Der Bayerische Ministerpräsident München, 4. September 2018
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung wird die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der Landwirtschaft durch zielgenaue steuerliche Maßnahmen mit dem Antrag übermittelt, dass der Bundesrat diese fassen möge.
Es wird gebeten, den Entschließungsantrag unter Wahrung der Rechte aus § 23 Absatz 3 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates gemäß § 36 Absatz 2 GO BR auf die Tagesordnung der 970. Sitzung am 21. September 2018 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder
Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der Landwirtschaft durch zielgenaue steuerliche Maßnahmen
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Bekenntnis der Bundesregierung zu einer zukunftsfähigen und flächendeckenden Landwirtschaft in Deutschland. Dazu braucht es aktive Landwirte und innovative bäuerliche Betriebe, die die vitalen ländlichen Räume für die nachkommenden Generationen als eigenständige Lebens- und Wirtschaftsräume sichern und stärken. Sie tragen damit ganz erheblich zu einer lebenswerten Heimat für alle Menschen bei.
- 2. Nicht nur die Zunahme der saisonalen Witterungsunterschiede und das häufigere Auftreten von Extremwetterereignissen, wie Starkregen oder Hagel, gefährden die land- und forstwirtschaftliche Planungs- und Ertragssicherheit, sondern auch die branchenspezifischen Marktrisiken. Regelmäßig wiederkehrende Absatzkrisen in Europa sowie die unsichere politische Lage in vielen Regionen der Erde erschüttern immer wieder die Markpreise für landwirtschaftliche Produkte und bedrohen somit die Existenz vieler bäuerlicher Unternehmen in Deutschland.
- 3. Vor diesem Hintergrund stellt der Substanzerhalt einen der wichtigsten Faktoren für die Zukunftsfähigkeit eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs dar. Landwirte stehen oftmals vor dem Problem, dass Investitionen in die Modernisierung und Wettbewerbsfähigkeit ihres Betriebes einen erheblichen Finanzmittelbedarf verursachen. Daneben entsteht regelmäßig ein hoher Kapitalbedarf, wenn der Hoferbe Geschwister im Rahmen des Generationenwechsels abfinden muss, aber auch wenn in der Krise Schulden reduziert werden müssen.
- 4. Für viele Landwirte ist dabei der Verkauf von landwirtschaftlich genutzten Flächen durchaus eine Option, um das nötige Kapital aufzubringen. Da Äcker, Wiesen und Wälder sich vielfach über Generationen hinweg in Familienbesitz befinden und damit nur mit einem Bruchteil ihres Verkehrswertes in den Büchern stehen, entsteht im Veräußerungsfall eine nennenswerte steuerliche Belastung. Eine Steuer auf den Veräußerungsgewinn ist in diesen Fällen eine Steuer auf die Substanz des Betriebes.
- 5. Primäres Ziel steuerlicher Begünstigungen von Gewinnen aus der Veräußerung landwirtschaftlicher Flächen muss nach Auffassung des Bundesrates die Stärkung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe sein. Der Bundesrat sieht daher die Notwendigkeit für eine Ausweitung der steuerbegünstigten Reinvestitionsmöglichkeiten auf bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Damit könnte ein Land- und Forstwirt durch eine Modernisierung des Maschinenparks die sofortige und unmittelbare Besteuerung der Grundstücksveräußerung vermeiden. Zudem sollte ein Freibetrag für Gewinne aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke geschaffen werden, soweit diese zur Abfindung weichender Erben oder zur Tilgung betrieblicher Schulden eingesetzt werden.
- 6. Das Ziel der Regelung zur Tarifglättung ( § 32c Einkommensteuergesetz), die natur- und witterungsbedingten Gewinnschwankungen und die damit verbundenen zusätzlichen steuerlichen Belastungen für Land- und Forstwirte abzumildern, wird vom Bundesrat ausdrücklich begrüßt. Allerdings ist nach Ansicht des Bundesrates mit der bestehenden Automationsinfrastruktur der Steuerverwaltung eine vollmaschinelle Umsetzung der Regelung nicht möglich. Darüber hinaus wirkt die als Hilfsmaßnahme vorgesehene Vorschrift in vielen Fällen nachteilig für die betroffenen Land- und Forstwirte.
- 7. Der Bundesrat fordert deshalb die Bundesregierung auf, die Vorschrift zur Tarifglättung in einem ersten Schritt mit einem Antragswahlrecht zu versehen. Dies hätte zum einen den Vorteil, dass landwirtschaftliche Unternehmen, die mit einer steuerlichen Mehrbelastung rechnen müssten, auf die Anwendung der Vorschrift verzichten können. Zum anderen würde sich eine deutliche Entlastung der Steuerverwaltung ergeben, da nicht jeder Fall zwangsweise unter die Regelung zur Tarifglättung fallen würde. Daneben sollte nach Überlegungen des Bundesrates geprüft werden, ob die Regelung zur Tarifglättung nicht durch eine leichter administrierbare Vorschrift ersetzt werden könnte. Denkbar wäre es, den Landwirten die Möglichkeit zu geben, den Gewinn eines Wirtschaftsjahres auf drei Jahre zu verteilen.
- 8. Nicht zuletzt hält es der Bundesrat für erforderlich, dass bei der anstehenden Reform der Grundsteuer die besonderen Belange der Land- und Forstwirtschaft angemessen berücksichtigt werden. Insbesondere muss auch bei der Grundsteuer A das Prinzip der Aufkommensneutralität gelten. Ziel muss es sein, dass dies nutzungsartbezogen erreicht wird. Nach Auffassung des Bundesrates ist bei der Bewertung des Wirtschaftsteils eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes nur ein Ertragswertverfahren zustimmungsfähig. Darüber hinaus sollten bei der Bewertung der land- und forstwirtschaftlichen Wohngebäude die Besonderheiten der bäuerlichen Landwirtschaft, vor allem im Außenbereich, angemessen berücksichtigt werden.