EG ist in das nationale Recht umzusetzen.

II. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Keine.

2. Vollzugsaufwand

Es können gewisse Vollzugskosten entstehen. Deren Höhe lässt sich nicht beziffern, da nicht absehbar ist, in welchem Umfang die Rechtsunterworfenen von der neuen Regelung Gebrauch machen werden.

III. Kosten für Wirtschaftsunternehmen und Auswirkungen auf die Preise

Der Wirtschaft können zusätzliche Kosten entstehen, deren Höhe jedoch nicht beziffert werden kann, da nicht bekannt ist, inwieweit die Wirtschaft von der neuen Regelung Gebrauch machen wird. Zum anderen kann davon ausgegangen werden, dass es vielen Betrieben möglich sein wird, ohne zusätzliche Investitionen von den neuen Regelungen Gebrauch zu machen. Auswirkungen auf Einzelpreise und auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

IV. Bürokratiekosten

Artikel 1 der Verordnung enthält sieben neue - an die Saatgutwirtschaft gerichtete - Informationspflichten, die sich aus der zugrundeliegenden Richtlinie 2008/62/EG ergeben und wie folgt zu begründen sind:

Aussagen hinsichtlich der Häufigkeit der zu erwartenden Mehrkosten lassen sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht treffen, da nicht absehbar ist, in welchem Umfang von der Regelung Gebrauch gemacht werden wird. Dies hängt maßgeblich davon ab, wieviele Erhaltungssorten künftig beim Bundessortenamt zur Zulassung angemeldet und welche Saatgut- bzw. Pflanzgutmengen der zugelassenen Erhaltungssorten künftig vermarktet werden.

V. Auswirkungen auf die Umwelt

Die geänderte Vorschrift hat keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 Verordnung über die Zulassung von Erhaltungssorten und das Inverkehrbringen von Saat- und Pflanzgut von Erhaltungssorten (Erhaltungssortenverordnung)

Zu § 1

Gemäß Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/62/EG wird hier der Anwendungsbereich der Regelung festgelegt.

Rechtsgrundlage: § 3 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b und § 30 Absatz 8 SaatG

Zu § 2

Die Zulassungsvoraussetzungen in Absatz 1 Nummern 1 bis 3 setzen die Vorgaben in Artikel 6 der Richtlinie 2008/62/EG um. Nach Artikel 8 der Richtlinie 2008/62/EG ist im Zusammenhang mit der Zulassung von Erhaltungssorten auch deren regionaler Bezug zu ermitteln. Dies wird in Absatz 1 Nummer 4 umgesetzt. Da die zugrundeliegende Richtlinie 2008/62/EG das Inverkehrbringen von Saatgut von Erhaltungssorten für eine Vielzahl von Pflanzenarten regelt (Getreide, Futterpflanzen, Öl- und Faserpflanzen, Betarüben und Kartoffeln), müssten für die Ursprungsregionen im Rahmen einer bundesweit geltenden Vorschrift sehr differenzierte und umfangreiche Vorgaben getroffen werden. Dies wäre allenfalls in einem bürokratisch äußerst aufwendigen Verfahren zu leisten, zumal das System hinreichend flexibel sein müsste, damit es dem jeweils aktuellen Wissensstand angepasst werden kann. Es ist deshalb sinnvoller, die größere Sachnähe der regional zuständigen Behörden zu nutzen und die Feststellung der Ursprungsregionen im Zuge der nach § 4 Absatz 1 Nummer 5 ohnehin vorgesehenen Vorklärung des Erhaltungsstatus der betreffenden pflanzengenetischen Ressource durchzuführen. Mit der Regelung in Absatz 1 Nummer 5 wird Artikel 9 der Richtlinie 2008/62/EG umgesetzt.

Nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 2008/62/EG darf ein Mitgliedstaat unter den dort genannten Voraussetzungen eigene Anforderungen an die Unterscheidbarkeit, Beständigkeit und Homogenität von Erhaltungssorten erlassen. Dem wird durch die Absätze 2 und 3 Rechnung getragen. Die in Artikel 5 der Richtlinie 2008/62/EG formulierten Anforderungen werden durch Absatz 4 umgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 30 Absatz 8 SaatG

Zu § 3

In Artikel 4 der Richtlinie 2008/62/EG sind die grundlegenden Anforderungen für die Zulassung einer Erhaltungssorte geregelt. Danach muss eine solche Sorte hinsichtlich der Erhaltung der pflanzengenetischen Ressourcen von Interesse sowie unterscheidbar, beständig und homogen sein. Ein darüber hinausgehender landeskultureller Wert im Sinne von Artikel 5 Absatz 4 der Richtlinie 2002/53/EG des Rates vom 13. Juni 2002 über einen gemeinsamen Sortenkatalog für landwirtschaftliche Pflanzenarten (ABl. EG Nummer L 193, S. 1) ist hingegen nicht gefordert.

Rechtsgrundlage: § 30 Absatz 8 SaatG

Zu § 4

Mit den hier geregelten Anforderungen an den Antrag auf Zulassung einer Erhaltungssorte und die mit diesem vorzulegenden Unterlagen wird den Vorgaben in den Artikeln 5 bis 8 der Richtlinie 2008/62/EG Rechnung getragen. Für die Entscheidung über die in der Bescheinigung nach Absatz 1 Nummer 5 zu benennende Bedeutsamkeit der Erhaltung einer Sorte als pflanzengenetische Ressource können die zuständigen Behörden alle verfügbaren Informationen, insbesondere die von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) auf Basis der Empfehlungen des Beratungs- und Koordinierungsausschusses für genetische Ressourcen landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Kulturpflanzen (BEKO) erstellte Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen in Deutschland, heranziehen.

Rechtsgrundlage: § 30 Absatz 8 SaatG

Zu § 5

Nach Artikel 10 Absatz 1 und 3 der Richtlinie 2008/62/EG darf Saatgut von Erhaltungssorten in den Verkehr gebracht werden, wenn es nicht als Zertifiziertes Saatgut amtlich anerkannt ist, jedoch den für Zertifiziertes Saatgut in den einschlägigen Saatgutrichtlinien der EG festgelegten Qualitätsanforderungen entspricht. Dies wird durch die Absätze 1 und 2 Nummer 3 umgesetzt.

Die in Artikel 10 Absatz 2 der Richtlinie 2008/62/EG enthaltene Vorschrift hinsichtlich der Abstammung des für die Vermehrung verwendeten Saatgutes aus systematischer Erhaltungszüchtung ist in Absatz 2 Nummer 1 umgesetzt.

Die Regelung in Absatz 2 Nummer 2 soll zudem sicherstellen, dass die zuständige Behörde ihrer Pflicht zur Überwachung der Vermehrungsbestände nach Artikel 16 der Richtlinie 2008/62/EG nachkommen kann. Nach Artikel 10 Absatz 3 Satz 3 der Richtlinie 2008/62/EG muss Saatgut von Erhaltungssorten eine ausreichende Sortenechtheit aufweisen. Nach § 2 Absatz 3 Satz 2 wird für die Bestimmung der Homogenität auf Basis abweichender Pflanzen - im Einklang mit Artikel 4 Absatz 2 Satz 4 der Richtlinie 2008/62/EG - ein Populationsstandard von 10 v.H. und eine Akzeptanzwahrscheinlichkeit von mindestens 90 v.H. festgelegt. Da dies Auswirkungen auf die im Zuge der weiteren Vermehrung erreichbare Sortenreinheit hat, wird deshalb mit Absatz 2 Satz 2 eine Abweichung von der für Zertifiziertes Saatgut üblicherweise geltenden Mindestsortenreinheit erlaubt.

Sofern die Bedingungen der Ursprungsregion eine ordnungsgemäße Saatguterzeugung nicht zulassen, erlaubt Artikel 11 der Richtlinie 2008/62/EG die Zulassung zusätzlicher Regionen für die Saatguterzeugung. Dem wird mit der Regelung in Absatz 3 entsprochen.

Die in Absatz 4 vorgesehene Mitteilung an die zuständige Pflanzenschutzdienststelle ist notwendig, um die zuständige Behörde in die Lage zu versetzen, die im Zusammenhang mit der Überwachung der möglichen Ausbreitung von Quarantänekrankheiten erforderlichen Kontrollen durchzuführen.

Mit Absatz 5 wird die in Artikel 10 Absatz 4 der Richtlinie 2008/62/EG geregelte Ausnahme von den Vorschriften für die Größensortierung bei Pflanzkartoffeln umgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 3 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b SaatG

Zu § 6

Nach den Artikeln 14 und 15 der Richtlinie 2008/62/EG sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Mengen des in den Verkehr gebrachten Saatgutes von Erhaltungssorten zu beschränken. In den Absätzen 1 bis 5 wird diese Regelung umgesetzt. Mit der Vorschrift in Absatz 6 wird entsprechend Artikel 13 der Richtlinie 2008/62/EG das Inverkehrbringen des Saatgutes auf die Ursprungsregion der betreffenden Sorte bzw. auf eine zusätzliche Region für das Inverkehrbringen des Saatgutes dieser Sorte beschränkt. Die Berichtspflichten nach Artikel 20 der Richtlinie 2008/62/EG werden in Absatz 7 umgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 3 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b SaatG

Zu § 7

Gemäß Artikel 13 Absatz 2 und 3 der Richtlinie 2008/62/EG werden hier die Voraussetzungen für die Ausweisung zusätzlicher Regionen für das Inverkehrbringen des Saatgutes einer Erhaltungssorte geschaffen.

Rechtsgrundlage: § 3 Absatz 3 Nummer 1 Buchstabe b SaatG

Zu § 8

Nach Artikel 17 der Richtlinie 2008/62/EG sind Regelungen für die Verschließung von Packungen und Behältnissen mit Saatgut von Erhaltungssorten vorzusehen. Dies wird in § 8 umgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 22 Absatz 1 Nummer 1 SaatG

Zu § 9

Hier werden die Kennzeichnungsvorschriften nach Artikel 18 der Richtlinie 2008/62/EG umgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 22 Absatz 1 Nummer 1 SaatG

Zu Artikel 2 Änderung der Saatgutaufzeichnungsverordnung

Da die Aufzeichnungsvorschriften der Saatgutaufzeichnungsverordnung auch für Saatgut von Erhaltungssorten gelten, ist darin auch die für dieses Saatgut nach § 9 Nummer 9 der vorliegenden Verordnung vorgeschriebene Bezugsnummer zu berücksichtigen.

Rechtsgrundlage: § 27 Absatz 3 SaatG

Zu Artikel 3 Inkrafttreten

Die Verordnung soll möglichst bald in Kraft treten, damit die am 30. Juni 2009 ablaufende Umsetzungsfrist eingehalten werden kann.

->

Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 775:
Verordnung über die Zulassung von Erhaltungssorten und das Inverkehrbringen von Saat- und Pflanzgut von Erhaltungssorten (Erhaltungssortenverordnung)

Der Nationale Normenkontrollrat hat den o.g. Verordnungsentwurf auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem Regelungsvorhaben werden für die Wirtschaft sieben Informationspflichten eingeführt, was zu einer marginalen Belastung führt.

Informationspflichten der Verwaltung sowie für Bürgerinnen und Bürger werden nicht eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Das Ressort hat dargelegt, dass mit dem Regelungsvorhaben europarechtliche Vorgaben umgesetzt werden sollen und insoweit der Handlungsspielraum zur Begrenzung des Anstiegs der Informationspflichten eingeschränkt ist. Zudem dürften die Bürokratiekosten der Wirtschaft aufgrund der neuen Informationspflichten nach Einschätzung des Ressorts nur marginal steigen. Der Nationale Normenkontrollrat hat daher im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Dr. Ludewig Catenhusen
Vorsitzender Berichterstatter