Antrag des Landes Baden-Württemberg
Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der medizinischen Rehabilitation

Der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg Stuttgart, 23. Oktober 2019

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Daniel Günther

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung von Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der medizinischen Rehabilitation zuzuleiten.

Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 23 Absatz 3 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 und § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 982. Sitzung des Bundesrates am 8. November 2019 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Winfried Kretschmann

Entschließung des Bundesrates zur Stärkung der medizinischen Rehabilitation

Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung und den Bundestag auf, die medizinische Rehabilitation erheblich zu stärken und hierzu insbesondere,

Begründung:

In Deutschland ist die Zahl der Vorsorge- und Reha-Einrichtungen von 1.239 im Jahr 2008 auf 1.142 im Jahr 2017 zurückgegangen. Dies bedeutet einen Rückgang der Vorsorge- und Reha-Einrichtungen in Deutschland in den letzten 10 Jahren von 7,8 Prozent. Auch beklagen Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen zum Teil rote Zahlen.

Vor diesem Hintergrund besteht dringender Handlungs- und Reformbedarf im Bereich der medizinischen Rehabilitation, denn eine qualifizierte und erfolgreiche medizinische Rehabilitation ist eine wichtige Voraussetzung zur Integration von erkrankten Menschen in Beruf und Gesellschaft und trägt wesentlich dazu bei, weitere Belastungen für die Sozialversicherungssysteme (insbesondere Renten- und Pflegeversicherung) zu vermeiden. Außerdem sind die Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen wirtschaftlich gesehen ein wichtiger Standortfaktor für die Länder.

1. Vergütung im Rehabilitations-Bereich - Aufhebung der Grundlohnsummenbindung

Um die Vergütungssituation der gesetzlichen Krankenkassen für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bedarfsgerecht auszugestalten, sollte die Grundlohnsummenbindung in § 111 SGB V für stationäre und in § 111c SGB V für ambulante medizinische Rehabilitationsleistungen aufgehoben werden. Im Zusammenhang mit den Änderungen wird angeregt, eine entsprechende Anpassung des § 220 SGB VI zu prüfen mit der eine Aufhebung des "Reha-Deckels" für die Rentenversicherung erfolgen kann. Die im SGB VI geregelte Begrenzung des Teilhabebudgets sollte aufgehoben werden, damit Entscheidungen abhängig von der medizinischen Notwendigkeit und nicht nach der Ausschöpfung des Reha-Budgets getroffen werden.

2. Rechtsanspruch der Rehabilitations-Kliniken auf leistungsgerechte Vergütung gesetzlich verankern

Die Vergütung von Rehabilitations-Leistungen muss leistungsgerecht sein. Sie muss den Rehabilitations-Einrichtungen bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, ihre Aufwendungen zu finanzieren.

Insbesondere in folgenden Punkten sind daher Änderungen notwendig:

3. Beteiligung der Pflegeversicherung an den Kosten für geriatrische Rehabilitations-Maßnahmen

Der Sicherstellungsauftrag für die Entwicklung bedarfsgerechter regionaler Rehabilitationsangebote liegt nach § 36 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) bei den Krankenkassen als Rehabilitationsträgern. Damit wird das Grundprinzip durchbrochen, wonach der Rehabilitationsauftrag bei dem Träger liegt, der die durch Rehabilitation vermeidbaren Folgeleistungen zu tragen hätte. Dies kann zu Fehlanreizen führen, da von der erfolgreichen Rehabilitation nicht die kostentragenden Krankenkassen, sondern die soziale Pflegeversicherung profitiert. Für eine konsequente Umsetzung des Grundsatzes "Rehabilitation vor Pflege" müssen die Finanzströme im Gesundheitssystem so geordnet werden, dass die Mitverantwortung für die geriatrische Rehabilitation dort verortet wird, wo der Nutzen aus der Vermeidung von Pflegebedürftigkeit entsteht.

4. Zugang zur Rehabilitation durch Korrektur von Fehlentwicklungen bei der Mehrkostenregelung verbessern

Damit das gesetzlich verankerte Wunsch- und Wahlrecht seine Umsetzung besser entfalten kann und zudem den medizinischen Erfordernissen des Einzelfalles besser Rechnung getragen wird, sollten die Kostenträger verpflichtet werden, die Versicherten ausdrücklich auf das Wunsch- und Wahlrecht bei berechtigten Wünschen hinzuweisen und mehrere Optionen - wenn nach Diagnose möglich - bei der Auswahl von Rehabilitations-Einrichtungen anzubieten

5. Gleichstellung stationärer und ambulanter Rehabilitationskliniken bei den Apothekenversorgungsverträgen

Ambulanten Rehabilitations-Einrichtungen sollte der Abschluss von Versorgungsverträgen im Sinne von § 14 Abs. 3 und 4 ApoG ermöglicht werden. Damit würde zudem eine Analogie zu § 14 Abs. 7 Satz 2 ApoG hergestellt, in dem geregelt ist, dass der Versorgungsauftrag der Krankenhaus- bzw. krankenhausversorgenden Apotheke auch teilstationär und in ermächtigten oder berechtigten Krankenhäusern ambulant behandelte Patientinnen und Patienten einschließt.