Empfehlungen der Ausschüsse
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Europäische Crowdfunding-Dienstleister für Unternehmen - COM (2018) 113 final; Ratsdok. 7049/18

967. Sitzung des Bundesrates am 27. April 2018

A

Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:

Zum Verbraucherschutz

Begründung (nur gegenüber dem Plenum) zu den Ziffern 1 bis 4 und den Ziffern 11 und 12:

Die Finanzkrise ab dem Jahr 2008 hat erhebliche Schwächen in der Funktionsweise und bei der Transparenz der Finanzmärkte zutage treten lassen. Das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger in Finanzdienstleistungen hat darunter nachhaltig gelitten. Heute sehen sich Verbraucherinnen und Verbraucher auf den Finanzmärkten mit einem immer komplexeren und umfangreicheren Spektrum an Dienstleistungen und Finanzinstrumenten konfrontiert. Neben europäischen Regelungen für den klassischen Geldanlagemarkt sind daher Regelungen für alternative Investments des Grauen Kapitalmarkts dringend geboten.

Mit dem Verordnungsvorschlag will die EU ein Segment des Grauen Kapitalmarkts, das so genannte Crowdfunding (auch Schwarm- oder Gruppenfinanzierung), für den grenzüberschreitenden Vertrieb regeln. Die vom Verordnungsvorschlag betroffenen so genannten Crowdfunding-Dienstleister werben Kapital - in der Regel für die Darlehensfinanzierung von Projekten oder Geschäftsideen - von institutionellen und privaten Investoren meist über Online-Portale ein. Dabei vermittelt der Crowdfunding-Dienstleister als Finanzanlagevermittler die Darlehen der Anlegerinnen und Anlegern an die Darlehensschuldner.

Bei diesen Finanzanlagen handelt es sich meist um Nachrangdarlehen mit entsprechenden Zins- und Rückzahlungszusagen. Diese Finanzierungsform birgt - wie unter anderem Erfahrungen mit dem Windanlagenbetreiber Prokon vor einigen Jahren gezeigt haben - wegen der fehlenden Besicherung der Darlehen die erhebliche Gefahr des Totalverlusts des eingesetzten Kapitals im Falle des Scheiterns der Projekte bzw. Geschäftsideen. Eine Vielzahl von Crowdfunding-Projekten - darunter ein Immobilienprojekt in Berlin - sind bereits insolvent. In den meisten Fällen dürfte das investierte Kapital verloren sein.

Die im Verordnungsvorschlag enthaltenen Maßnahmen erscheinen grundsätzlich geeignet, wichtige Aspekte der Tätigkeiten von Crowdfunding-Dienstleistern zu regeln. Der Verordnungsvorschlag berührt aber auch die finanziellen Interessen von Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern. Die Bundesregierung hat zur Wahrung der Interessen dieser Anlegergruppe im Jahr 2015 mit dem Kleinanlegerschutzgesetz das VermAnlG neu geregelt und dort zahlreiche Verbraucherschutzvorschriften erlassen. Diese Änderungen verfolgten mehrere Ziele. Insbesondere sollte die Transparenz von Vermögensanlagen erhöht und die Kleinanlegerinnen und -anleger sollten zum Anlagezeitpunkt vollständige und aktuelle Informationen über die Vermögensanlage erhalten. Sie sollten zudem durch verbesserten Schutz vor Vermögensschäden bewahrt und damit ihr Risiko von Vermögenseinbußen vermindert werden. Ziel der gesetzgeberischen Maßnahmen war ferner die Stärkung des Vertrauens in die in Deutschland angebotenen Finanzdienstleistungen und Produkte (BT-Drucksache 18/3994, Seite 1).

Durch die jeweiligen Vorschriften des VermAnlG werden Online-Portale unter anderem verpflichtet, bei Crowdfunding ohne Prospektpflicht nur bestimmte Höchstanlagesummen an die Darlehensnehmer zu vermitteln und Verbraucherinnen und Verbraucher vor der Finanzanlagevermittlung in der Werbung für Crowdfunding frühzeitig über bestehende Risiken zu informieren.

Diese Regelungen beruhten auf einer sorgfältigen Abwägung der Finanzierungsinteressen der betroffenen Unternehmen einerseits und der Anlegerschutzinteressen andererseits. Dies betrifft insbesondere die Schwellenwerte der Investitionen von Kleinanlegerinnen und Kleinanlegern. Auch in weiteren EU-Mitgliedstaaten existieren nach Auskunft der Bundesregierung vergleichbare Vorschriften zum Kleinanlegerschutz für Crowdfunding-Projekte (BT-Drucksache 18/3994, Seite 79, zu Nummer 3).

Diese Regelungen, die ihnen zugrundeliegenden Erwägungen sowie die Güterabwägungen anderer EU-Mitgliedstaaten und des Bundes scheinen sich in der Praxis bisher bewährt zu haben. Sie sollten daher auch auf europäischer Ebene beim Erlass von Regelungen über europäische Crowdfunding-Dienstleister für Unternehmen berücksichtigt werden.

Zu Crowdfunding-Dienstleistern

B