Punkt 23 der 895. Sitzung des Bundesrates am 30. März 2012
Der Bundesrat möge anstelle der Empfehlungen in BR-Drucksache 92/1/12 Abschnitt A zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 GG wie folgt Stellung nehmen:
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, zusätzliche Hilfen für die von der Bundeswehrstrukturreform und durch den Abzug ausländischer Streitkräfte betroffenen Regionen bereit zu stellen:
- 1. Der Bundesrat empfiehlt angesichts der zu erwartenden Konversionslasten für die Länder und ihre Kommunen, bestehende Bund-Länder-Förderprogramme aufzustocken und erforderlichenfalls ein ergänzendes Bundeskonversionsprogramm zugunsten der Standortkommunen aufzulegen. Hierzu sollten insbesondere die Bundesmittel für die Städtebauförderungsprogramme sowie die regionale Wirtschaftsförderung in den nächsten Jahren aufgestockt werden. In der Städtebauförderung ist zur Bewältigung der zu erwartenden Konversionslasten eine Aufstockung der jährlichen Bundesmittel in Höhe von mindestens 50 Millionen Euro mit Förderschwerpunkt "Konversion" für die nächsten zehn Jahre notwendig, ohne dass dies zu Lasten der übrigen städtebaulichen Förderprogramme gehen darf. Die Fördermaßnahmen sollten die Gesamtverantwortung des Bundes für die Folgen der Bundeswehrstrukturreform widerspiegeln und inhaltlich auf die Bedürfnisse der betroffenen Regionen zugeschnitten werden.
- 2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, die im Zuge der Bundeswehrstrukturreform frei werdenden Konversionsliegenschaften - in Anlehnung an die bei früheren Konversionsmaßnahmen geltenden Verbilligungsgrundsätze - den Kommunen auf Wunsch zu günstigen Konditionen, d.h. unter Marktwert, zu überlassen. Der Bundesrat empfiehlt, die notwendigen haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für eine verbilligte Abgabe von Konversionsgrundstücken rechtzeitig vor Räumung der Bundeswehrliegenschaften zu schaffen. Zusätzlich sollte § 1 BImAG durch eine "Öffnungsklausel" erweitert werden, welche die Berücksichtigung strukturpolitischer Ziele des Bundes, der Länder und der Kommunen bei der Verwertung von Liegenschaften ermöglicht.
- 3. Der Bundesrat geht davon aus, dass die bodenrechtlichen Verpflichtungen des Bundes zur Erkundung, Sanierung und Beseitigung etwaiger Altlasten sowie Kampfmittel vollumfänglich erfüllt werden, und empfiehlt, die notwendigen Untersuchungs- und Sanierungsarbeiten nach Möglichkeit noch vor Räumung einer Liegenschaft einzuleiten.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Bund und Länder tragen eine gemeinsame Verantwortung für die Bewältigung der nachteiligen Folgen der Bundeswehrstrukturreform in den Kommunen. Angesichts der gesamtstaatlichen Auswirkungen der Reform trägt der Bund eine Hauptverantwortung für deren Folgen und bleibt gehalten, eigene Kompensationsmaßnahmen zu ergreifen.
Zu 1:
Angesichts der nachteiligen strukturellen, städtebaulichen und regionalen Folgen von Standortschließungen und Truppenreduzierungen, die weit über den konkreten Standort hinauswirken, bleibt der Bund in der Pflicht - neben einer verbilligten Abgabe von Liegenschaften - ein tragfähiges Konversionsprogramm aufzulegen und die erforderlichen Mittel hierfür bereitzustellen.
In der MPK am 15. Dezember 2011 haben die Regierungschefinnen und -chefs der Länder erklärt, dass sie von der Bundesregierung "flankierende Maßnahmen zur Abfederung der Schließung von Bundeswehrstandorten" erwarten (insbesondere Finanzierung zusätzlicher Infrastrukturprojekte, zusätzliche Städtebaufördermittel und weitere Ausgleichszahlungen des Bundes).
In Anlehnung an den genannten MPK-Beschluss wird empfohlen, zusätzliche Mittel nicht nur für die Städtebauförderung, sondern für alle einschlägigen und bewährten Bund-Länder-Programme bereitzustellen und erforderlichenfalls ein eigenes Konversionsförderprogramm aufzulegen.
Zu 2:
Zahlreiche Standortkommunen, die an einer eigenverantwortlichen Entwicklung der auf ihrem Gemeinde-/Stadtgebiet liegenden Konversionsflächen interessiert sind, sehen sich aufgrund der Lage der kommunalen Haushalte regelmäßig nicht dazu in der Lage, die Grundstücke zu Marktkonditionen zu erwerben. Der Bund sollte deshalb den Kommunen die Möglichkeit eröffnen, Konversionsgrundstücke zu verbilligten Konditionen zu erwerben.
Der Bund bzw. die BImA sind haushaltsrechtlich grundsätzlich angehalten, Vermögen des Bundes zum "vollen Wert" zu veräußern (§ 63 Absatz 3 BHO). Ausnahmen von diesem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz bedürfen einer Rechtsgrundlage im Haushaltsplan. Von dieser Möglichkeit ist bereits in der Vergangenheit auch im Zusammenhang mit Konversionsliegenschaften Gebrauch gemacht worden. So hat der Bund im Zuge der Bundeswehrstrukturreform der 1990er Jahre Möglichkeiten zur verbilligten Abgabe u.a. ehemals militärisch genutzter bundeseigener Grundstücke geschaffen.
Nachdem erste Grundstücksräumungen bereits im Jahre 2013 möglich sind, sollten die Ermächtigungsgrundlagen bereits in den Haushaltsplan 2013 eingefügt werden.
Zu 3:
Um im Interesse der Standortkommunen die Voraussetzungen für eine zügige zivile Nachnutzung zu schaffen, müssen Sanierungspflichten des Bundes im Zuge der Umsetzung der laufenden Strukturreform schnellstmöglich erfüllt werden.