Staatsministerium Baden-Württemberg Stuttgart, den 12. Mai 2006
Der Staatssekretär
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierungen der Länder Baden-Württemberg, Hessen und des Freistaats Thüringen haben beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte
- Entschließung des Bundesrates zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt
zuzuleiten.
Ich bitte, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 19. Mai 2006 aufzunehmen und eine sofortige Sachentscheidung herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Rudolf Böhmler
Anlage
Entschließung des Bundesrates zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Ziel der EU, einen einheitlichen Binnenmarkt für Dienstleistungen durch den Abbau bestehender Hindernisse rechtlicher, administrativer und praktischer Art zu verwirklichen.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass die Europäische Kommission in ihrem am 4. April 2006 vorgelegten Richtlinienvorschlag weitgehend die Änderungen des Europäischen Parlamentes, insbesondere zum Herkunftslandprinzip aufgegriffen hat.
- 3. Dennoch sieht der Bundesrat die Notwendigkeit folgender Änderungen am neuen Richtlinienentwurf der Kommission.
Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Richtlinie
Der Bundesrat hält eine umfassende Ausnahme vom Anwendungsbereich der Richtlinie auch für Notare für erforderlich, die sich nicht allein auf die Ausübung hoheitlicher Aufgaben beschränkt. Sie unterliegen als Inhaber eines öffentlichen Amtes besonderen Bedingungen.
Soziale Dienstleistungen sind entsprechend den Regelungen zu den Gesundheitsdienstleistungen vollumfänglich von der Anwendung der Dienstleistungsrichtlinie auszunehmen. Dazu gehören auch Leistungen der Rehabilitation und der Pflege, soweit sie nicht bereits als Gesundheitsdienstleistungen vom Anwendungsbereich ausgenommen sind. Die Beschränkung der Ausnahme auf Dienstleistungen im Zusammenhang mit Sozialwohnungen, Kinderbetreuung und Unterstützung bedürftiger Familien und Personen ist sachlich nicht begründet und nicht ausreichend.
Daseinsvorsorge
Der Bundesrat unterstreicht, dass im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse gewährleistet sein muss, dass die Definitions-, Gestaltungs- und Finanzierungshoheit der Mitgliedstaaten unangetastet bleibt.
Herkunftslandprinzip / Dienstleistungsfreiheit
Der Bundesrat weist im Hinblick auf den geänderten Artikel 16 zur Dienstleistungsfreiheit darauf hin, dass die Dienstleistungsrichtlinie nicht die Entscheidung vorwegnehmen darf, ob bestimmte Dienstleistungsbereiche zu einem späteren Zeitpunkt durch europäische Maßnahmen harmonisiert werden sollen.
- 4. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass im Rahmen der Verhandlungen im Rat weitere Klarstellungen insbesondere zur Umsetzung der Regelungen zur Einführung einer Einheitlichen Ansprechstelle sowie zur Verwaltungszusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten gefunden werden müssen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung weiterhin darauf zu achten, dass die konkrete Ausgestaltung der Einheitlichen Ansprechstelle in mitgliedstaatlicher Zuständigkeit erfolgt und eventuelle Vorgaben der EU nicht in die nationale Zuständigkeitsverteilung eingreifen.
- 5. Der Bundesrat bekräftigt insbesondere seine Bedenken hinsichtlich der verwaltungstechnischen, kostenintensiven und sehr engen zeitlichen Vorgaben für die Umsetzung des Richtlinienvorschlags in nationales Recht. Er weist dabei insbesondere auf die folgenden Punkte hin:
- - Artikel 45 des Richtlinienvorschlags sieht eine Umsetzung des Richtlinienvorschlags innerhalb von zwei Jahren nach der Verabschiedung vor. Bei dem weiten Umfang der horizontalen Regelungen wird bezweifelt, dass die Vorgabe von den Mitgliedstaaten eingehalten werden kann. Der Bundesrat spricht sich daher für eine Verlängerung der Umsetzungsfrist auf mindestens 3 - 5 Jahre aus.
- - Es sollte daher bei der Einführung insbesondere wesentlicher Bestandteile einer elektronischen Verfahrensabwicklung ein stufenweises Vorgehen beginnend mit den wichtigsten Anwendungen und Nutzerkreisen geprüft werden.
- - Bei den vorgesehenen umfangreichen Regelungen über die Informationspflichten der Mitgliedstaaten, die durch die Änderungen in Artikel 22 noch ausgeweitet wurden sowie der Dienstleistungserbringer gegenüber den Dienstleistungsempfängern ist sorgfältig zu prüfen, ob jede dieser Regelungen für die Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes unbedingt erforderlich ist.
- - Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, ihre Rechtsvorschriften, die für Dienstleistungstätigkeiten Anforderungen aufstellen, daraufhin zu überprüfen, ob diese diskriminierungsfrei erforderlich und verhältnismäßig sind, ist ein wichtiger Beitrag zur Deregulierung und wird unterstützt. Die Notwendigkeit der Erstellung eines Berichts im Rahmen der gegenseitigen Evaluierung ist jedoch zu überprüfen. Dabei muss auch sorgfältig geprüft werden, ob und ggf. welche Regelungen überhaupt Gegenstand einer solchen Überprüfung sein sollen und in welchem Umfang Gründe des Gemeinwohls ihre Beibehaltung rechtfertigen. Bleibt es bei der vorgesehenen Berichtspflicht, spricht sich der Bundesrat für einen größeren zeitlichen Spielraum aus.
- - Einer sorgfältigen Prüfung müssen ebenfalls die seitens der Mitgliedstaaten mitzuteilenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften gemäß Art. 15 Abs. 7 unterzogen werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Entscheidungsfreiheit der nationalen Gesetzgeber nicht beeinträchtigt wird.
- - Artikel 36b enthält Regelungen zum Austausch und der Fortbildung der mit der gegenseitigen Amtshilfe betrauten Beamten. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission Maßnahmen für die fachgerechte Ausbildung der betroffenen Beamten unterstützen will. Allerdings dürfen daraus keine Verpflichtungen der Mitgliedstaaten abgeleitet werden, Austausch- und Fortbildungsmaßnahmen zwingend durchzuführen. Ausgestaltung und Umfang der erforderlichen Fortbildungen müssen den Mitgliedstaaten vorbehalten bleiben. Der Passus sollte daher gestrichen werden.
- 6. Der Bundesrat spricht sich hinsichtlich der umfassenden Umsetzung der Richtlinie mittels Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) gegen folgende Festlegungen aus:
- - Nach Art. 7 Abs. 3, Art. 8 und Art. 22 soll neben der elektronischen Lösung eine weitere Lösung "im Fernweg" vorgehalten werden. Es ist durch eine klarere Formulierung sicherzustellen, dass es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, ob und inwieweit sie neben der elektronischen Lösung andere Lösungen anbieten.
- - Die Richtlinie eröffnet einen weiten Interpretationsspielraum, der auch IuK- Lösungen einschließt die tief in die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten zu ihrer Umsetzung und zur Organisation der Verwaltungsprozesse eingreifen. Klargestellt werden muss unter anderem, dass die jeweiligen IuK- Verfahren der Kommission, des Bundes, der Länder und Kommunen nicht unwirtschaftlich werden.
- - Der Ausschuss soll nach Art.42 bezüglich der IuK ein Beratungs- und kein Regelungsausschuss sein. Die in dem Ausschuss insbesondere zu behandelnde IuK tangiert erheblich die Aufgaben der Länder und Kommunen. Deshalb fordert der Bundesrat einen Regelungsausschuss und die laufende Mitwirkung der Länder über den Bund.
Die notwendigen Voraussetzungen für die in der Richtlinie vorgesehene gegenseitige Unterstützung der Mitgliedstaaten sind unter Beachtung des Grundsatzes der Subsidiarität durch eine offene, konkret beschriebene, dezentral anpassbare, standardisierte und interoperable IuK zu schaffen. Es muss sichergestellt sein, dass auf bestehende oder bereits im Aufbau befindliche e-Government-Systeme zurückgegriffen werden kann und eine Doppelung von Aktivitäten vermieden wird.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Länder bei den entsprechenden Arbeiten, insbesondere auch bei den Verhandlungen zur Einführung eines Binnenmarktinformationssystems intensiv zu beteiligen. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Kosten einer solchen Verwaltungszusammenarbeit zur Verwirklichung des gemeinsamen Binnenmarkts die Länder und Kommunen finanziell nicht übermäßig belasten dürfen.
- 7. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich in den anstehenden Beratungen für die hier geäußerten Positionen einzusetzen.
- 8. Der Bundesrat behält sich weitere Stellungnahmen vor.
Ergänzende Texte:
Artikel 7 zur Dienstleistungsfreiheit
Artikel 7
Recht auf Information
- 1. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass folgende Informationen für Dienstleistungserbringer und -empfänger über die einheitlichen Ansprechstellen leicht zugänglich sind:
- (a) die Anforderungen, die für auf ihrem Hoheitsgebiet niedergelassene Dienstleistungserbringer gelten, insbesondere bezüglich der Verfahren und Formalitäten für die Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit;
- (b) Angaben über die zuständigen Stellen, einschließlich der für die Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten zuständigen Aufsichtsbehörden, um eine direkte Kontaktaufnahme mit diesen zu ermöglichen;
- (c) Mittel und Bedingungen für den Zugang zu öffentlichen Registern und Datenbanken betreffend Dienstleistungserbringer und Dienstleistungen;
- (d) die allgemein verfügbaren Rechtsbehelfe im Falle von Streitigkeiten zwischen zuständigen Stellen und Dienstleistungserbringern oder -empfängern, zwischen Dienstleistungserbringern und -empfängern oder zwischen Dienstleistungserbringern;
- (e) Angaben zu sonstigen Verbänden oder anderen Organisationen, die ohne eine zuständige Stelle zu sein, Dienstleistungserbringer oder -empfänger beraten und unterstützen.
- 2. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Dienstleistungserbringer und -empfänger von den zuständigen Stellen auf Anfrage Informationen über die allgemeine Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Anforderungen gemäß Absatz 1 Buchstabe a erhalten können. Sofern es sachgerecht ist, schließt diese Beratung einen einfachen SchrittfürSchritt-Leitfaden ein. Die Informationen sind in einfacher, leicht verständlicher Sprache bereitzustellen.
- 3. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die in den Absätzen 1 und 2 genannten Informationen und Hilfestellungen klar und unmissverständlich gegeben werden, im Fernweg und elektronisch leicht zugänglich sind sowie dem neuesten Stand entsprechen.
- 4. Die Mitgliedstaaten vergewissern sich, dass die einheitlichen Ansprechstellen und die zuständigen Stellen alle Auskunfts- und Unterstützungsersuchen gemäß den Absätzen 1 und 2 unverzüglich beantworten, und den Betroffenen unverzüglich davon in Kenntnis setzen, wenn sein Ersuchen fehlerhaft oder unbegründet ist.
- 5. Die Mitgliedstaaten setzen die Absätze 1 bis 4 spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie um.
- 6. Die Mitgliedstaaten und die Kommission ergreifen begleitende Maßnahmen, um die Bereitschaft der einheitlichen Ansprechstellen zu fördern, die Informationen gemäß diesem Artikel auch in anderen Gemeinschaftssprachen bereitzustellen, soweit dies mit ihren Rechtsvorschriften über die Verwendung von Sprachen vereinbar ist.
- 7. Die Verpflichtung der zuständigen Stellen zur Unterstützung der Dienstleistungserbringer und -empfänger beinhaltet keine Rechtsberatung in Einzelfällen, sondern betrifft lediglich allgemeine Informationen über die Art und Weise, wie Anforderungen gewöhnlich ausgelegt oder angewandt werden.
Artikel 15 zur Dienstleistungsfreiheit
Artikel 15
Zu prüfende Anforderungen
- 1. Die Mitgliedstaaten prüfen, ob ihre Rechtsordnungen die in Absatz 2 aufgeführten Anforderungen vorsehen, und sorgen dafür, dass diese Anforderungen die Bedingungen gemäß Absatz 3 erfüllen. Die Mitgliedstaaten ändern ihre Rechts- oder Verwaltungsvorschriften so, dass sie diese Bedingungen erfüllen.
- 2. Die Mitgliedstaaten prüfen, ob ihre Rechtsordnung die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit folgenden nichtdiskriminierenden Anforderungen unterwirft:
- (a) mengenmäßigen oder territorialen Beschränkungen, insbesondere in Form von Beschränkungen im Hinblick auf die Bevölkerungszahl oder bestimmte Mindestentfernungen zwischen Dienstleistungserbringern;
- (b) Anforderungen, die vom Dienstleistungserbringer eine bestimmte Rechtsform verlangen;
- (c) Anforderungen im Hinblick auf die Beteiligungen am Gesellschaftsvermögen;
- (d) Anforderungen, die die Aufnahme der betreffenden Dienstleistungstätigkeit aufgrund ihrer Besonderheiten bestimmten Dienstleistungserbringern vorbehalten, mit Ausnahme von Anforderungen, die Bereiche betreffen, die von der Richtlinie 2005/36/EG43 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen erfasst werden oder solchen, die in anderen Gemeinschaftsrechtsakten vorgesehen sind;
- (e) dem Verbot, auf ein und demselben Hoheitsgebiet mehrere Niederlassungen zu unterhalten;
- (f) Anforderungen, die eine Mindestbeschäftigtenzahl verlangen;
- (g) der Beachtung von festgesetzten Mindest- und/oder Höchstpreisen durch den Dienstleistungserbringer;
- (h) gestrichen
- (i) gestrichen
- (j) Pflichten für die Dienstleistungserbringer, zusammen mit ihrer Dienstleistung bestimmte andere Dienstleistungen zu erbringen.
- 3. Die Mitgliedstaaten prüfen, ob die Anforderungen gemäß Absatz 2 die folgenden Bedingungen erfüllen:
- (a) Diskriminierungsfreiheit: die Anforderungen stellen weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder - bei Gesellschaften - aufgrund des Orts des satzungsmäßigen Sitzes dar;
- (b) Erforderlichkeit: die Anforderungen sind durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt;
- (c) Verhältnismäßigkeit: die Anforderungen gewährleisten die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels; sie gehen nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, und das gleiche Ziel ließe sich nicht mit weniger einschneidenden Maßnahmen erreichen.
- 4. Die Bestimmungen der Absätze 1 bis 3 gelten nur für Rechtsvorschriften im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der den Betreffenden übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert.
- 5. Im Bericht für die gegenseitige Evaluierung gemäß Artikel 41 geben die Mitgliedstaaten an:
- (a) welche Anforderungen sie beabsichtigen beizubehalten und warum sie der Auffassung sind, dass diese die Bedingungen der Absätze 3 und 4 erfüllen;
- (b) welche Anforderungen sie beseitigt oder gelockert haben.
- 6. Mit dem Inkrafttreten der vorliegenden Richtlinie dürfen die Mitgliedstaaten neue Anforderungen der in Absatz 2 genannten Art nur einführen, sofern diese die in Absatz 3 aufgeführten Bedingungen erfüllen und durch geänderte Umstände begründet sind.
- 7. Die Mitgliedstaaten teilen neue Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die in Absatz 5 genannte Anforderungen vorsehen, sowie deren Begründung im Entwurfsstadium der Kommission mit. Die Kommission bringt den anderen Mitgliedstaaten diese Vorschriften zur Kenntnis. Die Mitteilung hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, die betreffenden Anforderungen zu erlassen. Binnen drei Monaten nach der Mitteilung prüft die Kommission die Vereinbarkeit dieser neuen Vorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht und entscheidet gegebenenfalls, den betroffenen Mitgliedstaat aufzufordern, diese nicht zu erlassen oder zu beseitigen.
Artikel 16 zur Dienstleistungsfreiheit
Artikel 16
Dienstleistungsfreiheit
- 1. Die Mitgliedstaaten achten das Recht der Dienstleistungserbringer, Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ihrer Niederlassung zu erbringen.
Der Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistung erbracht wird, gewährleistet die freie Aufnahme und freie Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten innerhalb seines Hoheitsgebiets.
Die Mitgliedstaaten dürfen die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit in ihrem Hoheitsgebiet nicht von Anforderungen abhängig machen, die gegen folgende Grundsätze verstoßen:
- (a) Diskriminierungsverbot: die Anforderung darf weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder bei juristischen Personen aufgrund des Mitgliedstaates, in dem sie niedergelassen sind, darstellen;
- (b) Erforderlichkeit: die Anforderung muss aus Gründen der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Gesundheit oder des Schutzes der Umwelt gerechtfertigt sein;
- (c) Verhältnismäßigkeit: die Anforderungen müssen zur Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels geeignet sein und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.
- 2. Die Mitgliedstaaten dürfen die Dienstleistungsfreiheit eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringers nicht einschränken, indem sie diesen folgenden Anforderungen unterwerfen:
- (a) der Pflicht, in ihrem Hoheitsgebiet eine Niederlassung zu unterhalten;
- (b) der Pflicht, bei ihren zuständigen Stellen eine Genehmigung zu beantragen; dies gilt auch für die Verpflichtung zur Eintragung in ein Register oder die Mitgliedschaft in einer Standesorganisation in ihrem Hoheitsgebiet, außer in den in dieser Richtlinie oder anderen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft vorgesehenen Fällen;
- (c) dem Verbot, auf ihrem Hoheitsgebiet eine bestimmte Infrastruktur zu errichten, einschließlich Geschäftsräumen, einer Kanzlei oder einer Praxis, die zur Erbringung der betreffenden Leistungen erforderlich ist;
Artikel 22 zur Dienstleistungsfreiheit
Artikel 22
Unterstützung der Dienstleistungsempfänger
- 1. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die Dienstleistungsempfänger über die einheitlichen Ansprechstellen Folgendes erhalten:
- a) Informationen über die in den anderen Mitgliedstaaten geltenden Anforderungen bezüglich der Aufnahme und der Ausübung von Dienstleistungstätigkeiten, vor allem solche über den Verbraucherschutz;
- b) allgemeine Informationen über die bei Streitfällen zwischen Dienstleistungserbringer und -empfänger zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe;
- c) Angaben zur Erreichbarkeit der Verbände und Organisationen, die den Dienstleistungserbringer oder -empfänger beraten und unterstützen können, einschließlich der Kontaktstellen des Netzes der europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net).
Sofern sachgerecht, umfasst die entsprechende Beratung der zuständigen Behörden einen einfachen Schrittfür-Schritt-Leitfaden.
Die Informationen und Hilfestellungen sind klar und unmissverständlich, im Fernweg und elektronisch leicht zugänglich und entsprechen dem neuesten Stand.
- 2. Die Mitgliedstaaten können die in Absatz 1 genannte Aufgabe den einheitlichen Ansprechstellen oder jeder anderen Einrichtung, wie beispielsweise den Kontaktstellen des Netzes der europäischen Verbraucherzentren (ECC-Net), den Verbraucherverbänden oder den Euro Info Zentren übertragen.
Spätestens zu dem in Artikel 45 genannten Zeitpunkt teilen die Mitgliedstaaten die Angaben zur Erreichbarkeit der benannten Einrichtungen der Kommission mit. Die Kommission leitet sie an die anderen Mitgliedstaaten weiter.
- 3. Um die in Absatz 1 genannten Informationen bereitstellen zu können, wendet sich die vom Dienstleistungsempfänger angerufene Stelle an die zuständige Stelle des betreffenden anderen Mitgliedstaates. Letzterer übermittelt die angeforderten Informationen unverzüglich. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass sich diese Stellen gegenseitig unterstützen und effizient zusammenarbeiten.
- 4. Die Kommission erlässt nach dem in Artikel 42 Absatz 2 genannten Verfahren Durchführungsbestimmungen für die Absätze 1, 2 und 3 des vorliegenden Artikels, die die technischen Modalitäten des Austauschs von Informationen zwischen den Einrichtungen der unterschiedlichen Mitgliedstaaten und insbesondere hinsichtlich der Interoperabilität klarstellen.
Artikel 36b zur Dienstleistungsfreiheit
Artikel 36b
Begleitende Maßnahmen
- 1. Die Kommission richtet in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten ein elektronisches System für den Austausch von Informationen zwischen den Mitgliedstaaten ein.
- 2. Die Mitgliedstaaten ergreifen mit Unterstützung der Kommission begleitende Maßnahmen, um den Austausch der mit der gegenseitigen Amtshilfe betrauten Beamten und deren Fortbildung einschließlich Sprach- und Computerkursen zu fördern.
- 3. Die Kommission prüft, ob es erforderlich ist, ein Mehrjahresprogramm aufzulegen, um derartige Beamtenaustausch- und Fortbildungsmaßnahmen zu organisieren.
Artikel 42 zur Dienstleistungsfreiheit
Artikel 42
Ausschuss
- 1. Die Kommission wird unterstützt von einem Ausschuss unter Vorsitz der Kommission, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt (nachfolgend "Ausschuss").
- 2. Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 3 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG62 unter Beachtung von dessen Artikel 8.
- 3. Der Ausschuss gibt sich eine Geschäftsordnung.
Artikel 45 zur Dienstleistungsfreiheit
Artikel 45
- 1. Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie bis (2 Jahre) nachzukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Rechtsvorschriften mit und fügen eine Tabelle der Entsprechungen zwischen der Richtlinie und diesen innerstaatlichen Rechtsvorschriften bei. Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.
- 2. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.