Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Berlin, 16. Juni 2020
Parlamentarische Staatssekretärin
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Dietmar Woidke
Sehr geehrter Herr Präsident,
namens der Bundesregierung übersende ich Ihnen in der Anlage die Antwort der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrates zu Fairness im E-Commerce vom 11. Oktober 2019 (BR-Drs. 345/19(B) .
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker siehe Drucksache 345/19(B) Drucksache 368/20 (PDF)
Entschließung des Bundesrates zu Fairness im E-Commerce vom 11. Oktober 2019 (BR-Drs. 345/19(B)
Zu Ziffer 1:
Die Bundesregierung teilt die Problemanalyse des Bundesrates. Insbesondere durch neue E-Commerce-Plattformen wie "wish.com", "joom.com" etc. werden dem deutschen Verbraucher immer mehr Produkte angeboten, die den europäischen Harmonisierungsvorschriften nicht entsprechen. Im Rahmen der Marktüberwachung können solche Produkte nur stichprobenweise überprüft werden.
Die Marktüberwachung ist dem Bereich des Gesetzesvollzugs zuzuordnen und obliegt damit grundsätzlich den Ländern, auch im Bereich des Onlinehandels. Bundesbehörden sind für die Marktüberwachung nur zuständig, soweit ihnen diese Aufgabe spezialgesetzlich zugewiesen ist. Dies trifft etwa auf die Bundesnetzagentur für die Produktsektoren Funkanlagen und Elektromagnetische Verträglichkeit zu.
Zu Ziffer 2
Mit den Beschlüssen des letzten Weltpostkongresses vom 24. - 26. September 2019 in Genf werden die Postgebühren für Warensendungen aus China erheblich steigen, im Jahre 2020 bereits um 27%. Ab dem Jahre 2021 können die einführenden Postunternehmen selbst bestimmen, welche Gebühren sie ihren exportierenden Partnerunternehmen in Rechnung stellen, allerdings im Rahmen bestimmter Maximalgrenzen und nur bis zu 70 % der Binnentarife. Zudem wird ab 2021 nach dem neuen Zollkodex der Europäischen Union die Einfuhrumsatzsteuer auch für kleine Warensendungen ab dem ersten Cent berechnet.
Daher wird es für chinesische "online" Händler zukünftig wesentlich teurer, ihre Waren nach Deutschland zu versenden. Das dürfte viele Konsumenten dazu veranlassen, Waren auf Plattformen in Deutschland zu kaufen. Deutsche online Händler dürften so gegenüber ihren chinesischen Konkurrenten zukünftig nicht mehr benachteiligt sein.
Zu Ziffer 3
DEU hat sich bei den Verhandlungen für die neue EU-Marktüberwachungsverordnung (VO (EU) Nr. 2019/1020 ) erfolgreich dafür eingesetzt, dass auch der Onlinehandel erfasst wird. Die Verordnung (EU) Nr. 2019/1020 ist im Juli 2019 in Kraft getreten und ist in ihren wesentlichen Teilen ab Juli 2021 in den Mitgliedstaaten anzuwenden.
Wie im stationären Handel erfolgt die Marktüberwachung im Online-Handel vor allem durch Länderbehörden (eine Ausnahme beim Bund ist u.a. die Bundesnetzagentur, sie überwacht die Produktsektoren Funkanlagen und Elektromagnetische Verträglichkeit). Die Marktüberwachung im Online-Handel selbst stellt eine große Herausforderung für die Marktüberwachungsbehörden dar.
BMWi erarbeitet derzeit den Entwurf für ein deutsches Marktüberwachungsgesetz. Dieses erfasst den europäisch harmonisierten und den europäisch nicht harmonisierten "non food" Produktbereich. Der Entwurf zielt insbesondere auch darauf ab, die Marktüberwachung im Bereich des E-Commerce weiter zu stärken.
Zu Ziffer 4
Die neue EU - Marktüberwachungsverordnung trägt auf deutsches Betreiben hin der effektiveren Überwachung des Online-Handels und der Fulfillment-Center Rechnung. Die Bundesregierung hat sich dabei eng mit den Bundesländern abgestimmt. Fulfillment-Center (=Distributionscenter, Warenlager) und Plattformen können künftig als quasi Wirtschaftsakteur stärker und wirksamer in die Pflicht genommen werden, insbesondere, wenn Produkte aus Drittstaaten auf dem europäischen Binnenmarkt in Verkehr gebracht werden.
Onlineanbieter aus Drittstaaten wie China und den USA müssen künftig Bevollmächtigte in der Europäischen Union benennen, gegen die Maßnahmen der Marktüberwachungsbehörden ergriffen werden können. Bisher sind die für die Produkte verantwortlichen Hersteller oder (Online-) Händler in der Europäischen Union nicht oder nur sehr schwer greifbar.
KI-basierte IT-Marktüberwachungssysteme im Onlinehandel können die Marktüberwachungsbehörden bei ihrer Aufgabe wirksam unterstützen.
Aktiv durchsucht z.B. die Bundesnetzagentur als Marktüberwachungsbehörde des Bundes Onlineangebote und informiert Plattformen über nichtkonforme Produkte. Dies führt im Regelfall zu einer freiwilligen Sperrung der Produktangebote durch die Plattformbetreiber. Insgesamt konnten seitens der Bundesnetzagentur 2019 in der OnlineMarktüberwachung der Verkauf von rund 3,5 Millionen nicht konformer Produkte verhindert werden.
Weiterhin arbeitet die Bundesnetzagentur bereits mit Recherchetools wie z.B. BayWotch (Recherchetool für eBay), um eine effektive Marktüberwachung sicher zu stellen. Mit BayWotch kann die Marktüberwachung Listen von Produkten automatisch generieren lassen, die ihnen verdächtig erscheinen.
Auf europäischer Ebene unterstützen die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), das Landesinstitut für Arbeitsgestaltung des Landes Nordrhein-Westfalen, die Servicestelle Chemie aus Tübingen und die Bundesnetzagentur ein Projekt der dänischen Sicherheitsbehörde (Danish Safety Technology Authority), dass ein KI-basiertes Tool zur Marktüberwachung im Internet entwickelt. Es handelt sich dabei um eine Bilderkennungssoftware, die anhand eines Bildes eines beanstandeten Produktes das Web durchsucht. Das Tool soll voraussichtlich bis Ende 2020 zum Einsatz kommen. Die o.g. Behörden sind bei den Tests involviert.
Die BAuA arbeitet derzeit weiterhin an einem Tool, das Rezensionen auf der Plattform Amazon auswertet und somit Hinweise auf nicht konforme Produkte liefern kann. Hilfreich für die Entwicklung rechnergestützter Marktüberwachungstools für Internetplattformen wäre die Offenlegung von Schnittstellen zu den Inhalten der Plattformen. Im Fall von BayWotch hat eBay einen Zugriff auf ihre Schnittstelle gegeben.